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Document 52009AE0619
Opinion of the European Economic and Social Committee on the Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directive 2002/15/EC on the organisation of the working time of persons performing mobile road transport activities
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2002/15/EG zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2002/15/EG zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben
ABl. C 228 vom 22.9.2009, p. 78–80
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
22.9.2009 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 228/78 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2002/15/EG zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“
KOM(2008) 650 endg. — 2008/0195 (COD)
2009/C 228/14
Der Rat beschloss am 6. November 2008, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 71 und Artikel 137 Absatz 2 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
„Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2002/15/EG zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“
Am 2. Dezember 2008 beauftragte das Ausschusspräsidium die Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft mit der Vorbereitung der einschlägigen Arbeiten.
Angesichts der Dringlichkeit der Arbeiten beschloss der Ausschuss auf seiner 452. Plenartagung am 24./25. März 2009 (Sitzung vom 25. März), Herrn MORDANT zum Hauptberichterstatter zu bestellen, und verabschiedete mit 93 gegen 7 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Nach Meinung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses lässt sich der Kommissionsvorschlag nur schwer durchführen, da er enorme Zusatzkosten und einen höheren Verwaltungsaufwand nach sich ziehen wird. Außerdem steht dieser Vorschlag nicht im Einklang mit einem der zentralen Ziele der Richtlinie 2002/15/EG, in der die Mindestanforderungen für die Regelung der Arbeitszeit festgelegt sind, um Sicherheit und Gesundheitsschutz von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, und die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern sowie die Wettbewerbsbedingungen anzugleichen. Unter Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 über die Lenk- und Ruhezeiten dürfen nämlich angestellte Kraftfahrer nicht länger als (durchschnittlich) 48 Stunden wöchentlich arbeiten, wohingegen selbstständige Kraftfahrer unter Einhaltung derselben Verordnung wöchentlich 86 Stunden arbeiten dürfen. |
1.2 |
In den kommenden 20 Jahren ist eine Verdoppelung des Straßenverkehrsaufkommens unabhängig von der Zuwachsrate der sonstigen Verkehrsträger (Schiene und Schifffahrt) in Europa zu erwarten. Der Ausschuss betont, dass für die Verwirklichung der in der Richtlinie verankerten Ziele nicht der Status des Kraftfahrers ausschlaggebend ist, sondern die Bedingungen, unter denen er Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßenverkehrs ausübt. |
1.3 |
Der Ausschuss bekräftigt in dieser Stellungnahme die wichtigsten Schlussfolgerungen seiner Stellungnahme zum Thema „Straßenverkehr - Arbeitszeit selbstständiger Kraftfahrer“ (1). Der Ausschuss hat in jener Stellungnahme folgende Punkte hervorgehoben:
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1.4 |
Nach Ansicht des Ausschusses können die Ziele dieser Richtlinie nur dann erreicht werden, wenn im Straßenverkehr soziale Mindestnormen ungeachtet ihres Status auf alle Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, eindeutig Anwendung finden. |
1.5 |
Des Weiteren vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass die Einbeziehung der selbstständigen Kraftfahrer in den Geltungsbereich der Richtlinie an die größtmögliche Vereinfachung ihrer Verwaltungsaufgaben gekoppelt sein muss. Eine Definition der Arbeitszeit für selbstständige Kraftfahrer setzt voraus, dass allgemeine administrative Tätigkeiten nicht zur Arbeitszeit gezählt werden. |
1.6 |
Die Einbeziehung der selbstständigen Kraftfahrer erfordert die Annahme bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Anwendung und Einhaltung der Richtlinie 2002/15/EG. |
2. Einleitung
2.1 |
Die Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 trat am 23. März 2005 in Kraft. Sie betrifft die Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben. Mit ihren gemeinsamen Regeln sichert die Richtlinie einen Mindeststandard für die soziale Sicherheit des betroffenen Fahrpersonals – ein wichtiger Schritt zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit des in diesem Sektor tätigen Fahrpersonals, aber auch zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit und zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs. |
