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Document 52022AE3786

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 und der Verordnung (EU) 2021/1060 im Hinblick auf zusätzliche Flexibilität zur Bewältigung der Folgen des militärischen Angriffs durch die Russische Föderation — FAST-CARE (Flexible Assistance for Territories — Flexible Unterstützung für Gebiete)“ (COM(2022) 325 final — 2022/0208 (COD))

EESC 2022/03786

ABl. C 486 vom 21.12.2022, p. 144–148 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 486/144


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 und der Verordnung (EU) 2021/1060 im Hinblick auf zusätzliche Flexibilität zur Bewältigung der Folgen des militärischen Angriffs durch die Russische Föderation — FAST-CARE (Flexible Assistance for Territories — Flexible Unterstützung für Gebiete)“

(COM(2022) 325 final — 2022/0208 (COD))

(2022/C 486/20)

Berichterstatterin:

Elena-Alexandra CALISTRU

Befassung

Europäisches Parlament, 4.7.2022

Rat der Europäischen Union, 15.7.2022

Rechtsgrundlage

Artikel 177 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

Annahme in der Fachgruppe

9.9.2022

Verabschiedung im Plenum

21.9.2022

Plenartagung Nr.

572

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

189/0/1

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Die Kommission hat mit ihrem FAST-CARE-Vorschlag dringend benötigte zusätzliche Schritte unternommen, um die Mitgliedstaaten, die lokalen Behörden und die Partner der Zivilgesellschaft bei der Bewältigung der Folgen der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine zu unterstützen. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt dieses neue umfassende Paket, mit dem die bereits im Rahmen von CARE geleistete Hilfe durch zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen und mehr Flexibilität bei der Verwendung kohäsionspolitischer Mittel verstärkt wird.

1.2.

Der EWSA stellt ferner fest, dass die direkten und indirekten Auswirkungen der grundlosen Invasion vom 24. Februar in allen Mitgliedstaaten, insbesondere an den EU-Außengrenzen, zu einem kontinuierlichen Anstieg der Zahl der Flüchtlinge geführt haben und weiteres Handeln erforderlich machen. Die derzeitige Situation ist beispiellos und erfordert daher alle denkbaren Maßnahmen, die auf die besondere Lage zugeschnitten sein müssen. Nach Ansicht des EWSA reagiert die Kommission mit FAST-CARE auf diese besondere Lage und stellt zusätzliche Mittel für die migrationsbedingten Herausforderungen bereit, die sich aus der militärischen Aggression Russlands ergeben. Gleichzeitig trägt dieser Vorschlag dazu bei, die Verzögerungen bei der Durchführung von Projekten aufgrund der kombinierten Auswirkungen von COVID-19 sowie der hohen Energiekosten und des Mangels an Rohstoffen und Arbeitskräften infolge des Krieges aufzufangen.

1.3.

Der EWSA hat immer wieder betont, dass eine sofortige und wirksame Reaktion mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln erforderlich ist. Die fortgesetzten Bemühungen um Flexibilität bei der Finanzierung sollten eine möglichst effiziente Umsetzung der kohäsionspolitischen Investitionen im Rahmen des MFR 2014-2020 sowie einen reibungslosen Start der Programme für den Zeitraum 2021-2027 gewährleisten. Der EWSA begrüßt die befristete Möglichkeit eines Kofinanzierungssatzes von 100 % aus dem EU-Haushalt für die Durchführung kohäsionspolitischer Programme. Er befürwortet ferner die Möglichkeit zusätzlicher Übertragungen zwischen dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Kohäsionsfonds sowie zwischen Regionenkategorien.

1.4.

Der EWSA begrüßt nachdrücklich, dass die Kommission die große Belastung anerkennt, die die lokalen Gebietskörperschaften und die in den lokalen Gemeinschaften tätigen Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Bewältigung der Migrationsherausforderungen infolge der militärischen Aggression Russlands zu tragen haben. Der EWSA begrüßt die Bestimmung, dass im Rahmen der einschlägigen Prioritäten mindestens 30 % der Mittelausstattung für die lokalen Gebietskörperschaften, die Sozialpartner und die Organisationen der Zivilgesellschaft vorbehalten wird, um sicherzustellen, dass diese Begünstigten einen ihrer aktiven Rolle bei Maßnahmen zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen angemessenen Anteil der Mittel erhalten. Dieser Prozentsatz könnte jedoch für Länder, die eine große Zahl von Flüchtlingen aufnehmen, zu niedrig sein; daher sollte die Möglichkeit einer Erhöhung dieses Anteils für die an die Ukraine angrenzenden Länder weiter geprüft werden.

