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Document 52017AE2852

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/22/EG bezüglich der Durchsetzungsanforderungen und zur Festlegung spezifischer Regeln im Zusammenhang mit der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor“ (COM(2017) 278 final — 2017/0121 (COD)) und zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hinsichtlich der Mindestanforderungen in Bezug auf die maximalen täglichen und wöchentlichen Lenkzeiten, Mindestfahrtunterbrechungen sowie täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten und der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 in Bezug auf die Positionsbestimmung mittels Fahrtenschreibern“ (COM(2017) 277 final — 2017/0122 (COD))

EESC 2017/02852

ABl. C 197 vom 8.6.2018, p. 45–57 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

8.6.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 197/45


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum

„Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/22/EG bezüglich der Durchsetzungsanforderungen und zur Festlegung spezifischer Regeln im Zusammenhang mit der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor“

(COM(2017) 278 final — 2017/0121 (COD))

und zum

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hinsichtlich der Mindestanforderungen in Bezug auf die maximalen täglichen und wöchentlichen Lenkzeiten, Mindestfahrtunterbrechungen sowie täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten und der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 in Bezug auf die Positionsbestimmung mittels Fahrtenschreibern“

(COM(2017) 277 final — 2017/0122 (COD))

(2018/C 197/08)

Berichterstatterin:

Tanja BUZEK (DE-II)

Befassung

Europäisches Parlament, 15.6.2017

Rat der Europäischen Union, 20.6.2017

Rechtsgrundlage

Artikel 91 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

Annahme in der Fachgruppe

4.1.2018

Verabschiedung auf der Plenartagung

18.1.2018

Plenartagung Nr.

531

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

173/89/17

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist sich der wichtigen Rolle des Verkehrs als Motor der europäischen Wirtschaft bewusst und unterstützt die Europäische Kommission in ihren Bemühungen, die führende Stellung der EU für saubere, wettbewerbsfähige und vernetzte Mobilität in Zukunft zu bewahren. Der EWSA betont, dass das grundlegende Instrument zur Verwirklichung dieses Ziels nach wie vor ein gut funktionierender, vollständig umgesetzter Binnenmarkt im Verkehrssektor ist, der sozial nachhaltig ist und einen geringen Verwaltungsaufwand verursacht.

1.2.

In Bezug auf die weitere Entwicklung insbesondere des Straßenverkehrs betont der EWSA jedoch, dass es auch Grenzen gibt, die sich aus der Flächenknappheit für den Straßen- und Parkplatzbau, aus dem ökologisch motivierten Mangel an sozialer Akzeptanz in vielen Regionen Europas, aus den ungelösten Fragen der Straßenverkehrssicherheit sowie aus der Wichtigkeit der Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben der Fahrer ergeben. Diese Grenzen sollten in allen gesetzgeberischen und anderen Initiativen der EU auf diesem Gebiet berücksichtigt werden. Außerdem werden künftige Wirtschaftsmodelle möglicherweise den Straßenverkehr reduzieren, indem nachhaltigere Arten der Organisation von Produktion und Vertrieb angestrebt werden.

1.3.

Der EWSA begrüßt, dass die Europäische Kommission die Initiative ergreift, die Rechtsvorschriften für den Straßenverkehr zu klären und besser durchzusetzen, für eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu sorgen und gleichzeitig Sozialdumping zu bekämpfen, definiert als alle Formen inakzeptabler und illegaler Praktiken, mit denen Sozialvorschriften und Marktzugangsbestimmungen (Briefkastenfirmen) umgangen oder missachtet werden, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Diese Praktiken wurden vom EWSA in seiner Sondierungsstellungnahme TEN/575 im Einklang mit der Durchsetzungsrichtlinie 2014/67/EU einvernehmlich definiert. Damit sollen ein reibungslos funktionierender, fairer Binnenmarkt und die volle Einhaltung der Arbeitnehmerrechte in diesem Sektor gewährleistet werden.

1.4.

Der EWSA ist jedoch der Meinung, dass die vorgeschlagenen Änderungen der Rechtsvorschriften über Lenk- und Ruhezeiten sowie die Entsendung von Kraftfahrern den im Straßenverkehr ermittelten Problemen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht werden und u. a. auch nicht dazu beitragen, die Vorschriften einfacher, verständlicher und durchsetzbarer zu machen. Nach Ansicht des EWSA sind die Mängel der Vorschläge darauf zurückzuführen, dass die Probleme nur unzureichend analysiert wurden Daher bleiben seiner Meinung nach die sozialrechtlichen Vorschläge hinter den von der Europäischen Kommission selbst formulierten strategischen Zielsetzungen zurück, und es herrscht weiter Rechtsunsicherheit. Der EWSA stellt fest, dass die Standpunkte der Mitgliedstaaten, der Sozialpartner und der Straßenverkehrsunternehmen zu der Initiative auseinandergehen.

1.5.

Der EWSA unterstreicht, dass die von der Europäischen Kommission aufgestellte Agenda für einen sozial verträglichen Übergang zu sauberer, wettbewerbsfähiger und vernetzter Mobilität für alle nur umsetzbar ist, wenn die sozialen Rechte gewahrt, die Durchsetzung und Durchsetzbarkeit der Vorschriften gewährleistet, ein fairer Wettbewerb sichergestellt und Verwaltungsaufwand abgebaut werden. Der Binnenmarkt muss für alle Interessenträger und für alle Mitgliedstaaten, alte wie neue, funktionieren.

1.6.

Betreffend die Verlängerung des Bezugszeitraums für die Ruhezeiten von zwei auf vier Wochen nimmt der EWSA die Bemühungen der Europäischen Kommission zur Kenntnis, den Forderungen der Branche und der Verkehrsunternehmen nach mehr Flexibilität für Beförderungsleistungen im Straßenverkehr Rechnung zu tragen, weist jedoch darauf hin, dass dies das empfindliche Gleichgewicht zwischen fairem Wettbewerb, Fahrergesundheit und -sicherheit sowie Straßenverkehrssicherheit stören und eine gemeinsame einheitliche Auslegung der Vorschriften beeinträchtigen könnte, was ihre Durchsetzung und Kontrolle erschweren würde.

1.7.

Der EWSA fordert den Gesetzgeber außerdem auf, auch einen Ausgleich für eine verringerte wöchentliche Ruhezeit in Verbindung mit den täglichen Ruhezeiten gemäß der geltenden Verordnung in Erwägung zu ziehen. In Bezug auf Fahrtunterbrechungen schlägt er eine Folgenabschätzung betreffend die Möglichkeit einer flexibleren Verteilung der 45-minütigen Pause innerhalb der Lenkzeit von sechs Stunden nach Ermessen des Fahrers vor. Im Mittelpunkt dieser Folgenabschätzung sollte die Frage stehen, ob der Fahrer die Pause nutzen kann, um sich innerhalb der neun- bzw. zehnstündigen Fahrtzeit auszuruhen und zu erfrischen.

1.8.

Der EWSA bedauert, dass die vorgeschlagenen Änderungen in Bezug auf den Personenverkehr mit Kraftomnibussen nicht auf einer gründlichen Bewertung der Sicherheit der Fahrgäste und Fahrer sowie der Straßenverkehrssicherheit beruhen. Er würde daher eine EU-weite allgemeine Studie über die Ermüdung von Fahrern begrüßen und bedauert, dass die Europäische Kommission keine einschlägigen Lösungsansätze unterbreitet hat.