2.2 |
Mit ihren Bestimmungen zum Schutz von Fahrpersonal vor den nachteiligen Auswirkungen übermäßig langer Arbeitszeiten, unzureichender Ruhepausen oder einer unausgewogenen Arbeitsorganisation ist die Richtlinie eine lex specialis im Verhältnis zur allgemeinen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und ergänzt die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vom 15. März 2006, mit der gemeinsame Regeln für die Lenk- und Ruhezeiten von Kraftfahrern festgelegt wurden. |
2.3 |
Als die Richtlinie im Wege des Vermittlungsverfahrens verabschiedet wurde, einigten sich Rat und Parlament darauf, dass sie ab dem 23. März 2009 grundsätzlich auch für selbständige Fahrer gelten sollte. Ferner wurde die Kommission aufgefordert, spätestens zwei Jahre vor diesem Termin dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht und einen auf diesen Bericht gestützten Legislativvorschlag vorzulegen, in dem entweder festgelegt ist, unter welchen Bedingungen selbständige Kraftfahrer in den Geltungsbereich der Richtlinie einbezogen werden sollen, oder in dem sie davon ausgeschlossen werden. |
3. Der Kommissionsvorschlag
3.1 |
Die Europäische Kommission schlägt die Änderung der Richtlinie 2002/15/EG vor, mit der sie die selbstständigen Kraftfahrer aus dem Geltungsbereich der Richtlinie ausschließt und den Anwendungsbereich der Richtlinie klarstellt, die auf alle angestellten Kraftfahrer einschl. „scheinselbstständiger“ Kraftfahrer, d.h. offiziell selbstständige Kraftfahrer, die in Wirklichkeit jedoch über keinen freien Gestaltungsspielraum für die Ausübung der betreffenden Tätigkeit verfügen, Anwendung findet. |
3.2 |
Die Europäische Kommission beabsichtigt, „scheinselbstständige Kraftfahrer“ wie folgt zu definieren: „Als Fahrpersonal gilt auch jede Person, die zwar nicht durch einen Arbeitsvertrag oder ein anderes arbeitsrechtliches Abhängigkeitsverhältnis an einen Arbeitgeber gebunden ist,
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3.3 |
Die Europäische Kommission schlägt vor, eine neue Bedingung in die Begriffsbestimmung für jede Arbeitstätigkeit während der Nachtzeit aufzunehmen. Gemäß Richtlinie 2002/15/EG gilt jedwede Arbeitstätigkeit während der Nachtzeit als Nachtarbeit. In ihrer Änderung schlägt die Europäische Kommission vor, jede Arbeitstätigkeit von mindestens zwei Stunden Dauer während der Nachtzeit als Nachtarbeit anzusehen. |
3.4 |
In der vorgeschlagenen Änderungsrichtlinie ist außerdem ein neuer Artikel zur Kontrolle vorgesehen, um die korrekte und einheitliche Umsetzung der in der Richtlinie 2002/15/EG enthaltenen Vorschriften zu gewährleisten. Dabei wird klargestellt, dass die für die Durchsetzung der Richtlinie zuständigen einzelstaatlichen Stellen über eine ausreichende Zahl qualifizierter Mitarbeiter verfügen und alle geeigneten Maßnahmen ergreifen. |
3.5 |
Mit Blick auf eine gemeinschaftsweit effiziente, wirksame und einheitliche Umsetzung der Richtlinie, fördert die Kommission den Dialog zwischen den Mitgliedstaaten mit folgender Zielsetzung:
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4. Allgemeine Bemerkungen
4.1 |
Bezüglich der in der Folgenabschätzung festgestellten Probleme hält die Europäische Kommission fest, dass „Gefährdungen der Straßenverkehrssicherheit durch übermüdete Kraftfahrer vorgebeugt (wird), indem die Lenk- und Ruhezeiten, die ungeachtet ihres Beschäftigungsverhältnisses für alle Kraftfahrer gelten, streng durchgesetzt werden. Daher ist mit der Arbeitszeitrichtlinie in Bezug auf die Sicherheit im Straßenverkehr nur ein geringer zusätzlicher Nutzen verbunden.“ In dem in ihrem Arbeitsdokument zur Folgenabschätzung gezogenen Fazit räumt die Europäische Kommission der Option den Vorrang ein, die tatsächlich selbstständigen Kraftfahrer von dem Geltungsbereich der Richtlinie aus- und die „Scheinselbstständigen“ einzuschließen und eine wirksamere Durchsetzung der Richtlinie zu gewährleisten. So könnten Wettbewerbsverzerrungen verringert und ein besserer Sozialschutz der Beschäftigten und gleichgestellten Berufsgruppen ermöglicht werden. |
4.2 |