1.5.

Der EWSA ist der Auffassung, dass den NRO und den Sozialpartnern sowohl als durchführende Organisationen als auch als wertvolle Partner bei der Überwachung der Umsetzung solcher Programme eine entscheidende Rolle zukommt. Der EWSA ist daher bereit, weitere Diskussionen darüber zu fördern, wie die Organisationen der Zivilgesellschaft und die Sozialpartner sowohl in der EU als auch in der Ukraine einbezogen werden können. Die Zivilgesellschaft hat in den ersten Phasen des Krieges ihre unmittelbare Reaktionsfähigkeit unter Beweis gestellt. Mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet, wird sie eine wichtige Schnittstelle zwischen den Bedürfnissen vor Ort und den einschlägigen politischen Überlegungen auf hoher Ebene bilden. Angesichts des andauernden Krieges bemüht sich der EWSA weiterhin um eine stärkere Einbindung in die unmittelbare Reaktion und um eine bessere langfristige Beteiligung an der Festlegung der Integrationsagenda.

1.6.

Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Kommission, die Mitgliedstaaten von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen an die thematische Konzentration für den mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 zu entbinden und ihnen angesichts der sich rasch verändernden Lage vor Ort die Möglichkeit zu geben, Mittel zwischen thematischen Zielen innerhalb derselben Priorität desselben Fonds und derselben Regionenkategorie umzuschichten. Der EWSA begrüßt ferner die Bestimmung, dass außergewöhnliche Ausgaben für abgeschlossene oder vollständig durchgeführte Vorhaben ab dem Zeitpunkt der Invasion förderfähig sein können.

1.7.

Der EWSA nimmt den Mix aus umfassenden Maßnahmen zur Kenntnis, die den Bedürfnissen auf Mikro- bzw. Einzelebene (z. B. die Verlängerung der Geltungsdauer und Erhöhung der neu ermittelten Einheitskosten, um die Grundbedürfnisse und die Unterstützung von Personen zu decken, denen vorübergehender Schutz gewährt wurde) sowie auf Makro- bzw. Mitgliedstaatenebene Rechnung tragen (z. B. die Erleichterung der Möglichkeit, Vorhaben im Rahmen der Programme des Zeitraums 2014-2020 im Rahmen der Programme des Zeitraums 2021-2027 weiterzuführen, damit mehr Vorhaben, bei denen Verzögerungen auftreten, durchgeführt werden können, wobei die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Anforderungen an die thematische Konzentration und die Klimaschutzbeiträge nicht beeinträchtigt werden).

1.8.

Auch die Bestimmungen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Mitgliedstaaten nimmt er gebührend zur Kenntnis, ebenso wie die Zusage der Europäischen Kommission, Begünstigten und Interessenträgern durch zusätzliche Unterstützung und Beratung zu helfen (beispielsweise bei Beschaffungsaufträgen, bei denen es zu Kostenüberschreitungen kommt), sowie andere nichtlegislative Maßnahmen und Beratung. Der EWSA fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten, den lokalen Behörden und der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, um alle unnötigen Verwaltungslasten zu beseitigen und gleichzeitig für vollständige Transparenz bei der Zuweisung und Durchführung von Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine zu sorgen. In diesem Zusammenhang unterstreicht der EWSA auch, dass die Zivilgesellschaft und die Sozialpartner aus der EU und der Ukraine aktiver einbezogen werden müssen, um eine wirksame Planung, Verwaltung und Überwachung der Mittel zu gewährleisten und sicherzustellen, dass sie diejenigen erreichen, die sie am dringendsten benötigen, und zwar dort, wo der Bedarf am größten ist.

1.9.