1.9.

Vor dem kritischen Hintergrund der Preisgestaltung im Verkehrssektor weist der EWSA darauf hin, dass unbedingt Regeln festgelegt werden müssen, um gleiche Ausgangsbedingungen für alle Straßenverkehrsunternehmen ungeachtet ihrer Größe und für alle mobile Arbeitnehmer sicherzustellen, ohne neue Hindernisse für den Binnenmarkt zu schaffen und Sozialvorschriften zu unterminieren.

1.10.

Der EWSA teilt den Kommissionsstandpunkt, dass die wirksame Durchsetzung der Vorschriften entscheidend ist, und verweist auf die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie einen effizienten Informationsaustausch. Seiner Meinung nach ist es daher angebracht, die bestehenden Vorschriften für Ruhezeiten zunächst konsequenter durchzusetzen, bevor eine Flexibilisierung erwogen wird, ohne dass es eine hinreichend faktengesicherte Grundlage dafür gibt.

1.11.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission außerdem auf, eine intelligente Durchsetzung voranbringen und jedwede Unterstützung für die umfassende Einführung und Nutzung von Risikoeinstufungssystemen bereitzustellen; ferner fordert er die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Durchsetzungsbehörden Echtzeit-Zugriff auf die einzelstaatlichen elektronischen Register zu gewähren und hierfür das europäische Register der Kraftverkehrsunternehmen (ERRU) optimal zu nutzen.

1.12.

Der EWSA empfiehlt, dass die Europäische Kommission klare Durchsetzungsmaßnahmen zur Verhinderung von Manipulationen an Fahrtenschreibern ergreift und dazu a) die Frist zur Einführung von „intelligenten“ Fahrtenschreiben für alle kommerziell für Kabotage und internationale Straßenverkehrsdienste genutzten Fahrzeuge verkürzt und b) alle erforderlichen innovativen technischen Lösungen vorsieht, um sicherzustellen, dass manuelle Eingaben von Fahrtenschreiberdaten korrekt sind, bspw. über den Anschluss eines Gewichtssensors an den Fahrtenschreiber als wirksameres Mittel zur Kontrolle von Be- und Entladung, die als Arbeitszeit des Fahrers zu registrieren sind.

1.13.

Der EWSA rät der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten außerdem, sich mit der Problematik der sicheren Parkplätze zu befassen, einschließlich der gegenwärtig begrenzten Verfügbarkeit von Plätzen mit geeigneten Anlagen für die Fahrer, ohne die das Mobilitätspaket Gefahr läuft, dass eine Verpflichtung zur Ruhezeit außerhalb der Fahrerkabine wirkungslos bleibt. Der EWSA fordert die Kommission auf, eine gründliche Überprüfung des bestehenden Parkplatznetzes in den Mitgliedstaaten, insbesondere an Straßen und Verkehrskorridoren in geografischen Randgebieten, vorzunehmen und ein Konzept zur Ausmerzung weißer Flecken in diesem Bereich zu erarbeiten, was für eine wirksame Umsetzung des Mobilitätpakets von entscheidender Bedeutung sein wird.

1.14.

Der EWSA fordert die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die wöchentlichen Ruhezeiten und die als Ausgleich genommenen wöchentlichen Ruhezeiten unter angemessenen Unterbringungsbedingungen mit Zugang zu individuellen Sanitäranlagen und Verpflegungsmöglichkeiten verbracht werden müssen, und gleichzeitig sicherzustellen, dass in den Bau einer hochwertigen Straßeninfrastruktur investiert wird. In diesem Zusammenhang begrüßt der EWSA nachdrücklich das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 20. Dezember 2017, durch das bestätigt wird, dass die wöchentliche Ruhezeit außerhalb des Fahrzeugs verbracht werden muss. Er fordert die Europäische Kommission außerdem auf, die Frage der finanziellen Verantwortung für die Rückführung der Fahrer an ihren Heimatort zu klären, denn die Kosten dafür sollten nicht den Fahrern auferlegt werden.

1.15.

Der EWSA erachtet die EU-weite Anwendung der Entsendevorschriften im Straßenverkehr als eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherstellung jeweils gleicher Ausgangsbedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmen. Er plädiert außerdem für einfache, wirksame und diskriminierungsfreie Durchsetzungsmaßnahmen für diese Vorschriften; Bürokratie muss auf alle Fälle vermieden werden.

1.16.

Der EWSA sieht natürlich, dass der Straßenverkehr durch eine besonders hohe Mobilität gekennzeichnet ist, betont jedoch, dass die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag zur Entsendung von Arbeitnehmern im internationalen Straßenverkehr in seiner derzeitigen Fassung auf die Probleme nicht ganz angemessen eingeht. Erforderlich sind klare und einfache Bestimmungen für die Verkehrsunternehmen und die Fahrer. Der EWSA fordert den Gesetzgeber auf, zu präzisieren, dass die Entsendevorschriften für reine Transitfahrten keine Anwendung finden. Der EWSA fordert zudem eine Präzisierung betreffend die Anwendung der Entsendevorschriften auf Verkehrsunternehmen aus einem (Nicht-EU-)Drittland.

1.17.

Der EWSA unterstützt nachdrücklich, dass die Entsenderichtlinie bei Kabotagebeförderungen weiterhin ab dem ersten Tag angewendet werden sollte. Hingegen hegt er Bedenken, ob die neuen abgeschwächten Verwaltungsregelungen für Kabotage Anwendung finden sollten.

1.18.

Der EWSA begrüßt die Anpassung der Durchsetzungsmodalitäten an die Besonderheiten des Sektors und ist der Ansicht, dass der Verwaltungsaufwand durch die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Mitteilungen in der EU erleichtert wird.

Betreffend die Entlohnung ist aus seiner Sicht klar, dass die vorübergehende Entsendung eines Fahrers aus einem Mitgliedstaat mit einem niedrigen Lohnniveau in einen Mitgliedstaat mit einem höheren Lohnniveau zumindest unter Wahrung des im Recht oder in den Gepflogenheiten des Aufnahmelandes verankerten Mindestlohnniveaus erfolgen muss, wenn die Voraussetzungen für eine Entsendung erfüllt sind.

1.19.

Der EWSA empfiehlt, einfache, klare, diskriminierungsfreie und wirksame EU-weite Durchsetzungsmaßnahmen festzulegen, die keinen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen, u. a.:

bei der Durchsetzung von papiergestützten Belegen auf intelligente digitale Technik umzustellen;

die Frist zur obligatorischen Einführung „intelligenter“ Fahrtenschreiber für alle gewerblich in internationalen Straßenverkehrsdiensten genutzten Fahrzeuge zu verkürzen, da nur so die Dauer bzw. der vorübergehende Charakter der Tätigkeit der Fahrer auf dem Gebiet eines jedweden Mitgliedstaats wirksam bestimmt werden kann;

eine europäische elektronische Entsendemeldung für jeden einzelnen entsandten Fahrer und ein Meldesystem über eine zentrale EU-Anlaufstelle einzuführen, auf das Aufsichtsbehörden in Echtzeit zugreifen können, denn nur so können Verwaltungslasten vermieden und gleichzeitig wirksame Kontrollen gewährleistet werden.

1.20.

