1982L0711 — DE — 01.09.1997 — 002.001


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RICHTLINIE DES RATES

vom 18. Oktober 1982

über die Grundregeln für die Ermittlung der Migration aus Materialien und Gegenständen aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen

(82/711/EWG)

(ABl. L 297, 23.10.1982, p.26)

Geändert durch:

 

 

Amtsblatt

  No

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date

►M1

Richtlinie 93/8/EWG der Kommission vom 15. März 1993

  L 90

22

14.4.1993

►M2

Richtlinie 97/48/EG der Kommission Text von Bedeutung für den EWR vom 29. Juli 1997

  L 222

10

12.8.1997




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RICHTLINIE DES RATES

vom 18. Oktober 1982

über die Grundregeln für die Ermittlung der Migration aus Materialien und Gegenständen aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen

(82/711/EWG)



DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 76/893/EWG des Rates vom 23. November 1976 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen ( 1 ), insbesondere auf Artikel 3,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments ( 2 ),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ( 3 ),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Nach Artikel 2 der Richtlinie 76/893/EWG müssen die Materialien und Gegenstände insbesondere so beschaffen sein, daß sie an die Lebensmittel keine Bestandteile in einer Menge abgeben, die die menschliche Gesundheit gefährden oder die Zusammensetzung der Lebensmittel nachteilig beeinflussen kann.

Das geeignete Instrument der Verwirklichung dieses Ziels im Falle von Kunststoffen ist eine Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 76/893/EWG, deren Grundregeln im vorliegenden Fall ebenfalls anwendbar werden.

Wegen der Kompliziertheit der Materie ist es angezeigt, sich zunächst auf die Grundregeln für die Kontrolle der Migration der Bestandteile zu beschränken; die zur Kontrolle der Migration erforderlichen Analysenverfahren werden in späteren Richtlinien festgelegt, die nach dem Verfahren des Artikels 10 der Richtlinie 76/893/EWG zu erlassen sind.

Nicht alle Aspekte von Materialien und Gegenständen aus Kunststoff werden von dieser Richtlinie berührt; die Mitgliedstaaten müssen daher berechtigt sein, einerseits die Angaben zur Etikettierung gemäß Artikel 7 der Richtlinie 76/893/EWG entsprechend den Absätzen 4 und 5 dieses Artikels nicht zwingend vorzuschreiben und andererseits das Inverkehrbringen von Materialien und Gegenständen zu verbieten, die zwar die Vorschriften dieser Richtlinie erfüllen, aber nicht den einzelstaatlichen Bestimmungen bezüglich anderer möglicher Vorschriften gemäß Artikel 3 oder, falls solche Bestimmungen fehlen, gemäß Artikel 2 der genannten Richtlinie entsprechen.

Wegen der analytischen Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Migration in Lebensmittel ist es angezeigt, konventionelle Prüfungen zu wählen (Flüssigkeiten, die die Beeinflussung der Lebensmittel simulieren können, und Standardversuchsbedingungen), die möglichst weitgehend die Migrationsbedingungen, die beim Kontakt Gegenstand — Lebensmittel auftreten können, wiedergeben.

Falls sich herausstellt, daß diese Prüfungen den praktischen Gegebenheiten nicht entsprechen, müssen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, diese Prüfungen vorübergehend zu ändern, bis eine Entscheidung auf Gemeinschaftsebene vorliegt.

Der gegenwärtige Stand der Analysenmethoden erlaubt nicht, all die Bedingungen festzulegen, unter denen bei Materialien und Gegenständen, die aus zwei oder mehr Schichten bestehen, von denen mindestens eine nicht ausschließlich aus Kunststoff besteht, die konventionellen Migrationsuntersuchungen durchzuführen sind. Daher ist zu einem späteren Zeitpunkt über die Anwendung der vorliegenden Richtlinie auf diese Materialien und Gegenstände zu entscheiden.

Die Anpassung der vorliegenden Richtlinie an den technischen Fortschritt stellt eine Durchführungsmaßnahme dar, deren Erlaß der Kommission übertragen werden sollte, um das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Für alle Fälle, in denen der Rat der Kommission zur Durchführung der Vorschriften über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, Befugnisse überträgt, ist ein Verfahren vorzusehen, mit dem eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen des durch Beschluß 69/414/EWG ( 4 ) eingesetzten Ständigen Lebensmittelausschusses hergestellt wird —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:



Artikel 1

(1)  Diese Richtlinie ist eine Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 76/893/EWG.

