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Document 52017IP0088

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. März 2017 zu den Philippinen und dem Fall der Senatorin Leila M. De Lima (2017/2597(RSP))

ABl. C 263 vom 25.7.2018, p. 113–115 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

25.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 263/113


P8_TA(2017)0088

Philippinen, der Fall der Senatorin Leila M. De Lima

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. März 2017 zu den Philippinen und dem Fall der Senatorin Leila M. De Lima (2017/2597(RSP))

(2018/C 263/16)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage auf den Philippinen, insbesondere seine Entschließung vom 15. September 2016 (1),

unter Hinweis auf die Erklärungen der EU-Delegation und der Sprecherin der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,

unter Hinweis auf die diplomatischen Beziehungen zwischen den Philippinen und der EU (damals Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)), die am 12. Mai 1964 mit der Ernennung des philippinischen Botschafters bei der EWG aufgenommen wurden,

unter Hinweis auf den Status der Philippinen als Gründungsmitglied des Verbandes südostasiatischer Nationen (ASEAN),

unter Hinweis auf die Erklärung der Internationalen Juristen-Kommission vom 28. Februar 2017,

unter Hinweis auf das Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik der Philippinen andererseits,

unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zu den Menschenrechten,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR),

gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Philippinen und die EU seit langem diplomatische, wirtschaftliche, kulturelle und politische Beziehungen pflegen;

B.

in der Erwägung, dass am 23. Februar 2017 im Zusammenhang mit mutmaßlichen Drogendelikten ein Haftbefehl gegen die philippinische Senatorin Leila De Lima, die Mitglied der oppositionellen „Liberal Party“ ist, ausgestellt wurde; in der Erwägung, dass Senatorin Leila de Lima am 24. Februar 2017 inhaftiert wurde; in der Erwägung, dass Senatorin de Lima im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe von 12 Jahren bis hin zu lebenslänglicher Haft droht und dass sie zudem aus dem philippinischen Senat ausgeschlossen werden könnte;

C.

in der Erwägung, dass ernsthafte Befürchtungen bestehen, dass die Vorwürfe gegen Senatorin de Lima fast vollständig erfunden sind; in der Erwägung, dass Amnesty International Senatorin de Lima als politische Gefangene betrachtet;

D.

in der Erwägung, dass Senatorin de Lima eine Vorkämpferin für Menschenrechte und die bekannteste Kritikerin der Kampagne zur Drogenbekämpfung des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte ist; in der Erwägung, dass sie den Drogenkrieg auf den Philippinen offen verurteilt hat; in der Erwägung, dass Senatorin de Lima den Vorsitz des Philippinischen Menschenrechtsausschusses innehatte; in der Erwägung, dass ernsthafte Befürchtungen um die Sicherheit von Senatorin de Lima bestehen; in der Erwägung, dass es zahlreiche Hinweise auf Folterungen in Haftanstalten gibt, denen nicht nachgegangen wird;

E.

in der Erwägung, dass Senatorin de Lima am 19. September 2016 von ihrem Amt als Vorsitzende des Senatsausschusses für Gerechtigkeit und Menschenrechte abberufen wurde; in der Erwägung, dass Senatorin de Lima während ihrer Amtszeit als Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses die Untersuchungen der mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen von schätzungsweise mindestens 1 000 im Zusammenhang mit Drogenvergehen Verdächtigten in Davao während der Amtszeit von Präsident Duterte als Bürgermeister dieser Stadt leitete; in der Erwägung, dass Senatorin de Lima im Anschluss an die Anhörungen einer Flut von Schikanen und Einschüchterungsmaßnahmen durch die Behörden ausgesetzt war und dass sich diese Übergriffe in den vergangenen acht Monaten verschärft haben;

F.

in der Erwägung, dass Human Rights Watch am 2. März 2017 seinen Bericht „License to Kill: Philippine Police Killings in Duterte’s ‚War on Drugs‘“ (Lizenz zum Töten: Hinrichtungen durch die philippinische Polizei in Dutertes „Krieg gegen Drogen“) veröffentlicht hat, in dem außergerichtliche Hinrichtungen im Zusammenhang mit der Kampagne zur Drogenbekämpfung dokumentiert sind;

G.

in der Erwägung, dass seit dem Amtsantritt von Präsident Duterte am 30. Juni 2016 über mehr als 7 000 Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogenvergehen durch Polizei und Bürgerwehren berichtet wurde; in der Erwägung, dass Präsident Duterte geschworen hat, seine Kampagne zur Drogenbekämpfung bis zum Ende seiner Amtszeit als Präsident im Jahr 2022 fortzusetzen;

H.

in der Erwägung, dass Präsident Duterte als Reaktion auf die Tötung von Offizieren durch Aufständische der kommunistischen „New People's Army“ (Neue Volksarmee) im Süden der Philippinen am 8. März 2017 der Armee befohlen hat, ohne Rücksicht auf Kollateralschäden Operationen gegen die Aufständischen durchzuführen;

I.

in der Erwägung, dass die philippinische Nationalpolizei am 30. Januar 2017 die Operationen der Polizei zur Drogenbekämpfung nach einer brutalen mutmaßlichen Hinrichtung im Rahmen der Drogenbekämpfungsmaßnahmen zeitweise ausgesetzt hat; in der Erwägung, dass Präsident Duterte den philippinischen Streitkräften befohlen hat, diese Lücke in der Kampagne zur Drogenbekämpfung zu füllen;

J.