Ferner plädiert der EWSA für eine möglichst umfassende Nutzung der einzelstaatlichen elektronischen Register und des europäischen Registers der Kraftverkehrsunternehmen (ERRU), indem 1) Daten über die von den Unternehmen beschäftigten Fahrer in die einzelstaatlichen elektronischen Register eingegeben werden, 2) den Durchsetzungsbehörden im Straßenverkehr Echtzeit-Zugang zu den Daten in den einzelstaatlichen elektronischen Registern und dem ERRU, einschließlich zu der elektronischen Entsendeerklärung, gewährt wird, und 3) der Zeitraum der auf der Fahrerkarte auslesbaren Daten von 28 Tagen auf mehrere Monate verlängert wird, damit die Aufsichtsbehörden auf einfache Weise die Dauer der vorübergehenden Tätigkeiten der Fahrer in unterschiedlichen Mitgliedstaaten überprüfen können.

1.21.

Schließlich fordert der EWSA die Europäische Kommission auf, zur Gewährleistung einer besseren grenzübergreifenden Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften im Straßenverkehr eine europäische Straßenverkehrsagentur einzurichten, die im Straßenverkehr vor allem eine Kultur der Rechtstreue fördert und die Politikgestaltung auf EU- und nationaler Ebene unterstützt. Bis dahin jedoch empfiehlt der EWSA, dass die Mitgliedstaaten sich aktiv an bestehenden Kontrolldiensten im europäischen Verkehr beteiligen (Euro Contrôle Route usw.) und in die Schulung der Mitarbeiter der nationalen Kontrollbehörden investieren.

2.   Hintergrund

2.1.

Zu Beginn ihres Mandats verpflichtete sich die Europäische Kommission zur Einleitung eines Legislativverfahrens, um die EU-Vorschriften für den Straßenverkehr einfacher, klarer und leichter durchsetzbar zu machen. Ursache waren zahlreiche Appelle seitens der Mitgliedstaaten, der europäischen Sozialpartner im Straßenverkehrs- und Logistiksektor, der Europäischen Transportarbeiter-Föderation ETF und der Internationalen Straßentransport-Union IRU, die einvernehmlich der Meinung sind, dass der geltende EU-Rechtsrahmen in mehrfacher Hinsicht unklar ist und unzureichend umgesetzt wird.

2.2.

2013 schlugen die ETF und die IRU im Rahmen gemeinsamer Initiativen vor, den Kabotagemarkt nicht weiter zu öffnen, die Durchsetzung zu verbessern und einen verbindlichen Fahrplan für eine Harmonisierung im Steuer-, Straßenverkehrssicherheits- und Sozialbereich aufzustellen (siehe das gemeinsame Strategiepapier von ETF und IRU).

2.3.

Unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen und Kostenstrukturen in den einzelnen Mitgliedstaaten haben Probleme auf dem Gebiet der Marktliberalisierung, Mindestlöhne, Entsendebedingungen und ihre Anwendbarkeit auf mobile Arbeitskräfte deutlich zu Tage treten lassen. In Verbindung mit einer unklaren Rechtslage hat dies zur Umgehung von Vorschriften sowie zum Entstehen von atypischen Beschäftigungsformen und Briefkastenfirmen und somit zu Sozialdumping geführt.

2.4.

Neue einzelstaatliche Gesetze oder Verfahren haben zu einer Reihe von Vertragsverletzungsverfahren geführt und die Notwendigkeit angemessener Maßnahmen auf EU-Ebene verdeutlicht, um die Probleme zu beheben und Rechtssicherheit für die Marktakteure wie auch die Beschäftigten zu schaffen.

2.5.

In diesem Zusammenhang bekannte sich die 2014 unter Präsident Juncker angetretene Kommission zu mehr Fairness im Binnenmarkt durch die Bekämpfung von Sozialdumping (siehe die Antrittsrede von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor dem Europäischen Parlament). In der Folge hat die Europäische Kommission diesen Willen im Zuge der Vorbereitung des Mobilitätspakets durchweg systematisch bekräftigt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Kohärenz des Binnenmarkts gewahrt werden muss.

2.6.

Im September 2015 verabschiedete der EWSA außerdem seine Sondierungsstellungnahme „Der Binnenmarkt für den internationalen Straßengüterverkehr: Sozialdumping und Kabotage“ (TEN/575). Im September 2016 verabschiedete das Europäische Parlament seinen Initiativbericht über Sozialdumping in der Europäischen Union. In beiden Dokumenten wurde eine Reihe zweckdienlicher Vorschläge, vor allem für die Durchsetzung, unterbreitet, um einen fairen und gut funktionierenden Binnenmarkt zu gewährleisten. Im Mai 2017 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zum Straßenverkehr in der Europäischen Union mit dem gleichen Tenor an.

2.7.

Daraufhin legte die Europäische Kommission am 31. Mai 2017 ein Mobilitätspaket vor, das einen ursprünglichen Satz aus acht Legislativinitiativen mit Schwerpunkt auf dem Straßenpersonen- und -güterverkehr zu kommerziellen Zwecken enthält, in dem fünf Millionen Arbeitnehmer in der EU beschäftigt sind. Das Paket zielt auf eine bessere Funktionsweise des Markts für den Güterkraftverkehr und eine Verbesserung der Sozial- und Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer ab. Gemäß den Kommissionsvorschlägen sollen hierzu die Durchsetzung verstärkt, illegale Beschäftigungspraktiken bekämpft, der Verwaltungsaufwand für Unternehmen verringert und die bestehenden Vorschriften, beispielsweise die Anwendung der nationalen Mindestlohngesetze, präzisiert werden.

2.8.

Die vier Pfeiler des Pakets sind: 1) Binnenmarkt, 2) fairer Wettbewerb und Arbeitnehmerrechte, 3) Dekarbonisierung und 4) digitale Technologien. Diese Stellungnahme bezieht sich auf den Pfeiler „Fairer Wettbewerb und Arbeitnehmerrechte“ und auf die vorgeschlagenen Änderungen der Sozialvorschriften.

2.9.

Zur Lösung der oben genannten Probleme und zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit schlägt die Europäische Kommission in ihrem Mobilitätspaket Änderungen in Bezug auf die Lenk- und Ruhezeiten (Verordnung (EG) Nr. 561/2006) und die Entsendung von Arbeitnehmern (Richtlinie 96/71/EG) sowie die einschlägige Durchsetzungsrichtlinie (Richtlinie 2014/67/EU) vor.

2.10.

In Bezug auf die Regelung der Arbeitszeit von Kraftfahrern (Richtlinie 2002/15/EG) enthält das Mobilitätspaket keinen Vorschlag; vielmehr werden im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen von Artikel 154 AEUV die Sozialpartner zu einer möglichen Überarbeitung dieser Richtlinie konsultiert.

2.11.

Im Vorfeld der Einführung des Mobilitätspakets im April 2017 verabschiedeten 27 gewerkschaftliche Organisationen aus 20 europäischen Ländern, darunter Bulgarien, Dänemark, Litauen, Niederlande, Polen, Rumänien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und das Vereinigte Königreich, die Warschauer Erklärung, in der die Europäische Kommission aufgefordert wird, konkrete Vorschläge in das Mobilitätspaket aufzunehmen, in deren Mittelpunkt die umfassende Anwendung der Entsendung von Arbeitnehmern im Straßenverkehrssektor steht.