Der EWSA schließt sich der Auffassung an, dass alle möglichen Maßnahmen im Rahmen des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) ergriffen werden sollten. In diesem Zusammenhang befürwortet der Ausschuss die Absicht der Kommission, die MFR-Verordnung dahingehend zu ändern, dass die verbleibenden Mittel für 2014-2020 bestmöglich genutzt werden und ein reibungsloser Übergang zum Programmplanungszeitraum 2021-2027 ermöglicht wird. Der EWSA hat zwar stets ein Höchstmaß an Flexibilität auf allen Ebenen — vom Beginn bis zum Abschluss der Programme — gefordert (1), damit die verfügbaren Mittel möglichst umfassend genutzt werden, doch angesichts der zunehmenden direkten und indirekten Folgen des Krieges in der Ukraine ist er der Ansicht, dass möglicherweise auch neue innovative Finanzinstrumente (2) zum Einsatz kommen müssen. Eine denkbare Lösung, die der EWSA bereits früher empfohlen hat, ist ein gesonderter EU-Fonds für den Wiederaufbau und die Entwicklung der Ukraine, um die Bemühungen zur Unterstützung der vom Krieg betroffenen Mitgliedstaaten zu ergänzen. (3)

1.10.

Der EWSA fordert den Rat und das Europäische Parlament auf, die Verordnung rasch anzunehmen, damit sie so bald wie möglich in Kraft treten kann. Das Ausmaß der Herausforderung erfordert eine gemeinsame und besser koordinierte Reaktion, vor allem angesichts der bevorstehenden kalten Jahreszeit.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1.

Die Kommission hat seit dem 24. Februar im Rahmen der Kohäsionsmaßnahmen für Flüchtlinge in Europa (CARE) eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt, um sicherzustellen, dass die im Rahmen der Kohäsionspolitik 2014-2020 und des Europäischen Fonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) verfügbaren Mittel sowie die Vorschusszahlungen im Rahmen der REACT-EU-Programme zügig mobilisiert werden, um die unmittelbaren Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu bewältigen. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten ihre Bemühungen um eine umweltverträgliche, digitale und stabile Erholung ihrer Volkswirtschaften von der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Krise fortsetzen können.

2.2.

Da der Bedarf jedoch weiter steigt, haben der Europäische Rat, das Europäische Parlament und die EU-Regionen die Kommission aufgefordert, innerhalb des mehrjährigen Finanzrahmens neue Initiativen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten in ihren diesbezüglichen Bemühungen vorzulegen. Jetzt ist Unterstützung erforderlich, um die längerfristigen Bedürfnisse der vertriebenen Zivilbevölkerung zu decken und ihnen durch die Bereitstellung von Unterkünften und medizinischer Versorgung sowie durch den Zugang zu Beschäftigung und Bildung in den EU-Mitgliedstaaten die Integration zu erleichtern. Es sei darauf hingewiesen, dass Gemeinschaften, die bereits stark von der COVID-19-Pandemie betroffen sind (z. B. in Bezug auf die Belastung des Gesundheitssystems), nun vor der Aufgabe stehen, die längerfristigen Bedürfnisse der Flüchtlinge zu decken, aber auch mit neuen Problemen konfrontiert sind, wie den geschlechtsspezifischen Aspekten politischer Maßnahmen (z. B. besuchen zu wenige Kinder eine Schule, was die berufliche Integration von Frauen erheblich behindert).

2.3.

Der Krieg hat zu Engpässen in den Lieferketten und zu Arbeitskräftemangel geführt. Außerdem haben die Preise für Rohstoffe sowie für Energie und Werkstoffe stark angezogen. Diese Situation verschärft die Folgen der Pandemie und verursacht zusätzlichen Druck auf die öffentlichen Haushalte und weitere Verzögerungen bei Investitionen, insbesondere in die Infrastruktur.

2.4.

Mit dem FAST-CARE-Paket werden mehrere wesentliche Änderungen an den kohäsionspolitischen Rechtsvorschriften für die Zeiträume 2014-2020 und 2021-2027 vorgenommen mit dem Ziel, die Unterstützung der Mitgliedstaaten für die Integration von Drittstaatsangehörigen weiter zu beschleunigen und zu vereinfachen und gleichzeitig den Regionen bei der Erholung von der COVID-19-Pandemie zur Seite zu stehen.