(2)  Diese Richtlinie gilt für Bedarfsgegenstände aus Kunststoff; dies sind Materialien und Gegenstände sowie Teile davon, die

a) ausschließlich aus Kunststoff bestehen oder

b) aus zwei oder mehr Schichten bestehen, von denen jede ausschließlich aus Kunststoff besteht und die durch Kelbemittel oder auf andere Weise zusammengehalten werden,

(2)  und die als Fertigerzeugnis dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, oder die bestimmungsgemäß mit Lebensmitteln in Berührung kommen.

(3)  Im Sinne dieser Richtlinie gilt als Kunststoff eine organische makromolekulare Verbindung, die durch Polymerisation, Polykondensation, Polyaddition oder sonstige vergleichbare Verfahren aus Molekülen mit niedrigerem Molekulargewicht oder durch chemische Veränderung natürlicher Makromoleküle gewonnen wird. Ferner gelten auch als Kunststoff die Silikone und sonstige vergleichbare makromolekulare Verbindungen. Dieser makromolekularen Verbindung können andere Stoffe oder Zubereitungen hinzugefügt werden.

Als Kunststoff gelten jedoch nicht

i) Filme aus regenerierter Zellulose, mit oder ohne Lacküberzug;

ii) Elastomere und natürlicher oder synthetischer Kautschuk;

iii) Papier und Pappe, auch wenn diese durch Zusatz von Kunststoff geändert worden sind;

iv) Oberflächenüberzüge, die hergestellt worden sind aus

 Paraffinwachsen, einschließlich synthetischer Paraffinwachse, und/oder mikrokristallinen Wachsen,

 Mischungen der im ersten Gedankenstrich genannten Wachse miteinander und/oder mit Kunststoff.

(4)  Diese Richtlinie gilt nicht für Materialien und Gegenstände, die aus zwei oder mehr Schichten bestehen, von denen mindestens eine nicht ausschließlich aus Kunststoff besteht und von denen diejenige, die dazu bestimmt ist, mit Lebensmitteln unmittelbar in Berührung zu kommen, ausschließlich aus Kunststoff besteht.

Zu einem späteren Zeitpunkt wird über die Anwendung dieser Richtlinie auf die im Unterabsatz 1 genannten Materialien und Gegenstände sowie über die gegebenenfalls notwendigen Anpassungen dieser Richtlinie entschieden.

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Artikel 2

Die Einzelwerte und der Gesamtwert der Migration aus den in Artikel 1 genannten Materialien und Gegenständen in oder auf Lebensmittel oder Simulanzlösemittel dürfen bzw. darf die Grenzwerte der Richtlinie 90/128/EWG der Kommission ( 5 ) oder anderer Einzelrichtlinien nicht überschreiten.

Artikel 3

(1)  Bei Lebensmitteln wird die Einhaltung der Migrationsgrenzwerte unter den nach der gegenwärtigen Praxis vorhersehbaren längsten Zeit- und höchsten Temperaturbedingungen geprüft.

Bei Simulanzlösemitteln wird die Einhaltung der Migrationsgrenzwerte durch die konventionellen Migrationsuntersuchungen, die nach den im Anhang angegebenen Grundregeln durchzuführen sind, geprüft.

(2)  

a) Stellt jedoch ein Mitgliedstaat auf der Grundlage einer eingehenden Begründung anhand neuer Daten oder einer neuen Beurteilung der vorliegenden Daten nach dem Erlaß dieser Richtlinie fest, daß die in dem Anhang niedergelegten Grundregeln für die Migrationsuntersuchungen aus technischen Gründen oder weil die tatsächlichen Gebrauchsbedingungen von den in der Tabelle im Anhang vorgeschriebenen Versuchsbedingungen wesentlich abweichen, bei einem bestimmten Material oder Gegenstand aus Kunststoff nicht anwendbar sind, so kann er die Anwendung der im Anhang niedergelegten Grundregeln in seinem Hoheitsgebiet und begrenzt auf den spezifischen Fall aussetzen und die Anwendung geeigneterer Grundregeln gestatten. Er teilt dies unter Angabe der Gründe für seine Entscheidung unverzüglich den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mit.

b) Die Kommission prüft unverzüglich die von dem Mitgliedstaat angegebenen Gründe und konsultiert die Mitgliedstaaten im Ständigen Lebensmittelausschuß; danach gibt sie unverzüglich ihre Stellungnahme ab und ändert erforderlichenfalls diese Richtlinie. In diesem Fall kann der Mitgliedstaat, der geeignetere Grundregeln erlassen hat, diese beibehalten, bis die genannten Änderungen in Kraft treten.