Als Reaktion auf das von der Kommission im Oktober 2017 vorgeschlagene Mobilitätspaket wurde eine gemeinsame Erklärung gegen die Anwendung der Entsenderichtlinie auf internationale Beförderungsleistungen veröffentlicht, die von den Verkehrs- und Logistikverbänden und Handelskammern der Länder Bulgarien, Dänemark, Estland, Griechenland, Irland, Kroatien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn und Vereinigtes Königreich unterzeichnet wurde.

2.12.

Der EWSA nimmt den jüngsten Standpunkt des Rates (Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz) zur Kenntnis, dass die geltenden Bestimmungen für die Entsendung von Arbeitnehmern bis zur Einführung der künftigen sektorspezifischen Rechtsvorschriften für den Straßengüterverkehr weiter Anwendung finden. Er nimmt auch zur Kenntnis, dass die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften für die Entsendung von Arbeitnehmern im Straßenverkehrssektor sehr umstritten ist und sowohl auf politischer Ebene als auch bei den Interessenvertretern zu abweichenden Meinungen geführt hat.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA befürwortet die Zielsetzung, auch künftig die führende Stellung der EU im Bereich saubere, wettbewerbsfähige und vernetzte Mobilität, einem der Motoren der EU-Wirtschaft, zu bewahren. Das grundlegende Instrument zur Verwirklichung dieses Ziels ist nach wie vor ein gut funktionierender, vollständig umgesetzter Binnenmarkt im Verkehrssektor, der sozial nachhaltig ist und einen geringen Verwaltungsaufwand verursacht.

3.2.

Der EWSA begrüßt das übergeordnete Ziel der Kommissionsinitiative und stellt fest, dass die Standpunkte der Mitgliedstaaten, der Sozialpartner, der Fahrer und der Verkehrsunternehmen zu der Initiative auseinandergehen. Als Vertreter der Zivilgesellschaft unterstreicht er, wie wichtig es ist, im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens Ergebnisse zu erzielen, die für die Betroffenen akzeptabel sind und Antworten auf berechtigte Bedenken geben. Dies trifft insbesondere auf den Vorschlag bezüglich der Anwendung der Vorschriften zur Entsendung von Arbeitnehmern im Straßenverkehrssektor zu, der unter den Interessenvertretern ernsthafte und widersprüchliche Bedenken hervorgerufen hat. Der EWSA unterstreicht daher die Bedeutung einer ausgewogenen, klaren und funktionalen Gesetzgebung, die weder das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes noch die Anhebung der Sozialstandards in der Branche beeinträchtigt.

3.3.

Der EWSA teilt die Schlussfolgerung der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission, dass unlauterer Wettbewerb zwischen Straßenverkehrsunternehmen und Sozialdumping, wie es in der EWSA-Sondierungsstellungnahme TEN/575 (1) verstanden und definiert wird, Hand in Hand gehen (Förderung des Wandels für Unternehmen und Menschen). Der EWSA stellt fest, dass der Folgenabschätzung teilweise qualitative und begrenzte quantitative Nachweise zugrunde liegen.

3.4.

Der EWSA stimmt außerdem der Argumentation der Europäischen Kommission zu, dass Wettbewerbsverzerrungen dann vorliegen, wenn Unternehmen die Vorschriften nicht einhalten und umgehen, um Wettbewerbsvorteile zu erhalten. Schwachstellen in den EU-Vorschriften und eine unterschiedliche Auslegung in verschiedenen Mitgliedstaaten können nach Meinung der Europäischen Kommission die gleiche Wirkung haben. Der EWSA macht darauf aufmerksam, dass zudem unzureichende Kapazitäten zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Lage abträglich sind. Er teilt daher den in der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission vertretenen Standpunkt, dass auch dies dafür spricht, einen klaren und leicht durchsetzbaren Rechtsrahmen zu schaffen.

3.5.

Der EWSA pflichtet der Europäischen Kommission auch in ihrer Beobachtung bei, dass der erbitterte Wettbewerb im Straßenverkehr aufgrund verschiedener Entwicklungen, die nicht in Verbindung mit den Sozialvorschriften stehen, zu Verzerrungen auf den Märkten geführt hat.

3.6.

Vor dem kritischen Hintergrund der Preisgestaltung im Straßenverkehr weist der EWSA darauf hin, dass das Mobilitätspaket unbedingt klare und leicht durchsetzbare Regeln enthalten muss, um gleiche Ausgangsbedingungen für alle Straßenverkehrsunternehmen ungeachtet ihrer Größe und für alle mobilen Arbeitnehmer sicherzustellen, ohne neue Hindernisse für den Binnenmarkt zu schaffen und Sozialvorschriften zu unterminieren. Der Binnenmarkt muss für alle Interessenträger und für alle Mitgliedstaaten, alte wie neue, funktionieren.

3.7.

Infolge des Preisverfalls kann der Straßenverkehr sozial, wirtschaftlich und ökologisch nicht nachhaltig und die faire Beteiligung anderer Verkehrsträger an der Güter- und Personenbeförderung in der EU deutlich eingeschränkt werden. Dadurch läuft die Europäische Kommission Gefahr, andere politische Ziele wie die Emissionsminderung und die Förderung der Multimodalität zu untergraben. Die von der Europäischen Kommission aufgestellte Agenda für einen sozial verträglichen Übergang zu sauberer, wettbewerbsfähiger und vernetzter Mobilität für alle ist nur umsetzbar, wenn die sozialen Rechte gewahrt, die Durchsetzung und Durchsetzbarkeit der Vorschriften gewährleistet, ein fairer Wettbewerb sichergestellt und Verwaltungsaufwand abgebaut werden.

3.8.

Der EWSA verweist erneut darauf, dass es eine Reihe illegaler Praktiken gibt, die zulasten der Unternehmen, die sich an das Gesetz halten, und letztlich auch zulasten der Fahrer im Güterkraftverkehr gehen.

3.9.

Der EWSA bedauert, dass das Mobilitätspaket insbesondere im Personenverkehr mit Kraftomnibussen eine flexiblere Gestaltung der Ruhezeiten vorsieht, ohne dass die Auswirkungen auf die Sicherheit der Fahrgäste und Fahrer sowie der Straßenverkehrssicherheit gründlich bewertet worden wären. Daher würde er eine EU-weite allgemeine Studie über die Ermüdung von Fahrern begrüßen, in der die Gründe für diese Ermüdung untersucht werden, die u. a. auf eine Mischung aus Fahrtätigkeit und Dienstleistungen für die Fahrgäste zurückzuführen sind sowie darauf, dass die Fahrer ihre Fahrten, ihre Fahrzeuge usw. während ihrer täglichen Ruhezeiten vorbereiten müssen und ihre Arbeitszeitpläne auch erhebliche Wartezeiten zwischen einzelnen Fahrten umfassen, die sie meistens in den Fahrzeugen und oftmals unter unangemessenen Umständen verbringen, auch wenn die Verkehrsunternehmen anerkanntermaßen in die Verbesserung und Modernisierung der Fahrerkabinen investiert haben. Der EWSA betont, dass jedwede neue Vorschrift diesen Aspekt aufgreifen und derartige Praktiken unterbinden sollte.

3.10.