in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger und -aktivisten sowie Journalisten auf den Philippinen, unter ihnen auch Senatorin De Lima, regelmäßig Bedrohungen, Schikanen, Einschüchterungsmaßnahmen und Cyber-Mobbing ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass Personen, die die Rechte dieser Gruppen verletzen, nicht zur Rechenschaft gezogen werden, da keine ordnungsgemäßen Untersuchungen durchgeführt werden; in der Erwägung, dass Präsident Duterte im November 2016 öffentlich damit gedroht hat, Menschenrechtsverteidiger zu töten;

K.

in der Erwägung, dass das Repräsentantenhaus am 7. März 2017 Gesetz Nr. 4727 verabschiedet hat, mit dem die Todesstrafe für schwere Drogenvergehen wieder eingeführt wird; in der Erwägung, dass die Philippinen das erste Land in der Region waren, das die Todesstrafe 2007 abschaffte; in der Erwägung, dass die Wiedereinführung der Todesstrafe einen klaren Verstoß gegen das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) darstellen würde, dessen Vertragspartei die Philippinen seit 2007 sind; in der Erwägung, dass die Regierung von Präsident Duterte derzeit überlegt, das Strafmündigkeitsalter von 15 Jahren auf neun Jahre herabzusetzen;

L.

in der Erwägung, dass die Philippinen im September 2016 den ASEAN-Vorsitz für 2017 übernommen haben;

1.

fordert, dass Senatorin Leila De Lima unverzüglich freigelassen und ihre Sicherheit während der Haft in ordnungsgemäßer Weise gewährleistet wird; fordert die Behörden der Philippinen auf, für ein gerechtes Verfahren zu sorgen, und verweist auf das Prinzip der Unschuldsvermutung; fordert, alle politisch motivierten Anklagepunkte gegen Senatorin Leila De Lima fallen zu lassen und alle weiteren Schikanen gegen sie einzustellen;

2.

ist sich der Tatsache bewusst, dass Millionen Menschen auf den Philippinen unter dem weit verbreiteten Problem der Drogensucht und ihren Folgen leiden; verurteilt den Drogenhandel und den Drogenmissbrauch auf den Philippinen aufs Schärfste; fordert die Regierung auf, dem Kampf gegen organisierte Drogenhändler und Drogenbarone Vorrang vor der Jagd auf Konsumenten kleiner Drogenmengen einzuräumen; hebt hervor, dass dieser Kampf gleichzeitig Hand in Hand mit Maßnahmen für Prävention und Entzug gehen muss; unterstützt die Anstrengungen der Regierung, neue Entzugseinrichtungen zu schaffen;

3.

verurteilt die große Zahl außergerichtlicher Hinrichtungen durch die Streitkräfte und Bürgerwehren im Rahmen der Kampagne zur Drogenbekämpfung auf das Schärfste; spricht den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus; verleiht seiner tiefen Besorgnis Ausdruck angesichts glaubhafter Berichte, aus denen hervorgeht, dass die philippinische Polizei Beweise fälscht, um außergerichtliche Hinrichtungen zu rechtfertigen, und vor allem arme Stadtbewohner diesen Hinrichtungen zum Opfer fallen; fordert die Behörden der Philippinen auf, unverzüglich unparteiische und ernsthafte Ermittlungen zu diesen außergerichtlichen Hinrichtungen durchzuführen und alle Schuldigen zu verfolgen und vor Gericht zu bringen; fordert die EU auf, derartige Ermittlungen zu unterstützen; fordert die Behörden der Philippinen auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um weiteren Hinrichtungen vorzubeugen;

4.

verleiht seiner tiefen Besorgnis angesichts der Rhetorik von Präsident Duterte als Reaktion auf die Tötung der Offiziere am 8. März 2017 Ausdruck und fordert die Behörden und Streitkräfte der Philippinen mit Nachdruck auf, das humanitäre Völkerrecht streng einzuhalten, das allen Parteien in bewaffneten Konflikten besondere Zurückhaltung auferlegt, damit die Zivilbevölkerung und Nichtkombattanten verschont bleiben;

5.

fordert die EU auf, die Einrichtung einer unabhängigen internationalen Untersuchung der außergerichtlichen Hinrichtungen und anderer von den Philippinen im Zusammenhang mit dem „Krieg gegen Drogen“ von Präsident Duterte begangener Menschenrechtsverletzungen im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu unterstützen;

6.

äußert seine tiefe Besorgnis angesichts des Beschlusses des Repräsentantenhauses, die Todesstrafe wieder einzuführen; fordert die Staatsführung der Philippinen auf, die laufenden Verfahren zur Wiedereinführung der Todesstrafe unverzüglich zu stoppen; weist darauf hin, dass die Todesstrafe nach Auffassung der EU eine grausame und unmenschliche Strafe ist, die potenzielle Täter nicht davon abhält, eine Straftat zu begehen; fordert die philippinische Regierung auf, das Strafmündigkeitsalter nicht herabzusetzen;

7.

fordert die EU auf, das Verfahren gegen Senatorin De Lima genau zu beobachten;

8.

fordert die EU auf, alle zur Verfügung stehenden Mittel und insbesondere das Rahmenabkommen zu nutzen, um die Regierung der Philippinen dabei zu unterstützen, ihre internationalen Menschenrechtsverpflichtungen einzuhalten;

9.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um die Philippinen davon zu überzeugen, den außergerichtlichen Hinrichtungen im Zusammenhang mit der Kampagne zur Drogenbekämpfung ein Ende zu setzen, und unter anderem Verfahrensschritte mit dem Ziel einer möglichen Abschaffung der Präferenzen im Rahmen des APS+ einzuleiten, falls es in den kommenden Monaten keine deutlichen Verbesserungen geben sollte;

10.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Regierung und dem Parlament der Philippinen, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und den Regierungen der Mitgliedstaaten des Verbands südostasiatischer Nationen zu übermitteln.

(1)  Angenommene Texte, P8_TA(2016)0349.


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