2.5.

Die Mitgliedstaaten, lokalen Behörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die Vertriebene aufnehmen, sollen durch folgende Maßnahmen besser unterstützt werden:

die Vorfinanzierungen werden um weitere 3,5 Mrd. EUR aufgestockt, die 2022 und 2023 ausgezahlt werden sollen, wodurch allen Mitgliedstaaten rasch zusätzliche Liquidität zur Verfügung gestellt wird;

die Möglichkeit einer Kofinanzierung von 100 % durch die EU im Zeitraum 2014-2020 wird nun auf Maßnahmen zur Förderung der sozioökonomischen Integration von Drittstaatsangehörigen ausgeweitet;

diese Möglichkeit wird auch auf die Programme des Zeitraums 2021-2027 ausgeweitet und soll Mitte 2024 überprüft werden;

die vereinfachten Einheitskosten zur Deckung der Grundbedürfnisse von Flüchtlingen, die im Rahmen von CARE auf 40 EUR pro Person und Woche festgesetzt wurden, sollen auf 100 EUR angehoben werden, wobei diese Kosten für bis zu 26 Wochen (statt bisher 13 Wochen) geltend gemacht werden können;

die bereits im Rahmen von CARE gewährte Möglichkeit einer Querfinanzierung zwischen dem EFRE und dem ESF wird ausgeweitet. Dies bedeutet, dass nun auch Mittel aus dem Kohäsionsfonds bereitgestellt werden können, um die Folgen der Migrationsherausforderungen zu bewältigen;

die Ausgaben für Vorhaben zur Bewältigung der Migrationsherausforderungen können nun rückwirkend geltend gemacht werden, auch wenn die Maßnahme bereits abgeschlossen ist.

2.6.

Um sicherzustellen, dass die Investitionen dorthin fließen, wo sie am dringendsten benötigt werden, werden durch FAST-CARE zwei wesentliche Änderungen eingeführt:

Mindestens 30 % der im Rahmen der Flexibilitätsregelung bereitgestellten Mittel sollten für Vorhaben gewährt werden, die von lokalen Behörden und in lokalen Gemeinschaften aktiven Organisationen der Zivilgesellschaft durchgeführt werden, damit diejenigen, die die Hauptlast tragen, angemessen unterstützt werden.

Da Flüchtlinge häufig innerhalb eines Mitgliedstaats umziehen, können nun Vorhaben unterstützt werden, die außerhalb des geografischen Geltungsbereichs des jeweiligen Programms, aber innerhalb des Mitgliedstaats durchgeführt werden.

2.7.

Was die praktische Unterstützung zur Lösung des Problems der verzögerten Umsetzung betrifft, so können Projekte über 1 Mio. EUR (insbesondere Infrastrukturprojekte), die im Rahmen der Programme 2014-2020 unterstützt wurden, aber aufgrund von Preissteigerungen und Engpässen bei Rohstoffen und Arbeitskräften nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnten, im Rahmen der Programme des Zeitraums 2021-2027 weiterhin gefördert werden, auch wenn sie gemäß den Förderfähigkeitsregeln für den Zeitraum 2021-2027 nicht förderfähig wären.

3.   Besondere Bemerkungen

3.1.

Der EWSA begrüßt die Bemühungen der Europäischen Kommission, geeignete und wirksame Mechanismen zur finanziellen Unterstützung zu schaffen, um die Folgen der militärischen Aggression Russlands, die weiter zunehmen und immer stärker zu spüren sind, zu bewältigen. Infolgedessen sind die Mitgliedstaaten mit einem kontinuierlichen Zustrom von Menschen konfrontiert, die vor der russischen Aggression fliehen. Hinzu kommen die Folgen der COVID-19-Pandemie, wie die Unterbrechung von Wertschöpfungsketten. Dies alles stellt eine Herausforderung für die öffentlichen Haushalte dar, die auf die Erholung der Wirtschaft ausgerichtet waren, und birgt gleichzeitig die Gefahr, dass sich Investitionen insbesondere in die Infrastruktur verzögern.