In Bezug auf die Straßenverkehrssicherheit nimmt der EWSA zur Kenntnis, dass die EU 2010 ihren Willen zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit bekräftigt und ein Ziel zur Verringerung der Zahl der Verkehrstoten um 50 % bis 2020 im Vergleich zu 2010 festgelegt hat. Allerdings sind seit 2014 keinerlei Fortschritte mehr zu verzeichnen. Laut Europäischem Rat für Verkehrssicherheit (ETSC) war 2016 das dritte schlechte Jahr für die Straßenverkehrssicherheit in Folge. Die Zahl der Verkehrstoten in Unfällen mit Lkw-Beteiligung belief sich allein 2015 auf ca. 4 000, ohne damit implizieren zu wollen, dass Letztere Schuld hätten („Traffic Safety Basic Facts 2016 — HGVs and Buses“, Europäische Beobachtungsstelle für Straßenverkehrssicherheit). Der ETSC betont, dass Unfälle mit Beteiligung von Lkw aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts mit einem weitaus höheren Risiko tödlicher Folgen oder schwerer Verletzungen einhergehen, und empfiehlt eine umfassende Bewertung der möglichen Folgen. Der EWSA ist sich der Kommissionsbemühungen bewusst, den Forderungen des Sektors Rechnung zu tragen, bekräftigt aber seine Zweifel an neuen Flexibilitätsbestimmungen ohne vorheriger gründlicher Bewertung.

3.11.

Der EWSA ist zudem sehr enttäuscht, dass der Mangel an sicheren Parkplätzen nicht angesprochen wird und Fragen wie Frachtdiebstahl und bessere Bedingungen für die Fahrer auf den Parkplätzen nicht behandelt werden. Die Mitgliedstaaten sollten konkrete Maßnahmen ergreifen, um den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 nachzukommen und somit die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen, wirksam Frachtdiebstahl und den Zugang zu Gefahrgütern zu verhindern und für angemessene Einrichtungen zu sorgen, damit die Fahrer ihre Fahrzeuge EU-weit in einem Netz sicherer Parkplätze abstellen können. Gemäß Artikel 39 Absatz 2 Buchstabe c dieser Verordnung sollten sie auch geeignete Maßnahmen ergreifen, um etwa alle 100 km auf Autobahnen des TEN-V-Kernnetzes Rastplätze zu errichten, damit für gewerbliche Straßennutzer angemessene Parkplätze mit einem angemessenen Sicherheitsniveau zur Verfügung stehen. Der EWSA fordert die Kommission auf, eine gründliche Überprüfung des bestehenden Parkplatznetzes in den Mitgliedstaaten, insbesondere an Straßen und Verkehrskorridoren in geografischen Randgebieten, vorzunehmen und ein Konzept zur Ausmerzung weißer Flecken in diesem Bereich zu erarbeiten, was für eine wirksame Umsetzung des Mobilitätpakets von entscheidender Bedeutung sein wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es nötig sein wird, neue TEN-V-Förderregeln und einen neuen Ansatz für die damit verbundene Straßeninfrastruktur zu erarbeiten. Die gegenwärtig begrenzte Verfügbarkeit von sicheren Parkplätzen mit geeigneten Anlagen für die Fahrer, einschließlich einer Unterkunft, könnte dazu führen, dass eine Verpflichtung zur Ruhezeit außerhalb der Fahrerkabine wirkungslos bleiben würde.

3.12.

Neben den Bedenken, dass Parkplätze oftmals der Nachfrage nicht entsprechen, weist der EWSA auf ihren Hauptzweck hin, nämlich Kraftfahrern, Autofahrern und Fahrgästen Gelegenheit für eine Pause und Erfrischung zu bieten. Parkplätze sind weder dafür gedacht noch ausgestattet, dass Kraftfahrer ihre wöchentlichen Ruhezeiten regelmäßig bzw. sogar dauerhaft in ihren Lkw verbringen.

3.13.

Der EWSA nimmt daher die Kommissionsanalyse des aktuellen Stands im Verkehrssektor zur Kenntnis, betont jedoch, dass die Vorschläge für die Sozialvorschriften nicht ausreichen, um die Ziele der Europäischen Kommission zu erreichen und die Probleme im Straßenverkehr wirksam anzugehen.

4.   Lenk- und Ruhezeiten

4.1.

Die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 wurde vor elf Jahren mit folgenden drei Zielen angenommen: a) Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs im Straßenverkehr; b) Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Straßenverkehr; c) Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit.

4.2.

In den letzten zehn Jahren haben sich die Bedingungen im Straßenverkehr jedoch erheblich geändert, insbesondere durch engere Liefertermine und den damit einhergehenden Termindruck für ihre Einhaltung auf zunehmend überlasteten europäischen Straßen.

4.3.

In der von der Europäischen Kommission durchgeführten Ex-post-Bewertung der Lenkzeiten-Verordnung werden diese neuen Bedingungen mit höheren beruflichen Gesundheitsrisiken im Straßenverkehr wie Ermüdung, Stress und Erkrankungen in Verbindung gebracht („Ex-post evaluation of social legislation in road transport and its enforcement“). Die Gewährleistung der Straßenverkehrssicherheit sowie der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz unter diesen neuen Bedingungen erweist sich als weitaus schwierigere Aufgabe für die Politik und die Entscheidungsträger, muss nach Meinung des EWSA jedoch bei der Erörterung der Einführung flexiblerer Regeln Priorität haben.

4.4.

Ermüdungsbedingte Erschöpfung der Fahrer (u. a. aufgrund unzureichender Pausen) ist eine der Hauptursachen für Unfälle im Schwerlastverkehr. Auch nur ein Augenblick der Unkonzentriertheit kann zur Katastrophe führen. Fernfahrer leiden aufgrund langer Fahrzeiten ohne ausreichende Pausen auch unter gesundheitlichen Problemen, u. a. Erkrankungen des Kreislaufsystems (Herzinfarkt, Schlaganfall usw.), Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (Wirbelsäulenprobleme), psychomentale Beschwerden (Stress, Angstzustände, Depression usw.) und Erkrankungen des Verdauungssystems. Voraussetzung für eine Verringerung der Erkrankungsrisiken sind eine strenge Durchsetzung der Lenk- und Arbeitszeitbeschränkungen und angemessene Ruhezeiten („OSH in figures: Occupational safety and health in the transport sector — an overview“).

4.5.

In ihrem Mobilitätspaket schlägt die Europäische Kommission nun eine Umverteilung der Ruhezeiten über einen verlängerten Bezugszeitraum von vier (statt zwei) Wochen vor. Gemäß diesem Szenario können die monatlichen Lenkzeiten in den ersten drei Wochen des Monats akkumuliert und die letzte Woche als Ruhezeit genommen werden, was bis zu 18 aufeinanderfolgende Lenktage mit lediglich zwei zwischenzeitlichen Ruhetagen bedeuten könnte.

4.6.

Die vorgeschlagene Verlängerung des Bezugszeitraums bedeutet, dass Fahrer aufgefordert werden könnten, ihre reguläre wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden um zwei weitere Wochen zu verschieben. Zwar muss diese aufgeschobene wöchentliche Ruhezeit in Form einer kumulierten Ausgleichsruhezeit genommen werden, doch kann dies dazu führen, dass Fahrer bis zu drei Wochen lang nur eine wöchentliche Ruhezeit von jeweils 24 Stunden haben, die sie nicht wirklich abseits ihres Fahrzeugs verbringen können, für das sie verantwortlich sind. Nach Ansicht des EWSA sollte dieser Vorschlag angesichts der eingeschränkten Möglichkeit für die Fahrer, das Fahrzeug zu verlassen, und der potenziellen Ermüdungserscheinungen geprüft werden.