▼B

Artikel 4

Anpassungen, die aufgrund der wissenschaftlichen und technischen Weiterentwicklung im Kapitel II des Anhangs dieser Richtlinie vorzunehmen sind, werden nach dem Verfahren des Artikels 10 der Richtlinie 76/893/EWG beschloßen.

Artikel 5

Diese Richtlinie berührt weder die einzelstaatlichen Bestimmungen über andere Regelungen im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie 76/893/EWG noch die den Mitgliedstaten gemäß Artikel 7 Absätze 4 und 5 der genannten Richtlinie eingeräumten Möglichkeiten.

Artikel 6

Die Mitgliedstaaten kommen dieser Richtlinie spätestens zum Zeitpunkt der Durchführung einer Einzelrichtlinie über die in Artikel 2 Absatz 1 genannten Grenzwerte nach.

Artikel 7

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

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ANHANG

GRUNDREGELN FÜR DIE ERMITTLUNG DER MIGRATION

1. „Migrationsprüfungen“ zur Ermittlung der Gesamtmigration und der spezifischen Migration sind anhand der in Kapitel I dieses Anhangs genannten Simulanzlösemittel sowie unter den in Kapitel II dieses Anhangs festgelegten Prüfbedingungen durchzuführen.

2. „Ersatzprüfungen“, bei denen „Prüfmedien“ unter den festgelegten „Ersatz-Prüfbedingungen“ gemäß Kapitel III eingesetzt werden, werden durchgeführt, wenn aus technischen Gründen im Zusammenhang mit dem Analyseverfahren die Migrationsuntersuchung unter Verwendung der Simulanzlösemittel für fetthaltige Lebensmittel (siehe Kapitel I) nicht durchgeführt werden kann.

3. „Alternative Prüfungen“ gemäß Kapitel IV sind anstelle von Migrationsprüfungen mit Simulanzlösemitteln für fetthaltige Lebensmittel zulässig, wenn die in Kapitel IV genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

4. In allen drei Fällen ist folgendes zulässig:

a) die Anzahl der durchzuführenden Prüfungen auf diejenigen (einen oder mehrere) zu beschränken, die in dem jeweiligen Fall aus wissenschaftlicher Sicht als die strengsten gelten;

b) die Migrationsprüfungen, Ersatzprüfungen bzw. alternativen Prüfungen nicht durchzuführen, wenn der eindeutige Nachweis erbracht ist, daß die Migrationsgrenzen bei allen vorhersehbaren Bedingungen der Verwendung des Materials oder Gegenstands nicht überschritten werden können.

KAPITEL I

Simulanzlösemittel

1.   Einleitung

Da es nicht immer möglich ist, Lebensmittel bei der Prüfung von Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, zu verwenden, werden Simulanzlösemittel eingesetzt. Sie sind durch Konvention nach dem Charakter einer oder mehrerer Lebensmittelkategorien klassifiziert. Tabelle 1 nennt die für die jeweiligen Lebensmittelkategorien zu verwendenden Simulanzlösemittel. In der Praxis sind Kombinationen mehrerer Lebensmittelkategorien möglich, z. B. fetthaltiger und wäßriger Lebensmittel. Die Lebensmittelkategorien werden in Tabelle 2 mit den bei den Migrationsprüfungen zu verwendenden Simulanzlösemitteln aufgeführt.



