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Document 62010CA0327

Rechtssache C-327/10: Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 17. November 2011 (Vorabentscheidungsersuchen des Okresní soud v Chebu — Tschechische Republik) — Hypoteční banka a.s./Udo Mike Lindner (Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen — Von einem Verbraucher mit Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats bei einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Bank abgeschlossener Hypothekendarlehensvertrag — Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die die Erhebung einer Klage gegen einen Verbraucher bei einem Gericht dieses Mitgliedstaats zulassen, wenn der genaue Wohnsitz des Verbrauchers nicht bekannt ist)

ABl. C 25 vom 28.1.2012, p. 12–13 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

28.1.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 25/12


Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 17. November 2011 (Vorabentscheidungsersuchen des Okresní soud v Chebu — Tschechische Republik) — Hypoteční banka a.s./Udo Mike Lindner

(Rechtssache C-327/10) (1)

(Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - Von einem Verbraucher mit Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats bei einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Bank abgeschlossener Hypothekendarlehensvertrag - Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die die Erhebung einer Klage gegen einen Verbraucher bei einem Gericht dieses Mitgliedstaats zulassen, wenn der genaue Wohnsitz des Verbrauchers nicht bekannt ist)

(2012/C 25/19)

Verfahrenssprache: Tschechisch

Vorlegendes Gericht

Okresní soud v Chebu

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Hypoteční banka a.s.

Beklagter: Udo Mike Lindner

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen — Okresní soud v Chebu — Auslegung von Art. 81 AEUV sowie der Art. 16 Abs. 2, 17 Nr. 3 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) sowie von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) — Zuständigkeit bei einem Vertrag über einen Immobilienkredit, den ein Verbraucher, der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, bei einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Bank geschlossen hat — Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach denen eine Klage vor einem Gericht dieses Mitgliedstaats gegen den Verbraucher möglich ist, wenn dessen Wohnsitz unbekannt ist

Tenor

1.

Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass die Anwendung der in dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitsvorschriften voraussetzt, dass die fragliche Situation in dem Rechtsstreit, mit dem ein mitgliedstaatliches Gericht befasst ist, Fragen in Bezug auf die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit dieses Gerichts aufwerfen kann. Eine solche Situation besteht in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem ein mitgliedstaatliches Gericht mit einer Klage gegen einen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats befasst ist, dessen Wohnsitz diesem Gericht nicht bekannt ist.

2.

Die Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass

in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in der ein Verbraucher, der Partei eines langfristigen Hypothekendarlehensvertrags ist, mit dem die Verpflichtung verbunden ist, dem Vertragspartner jede Adressänderung mitzuteilen, seinen Wohnsitz aufgibt, bevor gegen ihn eine Klage wegen Verletzung seiner vertraglichen Pflichten erhoben wird, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich der letzte bekannte Wohnsitz des Verbrauchers befindet, nach Art. 16 Abs. 2 dieser Verordnung zuständig sind, über diese Klage zu befinden, wenn es ihnen nicht gelingt, in Anwendung von Art. 59 dieser Verordnung den aktuellen Wohnsitz des Beklagten festzustellen, und sie auch nicht über beweiskräftige Indizien verfügen, die den Schluss zulassen, dass der Beklagte seinen Wohnsitz tatsächlich außerhalb des Unionsgebiets hat;

diese Verordnung die Anwendung einer Bestimmung des nationalen Prozessrechts eines Mitgliedstaats, die in dem Bemühen, Fälle der Justizverweigerung zu vermeiden, die Durchführung von Verfahren gegen Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, in deren Abwesenheit ermöglicht, nicht verwehrt, wenn sich das angerufene Gericht vor der Entscheidung über den Rechtsstreit vergewissert hat, dass alle Nachforschungen, die der Sorgfaltsgrundsatz und der Grundsatz von Treu und Glauben gebieten, vorgenommen worden sind, um den Beklagten ausfindig zu machen.


(1)  ABl. C 246 vom 11.9.2010.


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