4.7.

Der EWSA weist außerdem darauf hin, dass die vorgeschlagene flexible Gestaltung der Ruhezeiten in der Praxis durchaus zu Unvereinbarkeiten mit den geltenden Vorschriften über zulässige Lenk- und Arbeitszeiten führen könnte. Er betont in diesem Zusammenhang, dass kein Vorschlag zu einer Verlängerung der Lenkzeiten oder zu einer Verringerung der Begrenzung der Arbeitszeiten führen darf, deren vorrangiges Ziel die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ist.

4.8.

Der EWSA sieht das Bestreben der Europäischen Kommission, Maßnahmen vorzuschlagen, die der Realität im Straßenverkehr und den Erfordernissen der Unternehmen und Fahrer angemessen sind, äußert jedoch Bedenken bezüglich möglicher Auswirkungen auf das empfindliche Gleichgewicht zwischen fairem Wettbewerb, Fahrergesundheit und -sicherheit und Straßenverkehrssicherheit.

4.9.

Der EWSA fordert den Gesetzgeber außerdem auf, auch einen Ausgleich für eine verringerte wöchentliche Ruhezeit in Verbindung mit den täglichen Ruhezeiten gemäß der geltenden Verordnung in Erwägung zu ziehen. In Bezug auf Fahrtunterbrechungen schlägt er eine Folgenabschätzung betreffend die Möglichkeit einer flexibleren Verteilung der 45-minütigen Pause innerhalb der Lenkzeit von sechs Stunden nach Ermessen des Fahrers vor. Im Mittelpunkt dieser Folgenabschätzung sollte die Frage stehen, ob der Fahrer die Pause nutzen kann, um sich innerhalb der neun- bzw. zehnstündigen Fahrtzeit auszuruhen und zu erfrischen.

4.10.

Mithin bleibt die Gewährleistung der Sicherheit der Straßenverkehrsteilnehmer und Fahrgäste selbst mit den aktuellen, weitaus strengeren Vorschriften problematisch. Die schweren Verkehrsunfälle in Verbindung mit Lkw und Bussen in den letzten Jahren mit einer erheblichen Zahl an Opfern („Traffic Safety Basic Facts 2016 — HGVs and Buses“, Europäische Beobachtungsstelle für Straßenverkehrssicherheit) müssen als Alarmsignal dafür verstanden werden, dass Europa einfache, durchsetzbare und präzise Vorschriften für die Schaffung eines fairen Umfelds für Nutzer, Fahrer und Unternehmen braucht, in dessen Mittelpunkt die Sicherheit steht. Es ist notwendig, eine bessere Durchsetzung der einschlägigen Vorschriften sicherzustellen, bevor darüber nachgedacht wird, sie flexibler zu gestalten.

4.11.

Unter Durchsetzungsgesichtspunkten scheinen die Kommissionsvorschläge nach Meinung des EWSA teilweise problematisch. Zunächst einmal darf die Verlängerung des Bezugszeitraums für die Verteilung der Ruhezeiten keine negativen Auswirkungen auf eine einheitliche Auslegung der Vorschriften haben, sodass die Mitgliedstaaten gar keinen Spielraum für eigene Szenarien und Berechnungen haben. Bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit wie dem Straßenverkehr beeinflusst eine individuelle Auslegung der Vorschriften den reibungslosen Ablauf der Fahrt oder des Dienstes und sogar die Tätigkeit selbst.

4.12.

Diesbezüglich weist der EWSA darauf hin, dass die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten mehrere Jahre gebraucht hatten, um sich letztlich auf einen gemeinsamen Leitfaden für die Auslegung der Lenk- und Ruhezeiten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zu einigen (siehe die TRACE-Veröffentlichung „Transport Regulators Align Control Enforcement“, 2012). Nach Ansicht des EWSA muss ein Netz eingerichtet werden, um die Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten zu unterstützen und die Gefahr abweichender Auslegungen zu verringern.

4.13.

Außerdem ist der EWSA der Auffassung, dass die vorgeschlagenen Änderungen der Lenk- und Ruhezeitverordnung deren Durchsetzung nicht erschweren dürfen. Er ist des Weiteren der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Änderungen den Mitgliedstaaten neue Kosten verursachen werden, beispielsweise für neue Software für Straßen- und Unternehmenskontrollen, die Aus- und Weiterbildung von Kontrollvollzugsbeamten usw. Der EWSA betont, dass angemessene Ressourcen für eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften bereitgestellt werden müssen.

4.14.

Betreffend die Durchsetzung betont der EWSA abschließend, dass der Gesetzgeber mehr Anstrengungen zur Einführung intelligenter und diskriminierungsfreier Durchsetzungsmethoden unternehmen muss. Diesbezüglich erachtet er die Vorschläge der Europäischen Kommission zur besseren Nutzung von Risikoeinstufungssystemen als positiv. Der EWSA betont jedoch, dass die Kontrollvollzugsbeamten Echtzeit-Zugang zu den Daten benötigen und Möglichkeiten für einen besseren Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen werden müssen. Die Mitgliedstaaten müssen diesbezüglich die einzelstaatlichen elektronischen Register und das europäische Register der Kraftverkehrsunternehmen (ERRU) im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 über die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers besser nutzen.

4.15.

Der EWSA begrüßt die Absicht der Europäischen Kommission, die Frage der wöchentlichen Ruhezeiten der Fahrer anzugehen. Allerdings räumt der Vorschlag nicht alle Unsicherheiten aus.

4.16.

In konkreten Fällen werden die „Autobahn-Nomaden“, d. h. Fahrer, die über lange Zeiträume von ihrem Wohnort abwesend und somit direkt von dem neuen Vorschlag betroffen sind, von Verkehrsunternehmen mit Sitz in Hochlohn-Mitgliedstaaten eingestellt, die aber von den niedrigeren Arbeitskosten oder Steuern in anderen Mitgliedstaaten profitieren wollen. Es ist von großer Bedeutung, dass die praktischen Fragen im Zusammenhang mit längerer Abwesenheit von zu Hause, wie z. B. der Unterkunftsbedarf oder die Rückreisekosten, angemessen angegangen und gelöst werden, da dies nicht zulasten des Fahrers gehen darf.

4.17.

Angesichts der hohen Mobilität der Fahrer bestärkt der EWSA die Europäische Kommission in ihrer Absicht, ihre Rückreise nach Hause zu erleichtern, und weist darauf hin, dass die vorgeschlagenen Änderungen der Bestimmungen über die Lenk- und Ruhezeiten die Möglichkeit der Fahrer, am Wochenende Zeit mit ihrer Familie zu verbringen und ein gutes Sozialleben zu führen, nicht einschränken sollten. Das mögliche Szenario von drei Wochen intensiver Arbeit mit nur zwei zwischenzeitlichen Ruhetagen könnte es den Fahrern jedoch schwermachen, Berufs- und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen.

4.18.