3.2.

Der EWSA erkennt ferner an, dass es angesichts der in allen Mitgliedstaaten zunehmenden direkten und indirekten Auswirkungen des Krieges in der Ukraine von entscheidender Bedeutung ist, die Mechanismen zur Bewältigung der migrationsbedingten Herausforderungen und Marktstörungen durch einen Mix aus Finanzierung, Verfahren und technischer Hilfe in Verbindung mit Flexibilität, Reaktionsfähigkeit und raschem Handeln sicherzustellen.

3.3.

Der EWSA teilt uneingeschränkt die Auffassung, dass durch eine gezielte Überarbeitung des derzeitigen Finanzrahmens Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, um die Unterbrechung von Finanzierungen zu verhindern, die für die wichtigsten Maßnahmen zur Abfederung der Krise und zur Unterstützung der Bedürftigen notwendig sind. Der EWSA hat bereits in früheren Stellungnahmen (4) empfohlen, den Mitgliedstaaten zusätzliche Mittel als unmittelbare Vorschüsse zuzuweisen.

3.4.

Der EWSA begrüßt, dass die Möglichkeit einer Kofinanzierung dieser Maßnahmen von bis zu 100 % auf das am 30. Juni 2022 endende Geschäftsjahr ausgeweitet wurde, um zur Entlastung der öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten beizutragen, sowie die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten durch eine erhebliche Aufstockung der Vorfinanzierungen (5) aus REACT-EU-Mitteln mit der notwendigen Liquidität zur Deckung des dringendsten Bedarfs versehen wurden.

3.5.

Der EWSA begrüßt ferner, dass die Kommission vorgeschlagen hat, im Rahmen der Programme für den Zeitraum 2021-2027 einen Kofinanzierungssatz von bis zu 100 % für Prioritäten zur Förderung der sozioökonomischen Integration von Drittstaatsangehörigen einzuführen. Diese Regelung ist zwar bis zum 30. Juni 2024 befristet, soll jedoch im Hinblick auf ihre Anwendung einer Überprüfung unterzogen werden. Sollte sie sich als effizient erweisen, könnte sie verlängert werden und damit einen Ausblick auf mehr Flexibilität und Liquidität bieten, wenn dringender Finanzierungsbedarf aufkommt.

3.6.

Der EWSA begrüßt nachdrücklich die Bestimmung, dass mindestens 30 % der Unterstützung im Rahmen der einschlägigen Prioritäten lokalen Behörden, Sozialpartnern oder in lokalen Gemeinschaften aktiven Organisationen der Zivilgesellschaft gewährt werden sollten, um sicherzustellen, dass diese Begünstigten einen ihrer aktiven Rolle bei Maßnahmen zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen angemessenen Anteil dieser Mittel erhalten. Dennoch könnte der Prozentsatz für die an die Ukraine angrenzenden Länder, die eine wesentlich höhere Zahl von Flüchtlingen aufnehmen, zu niedrig sein. Daher sollte, auch wenn es sich um einen Mindestsatz handelt, eine höhere Mittelzuweisung angestrebt und mindestens 50 % der Fördermittel im Rahmen der jeweiligen Priorität an lokale Behörden und Organisationen der Zivilgesellschaft, die in lokalen Gemeinschaften tätig sind, vergeben werden.

3.7.

Der EWSA ist sich darüber im Klaren, dass die ursprünglichen kohäsionspolitischen Ziele gewahrt werden müssen und dass die Kohäsionspolitik nicht zu einem Allheilmittel für alle möglichen Notfälle werden darf. In diesem Sinne ist es nachvollziehbar, dass der im Rahmen der Prioritäten für die Integration von Flüchtlingen in einem Mitgliedstaat vorgesehene Gesamtbetrag durch entsprechende Bestimmungen auf 5 % der ursprünglichen Mittelzuweisung an den Mitgliedstaat aus dem EFRE und dem ESF+ zusammengenommen begrenzt wird. Diese Schwellenwerte sollten jedoch früher überprüft werden, damit im Bedarfsfall ausreichend Spielraum bleibt, insbesondere für die angrenzenden Länder. Es liegt auf der Hand, dass die Länder, die die große Mehrheit der Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen, vor größeren Herausforderungen stehen als andere EU-Mitgliedstaaten. Daher sollten die prozentualen Obergrenzen den Gegebenheiten vor Ort und den Unterschieden zwischen den Herausforderungen, mit denen die einzelnen Mitgliedstaaten konfrontiert sind, Rechnung tragen.

