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Document 52001AK0614(01)

Stellungnahme des Beratenden Ausschusses der EGKS zum Europäischen Programm gegen Klimaänderung und zum Emissionshandel (auf der 355. Vollsitzung vom 5. April 2001 einstimmig angenommen)

ABl. C 170 vom 14.6.2001, p. 8–10 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52001AK0614(01)

Stellungnahme des Beratenden Ausschusses der EGKS zum Europäischen Programm gegen Klimaänderung und zum Emissionshandel (auf der 355. Vollsitzung vom 5. April 2001 einstimmig angenommen)

Amtsblatt Nr. C 170 vom 14/06/2001 S. 0008 - 0010


Stellungnahme des Beratenden Ausschusses der EGKS zum Europäischen Programm gegen Klimaänderung und zum Emissionshandel

(auf der 355. Vollsitzung vom 5. April 2001 einstimmig angenommen)

(2001/C 170/04)

DER BERATENDE AUSSCHUSS DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT FÜR KOHLE UND STAHL:

UNTER HINWEIS AUF:

- das Grünbuch der Kommission zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union(1) sowie

- die Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament "Politische Konzepte und Maßnahmen der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen: zu einem europäischen Programm gegen Klimaänderung"(2);

- seine am 25. Juni 1999 angenommene Erklärung zur Rolle der Kohle im Europa des 21. Jahrhunderts;

GIBT FOLGENDE STELLUNGNAHME AB:

1. Angesichts der Tatsache, dass - bei Anwendung des Vorsorgeprinzips - das Fehlen sicherer Erkenntnisse nicht die Annahme wirksamer und ausgewogener Maßnahmen zur Vermeidung des Risikos von schweren und nicht reversiblen Schädigungen der Umwelt - zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten - verzögern darf, begrüßt der Beratende Ausschuss die Initiative der Kommission, ein Europäisches Programm gegen Klimaänderungen zur Diskussion zu stellen sowie die Einführung eines Systems des Handels mit Treibhausgasemissionen zu prüfen und hierzu sämtliche betroffenen Akteure der Wirtschaft mit Hilfe eines Grünbuchs zu konsultieren. Diesbezüglich hat die verarbeitende Industrie der Gemeinschaft klargestellt, dass sie bereit wäre, in konstruktiver Weise zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen beizutragen. Der Beratende Ausschuss merkt jedoch dazu an, dass der Kampf gegen die Treibhausgasemissionen ein weltweites Problem ist, welches eine globale Lösung benötigt. Gegenwärtig wird diese Anstrengung nur von den Ländern im Anhang B des Kyoto-Protokolls verlangt. Das Protokoll fordert keine Anstrengungen von den Entwicklungsländern, obwohl einige von ihnen schon jetzt bedeutende Verursacher von Treibhausgasemissionen sind.

2. Die Umsetzung des Kyoto-Protokolls wird die Wirtschaft der EU allerdings erheblich belasten. Es ist deshalb bedauerlich, dass einige Regierungen der Mitgliedstaaten ihrer Industrie schon im Vorgriff auf die Ratifizierung des Protokolls durch alle Signatarstaaten und in Ermangelung einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene Belastungen auferlegen.

3. Nach der Ratifizierung sollte das Protokoll von der EU und ihren Mitgliedstaaten auf eine die Volkswirtschaft der EU möglichst wenig beeinträchtigende Art und Weise umgesetzt werden. Die Flexibilitätsmechanismen von Kyoto liefern volkswirtschaftlich effiziente Verfahren für die Einhaltung der auf nationaler Ebene eingegangenen Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, insbesondere wenn ihre Anwendung keinerlei Beschränkung unterworfen wird.

4. Die auf Erfuellung der Verpflichtungen von Kyoto ausgerichteten Politiken sind naturgemäß so ausgelegt, dass sie mit anderen politischen Zielen der EU in Konflikt geraten können. Besondere Sorgen bereitet dem Beratenden Ausschuss die Vereinbarkeit des Kyoto-Prozesses mit der Energiepolitik der EU sowie der Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Verarbeitenden Industrie in der EU zu erhalten und zu verbessern.