Tabelle 1

Lebensmittelkategorien und Simulanzlösemittel

Lebensmittelkategorie

Festgelegte Klassifizierung

Simulanzlösemittel

Abkürzung

Wäßrige Lebensmittel (pH >4,5)

Lebensmittel, bei denen in der Richtlinie 85/572/EWG des Rates  (1)die Prüfung mit Simulanzlösemittel A vorgeschrieben ist

Destilliertes Wasser oder Wasser von gleicher Qualität

Simulanzlösemittel A

Saure Lebensmittel (wäßrige Lebensmittel mit einem pH-Wert ≤4,5)

Lebensmittel, bei denen in der Richtlinie 85/572/EWG die Prüfung mit Simulanzlösemittel B vorgeschrieben ist

3 %ige Essigsäure (G/V)

Simulanzlösemittel B

Alkoholische Lebensmittel

Lebensmittel, bei denen in der Richtlinie 85/572/EWG die Prüfung mit Simulanzlösemittel C vorgeschrieben ist

10 %iges Ethanol (V/V). Diese Konzentration ist dem Alkoholgehalt des jeweiligen Lebensmittels anzupassen, wenn dieser 10 % überschreitet (V/V).

Simulanzlösemittel C

Fetthaltige Lebensmittel

Lebensmittel, bei denen in der Richtlinie 85/572/EWG die Prüfung mit Simulanzlösemittel D vorgeschrieben ist

Rektifiziertes Olivenöl oder andere fetthaltige Lösemittel

Simulanzlösemittel D

Trockene Lebensmittel

 

Keines

Keine

(1)    ABl. Nr. L 372 vom 31. 12. 1985, S. 14.

2.   Wahl der Simulanzlösemittel

2.1.   Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit allen Lebensmitteltypen in Berührung zu kommen

Die Prüfungen sind anhand der nachstehenden Simulanzlösemittel — von denen diejenigen auszuwählen sind, die als die strengeren gelten — sowie unter den in Kapitel II beschriebenen Prüfbedingungen durchzuführen, wobei für jedes Simulanzlösemittel eine neue Probe des Kunststoffs bzw. Gegenstands zu verwenden ist.

 3 %ige Essigsäure (G/V) in wäßriger Lösung,

 10 %iges Ethanol (V/V) in wäßriger Lösung,

 rektifiziertes Olivenöl (Referenzsimulanzlösemittel D).

Dieses Referenzsimulanzlösemittel D kann jedoch durch eine Mischung synthetischer Triglyceride oder durch Sonnenblumenöl oder Maisöl mit genormten Spezifikationen ersetzt werden (sonstige Simulanzlösemittel für fetthaltige Lebensmittel, Simulanzlösemittel D). Werden bei Prüfungen mit diesen „sonstigen Simulanzlösemitteln für fetthaltige Lebensmittel“ die Migrationsgrenzwerte überschritten, ist zur Feststellung der Nichtübereinstimmung mit der Richtlinie eine Bestätigung des Ergebnisses in einem Versuch mit Olivenöl erforderlich, sofern dies technisch durchführbar ist. Ist eine solche Bestätigung technisch nicht möglich und werden bei dem Material oder Gegenstand die Migrationshöchstwerte überschritten, wird davon ausgegangen, daß es/er der Richtlinie 90/128/EWG nicht entspricht.

2.2.   Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit bestimmten Lebensmitteltypen in Berührung zu kommen

Dies trifft nur in folgenden Fällen zu:

a) ein Material oder Gegenstand kommt bereits mit einem bekannten Lebensmittel in Berührung;

b) dem Material oder dem Gegenstand sind gemäß Artikel 6 der Richtlinie 89/109/EWG Angaben darüber beigefügt, mit welchen der in Tabelle 1 beschriebenen Lebensmitteltypen es/er verwendet bzw. nicht verwendet werden darf, z. B. „nur für wäßrige Lebensmittel“;

c) dem Material oder dem Gegenstand sind gemäß Artikel 6 der Richtlinie 89/109/EWG Angaben darüber beigefügt, mit welchen der in der Richtlinie 85/572/EWG genannten Lebensmitteln bzw. Lebensmittelgruppen es/er verwendet bzw. nicht verwendet werden darf. Diese Angaben sind wie folgt zu machen:

i) Auf allen Handelsstufen außer der Einzelhandelsstufe ist die „Bezugsnummer“ oder die „Bezeichnung der Lebensmittel“ zu verwenden, die in der Tabelle der Richtlinie 85/572/EWG angegeben ist;

ii) auf der Einzelhandelsstufe sind Angaben zu machen, die sich nur auf wenige Lebensmittel oder Lebensmittelgruppen beziehen, vorzugsweise mit leicht verständlichen Beispielen.