Der Ausschluss selbstständiger Kraftfahrer vom Geltungsbereich der Richtlinie hat laut mehrfacher Bekundung aus Sozialpartnerkreisen zu einer Wettbewerbsverzerrung im Straßenverkehrssektor geführt, weshalb der Ausschuss vor Kurzem in seiner Stellungnahme zur „Halbzeitbilanz zum Verkehrsweißbuch 2001“ (TEN/257, Berichterstatter: Herr BARBADILLO LÓPEZ) (2) folgende Forderung erhoben hat: „Bei den Sozialvorschriften im Straßenverkehr muss die Gleichbehandlung aller Beschäftigten gewährleistet werden, ganz gleich, ob sie Arbeitnehmer oder Selbstständige sind. Daher muss die Richtlinie 2002/15/EG vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, auch unmittelbar noch vor Ablauf des vorgesehenen Übergangszeitraums für Selbstständige Anwendung finden, sollen doch mit dieser Richtlinie die Straßenverkehrssicherheit erhöht, Wettbewerbsverzerrungen vermieden und bessere Arbeitsbedingungen geschaffen werden“ (Ziffer 4.3.1.2). |
4.3 |
Angesicht der in den kommenden 20 Jahren in Europa unabhängig von der Zuwachsrate der sonstigen Verkehrsträger (Schiene und Schifffahrt) zu erwartenden Verdoppelung des Straßenverkehrsaufkommens können die Bedingungen für die Sicherstellung der körperlichen und geistigen Gesundheit der Kraftfahrer von Kraftfahrzeugen von 3,5 bis 60 Tonnen, der Straßenverkehrssicherheit und eines fairen Wettbewerbs nur dann gewährleistet werden, wenn soziale Mindestnormen eindeutig festgelegt werden, die ungeachtet ihres Status auf alle Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, Anwendung finden. Nach Ansicht des Ausschusses darf nicht der Status einer Person den Ausschlag geben, sondern die Tatsache, dass sie Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßenverkehrs ausübt. |
4.4 |
In seiner Stellungnahme zum Thema „Straßenverkehr - Arbeitszeit selbstständiger Kraftfahrer“ (TEN/326) äußerte der Ausschuss ernsthafte Zweifel an den Schlussfolgerungen bezüglich der Straßenverkehrssicherheit, der Wettbewerbsbedingungen und der sozialen Aspekte, die in die Ergebnisse der Studie aufgenommen wurden. Der Ausschuss hat ferner darauf hingewiesen, dass „überlange Arbeitszeiten eine Hauptursache von Übermüdung und damit Einschlafen am Steuer (sind).“ Außerdem war der Ausschuss der Meinung, dass „(sich) faire Wettbewerbsbedingungen ergeben, wenn die großen Unternehmen sämtliche Aspekte im Zusammenhang mit Vertrieb und Transport von Waren regeln, den Sub-Unternehmen Preise zahlen, die mit den in dem Sektor geltenden Sozialvorschriften sowohl für angestellte als auch für selbstständige Arbeitnehmer in Einklang stehen.“ |
4.5 |
Die Darstellung in der Folgenabschätzung, dass mit der Arbeitszeitrichtlinie in Bezug auf die Sicherheit im Straßenverkehr nur ein geringer zusätzlicher Nutzen verbunden ist, trifft nicht zu. Unter Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 über die Lenk- und Ruhezeiten dürfen nämlich angestellte Kraftfahrer nicht länger als (durchschnittlich) 48 Stunden wöchentlich arbeiten, wohingegen selbstständige Kraftfahrer unter Einhaltung derselben Verordnung wöchentlich 86 Stunden arbeiten dürfen. |
4.6 |
Gemäß dem Kommissionsvorschlag muss ein Kraftfahrer, der als „Scheinselbstständiger“ erkannt wird, die Richtlinie zur Regelung der Arbeitszeit einhalten. Die Europäische Kommission bleibt jedoch die Antwort auf folgende Fragen schuldig: Wenn ein selbstständiger Kraftfahrer zum angestellten Kraftfahrer wird, muss er über einen Arbeitsvertrag verfügen. Wer ist der Arbeitgeber, der ihn einstellen muss? Was muss er mit seinem Kraftfahrzeug machen, wenn er dessen Eigentümer ist? Wer muss gegebenenfalls die Auswirkungen von Infrastruktur- oder anderen Investitionen des Kraftfahrers tragen? Und welche Maßnahmen müssen die Länder ergreifen, die die Selbstständigen bereits in ihre Regelungen aufgenommen haben? |
4.7 |
Der Ausschuss befürchtet, dass dieser Vorschlag nicht nur enorme Zusatzkosten, sondern auch einen höheren Verwaltungsaufwand nach sich ziehen wird. |
4.8 |
Für den Ausschuss setzt die Einbeziehung der Selbstständigen in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/15/EG jedoch voraus, dass diese Richtlinie - und insbesondere die Definition des Begriffs „selbstständiger Kraftfahrer“ - ordnungsgemäß umgesetzt wird. Die Richtlinie sollte vorsehen, dass allgemeine administrative Tätigkeiten nicht zur Arbeitszeit der selbstständigen Kraftfahrer gezählt werden. |
Brüssel, den 25. März 2009
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Mario SEPI
(1) ABl. C 27 vom 3.2.2009, S. 49.
(2) ABl. C 161 vom 13.7.2007, S. 89.