5. Deshalb dürfen die energiepolitischen Ziele Sicherheit, Nachhaltigkeit und Diversifizierung durch die Umsetzung des Protokolls von Kyoto auf gar keinen Fall gefährdet werden. Die Kommission sollte im Übrigen die Entwicklung einer umweltfreundlichen Kohlenutzungstechnologie aktiv unterstützen, zumal dies ein Mittel ist, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und gleichzeitig die Sicherheit der Energieversorgung dadurch zu gewährleisten, dass eine der angestammten Energieressourcen der EU weiterhin ausgebeutet werden kann.

6. Die Verarbeitende Industrie der EU einschließlich der Stahlindustrie operiert auf globalen Märkten. Mit bestimmten wirtschaftspolitischen Instrumentarien - insbesondere durch Energiesteuern - wird die Wettbewerbsfähigkeit der Verarbeitenden Industrie aufs Spiel gesetzt, so dass in der EU Arbeitsplätze verloren gehen werden, indem die Verarbeitung in kostengünstigere Drittländer verlagert wird. Viele dieser Länder werden nicht zu den Signatarstaaten des Protokolls von Kyoto gehören, so dass die Besteuerung der gewerblichen Energienutzung in der EU einen Anstieg der Treibhausgasemissionen in anderen Regionen der Welt nach sich ziehen könnte.

7. Die energieintensive Stahlindustrie der EU war natürlich schon immer stark daran interessiert, ihre Energieeffizienz zu verbessern und hat ihren spezifischen Energieverbrauch seit 1975 beinahe halbiert. Über sehr lange Zeiträume hinweg wurden die Stahlerzeugungsprozesse so weit vorangetrieben, dass man in puncto Energieeffizienz fast an die theoretische Grenze gestoßen ist. Es gibt also wenig Raum für weitere Verbesserungen, die zudem nahe an die Rentabilitätsgrenze heranreichende Kosten verursachen würden. Jegliche Maßnahmen oder Ziele, die den Prozess der ständigen Verbesserung beschleunigen sollen, werden deshalb ziemlich wirkungslos bleiben. Eine deutlich spürbare Reduzierung der bei der Verarbeitung anfallenden Emissionen erfordert eine Anpassung der technologischen Entwicklung in Etappen, wofür Zeiträume von 20 bis 30 Jahren angesetzt werden müssen.

8. Dem Energiesektor und der Verarbeitenden Industrie sollte nicht zugemutet werden, dass sie einen unverhältnismäßig großen Anteil der mit der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll einhergehenden Belastungen auf sich nehmen. Die am schnellsten wachsende Quelle der Treibhausgasemissionen ist der Verkehrssektor, so dass die EU unbedingt ihr Augenmerk in stärkerem Maße auf die unerlässliche Reduzierung der von diesem Sektor verursachten Emissionen lenken muss. Bekanntlich hat die Stahlindustrie zu einem niedrigeren Energieverbrauch auf dem Verkehrssektor beigetragen, indem leichtgewichtigere Stähle entwickelt wurden, für deren Produktion allerdings mehr Energie verbraucht wird.

9. Im Zusammenhang mit dem Problem des globalen Klimawandels sollte die Kommission deshalb die Auswirkungen während des gesamten Energiezyklus berücksichtigen und sich nicht nur auf die Emissionen am Ort der Verwendung konzentrieren. In Anbetracht der Tatsache, dass die EU zunehmend von Importenergie abhängig wird, müssen die Emissionen und der Energieeinsatz außerhalb der EU zusammen mit den Energielieferungen an die EU in vollem Umfang berücksichtigt werden.

10. Der Beratende Ausschuss begrüßt unter anderem den konstruktiven Beitrag, den die freiwillige Vereinbarung des Verbandes der europäischen Automobilhersteller (ACEA) zur Reduzierung des Energieverbrauchs von Kraftfahrzeugen zu leisten vermag, weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die EGKS-Industrien durch eine reduzierte Kohleförderung bzw. -verwendung bereits maßgeblich zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in der EU beigetragen haben.

11. Mit geeigneten Maßnahmen zur Förderung einer größeren Energieeffizienz auf dem Haushaltssektor sollten die EU und die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass auf Maßnahmen verzichtet werden kann, bei deren Umsetzung mit einer Verknappung der Brennstoffe gerechnet werden muss.