Die Prüfungen sind in den unter Buchstabe b) genannten Fällen anhand der in Tabelle 2 als Beispiele genannten Simulanzlösemittel und in den unter den Buchstaben a) und c) genannten Fällen anhand der in der Richtlinie 85/572/EWG genannten Simulanzlösemittel durchzuführen. Sind die Lebensmittel bzw. Lebensmittelgruppen nicht in der Liste der Richtlinie 85/572/EWG enthalten, ist in Tabelle 2 die Lebensmittelkategorie auszuwählen, die am ehesten dem zu prüfenden Lebensmittel bzw. der Lebensmittelgruppe entspricht.

Handelt es sich um ein Material oder einen Gegenstand, das/der dazu bestimmt ist, mit mehr als einem Lebensmittel oder einer Lebensmittelgruppe in Berührung zu kommen, auf die unterschiedliche Verringerungskoeffizienten anzuwenden sind, so ist für jedes Lebensmittel der entsprechende Koeffizient auf das Prüfergebnis anzuwenden. Überschreiten einer oder mehrere der derart berechneten Werte die Grenzwerte, ist das Material nicht für das jeweilige Lebensmittel bzw. die Lebensmittelgruppe geeignet.

Die Prüfungen werden unter den in Kapitel II beschriebenen Prüfbedingungen durchgeführt, wobei für jedes Simulanzlösemittel eine neue Probe zu verwenden ist.



Tabelle 2

Simulanzlösemittel, die in den nachstehenden Fällen bei der Prüfung von Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, zu verwenden sind

Lebensmittel

Simulanzlösemittel

nur wäßrige Lebensmittel

Simulanzlösemittel A

nur saure Lebensmittel

Simulanzlösemittel B

nur alkoholische Lebensmittel

Simulanzlösemittel C

nur fetthaltige Lebensmittel

Simulanzlösemittel D

alle wäßrigen und sauren Lebensmittel

Simulanzlösemittel B

alle alkoholischen und wäßrigen Lebensmittel

Simulanzlösemittel C

alle alkoholischen und sauren Lebensmittel

Simulanzlösemittel C und B

alle fetthaltigen und wäßrigen Lebensmittel

Simulanzlösemittel D und A

alle fetthaltigen und sauren Lebensmittel

Simulanzlösemittel D und B

alle fetthaltigen, alkoholischen und wäßrigen Lebensmittel

Simulanzlösemittel D und C

alle fetthaltigen, alkoholischen und sauren Lebensmittel

Simulanzlösemittel D, C und B

KAPITEL II

Migrationsprüfbedingungen (Zeiten und Temperaturen)

1.

Für die Durchführung der Migrationsprüfungen sind unter den in Tabelle 3 genannten Zeiten und Temperaturen diejenigen zu wählen, die den ungünstigsten vorhersehbaren Kontaktbedingungen der zur Prüfung anstehenden Materialien und Gegenstände aus Kunststoff sowie gegebenenfalls den Angaben auf dem Etikett über die höchstzulässige Verwendungstemperatur entsprechen. Fällt daher ein Material oder Gegenstand aus Kunststoff bei bestimmungsgemäßer Verwendung unter mindestens zwei Zeit-/Temperaturkombinationen im Sinne der Tabelle, so wird die Probe bei der Migrationsprüfung nacheinander allen auf die Probe zutreffenden ungünstigsten vorhersehbaren Bedingungen unterworfen, ohne das Simulanzlösemittel auszutauschen.

2.

Kontaktbedingungen, die allgemein als die strengeren gelten

In Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, daß die Bestimmung der Migration auf die Bedingungen beschränkt werden sollte, die in dem jeweils zu prüfenden Fall aus wissenschaftlicher Sicht als die strengsten angesehen werden, werden nachstehend einige Beispiele für Kontaktbedingungen angegeben.