3.8.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, eng mit den Mitgliedstaaten, den lokalen Behörden und den Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, um die durch FAST-CARE geschaffenen Möglichkeiten zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge möglichst wirksam und rasch zu nutzen. Die Mitgliedstaaten müssen laut Verordnung im abschließenden Durchführungsbericht über die Einhaltung der 30 %-Bedingung Rechenschaft ablegen, der EWSA fordert jedoch eine kontinuierliche Berichterstattung sowie die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Überwachung der Umsetzung dieser Bestimmungen.

3.9.

Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die Planung, Umsetzung und Überwachung von Programmen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Kohäsionspolitik sowie für die Auswahl der durchzuführenden Projekte. Vor diesem Hintergrund muss bewertet werden, inwieweit die Kohäsionspolitik Gefahr läuft, zu einem Bündel unzusammenhängender Notfallmaßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krisen in Europa zu werden.

3.10.

Die Schaffung klarer Synergien zwischen den kohäsionspolitischen Grundsätzen und Kernzielen einerseits und den neuen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Gegebenheiten in Bezug auf Arbeitskräftemangel, Schwierigkeiten in den Versorgungsketten und steigende Preise und Energiekosten andererseits sollte ein zentrales Anliegen sein, wenn es darum geht, eine angemessene Ausschöpfungsquote zu erreichen, die deutlich macht, dass die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden.

4.

Der EWSA nimmt die Entscheidung der Kommission, die n+3-Regel für den Zeitraum 2014-2020 nicht um ein weiteres Jahr zu verlängern, sowie ihre Einschätzung zur Kenntnis, dass FAST-CARE unabhängig von der vorzeitigen Bereitstellung von Mitteln für Zahlungen für die Kalenderjahre 2022 und 2023 (hauptsächlich aufgrund von Vorfinanzierungen) im Zeitraum 2021-2027 insgesamt haushaltsneutral ist und keine Änderung der im mehrjährigen Finanzrahmen vorgesehenen jährlichen Obergrenzen für Verpflichtungen und Zahlungen erfordert. Der EWSA fordert die Kommission jedoch nachdrücklich auf, die Auswirkungen der Änderungen zu überwachen und Raum für neu entstehende oder sich ausweitende Bedürfnisse oder Prioritäten zu lassen.

Brüssel, den 21. September 2022

Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Christa SCHWENG


(1)  Siehe das Positionspapier des EWSA zum Thema COVID-19: Europäische Struktur- und Investitionsfonds — außerordentliche Flexibilität.

(2)  In seinen Stellungnahmen hat der EWSA immer wieder betont, dass der MFR 2021-2027 die Möglichkeit bieten muss, über die bestehenden Instrumente (Aufbau- und Resilienzfazilität ( ABl. C 364 vom 28.10.2020); COVID-19: Europäische Struktur- und Investitionsfonds — außerordentliche Flexibilität; Verordnung über die Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise; Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD)/COVID-19-Krise) hinaus neue innovative Finanzierungsinstrumente einzuführen.

(3)  Siehe die Stellungnahme des EWSA zum 8. Kohäsionsbericht (ABl. C 323 vom 26.8.2022, S. 54).

(4)  EWSA-Positionspapier zu REACT-EU.

(5)  Der EWSA hat in früheren Stellungnahmen immer wieder darauf hingewiesen, dass eine prozentuale Erhöhung der Vorschusszahlungen bzw. der Vorfinanzierung begrüßenswert ist, dass aber mehr unternommen werden muss, um die Finanzmittel so schnell wie möglich bereitzustellen. Vgl. zum Beispiel das EWSA-Positionspapier zum Thema Finanzielle Unterstützung für Mitgliedstaaten, die von einer Notlage größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit schwer betroffen sind.


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