12. Die Anwendung des sogenannten Flexibilitätsmechanismus von Kyoto darf nicht auf den Emissionshandel beschränkt bleiben. Die gemeinsame Umsetzung ("Joint Implementation" - JI) sowie der Mechanismus für eine saubere Entwicklung ("Clean Development Mechanism" - CDM) erweisen sich für die Förderung der weltweiten Anwendung moderner Energienutzungstechnologie, bei der Europa die Führungsrolle übernommen hat, als besonders gut geeignet. JI und CDM gewährleisten in den Ländern eine größere Energieeffizienz, in denen sie sich am kostengünstigsten verwirklichen lassen werden. Auf diese Weise schaffen diese Maßnahmen die Voraussetzungen für globale Emissionsreduzierungen bei gleichzeitiger Kostenminimierung. Der Beratende Ausschuss fordert die Kommission deshalb nachdrücklich auf, die Führungsrolle zu übernehmen, wenn es darum geht, einen globalen Rahmen für die Umsetzung von JI und CDM auszuhandeln. Im Übrigen müssen die für den Emissionshandel geltenden Regeln auf jeden Fall mit denen für JI und CDM vereinbar sein.

13. Der Beratende Ausschuss bedauert, dass in dem Grünbuch die Rolle unberücksichtigt bleibt, die "Senken" (wie z. B. Wälder, landwirtschaftliche Entwicklung und die tiefen Ozeane) bei der CO2-Absorption leisten können, und fordert eine rückhaltlosere wissenschaftliche Bewertung der Auswirkungen dieser "Senken".

14. Emissionshandelssysteme sollten in der Verantwortung der Mitgliedstaaten bleiben. Grundsätzlich sollte der Emissionshandel auf nationaler Ebene nicht auf bereits bestehende klimapolitische Maßnahmen aufgesattelt werden, sondern er soll kostengünstigere und für die Wirtschaft weniger belastende Alternativen schaffen. In den Mitgliedstaaten, die bereits Maßnahmen durchführen, die de facto in einer Zuteilung von Emissionsrechten resultieren (z. B. durch Verpflichtungen zu Energiesparzielen), kann die frühzeitige Implementierung von Handelssystemen einen bedeutsamen Beitrag zur Minimierung der negativen Effekte für die Wettbewerbsfähigkeit leisten. Entgeltpflichtige Emissionsrechte, die auf die betreffenden Unternehmen nicht anders oder sogar noch schärfer wirken als etwa eine CO2-Steuer können aber nicht der Sinn der Sache sein. In welcher Form der Einsatz des Instrumentes Emissionshandel im Vergleich zu anderen Instrumenten sinnvoll ist, hängt entscheidend davon ab, ob die Zuteilung der Emissionsrechte in fairer Weise erfolgt, insbesondere ob dabei bereits geleistete Anpassungen angemessen berücksichtigt werden, und welchen Pfad der jeweilige Mitgliedstaat in der Klimapolitik unter Berücksichtigung seiner spezifischen wirtschaftlichen und sozialen Strukturen schon eingeschlagen hat. Sofern Mitgliedstaaten vor diesem Hintergrund die Einführung eines Emissionshandelssystems befürworten, hat der Beratende Ausschuss zu dessen Ausgestaltung Folgendes anzumerken:

14.1 Die Befolgung der aufgrund des Protokolls von Kyoto seitens der EU eingegangenen Verpflichtungen wurde an die Mitgliedstaaten delegiert, die ihrerseits eine Reihe voneinander abweichender Maßnahmen ausarbeiten. Beispielswiese hat jeder Mitgliedstaat bezüglich der Reduzierung der Treibhausgasemissionen unterschiedliche Ziele festgelegt und kann in autonomer Weise über die beste Gewichtung der für die Erreichung der Ziele anzuwendenden Instrumente entscheiden. Aus diesem Grunde wäre es äußerst schwierig, auf EU-Ebene zu einer einheitlichen Regelung für den Emissionshandel zu gelangen.

14.2 Die Kommission sollte stattdessen dafür sorgen, dass die nationalen Systeme für den Emissionshandel miteinander vereinbar sind, um den innergemeinschaftlichen Handel zu ermöglichen. Dies müsste insbesondere für die bei der Berechnung der Genehmigungen und der Ziele angewandte Methodik gelten. Bei einer Unvereinbarkeit der Systeme wäre es schwierig, den relativen Wert der Genehmigungen im Rahmen der einzelnen Systeme zu berechnen. Auch sollten gemeinsame Regeln festgelegt werden, wobei darauf zu achten ist, dass die Festlegung der Ziele nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt.