2.1.   Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, unter allen Zeit- und Temperaturbedingungen mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen

Enthalten Etikettierung bzw. Gebrauchsanleitung keine Angaben über Temperatur und Dauer der tatsächlichen Verwendung, sind je nach Lebensmittelkategorie die Simulanzlösemittel A und/oder B und/oder C vier Stunden lang bei 100 °C oder vier Stunden lang bei Rückflußtemperatur zu verwenden und/oder Simulanzlösemittel D ist zwei Stunden lang bei 175 °C zu verwenden. Diese Zeit- und Temperaturbedingungen werden als die strengeren angesehen.

2.2.   Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, für einen unbestimmten Zeitraum bei Raumtemperatur oder darunter mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen

Geht aus der Etikettierung oder der Art der Materialien und Gegenstände hervor, daß sie zur Verwendung bei Raumtemperatur oder darunter bestimmt sind, ist der Versuch über 10 Tage bei 40 °C durchzuführen. Diese Zeit- und Temperaturbedingungen werden als die strengeren angesehen.

3.

Flüchtige Stoffe

Bei der Untersuchung der spezifischen Migration flüchtiger Stoffe sind die Prüfungen mit Simulanzlösemitteln so durchzuführen, daß der Verlust an flüchtigen Stoffen, der unter den ungünstigsten vorhersehbaren Verwendungsbedingungen auftreten kann, berücksichtigt wird.

4.

Sonderfälle

4.1. Bei Materialien und Gegenständen, die dazu bestimmt sind, in einem Mikrowellenherd verwendet zu werden, ist die Migrationsprüfung entweder mit einem herkömmlichen Herd oder mit einem Mikrowellenherd durchzuführen, wobei der Tabelle 3 die entsprechenden Zeit- und Temperaturbedingungen zu entnehmen sind.

4.2. Wird festgestellt, daß die Durchführung der Prüfung bei den in Tabelle 3 angegebenen Kontaktbedingungen an der Probe physikalische oder sonstige Veränderungen hervorruft, die unter den ungünstigten vorhersehbaren Bedingungen der Verwendung des zu prüfenden Materials oder Gegenstands nicht eintreten, sind bei den Migrationsprüfungen die ungünstigsten vorhersehbaren Bedingungen anzuwenden, unter denen die genannten physikalischen oder sonstigen Veränderungen nicht auftreten.

4.3. In Abweichung von den Versuchsbedingungen gemäß Tabelle 3 und Absatz 2 muß nur der 2-Stunden-Versuch bei 70 °C durchgeführt werden, wenn das Material oder der Gegenstand aus Kunststoff bei tatsächlicher Verwendung weniger als 15 Minuten lang bei Temperaturen von 70 °C bis 100 °C eingesetzt werden kann (z. B. bei Heißabfüllung) und dies aus einer entsprechenden Etikettierung oder Gebrauchsanweisung hervorgeht. Ist das Material oder der Gegenstand jedoch auch dazu bestimmt, zur Lagerung bei Raumtemperatur verwendet zu werden, ist anstelle des obengenannten Versuchs der 10-Tage-Versuch bei 40 °C durchzuführen, der als strenger angesehen wird.

4.4. In den Fällen, in denen die Prüfbedingungen durch die Prüfbedingungen in Tabelle 3 nicht in angemessener Weise abgedeckt werden (z. B. Kontakttemperaturen über 175 °C oder Kontaktzeiten unter 5 Minuten), können andere Bedingungen gewählt werden, die dem zu prüfenden Fall eher entsprechen, sofern die gewählten Bedingungen den ungünstigsten vorhersehbaren Kontaktbedingungen für die zu prüfenden Materialien und Gegenstände aus Kunststoff entsprechen.



Tabelle 3

Bedingungen für Migrationsprüfungen mit Simulanzlösemitteln

Kontaktbedingungen bei der ungünstigsten vorhersehbaren Verwendung

Prüfbedingungen

Kontaktzeit

Prüfzeit

t≤5 Min.

siehe Bedingungen unter 4.4.