Der EWSA weiß, dass die Fahrerkabinen allgemein verbessert und modernisiert wurden, weist aber auch auf weiterhin bestehende Einschränkungen im Platz und in der Ausstattung der Fahrerkabinen hin. Er begrüßt daher die wichtige Klarstellung der Kommission, die durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 20. Dezember 2017 bestätigt wurde und besagt, dass die Kraftfahrer eine wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden außerhalb des Fahrzeugs in einer vom Arbeitgeber bezahlten Unterkunft, zu Hause oder in einem Ort der Wahl der Kraftfahrers verbringen müssen. Der EWSA weist indes darauf hin, dass es möglicherweise schwierig ist, die Verbringung der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit in einer privaten Unterkunft oder zu Hause zu dokumentieren. Um jedoch dem Erfordernis zu genügen, dass die Fahrer während ihrer wöchentlichen Ruhezeit „frei über [ihre] Zeit verfügen“ können, ist es unerlässlich, dass sie ihr Fahrzeug verlassen können und eine ununterbrochene Zeitspanne lang nicht für die Sicherheit ihres Fahrzeugs verantwortlich sind. Der EWSA weist gleichzeitig darauf hin, dass hierfür auch sichere Parkplätze und weitere Einrichtungen verfügbar sein müssen, die die korrekte Anwendung der vorgeschlagenen Maßnahmen gewährleisten.

5.   Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehr

5.1.

Im Straßenverkehr bestehen aufgrund der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten enorme Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Entlohnung der Fahrer. In einer Studie des Comité National Routier (CNR), der französischen Beobachtungsstelle für den Straßengüterverkehr, auf die auch in der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission verwiesen wird, wird aufgezeigt, dass sich der Bruttolohn zwischen den Mitgliedstaaten um bis zum Elffachen unterscheiden kann.

5.2.

Der EWSA stimmt der Europäischen Kommission zu, dass angesichts dieser Lohnunterschiede Vorschriften in Kraft bleiben müssen, die im Einklang mit den Werten und Grundsätzen der EU stehen, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert sind, um:

Verwerfungen auf den nationalen Arbeits- und Verkehrsmärkten zu vermeiden;

jedwede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit zwischen den Arbeitnehmern in den Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und andere Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen im Rahmen der Freizügigkeit zu unterbinden;

ein faires Wettbewerbsumfeld für Unternehmen sicherzustellen, ungeachtet des Ortes in der EU, an dem sie niedergelassen sind, tätig sind und ihre Arbeitnehmer einstellen.

5.3.

Die Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG) ist Teil der oben genannten Vorschriften. In seiner einschlägigen Stellungnahme vom Dezember 2016 (SOC/541 (2)) unterbreitete der EWSA einige Anliegen und Vorschläge.

5.4.

Gemäß den geltenden Vorschriften findet die Entsenderichtlinie auf Fahrer Anwendung, wenn sie vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem eigenen arbeiten und Kabotagebeförderungen durchführen. Wenn sie im internationalen Verkehr tätig sind, gelten sie nur dann als entsendet, wenn die Entsendebedingungen gemäß Artikel 1 der Richtlinie 96/71/EG zutreffen.

5.5.

Im Rahmen des Mobilitätspakets schlägt die Europäische Kommission vor, die Bestimmungen für den Mindestlohn und den bezahlten Urlaub im Rahmen einer Entsendung erst ab einer bestimmten zeitlichen Grenze auf im internationalen Verkehr tätige Fahrer anzuwenden. Nach Auffassung des EWSA sollte dieser Vorschlag mit der — von Kommissionspräsident Juncker vorgegebenen und von den Mitgliedstaaten in der „Erklärung von Rom“ bekräftigten — politischen Agenda der EU zur Bekämpfung von Sozialdumping im Einklang stehen und dem Ziel entsprechen, das sich die Europäische Kommission selbst in ihrem Mobilitätspaket gesetzt hat, nämlich der Gewährleistung eines fairen und wettbewerbsfähigen Binnenmarkts für den Straßentransport. Der Vorschlag muss die Vorschriften einfacher, klarer und besser durchsetzbar machen, um der Gefahr einer Fragmentierung der EU-Rechtvorschriften entgegenzuwirken.

5.6.

Der EWSA weist darauf hin, dass nicht klar ist, wie der Vorschlag auf Verkehrsunternehmen mit Sitz in einem (Nicht-EU-)Drittland Anwendung finden soll und wie die Verpflichtungen durchgesetzt werden sollen. Er bittet die Europäische Kommission um Klarstellung.

5.7.

Der EWSA ist sich der Bedenken in Bezug auf die Durchsetzung der Entsendebestimmungen im internationalen Verkehr bewusst, insbesondere für KMU. Es handelt sich hierbei um komplexe Verwaltungsvorgänge, bei denen die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf Mindestlöhne berücksichtigt werden müssen und komplizierte Berechnungen der Löhne und des bezahlten Urlaubs für sehr kurze Zeiträume erforderlich sind, was erhebliche Schwierigkeiten und Kosten nach ziehen könnte. Der EWSA betont daher, dass mehr Transparenz über die in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Beschäftigungsbedingungen, einschließlich der Mindestlohnsätze, erforderlich ist.

5.8.

Der EWSA weiß um die spezifischen Wesensmerkmale des Straßenverkehrs und seine hochmobilen Arbeitnehmer. Seiner Meinung nach geht die Europäische Kommission in ihrem sektorspezifischen Vorschlag zur Entsendung von Arbeitnehmern im internationalen Straßenverkehr in seiner derzeitigen Fassung auf die in diesem Kapitel angesprochenen Probleme nicht ganz angemessen ein.

5.9.

Der EWSA unterstützt nachdrücklich, dass die Entsenderichtlinie bei Kabotagebeförderungen weiterhin ab dem ersten Tag angewendet werden sollte. Hingegen hegt er Bedenken gegen die Anwendung der neuen abgeschwächten Verwaltungsregelungen für Kabotage. Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, angesichts der fehlenden Rechtssicherheit zu präzisieren, dass reine Transitfahrten von den Entsendevorschriften ausgenommen sind.

5.10.

Der EWSA nimmt die Kritik der Wirtschaft zur Kenntnis, dass die Entsendevorschriften dem mobilen Charakter des Straßenverkehrs nicht gerecht werden, wie auch die Bedenken der Unternehmen, dass der Kommissionsvorschlag einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten wird. Er begrüßt daher die Anpassung der Durchsetzungsmodalitäten an die Besonderheiten des Sektors wie etwa die Aufhebung der Verpflichtung für Straßenverkehrsunternehmen, einen Ansprechpartner im Aufnahmemitgliedstaat für die dortigen Behörden zu benennen. Der EWSA ist der Ansicht, dass der Verwaltungsaufwand durch die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Mitteilungen in der EU verringert werden könnte. Er schlägt zudem vor, dass die Fahrer nicht verpflichtet sein sollten, bei Straßenkontrollen die Entgeltsabrechnungen der letzten beiden Monate mitzuführen, sofern sie elektronisch zur Verfügung gestellt werden können. Die Kontrollbehörden sollten diese direkt von der Kontaktperson erhalten; sie sollten elektronisch in dem Niederlassungsmitgliedstaat verfügbar gemacht werden.

5.11.

Der EWSA ist sich indes darüber im Klaren, dass die vorübergehende Entsendung eines Fahrers aus einem Mitgliedstaat mit einem niedrigen Lohnniveau in einen Mitgliedstaat mit einem höheren Lohnniveau in Bezug auf die Entlohnung zumindest unter Wahrung des im Recht oder in den Gepflogenheiten des Aufnahmelandes verankerten Mindestlohnniveaus erfolgen muss.

5.12.