14.3 Um größere Transparenz zu erreichen, sollte eine Börse eingerichtet werden, um den Handel zwischen den nationalen Systemen zu ermöglichen, wobei es allerdings zu berücksichtigen gilt, dass die von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten unterschiedlichen Ziele in dem Fall voraussichtlich zu nationalen Emissionsgenehmigungen mit abweichenden relativen Werten führen werden.

14.4 Die Kommission sollte in enger Abstimmung mit der Industrie und den Arbeitnehmerorganisationen im Rahmen der Staatsbeihilfenregelung Leitlinien ausarbeiten, damit gewährleistet ist, dass innerhalb der nationalen Handelssysteme erteilte Genehmigungen keine Wettbewerbsverzerrungen nach sich ziehen.

14.5 Das Rahmenwerk in der EU zur Gewährleistung der Kompatibilität der nationalen Systeme sollte hinreichend flexibel sein, dergestalt dass den Unternehmen das Recht eingeräumt wird, sich an Handelssystemen zu beteiligen, sofern dies angemessen ist. Eine Beteiligung der Unternehmen darf jedoch in jedem Fall nur freiwillig geschehen.

14.6 Nach Einschätzung des Beratenden Ausschusses sind die Richtlinien über die integrierte Vermeidung und Eindämmung der Umweltverschmutzung bzw. die für die großen Verbrennungsanlagen ungeeigneten Instrumente für eine Entscheidung über den sektoralen Zugang zu einem Handelssystem. Grundsätzlich sollte der Emissionshandel jedem Sektor offen stehen, der sich für eine Beteiligung entscheidet.

14.7 Nicht akzeptierbar ist das Versteigern von Genehmigungen, weil hierdurch der Verarbeitenden Industrie der EU nur zusätzliche nicht erstattungsfähige Kosten aufgebürdet würden, ohne dass dies dem Umweltschutz zugute käme. Die Ziele sollten sowohl den Grad der jeweiligen Energieeffizienz als auch die Möglichkeiten für weitere Verbesserungen berücksichtigen. (In Ländern/Sektoren, in denen Energieeffizienz-Vereinbarungen gelten, sollten für die Erteilung der Genehmigungen die vereinbarten Ziele herangezogen werden.)

14.8 Die Frage der anfänglichen Zuteilung von Genehmigungen ist von entscheidender Bedeutung, wenn man Wettbewerbsverzerrungen vermeiden will. Es stehen mehrere Systeme zur Verfügung. Dabei muss man erkennen, dass ein Zuteilungsverfahren niemals völlig fair sein kann, weil es ja sonst keinen Grund für einen Handel gäbe. Jedoch sollte das anfängliche Zuteilungssystem schwere volkswirtschaftliche Umbrüche sowie das Blockieren industrieller Investitionen vermeiden und zudem die notwendige Flexibilität des Marktes für Genehmigungen garantieren.

14.9 Die Ziele und die Emissionshandelssysteme dürfen nicht so definiert werden, dass sie die Expansion der Verarbeitenden Industrie in der EU vom Volumen oder von der Wertsteigerung her hemmen.

14.10 Wenn Hoechstwerte für CO2-Emissionen festgelegt werden, ist stets der zusätzliche Energieverbrauch zu berücksichtigen, der durch Rechtsvorschriften mit dem Ziel einer Reduzierung anderer Emissionsquellen entsteht.

14.11 Bankgeschäfte mit Emissionsrechten zur Nutzung in späteren Jahren müssten möglich sein.

15. Der EU-Handel ist gegebenenfalls so zu gestalten, dass er mit einem umfassenden System für einen internationalen Emissionshandel sowie den anderen flexiblen Kyoto-Instrumenten vereinbar ist und ohne gravierende Komplikationen und Verzögerungen ein möglichst breites Spektrum von Drittländern einbeziehen kann. Dies setzt u. a. ein gemeinsames globales System für Messung, Kontrolle, Meldung und Überprüfung voraus. Die Tatsache, dass einige EU-Mitgliedstaaten die Verpflichtungen aus dem Protokoll von Kyoto vor anderen Signartarstaaten erfuellen, wird das Erreichen dieses Vereinbarkeitsziels erschweren.

(1) KOM(2000) 87 endg.

(2) KOM(2000) 88 endg.

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