5 Min.< t≤0,5 Stunden

0,5 Stunden

0,5 Stunden< t≤1 Stunde

1 Stunde

1 Stunde< t≤2 Stunden

2 Stunden

2 Stunden< t≤4 Stunden

4 Stunden

4 Stunden< t≤24 Stunden

24 Stunden

t >24 Stunden

10 Tage



Kontakttemperatur

Prüftemperatur

T≤5 °C

5 °C

5 °C< T≤20 °C

20 °C

20 °C< T≤40 °C

40 °C

40 °C< T≤70 °C

70 °C

70 °C< T≤100 °C

100 °C oder Rückflußtemperatur

100 °C< T≤121 °C

121 °C  (1)

121 °C< T≤130 °C

130 °C  (1)

130 °C< T≤150 °C

150 °C  (1)

T >150 °C

175 °C  (1)

(*)   Diese Temperatur ist ausschließlich bei Simulanzlösemittel D zu wählen. Bei den Simulanzlösemitteln A, B oder C kann die Prüfung durch eine Prüfung bei 100 °C oder bei Rückflußtemperatur während eines Zeitraums, der dem Vierfachen des gemäß den Grundregeln nach Absatz 1 gewählten Zeitraums entspricht, ersetzt werden.

KAPITEL III

Ersatzprüfungen für fetthaltige Lebensmittel („Fat Tests“) (Gesamtmigration und spezifische Migration)

1.

Können aus technischen Gründen im Zusammenhang mit dem Analyseverfahren keine Simulanzlösemittel für fetthaltige Lebensmittel eingesetzt werden, sind stattdessen alle in Tabelle 4 genannten Prüfmedien unter den Prüfbedingungen zu verwenden, die denen für das Simulanzlösemittel D entsprechen.

Die Tabelle enthält Beispiele der wichtigsten Migrationsprüfbedingungen sowie der entsprechenden Bedingungen für die Ersatzprüfungen. Bei nicht in Tabelle 4 genannten Prüfbedingungen sind die genannten Beispiele sowie die bisherigen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem zu prüfenden Polymertyp zu berücksichtigen.

Für jede Prüfung ist eine neue Probe zu verwenden. Bei jedem Prüfmedium sind die gleichen Regeln wie in den Kapiteln I und II für Simulanzlösemittel D beschrieben anzuwenden. Gegebenenfalls sind die in der Richtlinie 85/572/EWG festgelegten Verringerungskoeffizienten anzuwenden. Bei der Prüfung der Einhaltung von Migrationsgrenzwerten ist der höchste Wert zugrundezulegen, der unter Einsatz aller Prüfmedien ermittelt wurde.

Wird festgestellt, daß die Durchführung dieser Prüfungen an der Probe physikalische oder sonstige Veränderungen hervorruft, die unter den ungünstigsten vorhersehbaren Bedingungen der Verwendung des zu prüfenden Materials oder Gegenstands nicht eintreten, ist das Ergebnis des jeweiligen Prüfmediums nicht zu berücksichtigen; es ist der höchste der verbleibenden Werte zu wählen.

2.

In Abweichung von Punkt 1 kann einer oder können zwei der Ersatzprüfungen gemäß Tabelle 4 weggelassen werden, wenn diese Prüfungen aufgrund wissenschaftlicher Daten allgemein als nicht für die jeweilige Probe geeignet angesehen werden.



Tabelle 4

Bedingungen für Ersatzprüfungen

Prüfbedingungen bei Simulanzlösemittel D

Prüfbedingungen bei Isooctan

Prüfbedingungen bei Ethanol (95 %)

Prüfbedingungen bei MPPO  (1)

10 Tage — 5 °C

0,5 Tage — 5 °C

10 Tage — 5 °C

10 Tage — 20 °C

1 Tag — 20 °C

10 Tage — 20 °C

10 Tage — 40 °C

2 Tage — 20 °C

10 Tage — 40 °C

2 Std. — 70 °C

0,5 Std. — 40 °C

2 Std. — 60 °C

0,5 Std. — 100 °C

0,5 Std. — 60 °C  (2)

2,5 Std. — 60 °C

0,5 Std. — 100 °C

1 Std. — 100 °C

1 Std. — 60 °C  (2)

3 Std. — 60 °C  (2)

1 Std. — 100 °C

2 Std. — 100 °C

1,5 Std. — 60 °C  (2)

3,5 Std. — 60 °C  (2)

2 Std. — 100 °C

0,5 Std. — 121 °C

1,5 Std. — 60 °C  (2)

3,5 Std. — 60 °C  (2)

0,5 Std. — 121 °C

1 Std. — 121 °C

2 Std. — 60 °C  (2)

4 Std. — 60 °C  (2)

1 Std. — 121 °C

2 Std. — 121 °C

2,5 Std. — 60 °C  (2)