Die EU-weite Anwendung der Entsendevorschriften im Straßenverkehr ist eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherstellung jeweils gleicher Ausgangsbedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmen. Dadurch könnte auch dem verbreiteten Missbrauch und der Ausbeutung von niedrig entlohnten Arbeitnehmern aus anderen Mitgliedstaaten ein Riegel vorgeschoben werden, die im internationalen Straßenverkehr mittlerweile überhandnehmen und ein wesentlicher Auslöser der Abwärtsspirale bei den Löhnen und Arbeitsbedingungen der Berufskraftfahrer sind.

5.13.

In diesem Sinne erachtet es der EWSA als unerlässlich, weiter auf eine wirtschaftliche und soziale Aufwärtskonvergenz zwischen den Mitgliedstaaten mit unterschiedlicher Wirtschaftsleistung hinzuarbeiten und gleichzeitig harmonisierte Entsendevorschriften festzulegen, die in der gesamten EU einheitlich angewendet werden. Er plädiert außerdem für einfache, wirksame und diskriminierungsfreie Durchsetzungsmaßnahmen für diese Vorschriften. Bürokratie muss auf alle Fälle vermieden werden. Der EWSA begrüßt die in dem Vorschlag vorgesehene vereinfachte Entsendemeldung. Er ist jedoch der Meinung, dass eine Entsendemeldung, die für einen Zeitraum von sechs Monaten und für mehrere Fahrer gilt, eine wirksame Durchsetzung und Kontrolle der Entsendevorschriften erschweren könnte.

5.14.

Vor allem im Zusammenhang mit der Entsendung von Fahrern ist ein intelligenter Fahrtenschreiber unbestreitbar ein weitaus sinnvolleres Instrument als die von der Kommission vorgeschlagenen manuellen Eingaben, die vor allem bei den Ländercodes Manipulationen ermöglichen.

5.15.

Schließlich fordert der EWSA die Europäische Kommission auf, zur Gewährleistung einer besseren grenzübergreifenden Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften im Straßenverkehr eine europäische Straßenverkehrsagentur einzurichten, die im Straßenverkehr vor allem eine Kultur der Rechtstreue fördert und die Politikgestaltung auf EU- und nationaler Ebene unterstützt. Er hebt hervor, dass der Straßenverkehr als einziger Sektor nicht über eine solche Agentur verfügt, obwohl er umfassend liberalisiert und demzufolge stark auf eine enge Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten angewiesen ist. Eine solche Agentur wäre von Vorteil für eine bessere Kontrolle der Einhaltung der Entsende-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften wie auch für Kabotage und Zugang zum Beruf. Und nur mithilfe solch einer Agentur kann letztlich eine harmonisierte Auslegung der Vorschriften erreicht werden. Der EWSA empfiehlt gleichzeitig auch, dass die Mitgliedstaaten sich aktiv an bestehenden Kontrolldiensten im europäischen Verkehr beteiligen und in die Schulung der Mitarbeiter der nationalen Kontrollbehörden investieren.

Brüssel, den 18. Januar 2018

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  ABl. C 13 vom 15.1.2016, S. 176.

(2)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 81.


Anlage

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende abgelehnte Änderungsanträge erhielten mindestens ein Viertel der Stimmen:

Ziffer 4.18

 

Der EWSA weiß, dass die Fahrerkabinen allgemein verbessert und modernisiert wurden, weist aber auch auf weiterhin bestehende Einschränkungen im Platz und in der Ausstattung der Fahrerkabinen hin. Er begrüßt daher die von der Europäischen Kommission vorgenommene Klarstellung, dass die Kraftfahrer eine wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden außerhalb des Fahrzeugs in einer vom Arbeitgeber bezahlten Unterkunft, zu Hause oder in einem Ort der Wahl der Kraftfahrers verbringen müssen. Der EWSA weist indes darauf hin, dass es möglicherweise schwierig ist, die Verbringung der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit in einer privaten Unterkunft oder zu Hause zu dokumentieren. Um jedoch dem Erfordernis zu genügen, dass die Fahrer während ihrer wöchentlichen Ruhezeit „frei über [ihre] Zeit verfügen“ können, ist es unerlässlich, dass sie ihr Fahrzeug verlassen können und eine ununterbrochene Zeitspanne lang nicht für die Sicherheit ihres Fahrzeugs verantwortlich sind. Der EWSA weist gleichzeitig darauf hin, dass hierfür auch sichere Parkplätze und weitere Einrichtungen verfügbar sein müssen, die die korrekte Anwendung der vorgeschlagenen Maßnahmen gewährleisten. Der Mangel an sicheren Parkplätzen und anderen Einrichtungen wird in der Praxis dazu führen, dass eine gesetzliche Verpflichtung, die wöchentliche Ruhezeit außerhalb der Fahrerkabine zu verbringen, die Fahrer und die Verkehrsunternehmen vor das unlösbare Dilemma stellen wird, entweder Ladung und Fahrzeug zu riskieren oder die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Die vollziehenden Behörden müssen diesem Dilemma gebührend Rechnung tragen.

Ja-Stimmen:

105

Nein-Stimmen:

152

Enthaltungen:

22

Ziffer 5.13

 

Der Europäischen Kommission zufolge ist die EU-weite Anwendung der Entsendevorschriften im Straßenverkehr ist eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherstellung jeweils gleicher Ausgangsbedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmen. Dadurch könnte auch dem verbreiteten Missbrauch und der Ausbeutung von niedrig entlohnten Arbeitnehmern aus anderen Mitgliedstaaten ein Riegel vorgeschoben werden, die im internationalen Straßenverkehr mittlerweile überhandnehmen und ein wesentlicher Auslöser der Abwärtsspirale bei den Löhnen und Arbeitsbedingungen der Berufskraftfahrer sind. Sie erachtet ihren Vorschlag ferner als unerlässlich für den Aufbau eines fairen, sicheren, umweltfreundlichen und sozial tragfähigen Straßenverkehrssektors. Der EWSA befürwortet diese Ziele, betont jedoch auch die Notwendigkeit, die Entsendevorschriften, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, an die Gegebenheiten im Verkehrssektor anzupassen, damit sie greifen können. In Anbetracht des damit verbundenen hohen Verwaltungsaufwands und der Probleme bei der Kontrolle und Durchsetzung ist deshalb nach Meinung des EWSA der zusätzliche Nutzen der Anwendung von Entsendevorschriften auf den internationalen Straßenverkehr zu hinterfragen.

Ja-Stimmen:

105

Nein-Stimmen:

157

Enthaltungen:

11

Ziffer 5.14

 

In diesem Sinne erachtet es der EWSA als unerlässlich, weiter auf eine wirtschaftliche und soziale Aufwärtskonvergenz zwischen den Mitgliedstaaten mit unterschiedlicher Wirtschaftsleistung hinzuarbeiten und gleichzeitig harmonisierte Entsendevorschriften festzulegen, die in der gesamten EU einheitlich angewendet werden. Er plädiert außerdem für einfache, wirksame und diskriminierungsfreie Durchsetzungsmaßnahmen für diese Vorschriften. Bürokratie muss auf alle Fälle vermieden werden. Der EWSA begrüßt die in dem Vorschlag vorgesehene vereinfachte Entsendemeldung. Er ist jedoch der Meinung, dass eine Entsendemeldung, die für einen Zeitraum von sechs Monaten und für mehrere Fahrer gilt, eine wirksame Durchsetzung und Kontrolle der Entsendevorschriften erschweren könnte.

Ja-Stimmen:

102

Nein-Stimmen:

160

Enthaltungen:

12


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