4,5 Std. — 60 °C  (2)

2 Std. — 121 °C

0,5 Std. — 130 °C

2 Std. — 60 °C  (2)

4 Std. — 60 °C  (2)

0,5 Std. — 130 °C

1 Std. — 130 °C

2,5 Std. — 60 °C  (2)

4,5 Std. — 60 °C  (2)

1 Std. — 130 °C

2 Std. — 150 °C

3 Std. — 60 °C  (2)

5 Std. — 60 °C  (2)

2 Std. — 150 °C

2 Std. — 175 °C

4 Std. — 60 °C  (2)

6 Std. — 60 °C  (2)

2 Std. — 175 °C

(*)   Modifiziertes Polyphenylenoxid (Tenax®).

(**)   Die flüchtigen Prüfmedien werden bis zu höchstens 60 °C eingesetzt. Eine Voraussetzung für die Durchführung der Ersatzprüfungen ist, daß das Material bzw. der Gegenstand die Prüfbedingungen aushält, die bei Simulanzlösemittel D zur Anwendung kämen. Unter den entsprechenden Bedingungen ist eine Probe in Olivenöl zu tauchen; ändern sich die physikalischen Eigenschaften (z. B. Schmelzen, Verformung), ist das Material als ungeeignet zur Verwendung bei der jeweiligen Temperatur anzusehen. Ändern sich die physikalischen Eigenschaften nicht, ist unter Verwendung neuer Proben mit den Ersatzprüfungen fortzufahren.

KAPITEL IV

Alternative Prüfungen für fetthaltige Lebensmittel („Fat Tests“) (Gesamtmigration und spezifische Migration)

1.

Die Ergebnisse der in diesem Kapitel beschriebenen alternativen Prüfungen können verwendet werden, sofern die nachstehenden Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:

a) Die Ergebnisse einer „Vergleichsprüfung“ zeigen, daß die Werte denen in Prüfungen mit Simulanzlösemittel D entsprechen bzw. darüber liegen;

b) die Migrationsgrenzwerte werden — nach Anwendung des entsprechenden Verringerungskoeffizienten gemäß Richtlinie 85/572/EWG — bei der alternativen Prüfung nicht überschritten.

Sind beide Bedingungen oder eine der Bedingungen nicht erfüllt, müssen die Migrationsprüfungen durchgeführt werden.

2.

In Abweichung von der unter 1 Buchstabe a) genannten Bedingung kann von Vergleichsprüfungen abgesehen werden, wenn anhand wissenschaftlicher Experimente anderweitig nachgewiesen ist, daß die in den alternativen Prüfungen ermittelten Werte denen aus den Migrationsprüfungen entsprechen bzw. darüber liegen.

3.

Alternative Prüfungen

3.1.   Alternative Prüfungen mit flüchtigen Medien

In diesen Prüfungen werden flüchtige Medien (z. B. Isooctan, 95 %iges Ethanol oder andere flüchtige Lösemittel bzw. Mischungen von Lösemitteln) verwendet. Sie werden unter Kontaktbedingungen durchgeführt, unter denen die Bedingung 1 Buchstabe a) erfüllt ist.

3.2.   „Extraktionsprüfungen“

Andere Prüfungen, die unter sehr strengen Prüfbedingungen Medien mit sehr hohem Extraktionsvermögen einsetzen, können durchgeführt werden, wenn aufgrund wissenschaftlicher Daten allgemein anerkannt ist, daß die Ergebnisse dieser Extraktionsprüfungen denen bei Prüfungen mit Simulanzlösemittel D entsprechen bzw. darüber liegen.



( 1 ) ABl. Nr. L 340 vom 9. 12. 1976, S. 19.

( 2 ) ABl. Nr. C 140 vom 5. 6. 1979, S. 173.

( 3 ) ABl. Nr. C 227 vom 10. 9. 1979, S. 31.

( 4 ) ABl. Nr. L 291 vom 19. 11. 1969, S. 9.

( 5 ) ABl. Nr. L 75 vom 21. 3. 1990, S. 19; Richtlinie berichtigt im ABl. Nr. L 349 vom 13. 12. 1990, S. 26.

  翻译: