2004/195/EG: Entscheidung der Kommission vom 29. September 2000 über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.1879 — Boeing/Hughes) (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2000) 2740)
Amtsblatt Nr. L 063 vom 28/02/2004 S. 0053 - 0066
Entscheidung der Kommission vom 29. September 2000 über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.1879 - Boeing/Hughes) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2000) 2740) (Nur der englische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (2004/195/EG) DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 57, gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen(1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97(2), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2, gestützt auf die Entscheidung der Kommission vom 26. Mai 2000 zur Einleitung eines Verfahrens in dieser Sache, nach Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Unternehmenszusammenschlüsse(3), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Die Kommission erhielt am 18. April 2000 eine Anmeldung betreffend ein Zusammenschlussvorhaben nach Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 ("Fusionskontrollverordnung"), durch das The Boeing Company ("Boeing") das Satellitenhauptunternehmer- und Satellitenausrüstungsgeschäft der Hughes Electronics Corporation ("Hughes") im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b) der Fusionskontrollverordnung erwirbt. (2) Die Kommission stellte in ihrer Entscheidung vom 26. Mai 2000 fest, dass das angemeldete Vorhaben hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt Anlass zu ernsthaften Bedenken gab. Daher leitete sie in dieser Sache das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) der Fusionskontrollverordnung ein. I. DIE BETEILIGTEN UNTERNEHMEN (3) Boeing ist eine in Delaware eingetragene Gesellschaft, die in der zivilen Luftfahrt, in der Rüstung und in der Raumfahrt, einschließlich Produktion und Start von Satelliten, tätig ist. Das Satellitengeschäft von Boeing konzentriert sich im Wesentlichen auf die Herstellung von GPS-Navigationssatelliten für das US-Verteidigungsministerium. Boeing erbringt Satellitenstartdienste für kommerzielle Abnehmer auf weltweiter Ebene und für die US-Regierung im Rahmen des Delta-Programms. Außerdem ist Boeing mit 40 % an einem anderen Startdiensteanbieter, nämlich Sea Launch, beteiligt. Das Gemeinschaftsunternehmen Sea Launch ist seit 1999 tätig. (4) Hughes ist eine Tochtergesellschaft der General Motors mit Sitz in den USA, die satellitengestützte Dienstleistungen (einschließlich Kommunikationsdienste und Pay-TV) anbietet und Satelliten herstellt. Zu dem Satellitenhauptunternehmer- und Satellitenausrüstungsgeschäft von Hughes gehören Hughes Space and Communications Company ("HSC"), Spectrolab Inc. ("Spectrolab") und Huges Elecron Dynamics ("HED"): HSC entwickelt und fertigt Kommunikationssatelliten für kommerzielle Abnehmer überall in der Welt und für das US-Verteidigungsministerium sowie für die NASA, während Spectrolab und HED Komponenten speziell für Satelliten herstellt (wie Solarzellen, Solarflächen, Wanderfeldröhren und Batterien). II. DAS VORHABEN (5) Boeing, Hughes und HSC haben am 13. Januar 2000 eine Aktienkaufvereinbarung geschlossen, aufgrund deren Boeing folgendes erwerben wird: i) alle ausgegebenen Aktien von HSC, ii) alle ausgegebenen Aktien von Spectrolab, iii) die Aktiva von HED, iv) 2,69 % der begebenen Stammaktien der ICO Global Communications (Holdings) Ltd, die sich gegenwärtig im Besitz von Hughes befinden, und v) 2 % der begebenen Stammaktien der Thuraya Satellite Telecommunications Private Joint Stock Co., die sich gegenwärtig ebenfalls im Besitz von Hughes befinden. (6) Außerdem werden die Anteile der Hughes-Gruppe an einem im Bereich der Forschung tätigen Gemeinschaftsunternehmen mit Raytheon ("HRL") auf Boeing übertragen, sofern Raytheon seine Einwilligung hierzu gibt. Anderenfalls werden Hughes und Boeing ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, damit Boeing von den Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten von HRL profitieren kann. (7) Die Hughes-Gruppe wird alle anderen Geschäftsbereiche behalten, insbesondere Hughes Network Systems, PanAmSat und DirecTV. (8) Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich, dass es sich bei dem Vorhaben um einen Zusammenschluss im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b) der Fusionskontrollverordnung handelt. III. GEMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG (9) Das Unternehmen, das das Vorhaben angemeldet hat, vertritt die Auffassung, dass das Vorhaben keine gemeinschaftsweite Bedeutung hat und demnach nicht in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Kommission fällt, da HSC die in der Fusionskontrollverordnung vorgesehenen EWR-Umsatzschwellen nicht erreicht. Nach Angaben des Anmelders belief sich der gemeinschaftsweite Umfang von HSC 1999 auf [...]*(4) Mio. EUR und 1998 auf [...]* Mio. EUR. (10) HSC erzielte allerdings einen bedeutenden Umsatz (von rd. [...]* Mio. EUR im Jahr 1999) mit ICO Global Communications (Holdings) Ltd ("ICO"). ICO wurde gegründet, um weltweite satellitengestützte persönliche Kommunikationsdienste zu erbringen. Das Unternehmen beantragte im August 1999 zur Abwendung des Konkurses seine Reorganisation nach amerikanischem Recht (Chapter 11 - Verfahren). Demnach wurde es kürzlich reorganisiert. Boeing behauptet, dass HSC die EWR-Umsatzschwelle nur überschreiten könnte, wenn die Verkäufe an ICO berücksichtigt würden. (11) Da ICO auf den Kaimaninseln eingetragen ist, aber seinen eigentlichen Geschäftssitz in London hat, ist die Frage, ob ICO als EU-Unternehmen anzusehen ist, bei der Bestimmung der gemeinschaftsweiten Bedeutung des Vorhabens entscheidend. Wird der Umsatz von HSC mit ICO dem EWR zugerechnet, so fällt das Vorhaben in den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung. Der Anmelder behauptet jedoch, dass der Umsatz von HSC mit ICO den Kaimaninseln zugerechnet werden muss. (12) Aus diesem Grunde ersuchte die Kommission ICO um zusätzliche Auskünfte, die ihr am 29. Februar 2000 erteilt wurden. Demnach entstand ICO auf Betreiben von Inmarsat (einer internationalen Organisation mit Sitz in London, die inzwischen als UK-Unternehmen notiert ist), um mit Hilfe eines satellitengestützten Telekommunikationsnetzes weltweite Daten- und Sprachkommunikationsdienste anzubieten. Zu diesem Zweck wurde ICO 1994 in England und Wales gegründet. Das Unternehmen wurde anschließend liquidiert und seine Aktiva auf eine Kaiman-Gesellschaft übertragen, die ihrerseits in eine Bermuda-Gesellschaft verwandelt wurde. Trotz dieser offensichtlich vor allem aus steuerlichen Gründen vorgenommenen Änderungen hat sich allerdings die Managementstruktur des Unternehmens nicht verändert: Wie ICO offiziell erklärt hat, ist ihr Hauptgeschäftsplatz London, wo das gesamte Tagesgeschäft abgewickelt wird und 73 % der ICO-Mitarbeiter tätig sind. Die restliche Belegschaft verteilt sich auf verschiedene Standorte in der gesamten Welt. Es scheint daher formal richtig, wenn die beteiligten Unternehmen davon ausgehen, dass ICO ein auf den Kaimaninseln (genauer gesagt auf den Bermuda-Inseln) eingetragenes Unternehmen, wirtschaftlich gesehen aber eindeutig ein Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich ist. (13) Dem Wortlaut der Fusionskontrollverordnung zufolge muss bei der Berechnung des Umsatzes die wirtschaftliche Realität berücksichtigt werden. Dies spiegelt sich in der Mitteilung der Kommission über die Berechnung des Umsatzes(5) wider, in der es in der Randnummer 7 heißt: "Darüber hinaus sollen sie [die Vorschriften über die Umsatzberechnung] sicherstellen, dass die sich ergebenden Zahlen ein wahres Bild von der wirtschaftlichen Realität abgeben." Diese Idee steckt auch hinter Artikel 5 Absatz 2 zweiter Unterabsatz der Fusionskontrollverordnung, wonach zwei oder mehr Erwerbsvorgänge, die innerhalb von zwei Jahren zwischen denselben Personen oder Unternehmen getätigt werden, als ein einziger Zusammenschluss anzusehen sind. Obwohl formal mehrere Erwerbsvorgänge stattgefunden haben, sollte bei der Berechnung des Umsatzes von der wirtschaftlichen Realität ausgegangen werden, also von einem einzigen Zusammenschluss. Insofern ist der HSC-Umsatz mit ICO dem Vereinigten Königreich zuzurechnen. (14) Obwohl der Satellitenvertrag zwischen HSC und ICO formal mit der Kaiman-Gesellschaft geschlossen wurde, wurde er in der Schlussphase von ICO-Mitarbeitern in London ausgehandelt und sollen alle wichtigen Änderungen zu diesem Vertrag ebenfalls in London ausgehandelt werden. Berücksichtigt man außerdem, an welchem Ort die Transaktion tatsächlich durchgeführt wurde, an welchem Ort also Wettbewerb zwischen HSC und anderen Hauptlieferanten von Satelliten stattfand, so deutet alles auf das Vereinigte Königreich hin. (15) Nach den Umsatzberechnungsregeln der Randnummer 7 der vorerwähnten Kommissionsmitteilung müsste folglich der Umsatz von HSC mit ICO dem Vereinigten Königreich zugerechnet und in den EWR-Umsatz von HSC einbezogen werden. (16) Boeing und HSC haben zusammen einen weltweiten Gesamtumsatz von über 5 Mrd. Mio. EUR(6) (53,403 Mrd. EUR für Boeing 1999 und 2,136 Mrd. EUR für Hughes 1999). Der gemeinschaftsweite Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen beläuft sich auf jeweils über 250 Mio. EUR ([...]* Mio. EUR für Boeing 1999 und [...]* Mio. EUR für Hughes 1999). Boeing und HSC erzielen nicht mehr als zwei Drittel ihres Umsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat. Das notifizierte Vorhaben hat demnach gemeinschaftsweite Bedeutung. IV. VEREINBARKEIT MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT (17) Das neue Unternehmen wird Satelliten und Satellitenausrüstungen herstellen sowie Satellitenstartdienste erbringen. In ihrer Entscheidung vom 26. Mai 2000 nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) der Fusionskontrollverordnung äußerte die Kommission ernsthafte Bedenken, dass das Vorhaben zur Gründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung von HSC auf dem Markt für kommerzielle GEO-Kommunikationssatelliten führen würde und auf dem Markt für kommerzielle Satellitenstarts eine beherrschende Stellung begründen könnte. (18) Die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten eingehenden Untersuchung beweisen aber, dass aus den in Abschnitt A und B dargelegten Gründen keine Wettbewerbsbedenken auf diesen Märkten bestehen. A. Satelliten Relevante Produktmärkte (19) Satelliten sind komplexe Raumflugkörper, die in einer Umlaufbahn um einen Himmelskörper kreisen. Sie lassen sich grob in Kommunikations-, Navigations-, Beobachtungs- und Forschungssatelliten unterteilen und können sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden. (20) Nach Auffassung der anmeldenden Parteien können die Satellitenmärkte im Wesentlichen aufgrund zweier Kriterien aufgeschlüsselt werden, der Art des Auftragnehmers und der Umlaufbahn. (21) Laut Boeing lassen sich drei Märkte unterscheiden, nämlich zivile Satelliten für gewerbliche Betreiber, zivile Satelliten, die an institutionelle Einrichtungen verkauft werden, sowie schließlich Satelliten für militärische Zwecke. Satelliten, die an institutionelle Betreiber verkauft werden, sind deswegen einem anderen Produktmarkt als Satelliten für gewerbliche Betreiber zuzurechnen, da es sich oftmals um hochspezialisierte Produkte handelt, wohingegen gewerbliche Abnehmer eher Satelliten mit bewährtem Baumuster beschaffen. Dies führt zu unterschiedlichen Wettbewerbsvoraussetzungen bei kommerziellen Satelliten und bei Satelliten für institutionelle Abnehmer: Bei kommerziellen Satelliten konzentriert sich der Wettbewerb auf "Massenproduktionstechnik", während auf den Märkten für institutionelle Abnehmer eine sehr viel stärkere Spezialisierung und Mitwirkung des Abnehmers gefragt sind. Darüber hinaus bilden militärische Satelliten einen eigenen Produktmarkt, da für sie äußerst strenge Anforderungen an die Ausrüstung gelten und damit viel genauere Produktspezifizierungen, anspruchsvollere Testprogramme und Spezialbauteile erforderlich sind, die in anderen Satelliten keine Verwendung finden können. (22) Ferner unterteilt Boeing die Märkte in solche für Satelliten mit geostationärer Umlaufbahn ("GEO-Satelliten") und nichtgeostationäre Satelliten ("NGSO-Satelliten"), zu denen die Satelliten mit erdnaher Umlaufbahn ("LEO-Satelliten") und mit mittlerer Umlaufbahn ("MEO-Satelliten") zählen. Beide Satellitentypen hätten unterschiedliche Vor- und Nachteile und wären deswegen für unterschiedliche Verwendungszwecke geeignet (LEO-Satelliten sind wegen der größeren Nähe zur Erde beispielsweise besser für Fernerkundung mit hoher Datenauflösung geeignet). Außerdem benötigen die Anbieter für den Nachweis, dass sie zum Bau des bestellten Satelliten in der Lage sind, je nach Umlaufbahn zwischen drei und fünf Jahren. Außerdem sind GEO-Satelliten viel teurer (100 Mio. USD gegenüber 10 Mio. USD für LEO-Satelliten), komplexer, schwerer und langlebiger als NGSO-Satelliten. (23) In früheren Entscheidungen(7) hat die Kommission den Satellitenmarkt in einem ersten Schritt wegen der unterschiedlichen Anforderungen an technologische Kompetenz und Know-how nach dem Verwendungszweck in einen Markt für Kommunikations- (und Navigations-) Satelliten einerseits und einen Markt für Beobachtungs- und Forschungssatelliten andererseits eingeteilt. Ferner hat sie ausdrücklich eine weitere Unterscheidung nach Satelliten für militärische Zwecke und Satelliten für zivile Zwecke (vor allem wegen der unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten für militärische und zivile Anwendungen) und nach Art der Umlaufbahn ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Ebenso in Betracht gezogen wurde eine weitere Unterscheidung nach Art des Abnehmers (gewerblicher oder institutioneller Abnehmer), wobei es jedoch mehr um die Abgrenzung der geographisch relevanten Märkte ging. (24) Generell bestätigen die Ergebnisse der Marktuntersuchung der Kommission, dass i) Kommunikations-, Navigations- sowie Beobachtungs- und Forschungssatelliten unterschiedliche Produktmärkte bilden, ii) die Wettbewerbsbedingungen für kommerzielle Satelliten, zivile Satelliten für institutionelle Abnehmer und militärische Satelliten für institutionelle Abnehmer unterschiedlich sind und iii) dass zwischen GEO- und NGSO-Satelliten unterschieden werden sollte, auch wenn diese Unterteilung bei Kommunikationssatelliten von größerer Relevanz sein mag als bei Beobachtungs- und Forschungssatelliten (da es sich bei letzteren fast immer um NGSO-Satelliten handelt und vorhandene Baumuster und Erfahrungen bestimmten Umlaufbahntypen wegen der individuellen Besonderheiten der einzelnen Beobachtungs- und Forschungssatelliten eine viel geringere Bedeutung haben als ein "Massenprodukt" der Kommunikationssatelliten). (25) Aus den Schätzungen der Parteien geht jedoch hervor, dass alle GEO-Satelliten sowie fast alle NGSO-Satelliten für gewerbliche Abnehmer unter die Kategorie der Kommunikationssatelliten fallen. Eine zusätzliche Untergliederung der Satelliten für gewerbliche Abnehmer nach ihrem Verwendungszweck (Kommunikation, Navigation, Beobachtung oder Forschung) hat daher keine Auswirkungen auf die wettbewerbsrechtliche Würdigung des geplanten Zusammenschlusses. (26) Eine weitere Unterteilung der Satellitenmärkte nach sachlichen Gesichtspunkten ist auch deswegen nicht erforderlich, weil der wirksame Wettbewerb im EWR oder einem wesentlichen Teil desselben unabhängig von der Marktdefinition nicht nennenswert beeinträchtigt würde. Relevante geografische Märkte (27) Das anmeldende Unternehmen gibt an, dass es sich bei den Märkten für kommerzielle Satelliten um weltweite Märkte handelt. Dies entspricht früheren Kommissionsentscheidungen(8) und wurde auch durch die Ergebnisse der Kommissionsuntersuchung weitgehend bestätigt. (28) Ferner vertritt Boeing die Auffassung, dass die geografischen Märkte für Satelliten für institutionelle Abnehmer (sowohl zivile als auch militärische Verwendungszwecke) einen nationalen oder allenfalls übernationalen regionalen Umfang haben. In ihrer Astrium-Entscheidung(9) schloss die Kommission auf die Existenz eines westeuropäischen Marktes(10) für Satelliten für Raumfahrtagenturen, da die Satelliten für institutionelle Abnehmer in erster Linie von der ESA nach dem Grundsatz des angemessenen Rückflusses ("juste retour") beschafft werden. Außerdem gingen sie in jenen Fällen von nationalen Märkten aus, in denen die nationalen Raumfahrtagenturen ihre Aufträge nach denselben Prinzipien vergeben. Bei militärischen Satelliten gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass die Märkte wegen der Vergabepraxis im Wege offener Ausschreibungen, an denen sich Anbieter aus Europa und den Vereinigten Staaten beteiligen können, einen globalen Umfang haben könnten; jedoch schienen in manchen Ländern nationale Märkte zu bestehen, da die militärischen Satelliten dort ausschließlich von einheimischen Hauptunternehmern erworben wurden. Eine Unterteilung der geografischen Märkte für (zivile und militärische) Satelliten für institutionelle Abnehmer ist jedoch im vorliegenden Fall nicht erforderlich, da der wirksame Wettbewerb im EWR oder einem wesentlichen Teil desselben unabhängig von der Marktdefinition nicht nennenswert beeinträchtigt würde. Wettbewerbsrechtliche Würdigung (29) Sowohl HSC als auch Boeing sind im Satellitengeschäft als Hauptunternehmer tätig. Dennoch führt der Zusammenschluss nicht zu unmittelbaren Überschneidungen der Tätigkeiten beider Parteien, da lediglich HSC auf dem Gebiet der Satelliten für gewerbliche Abnehmer tätig ist und bisher weder HSC noch Boeing GEO- oder NGSO-Satelliten an institutionelle Abnehmer in Europa geliefert haben. Ferner werden die Satelliten beider Unternehmen für unterschiedliche Anwendungen genutzt (HSC stellt Kommunikationssatelliten her, Boeing Navigationssatelliten), sind von unterschiedlicher Größe und werden in andere Umlaufbahnen befördert (HSC baut GEO- und MEO-Satelliten, Boeing LEO-Satelliten). (30) Des Weiteren gibt Boeing an, dass keine benachbarten Märkte von dem Zusammenschluss betroffen wären. Angesichts des Marktanteils von HSC bei kommerziellen Kommunikationssatelliten muss jedoch geprüft werden, ob die Hinzufügung des Satellitengeschäftsbereichs von Boeing die schon jetzt starke Stellung von HSC auf dem Markt für kommerzielle GEO-Satelliten weiter festigen wird. Marktmerkmale (31) Bei kommerziellen GEO-Kommunikationssatelliten handelt es sich um große Raumflugkörper (in über 50 % der Fälle mit Nutzlast von mehr als 9000 Pfund) in geostationärer Umlaufbahn, von wo aus sie zahlreiche Dienstleistungen wie Telefon, Datenübertragung, Rundfunk und Kabelfernsehen sowie Satellitenfernsehen unterstützen. (32) Nachfrager sind gewerbliche Satellitenbetreiber, bei denen es sich sowohl um große internationale Institutionen wie Intelsat oder Inmarsat als auch um private Unternehmen handeln kann, die die Enddienstleistungen entweder selber erbringen oder Satellitenkapazitäten an Dienstebetreiber wie Fernsehanstalten oder Telekommunikationsunternehmen usw. vermieten. (33) Aus der Untersuchung der Kommission geht hervor, dass Satelliten fast immer über internationale Ausschreibungen beschafft werden, an denen zahlreiche Hauptunternehmer der Satellitenbranche wie HSC, Space Systems/Loral ("SS/Loral"), Lockheed Martin, Alcatel Space Industries ("Alcatel") oder Astrium teilnehmen. Wegen der mit einer Funktionsstörung bei Satelliten verbundenen erheblichen finanziellen Verluste (bis zu 1 Mio. USD/Tag) basiert die Auswahl des Hauptunternehmers in erster Linie auf dem Kriterium der nachgewiesenen Zuverlässigkeit und dem Preis; außerdem sind die Langlebigkeit und die Produktionsvorlaufzeiten von Bedeutung. (34) Da inzwischen auch kleinere NGSO-Satelliten Kommunikationsdienstleistungen (wie Mobilfunk, Suchruf, Datenübertragung, nachgelagerte Nachrichtenübermittlung usw.) anbieten können und für GEO-Satelliten kaum noch freie geostationäre Positionen zur Verfügung stehen, dürfte der Markt für GEO-Satelliten sich in folgende drei Richtungen entwickeln: i) Stagnation oder gar Rückgang der Aufträge, ii) Zunahme der durchschnittlichen Masse und Leistungsfähigkeit und iii) Konzentration auf Breitbanddienste (die mit kleineren Satelliten nicht wirtschaftlich erbracht werden können). Marktteilnehmer (35) GEO-Kommunikationssatelliten werden vor allem von fünf großen in den USA oder in Europa ansässigen Anbietern hergestellt, nämlich HSC, SS/Loral, Lockheed Martin, Alcatel und Astrium. Alle fünf genannten Unternehmen stellen sowohl GEO- also auch NGSO-Kommunikationssatelliten für institutionelle und gewerbliche Abnehmer her. (36) Gemessen an der durchschnittlichen Auftragslage für GEO-Kommunikationssatelliten seit 1997 erreicht HSC einen Marktanteil von [35-45]* %, gefolgt von Lockheed Martin ([25-35]* %), Alcatel ([10-20]* %), SS/Loral ([10-20]* %) und Astrium ([0-10]* %). Folgen des Zusammenschlusses (37) In ihrer Entscheidung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) fand die Kommission Anhaltspunkte dafür, dass der Marktanteil von HSC die tatsächliche Marktmacht des Unternehmens nicht ausreichend widerspiegelt. Zum einen verfügt HSC nach Aussage bestimmter dritter Unternehmen über eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen gegenüber anderen Hauptunternehmern im Satellitengeschäft; hierzu zählen vor allem der überlegene Ruf im Hinblick auf Leistungsstärke und Zuverlässigkeit, niedrigere Stückkosten aufgrund des größeren Umsatzes (sowohl auf dem zivilen als auch auf dem militärischen Sektor). Zweitens könnte der Erfolg von HSC durch den Umstand begrenzt werden, dass das Unternehmen als Tochter des vertikalen mit dem nachgelagerten Sektor des Satellitenbetriebs (über PanAmSat, DirecTV und Hughes Network Systems) integrierten Hughes-Konzern sowohl als großer Lieferant als auch als starker Wettbewerber seiner Abnehmer angesehen werden könnte. Nach internen Dokumenten der Parteien veranlasste dieser Umstand eine nennenswerte Zahl von Satellitenbetreibern dazu, ihre Satelliten nicht bei HSC zu beschaffen. (38) Folglich lag der Schluss nahe, dass die Wettbewerbsposition von HSC deutlicher in seiner Erfolgsquote (mehr als [40-60]* %) zum Ausdruck kommt; dritte Unternehmen sprachen HSC ausdrücklich eine beherrschende Stellung auf dem Markt für kommerzielle GEO-Kommunikationssatelliten zu. (39) Obwohl sich die Tätigkeiten von Boeing und HSC auf den Satellitenmärkten nicht überschneiden, fand die Kommission Anhaltspunkte für eine Stärkung der Marktstellung von HSC durch den Zusammenschluss. Zum einen kam sie zu dem Ergebnis, dass die Beseitigung der Verbindung von HSC mit dem Hughes-Konzern dem Unternehmen Zugang zum gesamten Markt und damit Marktanteilszuwächse (möglicherweise bis zur Erfolgsquote von [40-60]* %) verschaffen würde. (40) Außerdem erwerben manche Hauptunternehmer Bauteile (wie Solarzellen, Batteriezellen oder Wanderfeldröhrenverstärker) bei Hughes (vor allem Spectrolab und HED). Einige dritte Unternehmen zeigten sich besorgt darüber, dass diese Bauteile nach dem Zusammenschluss von Boeing für die eigenen Satelliten in Anspruch genommen werden könnten und damit die für dritte Unternehmen verfügbaren Kapazitäten so weit eingeschränkt würden, dass ihre Stellung gegenüber HSC geschwächt würde. (41) Aus diesen Gründen wurde in der Entscheidung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) davon ausgegangen, dass der Zusammenschluss den Abstand zwischen HSC und seinen Konkurrenten vergrößern könnte. Da im Satellitenbau Skaleneinsparungen (wegen der Amortisierung von verlorenen Kosten für einen Großteil der mit der Satellitenentwicklung und -herstellung verbundenen Aufwendungen) augenscheinlich möglich sind, bestand die Befürchtung, dass eine dominante Stellung von HSC auf dem Markt für GEO-Satelliten begründet oder gestärkt werden könnte. (42) Die Kommission konnte jedoch in ihrer ausführlichen Marktuntersuchung feststellen, dass der Zusammenschluss keine beherrschende Stellung begründen oder stärken wird. Zum Ersten handelt es sich bei den Satellitenmärkten um Auftragsmärkte, wo die Wettbewerbsbedingungen durch das Vorhandensein glaubwürdiger Alternativen zu den HSC-Produkten bestimmt werden. Angesichts der Marktanteile von Lockheed Martin ([20-40]* % am Umsatz gemessen), SS/Loral ([10-20]* %) und Alcatel ([10-20]* %) dürfte HSC auch weiterhin der Konkurrenz anderer großer und verlässlicher Hauptunternehmer ausgesetzt sein. (43) Außerdem geht aus der Kommissionsuntersuchung hervor, dass die angeblichen Wettbewerbsvorteile von HSC wahrscheinlich überschätzt wurden. Die meisten Abnehmer haben bereits angegeben, dass sie die HSC-Satelliten nicht unbedingt für zuverlässiger halten als die von anderen Hauptunternehmern gebauten, und auch eine Reihe dritter Unternehmer hat angegeben, dass die HSC-Satelliten zwar früher den Ruf überlegener Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit hatten, im vergangenen Jahr aber ebenfalls einer Reihe von Funktionsstörungen verzeichnen mussten. Ebenso wenig waren die meisten Abnehmer der Auffassung, dass HSC gegenüber seinen Konkurrenten erhebliche Kostenvorteile hätte, und schließlich scheint HSC in einer Mehrheit der Ausschreibungen - gemessen an den wichtigsten Kriterien der Abnehmer - nicht das beste Angebot unterbreitet zu haben. Dass es zu den HSC-Satelliten glaubwürdige Alternativen gibt, wird ferner durch den Umstand bestätigt, dass HSC bei den 29 seit Beginn des Jahres 2000 ausgeschriebenen Satellitenaufträgen lediglich in [...]* Fällen den Zuschlag erhalten hat. Deswegen kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass HSC auf dem Markt für kommerzielle GEO-Satelliten nicht über eine beherrschende Stellung verfügt. (44) Zudem gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Einkäufe der Firma Boeing bei Spectrolab und HED nach dem Zusammenschluss die Anreize dieser beiden Unternehmen verringern würden, Solarzellen, Batteriezellen und Wanderfeldröhrenverstärker auch an andere Hauptunternehmer abzugeben. Ganz eindeutig ist dies bei den Wanderfeldröhrenverstärkern der Fall, da Boeing diese Produkte nicht erwirbt. Diese Feststellung gilt aber auch für Solarzellen und Batteriezellen, da i) HSC für die meisten betroffenen Bauteile über erhebliche Überkapazitäten zu verfügen scheint, die auch unter Berücksichtigung der gesamten potentiellen Nachfrage von Boeing nicht ausgelastet wären (zumal Boeing bereits jetzt einen Großteil seiner Solarzellen von Spectrolab bezieht und keine Wanderfeldröhrenverstärker kauft), ii) ferner sind Solarzellen und Batteriezellen im Wesentlichen normierte Erzeugnisse, die auch von anderen Anbietern zu wettbewerbsfähigen Konditionen erhältlich sind, und iii) schließlich beschaffen die meisten (einschließlich der größten) Hauptunternehmer zur Zeit keine Bauteile bei HSC, so dass auch eine Verringerung der Lieferungen von HSC an dritte Unternehmen keine Wettbewerbsprobleme schaffen würde. (45) Überdies hat die Kommission festgestellt, dass die Ambivalenz von HSC als gleichzeitiger Konkurrent und Lieferant von unabhängigen Satellitenbetreibern, die sich aus der Zugehörigkeit bestimmter Satellitenbetreiber (PanAmSat, DirecTV und Hughes Network Systems) zum Hughes-Konzern ergibt, die meisten Abnehmer nicht davon abgehalten hat, Satelliten bei HSC zu bestellen. Deswegen ist nicht mit einer wesentlichen Zunahme des Kundenkreises von HSC und infolgedessen mit massiven Absatzverbesserungen zu rechnen. (46) Im Gegenteil scheint vielmehr zuzutreffen, dass der Zusammenschluss durch die Lösung der unternehmerischen Verbindung zwischen HSC und den Satellitenbetreibern des Hughes-Konzerns (PanAmSat, DirecTV und Hughes Network Systems) diese zuletzt genannten Satellitenbetreiber animieren dürfte, eher als zuvor auch andere Hauptunternehmer mit dem Bau von Satelliten zu betrauen. Da etwa [35-45]* % der an HSC ergangenen Aufträge für Satelliten zwischen 1997 und 1999 auf die Satellitenbetreiber des Hughes-Konzerns entfielen, könnte der geplante Zusammenschluss die Wettbewerbsstellung von HSC eher deutlich schwächen als stärken. (47) Aus diesen Gründen gelangt die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass der Zusammenschluss nicht zur Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung auf den Satellitenmärkten führen wird, durch die der wirksame Wettbewerb im EWR oder einem wesentlichen Teil desselben nennenswert beeinträchtigt würde. B. Startdienste Sachlich relevante Märkte (48) Satelliten werden mit Hilfe von Trägerraketen in die Erdumlaufbahn gebracht. Die damit verbundenen Leistungen werden als Satellitenstartdienste bezeichnet. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Trägern unterscheiden: Raumtransportmittel für den einmaligen Gebrauch, die beim Start und beim Transport ins All verbraucht werden, und teilweise oder vollständig wiederverwendbare Systeme. In der Praxis kommen bei Satellitenstarts allerdings fast nur Einmalsysteme zu Einsatz. (49) Einmalträger lassen sich je nach der Nutzlast, die sie in die Erdumlaufbahn transportieren können, in weitere Produktgruppen unterteilen. So können LEO- und MEO-Satelliten nach den Angaben von Boeing von einer Vielzahl kleiner und großer Trägerfahrzeuge in die Umlaufbahn geschossen werden, was auch geschehe. Für mittelgroße bis schwere GEO-Satelliten mit einem Gewicht von mehr als 4000 lbs (rund 1800 kg) würden dagegen nur ganz bestimmte große Trägerfahrzeuge (im Folgenden als Schwerlastenträger bezeichnet) in Betracht kommen. Boeing zufolge sollte demnach von zwei Produktmärkten ausgegangen werden, nämlich 1. von einem übergreifenden Markt für Startdienste, der sämtliche Satellitenstarts umfasst, und 2. von einem Segment für Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Start mittelgroßer bis schwerer GEO-Satelliten, der nur mit Hilfe von Schwerlastenträgern durchgeführt werden kann. (50) Die Ergebnisse der von der Kommission angestellten Nachforschungen bestätigen den Standpunkt, wonach Schwerlastenträger Teil eines eigenen Produktmarkts sind, weitgehend, da nur solche Trägersysteme in der Lage sind, größere Satelliten in eine geostationäre Erdumlaufbahn zu bringen. Dies steht auch im Einklang mit früheren Entscheidungen der Kommission(11), in denen eine Segmentierung der Raketenstartbranche je nach Größe der beförderten Satelliten oder der Kapazität der Trägersysteme für die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts als angemessene Lösung betrachtet wurde. (51) Dem steht jedoch erstens entgegen, dass die von Boeing vorgeschlagenen Marktabgrenzungen widersprüchlich sind. Akzeptiert man, dass mittelgroße bis schwere GEO-Satelliten nur von Schwerlastenträgern in die Umlaufbahn geschossen werden können, kann der Start solcher Satellitenträger nicht durch andere Startangebote substituiert werden und damit auch nicht Teil eines umfassenderen Produktmarkts sein. Unter diesen Umständen kann es keinen übergreifenden Produktmarkt geben, der sämtliche Satellitenstartdienste umfasst. Folgerichtiger wäre da die Einteilung in 1. einen Markt für den Start aller Arten von Satelliten mit Ausnahme der mittelgroßen bis schweren GEO-Satelliten und 2. einen Markt für den Start mittelgroßer bis schwerer GEO-Satelliten. (52) Zweitens wurde die vom Anmelder vorgeschlagene Marktabgrenzung - Start mittelgroßer bis schwerer GEO-Satelliten - von Dritten kritisiert, denen zufolge man sich bei der Unterteilung des Produktmarkts nicht, wie von Boeing vorgeschlagen, auf die Größe und die Umlaufbahn des Satelliten stützen sollte, sondern auf die Kategorie des Trägergeräts. Danach lässt sich der Transport mit Schwerlastenträgern unabhängig von der Größe und der Umlaufbahn des beförderten Satelliten, nicht durch den Transport mit anderen Trägersystemen ersetzen. So können bestimmte NGSO-Satelliten offenbar nur mit größeren Trägern in die Umlaufbahn gebracht werden. (53) In diesem Fall sollte das fragliche Segment die in Verbindung mit großen bzw. mittelgroßen Trägersystemen angebotenen Startdienste betreffen. Diese alternative Abgrenzung eines Markts, der sämtliche mit Schwerlastenträgern durchgeführten Satellitenstarts umfassen würde, wäre weiter als die von Boeing empfohlene, bei der die Beförderung von NGSO-Satelliten oder kleineren GEO-Satelliten mit Hilfe von Schwerlastenträgern unberücksichtigt bleibt. Der Vorteil dieser Marktabgrenzung läge darin, dass sie ein genaueres Bild von der Wettbewerbsposition der einzelnen Startdiensteanbieter gibt, weil sie sämtliche Starts mit den betreffenden Trägern erfasst. Andererseits hätte dies zur Folge, dass Schwerlastenträger nicht einmal beim Start kleiner Satelliten mit kleineren Trägersystemen konkurrieren, was nicht nachgewiesen wurde. (54) In anderen Stellungnahmen wiederum wurde zwar der Vorschlag Boeings begrüßt, dass der Start mittelgroßer bis schwerer GEO-Satelliten einen eigenständigen Markt bildet, doch der dafür vorgesehene Schwellenwert - Satelliten ab 4000 lbs - bemängelt. Dies wurde damit begründet, dass es keine präzise Trennlinie für die Unterscheidung zwischen kleinen und großen Satelliten gibt und dass Boeing den genannten Grenzwert möglicherweise extra so gewählt hat, um das eigene Trägersystem Delta II von dem abgegrenzten Segment auszunehmen. Es ist aber zweifelhaft, ob ein anderer Schwellenwert nennenswerte Folgen für die wettbewerbsrechtliche Würdigung hätte, weil GEO-Satelliten im Durchschnitt 6000 lbs (Tendenz steigend) wiegen und 75 bis 90 % aller GEO-Satelliten in die Kategorie der mittelgroßen bis schweren Satelliten fallen. (55) Eine weitere Abgrenzung der sachlich relevanten Märkte für Startdienste erübrigt sich im Zusammenhang mit dieser Entscheidung, da bei allen in Betracht gezogenen Marktdefinitionen wirksamer Wettbewerb im EWR oder in einem wesentlichen Teil desselben nicht erheblich behindert würde. Räumlich relevante Märkte (56) Nach Aussage von Boeing gehören staatlich finanzierte und kommerzielle Starts zu unterschiedlichen geografischen Märkten: Während Startdienste für kommerzielle Abnehmer einen weltweiten Markt bildeten, würde sich das Angebot für den Start ziviler oder militärischer Satelliten im Regierungsauftrag auf einzelne Staaten oder Regionen beschränken. Dieser Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass Regierungen bei Startaufträgen wie beim Kauf von Satelliten stark dazu neigen, vorzugsweise die Dienste nationaler oder zumindest regionaler Anbieter, soweit vorhanden, in Anspruch zu nehmen. (57) Dies steht im Einklang mit der Entscheidung in der Sache Astrolink, in der die Kommission feststellte, dass kommerzielle Starts von rein militärischen und sonstigen Starts im staatlichen Auftrag zu trennen sind, die normalerweise nicht offen ausgeschrieben werden, auch wenn ähnliche Trägersysteme zum Einsatz gelangen. Diese Einteilung wurde auch weitgehend durch die Ergebnisse der Nachforschungen der Kommission bestätigt. Wettbewerbsrechtliche Würdigung (58) Boeing bietet Startdienste mit Trägerraketen vom Typ Delta (Delta II, Delta III und - ab 2001 - Delta IV) an. Die Delta-II-Rakete ist Berichten zufolge das kommerzielle Trägerfahrzeug mit der längsten Erfahrung und der größten Zahl von Flügen. Sie hat einen ausgezeichneten Ruf, was die Zuverlässigkeit anbelangt. Ihre beschränkte Nutzlastkapazität (maximal 4000 lbs) reicht jedoch für die meisten kommerziellen GEO-Satellitenstarts nicht aus. Die neue Delta-III- und die künftige Delta-IV-Rakete haben zwar eine viel höhere Nutzlastkapazität, doch auch den Nachteil, dass nur einer von bislang drei Starts erfolgreich war (Delta III) bzw. dass sich das Produkt erst in der Entwicklung befindet und noch keinen Flug absolviert hat (Delta IV). (59) Boeing ist darüber hinaus mit 40 % an Sea Launch beteiligt, einem multinationalen Gemeinschaftsunternehmen, das zusammen mit den Firmen RSC-Energia (Russland; 25 %), Kvaerner Maritime (Norwegen; 20 %) und Yuzhnoye/PO Yuzhmash (Ukraine, 15 %) errichtet wurde. Sea Launch betreibt den ukrainischen Träger Zenit 2 (mit der von Energia gefertigten Block-DM-Oberstufe), der von einer Hochseeplattform aus gestartet wird, welche zu diesem Zweck von Kalifornien aus in Äquatornähe verbracht wird. Sea Launch führte im März 1999 den ersten Start durch. Die Zuverlässigkeit des Systems steht auch wegen des fehlgeschlagenen dritten Starts in Frage. (60) Die 40 %-Beteiligung verleiht Boeing nach eigener Aussage keinen entscheidenden Einfluss auf Sea Launch, weil die Delta- und Sea-Launch-Trägerprogramme nicht gemeinsam vermarktet oder durchgeführt würden. Boeing hat aber offensichtlich ein Vetorecht bei Beschlüssen, die Sea Launch in einer Reihe strategischer Bereiche fasst: Dazu zählen die Änderung von Geschäftsplänen (die Einstimmigkeit unter den Gesellschaftern erfordert) sowie die Ernennung der Führungskräfte und der Abschluss von Verträgen mit Drittabnehmern und wichtigen Lieferanten (67 % Stimmenmehrheit). Weiterhin besetzt Boeing drei der fünf leitenden Posten von Sea Launch (President and General Manager, Vice-President for Corporate Affairs and Secretary und Vice-President for the Launch Segment). Es ist daher festzustellen, dass Boeing die Mitkontrolle über Sea Launch ausübt. (61) HSC führt selbst zwar keine Starts durch, ist aber der wichtigste Lieferant der kommerziellen GEO-Satelliten, die mit Hilfe von Trägerfahrzeugen in die Erdumlaufbahn geschossen werden (siehe Abschnitt A). Es muss deshalb geklärt werden, ob die Addition der Marktanteile von HSC und Boeing in diesen komplementären Märkten eine beherrschende Stellung im Geschäft mit Startdiensten begründen oder verstärken kann. (62) Die Nachforschungen der Kommission haben ergeben, dass fast alle Abnehmer der Wahl des Trägerfahrzeugs, mit dem ihr Satellit letztendlich ins All gebracht werden soll, große Bedeutung beimessen. Zuverlässigkeit und nachgewiesene Tauglichkeit sind in den Augen der Kunden die wichtigsten Kriterien für die Beurteilung und Einstufung potentieller Anbieter von Startdiensten. Den Ergebnissen der Umfrage unter Abnehmern zufolge spielt natürlich auch der Preis bei der letztlichen Kaufentscheidung eine Rolle; im Vordergrund stehe aber ganz klar ein sicherer Start, wofür der Kunde auch mehr zu zahlen bereit ist, um einen Fehlschlag zu vermeiden, der seinem Unternehmen finanziell und kommerziell schaden könnte. Die Größe des Startdiensteanbieters scheint bei der Kaufentscheidung des Satellitenbetreibers nicht ausschlaggebend zu sein. Marktmerkmale Beschaffung (63) Startdienste werden in der Regel getrennt vom Satelliten eingekauft. Bei dieser auch als "Lieferung am Boden" ("delivery on the ground" bzw. DOG) bezeichneten Beschaffungsweise erteilt der Satellitenbetreiber zwei Aufträge, nämlich einen für die Lieferung des Satelliten, der an den Satellitenhauptunternehmer geht, und einen für die Beförderung des Satelliten in die Umlaufbahn, der an einen Startdiensteanbieter geht. (64) In den jüngsten Jahren bieten Satellitenhauptunternehmer verstärkt auch eine neue Auftragsart an, die als Lieferung in der Umlaufbahn ("delivery in orbit" bzw. DIO) bezeichnet wird und die auch von den Kunden zunehmend angenommen und nachgefragt wird. Bei dieser Beschaffungsweise bestellt der Kunde ein komplettes Produktpaket beim Satellitenhersteller, der im Rahmen eines einzigen Auftrags sowohl den Satelliten als auch den Startdienst liefert. In diesem Fall liegt die Verantwortung für die Aushandlung des Satellitenstarts beim Lieferanten. (65) Der Vorteil einer Lieferung in der Umlaufbahn liegt in den übersichtlicheren Geschäftsbeziehungen zum Hauptunternehmer. Da dieser bei einem solchen Auftrag nicht nur für die Lieferung des Satelliten, sondern auch für dessen Start zuständig ist, entfallen für den Kunden auch bestimmte mit der getrennten Beschaffung verbundene Risiken (Verzögerungen, Probleme mit Satellit-Träger-Schnittstellen, Kompatibilitätsfragen usw.). Dafür hat diese Art der Beschaffung offensichtlich den Nachteil, dass der Kunde weniger Einblick in die Auftragsbearbeitung und weniger Einfluss auf die Wahl des Hauptunternehmers in Bezug auf einzelne Auftragselemente (u. a. Startdienste) hat. Schließlich gaben Abnehmer zu Bedenken, dass eine Lieferung in der Umlaufbahn unter Umständen teurer ist als die Lieferung am Boden. Daher wird die Lieferung in der Umlaufbahn offenbar hauptsächlich von kleineren Kunden in Anspruch genommen, die nicht über die zur getrennten Beschaffung nötigen internen Ressourcen verfügen. (66) Bei beiden Beschaffungsarten wird das Unternehmen, welches den Start durchführen soll, im Rahmen internationaler Ausschreibungen ausgewählt, an denen die bedeutendsten Anbieter der Welt teilnehmen. In Anbetracht des Umstands, dass Verzögerungen und missglückte Starts erhebliche Einkommensverluste (bis zu einer Million US-Dollar pro Tag) für den Satellitenbetreiber bedeuten, und der Tatsache, dass solche Risiken von keiner Versicherung gedeckt werden, kommt die Kommission aufgrund der Ergebnisse ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass die wesentlichen Kriterien für die Wahl des Trägerfahrzeugs die Zuverlässigkeit und der Preis sind, wobei allerdings auch die Flexibilität des Zeitplans für den Start eine wichtige Rolle spielt. Verbindung von Satellit und Trägersystem (67) Ein erfolgreicher Start ins All setzt voraus, dass der Satellit mit dem einmal gewählten Trägerfahrzeug kompatibel ist. Dies wird von Fall zu Fall geregelt, kann aber auch aufgrund der Erfahrungen mit früheren Starts oder mit sog. Kompatibilitätsvereinbarungen ("compatibility agreements") erreicht werden. (68) Bei der Lieferung am Boden fordert der Kaufinteressent in der Regel sowohl Satellitenhauptunternehmer als auch Startdiensteanbieter zur Abgabe von Angeboten auf. Die Aufforderungen ergehen - je nach Abnehmer - gleichzeitig oder zeitlich gestaffelt. Nach Eingang der Angebote entscheidet sich der Kunde für einen Satellitenhersteller und zieht zunächst mehrere in Frage kommende Trägersysteme in die engere Wahl. In der Regel wird der Satellit 24 bis 36 Monate vor dem Starttermin ausgewählt und erfolgt die verbindliche Bestellung vor der endgültigen Festlegung auf das Unternehmen, das den Start durchführen soll. Unter diesen Umständen und um sich Optionen im Hinblick auf die letztendliche Wahl des Trägerfahrzeugs offen zu halten, erwartet der Kunde normalerweise vom Hersteller, dass er die Kompatibilität des Satelliten mit mehreren - gegebenenfalls ausdrücklich bezeichneten - Trägersystemen gewährleistet. (69) Auch wenn grundsätzlich der Satellit an den Träger angepasst wird und nicht umgekehrt, müssen der Startdiensteanbieter und die Satellitenhersteller nach Erteilung des Auftrags eng zusammenarbeiten, damit der Satellit in das einmal gewählte Trägerfahrzeug integriert werden kann. Zu diesem Zweck führen beide Seiten eine Vielzahl von Tests und Analysen durch, um u. a. die mechanische, thermische, elektrische, funktechnische und elektromagnetische Kompatibilität von Satellit und Träger zu gewährleisten. (70) Diese Aufgaben werden von Fall zu Fall, d. h. für jeden neuen Satelliten, gelöst. Kommerzielle Kommunikationssatelliten werden aber üblicherweise von den Herstellern für die Montage auf einigen wenigen "Standardplattformen" konzipiert. Damit kann auch die generelle Kompatibilität ganzer Satellitenfamilien gewährleistet werden. Dies geschieht aufgrund weiter gefasster Kompatibilitätsvereinbarungen, die der Satellitenhersteller mit dem Startdiensteanbieter für eine komplette Satellitenfamilie schließt. In der Praxis einigen sich Hersteller und Startdiensteanbieter auf eine Art Basisplattform ("envelope platform"), die technisch zu dem betreffenden Trägersystem passt. Auf diese Weise sind Satelliten, welche diese Plattform nutzen, grundsätzlich mit dem jeweiligen Träger kompatibel. Solche Kompatibilitätsvereinbarungen mindern demnach die Risiken und den Arbeits- und Zeitaufwand, die mit der Integration individueller Satelliten einer größeren Produktfamilie in ein bestimmtes Trägerfahrzeug verbunden sind. (71) Je näher der Starttermin rückt, desto teurer werden die technischen Anpassungen, die erforderlich sind, um den Satelliten gegebenenfalls in ein anderes Trägersystem zu integrieren. Der Abnehmer nimmt dabei unter Umständen Kündigungsgebühren in Kauf, die in den Vertragsbedingungen enthalten sein können und die umso höher ausfallen, je näher der Starttermin rückt. Einige Abnehmer haben bei der Umfrage der Kommission zwar angegeben, dass es ihnen völlig frei steht, um die einmal gewählte Kombination an beiden Enden zu ändern; dennoch wird von Kundenseite allgemein bestätigt, dass es für alle Beteiligten umso vorteilhafter ist, je früher Änderungen vorgenommen werden. Überschüssige Kapazitäten (72) Es herrscht generell die Überzeugung, dass die Branche der Anbieter kommerzieller Starts derzeit unter Kapazitätsüberschüssen leidet. Der Grund hierfür sind offensichtlich Überinvestitionen in Trägerfahrzeuge, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre nach optimistischen Prognosen für die Entwicklung des Startgeschäfts getätigt wurden. Seinerzeit wurde allgemein davon ausgegangen, dass die Entwicklung von NGSO-Satellitensystemem eine rasch steigende Nachfrage nach Startdiensten nach sich zieht. Boeing etwa ging 1997 von rund [...]* Satellitenstarts im Jahr 2002 aus. Da diese Nachfrage kaum mit bestehenden Kapazitäten befriedigt werden konnte, begannen Anbieter von Startdiensten, bewusst in neue Anlagen und oftmals auch in neue Trägerfahrzeuge zu investieren. Als aber die ersten installierten Satellitensysteme wie Iridium und ICO in finanzielle Schwierigkeiten gerieten, wurden die Pläne für solche Systeme erheblich reduziert bzw. zurückgestellt; inzwischen sind die Vorausschätzungen für Satellitenstarts weitaus vorsichtiger geworden. So wurde die ursprüngliche Prognose für die Anzahl von Starts im Jahr 2002 im Herbst 1999 auf nur [...]* Satelliten korrigiert. (73) Die große Lücke zwischen den ursprünglichen Annahmen und der derzeitigen Situation sowie die umfangreichen Investitionen in neue Anlagen und Träger hatte beträchtliche Überkapazitäten in der Branche zur Folge. So übersteigt die verfügbare Kapazität der drei wichtigsten Trägerraketen - Delta, Atlas und Ariane - zusammengenommen mit schätzungsweise mehr als 50 Einheiten pro Jahr die gegenwärtige Nachfrage kommerzieller Abnehmer potenziell um fast das Doppelte. Legt man auch andere Trägersysteme (Proton, Sea Launch, Langer Marsch, Starsem usw.) zugrunde, kann man trotz der Einbeziehung der Starts, die im staatlichen Auftrag durchgeführt werden, davon ausgehen, dass die Kapazität möglicherweise doppelt so hoch ist wie die Gesamtnachfrage. (74) Die Überkapazitäten in der Startdienstbranche wirken sich insofern auf die Kostenstruktur der meisten Anbieter aus, als sich deren Absatz, der hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, immer mehr dem Kostendeckungspunkt ihrer Geschäftstätigkeiten nähert. Wegen der hohen Festkosten, die für die Branche typisch sind, müssen ziemlich viele Starts durchgeführt werden, bevor sich die Investitionen amortisieren. Das macht die Anbieter in hohem Maße von Aufträgen für kommerzielle Starts abhängig, denn für den Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit beim Preis ist jeder Auftrag wichtig. Zwei Aufträge weniger bedeuten für manche Startdiensteanbieter einen Umsatzrückgang von 20 bis 25 %, was ihre Wirtschaftlichkeit ernsthaft gefährdet. Marktteilnehmer (75) Marktführer bei kommerziellen Starts sind traditionell Arianespace und International Launch Services (ILS), auf die rund [30-50]* % bzw. [30-50]* % aller Starts entfallen, die in den vergangenen drei Jahren durchgeführt wurden, um mittelgroße bis schwere GEO-Satelliten für kommerzielle Kunden ins All zu befördern. Der Rest entfällt auf die Starts der Delta-III-Rakete von Boeing, von denen die ersten zwei fehlschlugen, sowie auf die von Great Wall (China) und Sea Launch durchgeführten Raketenstarts. (76) ILS ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Lockheed Martin und Khrunichev, das Trägerraketen der Typen Atlas und Proton an interessierte Kunden - mit Ausnahme der US-Regierung - vertreibt. Atlas-Raketen werden von der Firma Lockheed Martin entworfen und hergestellt, die zwei Produktfamilien anbietet: Atlas II und den neuen Träger Atlas III, der im Mai 2000 seinen ersten kommerziellen Start absolvierte. Ein weiteres Trägersystem, das Atlas V heißen soll, befindet sich gerade in der Entwicklung. Die Trägerraketen vom Typ Proton werden von den russischen Unternehmen Khrunichev und Energia entworfen, entwickelt und gebaut. (77) Arianespace wurde 1980 als erstes kommerzielles Raumtransportunternehmen gegründet, das für die Herstellung, die Vermarktung und den Start der nach Plänen der Europäischen Weltraumorganisation ESA entworfenen und entwickelten Trägerraketen vom Typ Ariane zuständig ist. Arianespace hat 53 Gesellschafter aus zwölf europäischen Ländern. Das Produktangebot umfasst derzeit die Ariane-IV-Rakete und den neuen Ariane-V-Träger, von dem derzeit noch schwerere Versionen entwickelt werden. (78) Die derzeitigen Marktanteile von Boeing und Sea Launch im Satellitenstartgeschäft sind, wie erwähnt, verhältnismäßig niedrig. Die Ursachen hierfür sind vielfältig; ein wesentlicher Grund liegt aber darin, dass die Delta-II-Rakete, der wichtigste Träger von Boeing, keine großen Satelliten ins All befördern kann und dass Zweifel an der Zuverlässigkeit der neuen großen Trägersysteme von Boeing und Sea Launch bestehen, weil in jüngster Zeit einige Starts damit missglückt sind. Dieser Sachverhalt wurde von Abnehmern, die die Kommission im Rahmen ihrer Untersuchung befragt hat, bestätigt. Zwar steht die Delta-II-Rakete in ihrer Kategorie insgesamt an erster Stelle, was die nachgewiesene Zuverlässigkeit angeht, doch dafür werden die übrigen Träger, die Boeing anbietet, von den meisten Kunden wesentlich schlechter bewertet. 1999 entfielen auf Boeing und Sea Launch zusammen 17 % der kommerziellen Starts, während Lockheed Martin und Arianespace auf einen Marktanteil von 25 bzw. 22 % kamen. Im Segment der Starts mittelgroßer bis schwerer Satelliten lag der Marktanteil von Boeing niedriger (12 %); hier besetzten Arianespace und Lockheed Martin jeweils 44 % des Markts. (79) Trotz der offensichtlichen Rückschläge, die die derzeitige Marktstellung von Boeing beeinträchtigen, dürfte sich das Unternehmen in den kommenden Jahren fraglos zu einem bedeutsamen Anbieter von Startdiensten entwickeln. Darauf deuten auch die erfolgreichen jüngsten Flüge von Delta-III- und Sea-Launch-Trägern hin. Außerdem soll mit der nächsten Generation von Boeing-Trägerraketen - Delta IV (Erststart geplant für 2001) - der größte Träger der Welt auf den Markt kommen, der sich dank der rund 20 Starts, welche die US-Regierung bereits fest gebucht hat, möglicherweise als renommiertes und kostengünstiges System etablieren kann. Boeings Potenzial als Anbieter kommerzieller Satellitenstarts ergibt sich auch aus dem Umstand, dass Delta III und Sea Launch schon jetzt [25-40]* % aller kommerziellen Schwerlastenträgerstarts, die seit 1997 bestellt wurden, für sich verbuchen (zum Vergleich: [25-40]* % der Starts entfielen auf Arianespace, [15-25]* % auf ILS). (80) Auch andere Trägersysteme wie die japanische H2-Rakete oder die chinesische Raketenfamilie "Langer Marsch" sind in der Lage, große GEO-Satelliten in die Erdumlaufbahn zu bringen. Sie bieten aber offensichtlich keine plausiblen Alternativen zu den Produkten der übrigen Marktteilnehmer. Während die H2 wegen missglückter Starts stark ins Hintertreffen geraten ist, haben die Langer-Marsch-Raketen mit technischen Problemen und handelspolitischen Hindernissen (ein Transport US-amerikanischer Satelliten scheint wegen der US-Ausfuhrbeschränkungen für Satelliten ausgeschlossen) zu kämpfen. Damit dürften effektiv nur die großen Anbieter Boeing, Sea Launch, ILS und Arianespace in der Lage sein, Einfluss auf die Marktverhältnisse im Segment für den Start kommerzieller mittelgroßer bis schwerer GEO-Satelliten zu nehmen. Auswirkungen des Zusammenschlusses (81) Obwohl es keine Überschneidungen von Geschäftsinteressen der Unternehmen Boeing und HSC im Bereich Startdienste gibt, hat die Kommission in der Verfahrenseröffnungsentscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) Fusionskontrollverordnung eine Reihe möglicher nachteiliger Wirkungen des geplanten Zusammenschlusses ausgemacht. Da Satellitenherstellung und Satellitenstart komplementär sind - der Betreiber braucht beides, um Satelliten in der Umlaufbahn kreisen lassen zu können - und der starken Marktstellung von HSC bei kommerziellen GEO-Satelliten wurde befürchtet, dass das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen Satellitenbetreiber dazu bewegen könnte, den Start mit Boeing-Trägerraketen durchführen zu lassen, womit Boeing eine beherrschende Stellung im Segment für den Start großer Satelliten erlangen würde. (82) Danach kann der Zusammenschluss konkret folgende nachteilige Auswirkungen haben: a) Satellitenhersteller reichen ihre Angebote bei Kunden offensichtlich mit einem gewissen Spielraum für das Gewicht ein. Nach Vollzug des Zusammenschlusses könnte HSC diese Gewichtsmarge so festlegen, dass sie optimal der Nutzlastkapazität der Trägerraketen von Boeing entspricht. Damit wären die Dienste anderer Anbieter weniger wettbewerbsfähig als die von Boeing. b) Bestimmte Aufträge für die Lieferung in der Umlaufbahn verleihen dem Satellitenhauptunternehmer eine gewisse Flexibilität bei der Wahl des Trägersystems. HSC könnte nach dem Zusammenschluss versuchen, alle auf diese Weise bestellten Satelliten von Boeing- oder Sea-Launch-Trägern ins All befördern zu lassen. c) Der Start eines Satelliten setzt bestimmte Vorarbeiten im Hinblick auf die Integration des Satelliten in das betreffende Trägerfahrzeug voraus. Diese Aufgaben können von Fall zu Fall gelöst werden; es können aber auch allgemeinere Vereinbarungen getroffen werden, die die Kompatibilität von einem Träger und einer ganzen Satellitenfamilie sicherstellen. Nach dem Zusammenschluss könnte HSC sich weigern, solche Kompatibilitätsvereinbarungen vorzusehen, was den Kosten- und Zeitaufwand für den Einbau von HSC-Satelliten in Träger dritter Anbieter erhöhen würde. d) HSC könnte dritten Startdiensteanbietern Informationen über geplante neue Satelliten oder über neue Versionen bestehender Satelliten vorenthalten, um ihnen die technische Anpassung ihrer Träger an die Satelliten zu erschweren. e) Als Satellitenhersteller gelangt HSC in den Besitz von Informationen über die zur Beförderung seiner Satelliten vorgesehenen Trägerfahrzeuge, die nicht für Wettbewerber bestimmt sind. Obwohl diese Informationen in der Regel durch Vertraulichkeitsklauseln geschützt sind, könnte HSC sie zum Nachteil dritter Startdiensteanbieter ausnutzen. f) Auf längere Sicht könnte HSC seine nächste Generation von Raumfahrzeugen so konzipieren, dass sie besser zu den Trägersystemen von Boeing passen als zu denen anderer Anbieter. HSC könnte beispielsweise ganz spezielle und urheberrechtliche geschützte Schnittstellen für seine Satelliten festlegen, die auf Boeing-Träger abgestimmt sind. Außerdem könnte HSC seine Satelliten so konzipieren, dass sie auf eine Weise in die Umlaufbahn gebracht werden können, die eine längere Lebensdauer als üblich garantiert. Wirkungen der fraglichen Verhaltensweisen (83) Die vorstehend beschriebenen Verhaltensweisen sind zwar in der Theorie geeignet, HSC-Kunden zur Wahl von Boeing-Trägerraketen zu bewegen, doch sie könnten auch die Wettbewerbsfähigkeit von HSC selbst im Satellitenmarkt beeinträchtigen. Wenn HSC seine Satelliten weniger kompatibel mit anderen Trägern macht oder die Kosten für die Integration eines seiner Satelliten in das Trägersystem eines dritten Anbieters in die Höhe treibt bzw. die Integration verzögert, dann steht das Unternehmen schlechter gegenüber Kunden da, die ihre Satelliten in den betreffenden Träger integriert haben wollen. Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen durch das beschriebene Verhalten mehr gewinnen (in Form zusätzlicher Startaufträge) als verlieren (in Form entgangener Aufträge) würde. (84) Zu diesem Zweck hat die Kommission eine umfassende Umfrage unter Abnehmern durchgeführt, um herauszufinden, ob die von betroffenen Dritten geäußerten Befürchtungen zutreffen und sich in Zukunft tatsächlich bewahrheiten können. Sowohl große als auch kleine Satellitenkäufer wurden aufgefordert, ihren Eindruck von der Wettbewerbssituation in der Branche zu schildern. Außerdem untersuchte die Kommission die Auswirkungen des geplanten Zusammenschlusses nicht nur auf den Markt insgesamt, sondern auch auf das Geschäft der Kunden, um die potenziellen Folgen des möglichen Wettbewerbsverhaltens der in dem definierten Markt tätigen Unternehmen zu ermitteln. (85) Die Untersuchung hat ergeben, dass die Kunden der Wahl des Trägergeräts große Aufmerksamkeit und Sorgfalt widmen und in der Regel Zuverlässigkeit als oberstes Kriterium bei der Entscheidung für einen Anbieter von Startdiensten ansehen (siehe Randnummer 62). Der Grund dafür liegt in den Risiken, die der Auftraggeber im Falle eines missglückten Starts eingeht, d. h. Verlust nicht nur des Satelliten (der gegebenenfalls durch eine Versicherung gedeckt ist), sondern auch sämtlicher Einnahmen aus dem Betrieb des Satelliten bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein neuer Satellit fertiggestellt und in die Umlaufbahn gebracht ist (was offensichtlich keine Versicherung deckt). Den Ergebnissen der Kundenbefragung zufolge kostet ein missglückter Start oder eine Startverzögerung pro Tag 1 Mio. USD in Form entgangener Einnahmen. (86) Unter diesen Umständen ist der Auftraggeber normalerweise nicht bereit, seinen Satelliten mit einem Träger befördern zu lassen, von dessen Zuverlässigkeit er nicht ausreichend überzeugt sind (eine Bestätigung hierfür ist die Tatsache, dass Boeing nach den ersten beiden fehlgeschlagenen Starts seiner Delta-III-Rakete für den dritten Startversuch keinen kommerziellen Kunden finden konnte und auf eine Phantomnutzlast zurückgreifen musste). Ganz allgemein versuchen die Abnehmer, das Startrisiko dadurch auf ein Mindestmaß zu beschränken, dass sie vom Satellitenhersteller Kompatibilität mit mehreren Trägersystemen verlangen, um eine Ausweichmöglichkeit zu haben, falls sie Zweifel an der Zuverlässigkeit des gewählten Trägers bekommen. Sie können aber auch vertraglich in Sonderklauseln festlegen, dass ihr Satellit nicht als nächste Nutzlast eines Raketentyps befördert werden darf, der gerade einen missglückten Start hinter sich hat, oder dass der Träger eine bestimmte Erfolgsquote innerhalb eines begrenzten Zeitraums aufweisen muss, bevor er für die Beförderung ihres Satelliten in Frage kommt. Auch Abnehmer, die mehrere Satelliten betreiben, verteilen das Startrisiko üblicherweise auf mehrere Trägertypen und erwarten, dass sie bei Bedarf den Träger wechseln oder andere Trägertypen in die Auswahlliste aufnehmen können. (87) Die Ergebnisse der von der Kommission angestellten Untersuchung bestätigen somit, dass der Kunde sich die Wahl des Trägerfahrzeugs nicht aufdrängen lässt und auf jeglichen Versuch von HSC, Satelliten ausschließlich für die Beförderung mit Delta- oder Sea-Launch-Trägern zu konzipieren, sehr negativ reagiert. Die Untersuchung der Kommission hat außerdem gezeigt, dass sich der Versuch, Kunden zur Wahl von Boeing-Trägern zu bewegen, indem die Kosten für die Integration in andere Trägersysteme in die Höhe getrieben werden, für HSC nicht auszahlen würde. Denn die meisten Kunden würden eigenen Angaben zufolge, sollte die Kombination aus einem HSC-Satelliten und dem von ihnen vorgezogenen Träger teurer ausfallen als andere Kombinationen, entweder bei ihrer Träger- und Satellitenwahl bleiben und jeden dafür angemessenen Preis bezahlen oder sich für die billigste Kombination aus einem zuverlässigen Träger und einem Satelliten entscheiden. Unter diesen Umständen würde ein bewusstes Erschweren der Integration von HSC-Satelliten in Trägerfahrzeuge von Boeing-Konkurrenten die Wahl des Kunden überhaupt nicht beeinflussen oder Kombinationen mit HSC-Satelliten im Vergleich zu Kombinationen mit Satelliten anderer Hersteller verteuern mit der Folge, dass HSC im Satellitenmarkt an Wettbewerbsfähigkeit verliert. (88) Weiterhin ist festzuhalten, dass die meisten der befragten Abnehmer laut eigener Aussage die Freiheit haben, das Trägersystem gegebenenfalls zu wechseln. Natürlich würden die Kosten bei einem Wechsel steigen, je näher der Starttermin rückt, doch angesichts der Verluste, die der Kunde im Falle eines missglückten Starts zu gewärtigen hat, muss davon ausgegangen werden, dass der Kunde von dieser Option wahrscheinlich Gebrauch machen würde, wenn er mit der Zuverlässigkeit oder der Leistung des zunächst gewählten Trägersystems nicht mehr zufrieden ist. Die meisten Kunden gaben auch an, dass sie in allen Phasen der Trägerauswahl das Sagen haben und dass der Satellitenhersteller jedenfalls wenig oder überhaupt keinen Einfluss auf die letztendliche Entscheidung hat. Auch dieser Umstand dürfte der Möglichkeit für die beteiligten Unternehmen, Abnehmer von ihrer Wahl abzubringen, enge Grenzen setzen. (89) Auftraggeber, die für Lieferung in der Umlaufbahn bestellen, sind in ihrer Wahlfreiheit in Bezug auf den Startdiensteanbieter nicht mehr eingeschränkt als Kunden, die für Lieferung am Boden bestellen, und zwar aus zwei Gründen: Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass die Möglichkeit für Erstere, sich eine Kombination mit Satelliten anderer Hersteller als HSC auszusuchen, derzeit nicht besteht. Und die Erfahrung hat gezeigt, dass auch solche Auftraggeber Bestimmungen in ihre Verträge aufnehmen, die ihnen bei Bedarf den Wechsel von einem Trägersystem zu einem anderen erlauben. (90) Es trifft zwar zu, dass die meisten Kunden, die bisher bei HSC einen Satelliten für Lieferung in der Umlaufbahn bestellt haben, den Satelliten auch von Startdiensteanbietern in die Umlaufbahn bringen ließen, bei denen HSC Großkunde ist. Diese Aufträge wurden jedoch zu einer Zeit erteilt, als wegen extrem hoher Marktwachstumsprognosen befürchtet wurde, dass die bestehende Startkapazität den Bedarf nicht decken kann und das Angebot an Startdiensten knapp wird. Daraufhin erteilte HSC den einschlägigen Anbietern Großaufträge, um sich verfügbare Kapazitäten zu sichern, was gleichzeitig zur Folge hatte, dass die entsprechenden Angebote für Lieferung in der Umlaufbahn günstiger und sicherer waren als andere. Hierin liegt wahrscheinlich der Grund dafür, dass so viele Satelliten, die für Lieferung in der Umlaufbahn bestellt worden waren, von Unternehmen ins All befördert wurden, denen HSC Großaufträge erteilt hatte. Es weist aber nichts darauf hin, dass sich dieses Szenario jetzt wiederholt. Denn erstens scheinen die Auftraggeber sehr zurückhaltend zu sein, wenn es darum geht, den Auftrag für ein Trägersystem zu erteilen, das in jüngerer Zeit Fehlschläge aufwies. Und zweitens leidet die Startdienstbranche derzeit unter beträchtlichen Überkapazitäten (siehe Randnummern 72 bis 74), so dass die Preise am Kassamarkt jetzt unter denen liegen, die HSC zuvor aufgrund von Großaufträgen erzielte, und die Verfügbarkeit von Trägerkapazität kein echtes Problem mehr ist. (91) Nicht zuletzt sind die mit einem missglückten Start verbundenen Risiken für kleine Betreiber, die nur über ein oder zwei Satelliten verfügen und für die ein fehlgeschlagener Start den Konkurs bedeuten kann, höher als für die großen, die mehrere Satelliten in der Umlaufbahn betreiben. Damit dürften kleinen Abnehmer mehr Anreiz haben, den Startdiensteanbieter sorgfältig auszuwählen und bei der Wahl der Trägerrakete und der Bestellung der Startdienste noch vorsichtiger vorzugehen, als Großabnehmer, die unter Umständen eine größere Nachfragemacht haben. (92) Aus den dargelegten Gründen dürfte HSC kurzfristig nur wenig Möglichkeiten haben, Abnehmer zum Satellitenstart mit Trägersystemen wie Delta III und Sea Launch zu bewegen, die sich noch nicht bewährt haben. Auf lange Sicht ist aber die Wahrscheinlichkeit groß, dass Boeing die bestehenden Probleme in Bezug auf die Zuverlässigkeit seiner Startdienste behebt und dass seine Träger und die von Sea Launch eine geeignete Lösung für Satellitenbetreiber bieten. Ein weiterer Beleg hierfür sind die letzten Starts von Sea Launch und Delta III, die erfolgreich verlaufen sind. Doch selbst unter diesen Umständen dürfte die fusionierte Einheit nicht in der Lage sein, eine beträchtliche Anzahl von Kunden, die ein anderes System gewählt haben, zum Wechsel zu Boeing- oder Sea-Launch-Trägern zu überreden. (93) Dafür sprechen auch noch weitere Umstände: 1. Sogar von den konkurrierenden Startdiensteanbietern, die Bedenken geäußert hatten, räumen manche ein, dass die beschriebenen Verhaltensweisen von den fraglichen Unternehmen mangels erheblicher Marktmacht in den Satellitenmärkten nicht gewinnbringend umgesetzt werden können. 2. HSC hat im Satellitenmarkt, wie ihn die Kommission einschätzt, keine beherrschende Stellung inne. Dies bestätigt auch die Erfahrung: So gibt es keinen Hinweis darauf, dass das Unternehmen Lockheed Martin, das sowohl Satelliten (als Hauptunternehmer) als auch Startdienste anbietet, imstande war, die beschriebene Verhaltensweise zum eigenen Vorteil durchzusetzen. (94) Abschließend lässt sich daher feststellen, dass die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen im Wesentlichen mit Umsatzeinbußen im Satellitengeschäft zu rechnen haben, wenn sie das fragliche Verhalten an den Tag legen, und dass die bewussten Wirkungen - soweit sie eintreten - nicht ausreichen würden, um die derzeitige Marktsituation, die durch eine starke Position von sowohl ILS als auch Arianespace gekennzeichnet ist, umzukehren. Dies wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass das Unternehmen ILS Satelliten sowohl herstellt als auch in die Erdumlaufbahn bringt, womit es in der Lage wäre, dem Beispiel der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen zu folgen. Das heißt, dass die fraglichen Wirkungen für sich alleine genommen nicht ausreichen werden, um eine beherrschende Stellung zu begründen oder zu verstärken. Mögliche Schneeballeffekte (95) Betroffene Dritte haben darauf hingewiesen, dass sich ihre Marktstellung wegen des Gewichts der Festkosten bei den Startdiensten und der bestehenden Überkapazitäten in dieser Branche schon durch geringfügige Auftragsschwankungen - einige Aufträge mehr oder weniger - dramatisch ändern kann. Sie würden schon jetzt nahe dem Kostendeckungspunkt wirtschaften, so dass schon ein paar entgangene Aufträge ihr Geschäft unrentabel machen könnten. Unter diesen Umständen, und da nicht zu erwarten sei, dass der Markt vom Volumen her in nennenswertem Maße wachsen wird, würde die Möglichkeit, dass ihnen aufgrund des geplanten Zusammenschlusses eine Reihe von Aufträgen entgehen, ihre Wettbewerbsfähigkeit erheblich schwächen und ihre Kosten in die Höhe treiben. Boeings Position werde dagegen soweit gestärkt, dass das Unternehmen eine beherrschende Stellung erlangen würde. (96) Mit anderen Worten: Nach Ansicht der zitierten Betroffenen würde schon eine kleine Zahl entgangener Startaufträge ausreichen, um einen Schneeballeffekt loszutreten, der sich verheerend auf ihre Kostenstruktur (bzw. phänomenal auf die von Boeing) auswirken und damit ihre Wettbewerbsposition in einem Maße verschlechtern (bzw. in Boeings Fall verbessern) würde, dass eine beherrschende Stellung begründet wird. Um diese Hypothese zu stützen, verweisen die Betroffenen auf den relativ hohen Anteil der zu amortisierenden Festkosten (bis zu 30 Mio. USD bei einem durchschnittlichen Startpreis von rund 100 Mio. USD laut den Angaben einiger Betroffener) und auf die geringe Zahl von Satellitenstarts, die im Jahr durchgeführt werden. (97) Die Hypothese stützt sich aber auf eine Reihe Annahmen, gegen die Folgendes spricht: Erstens dürfte der Wettbewerb beim Angebot von Startdiensten im wesentlichen über die Zuverlässigkeit eines Systems stattfinden und nicht über den Preis. Die Gebühren für einen Start können schon jetzt von Anbieter zu Anbieter erheblich abweichen. Unter diesen Gegebenheiten hätte ein begrenzter Anstieg der Kosten nicht die behauptete verheerende Auswirkung. (98) Zweitens droht der von dritten Startdiensteanbietern befürchtete Schneeballeffekt wohl nur dann einzutreten, wenn deren Kostenstruktur im derzeitigen Zustand verharrt. Wettbewerber der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen (im wesentlichen ILS und Arianespace) haben aber offensichtlich Kostensenkungsmaßnahmen eingeleitet, um Kapazitäten abzubauen oder um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Trägersysteme zu verbessern. (99) Drittens beschränken sich die beschriebenen Auswirkungen auf die Geschäfte der vom Zusammenschluss betroffenen Unternehmen mit gewerblichen Kunden. Kommerzielle Starts bilden aber nur einen Teil des gesamten Startgeschäfts, so dass ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit bei kommerziellen Starts durch neue Aufträge von staatlicher Seite überkompensiert werden kann. Dies trifft insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika zu, wo staatliche Startaufträge einen wesentlichen Teil des Startgeschäfts von Lockheed Martin und Boeing ausmachen. Unter diesen Umständen und der Prämisse, dass Startdienste in der Regel der besonderen Aufmerksamkeit der betreffenden Regierungen (die wesentlich zur Entwicklung von Trägersystemen beitragen(12)) gewiss sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Regierungen gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen würden, um die Wettbewerbsfähigkeit von Firmen wie Lockheed Martin und Arianespace wiederherzustellen. (100) Viertens ist es sehr fragwürdig, ob die tatsächliche Umsetzung des beschriebenen Verhaltens und der daraus resultierende Teufelskreis in jedem Falle die von den Betroffenen befürchtete Monopolisierung der Branche zur Folge hat. In Anbetracht des Umstands, dass der finanzielle Unterschied zwischen hereingeholtem und entgangenem Auftrag viel geringer ist als die Amortisierung der Festkosten, dürfte ein Trägerraketenhersteller, dessen Wettbewerbsfähigkeit nachlässt, doch wohl versuchen, die Preise zu senken, um den Auftrag zu behalten und wenigstens einen Teil der Festkosten wieder hereinzuholen, anstatt sich den Auftrag entgehen zu lassen und höhere Kosten in Kauf zu nehmen. Die wahrscheinlichste Folge der beschriebenen negativen Auswirkungen wäre nicht die Monopolisierung der Branche, sondern größerer Preiswettbewerb. Dadurch würden die direkten Konkurrenten von Boeing angesichts der besonderen Verpflichtungen der Regierungen gegenüber der nationalen Raumfahrtindustrie (für die der finanzielle Beitrag zur Entwicklung neuer Träger nur ein Anzeichen ist) nicht als wirksame Wettbewerber ausgeschaltet werden, weshalb es auch nicht zur Begründung einer beherrschenden Stellung von Boeing käme. (101) Der angemeldete Zusammenschluss wird auf den Märkten für die Durchführung von Raketenstarts aus den dargelegten Gründen keine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im EWR oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde. (102) Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen am 31. Juli 2000 vorgeschlagen haben, eine Reihe von Verpflichtungen einzugehen, um sicherzustellen, dass 1. nichtöffentliche Informationen über Träger (bzw. Satelliten), die Unternehmen, welche HSC-Satelliten starten (bzw. Boeing oder Sea Launch), gegebenenfalls erhalten, nicht an Boeing oder Sea Launch (bzw. HSC) weiter- oder preisgegeben werden, 2. HSC Informationen über seine Satelliten, die es Boeing oder Sea Launch übermittelt, gleichzeitig auch anderen Anbietern von Startdiensten zur Verfügung stellt, 3. HSC im Hinblick auf die Integration seiner Satelliten in ein Trägersystem auch mit anderen Startdiensteanbietern zusammenarbeitet und diese nicht gegenüber Boeing und Sea Launch benachteiligt, und 4. zwischen der fusionierten Einheit und Hughes kein präferenzielle Lieferantenbeziehung entsteht. V. BESCHLUSS (103) Aus den dargelegten Gründen wird der Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar erklärt, da er keine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt, durch die wirksamer Wettbewerb im EWR oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde. Diese Entscheidung ergeht nach Artikel 8 Absatz 2 Fusionskontrollverordnung - HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN: Artikel 1 Das angemeldete Zusammenschlussvorhaben, dem zufolge The Boeing Company das Satellitenhaupt- und Satellitenausrüstungsgeschäft von Hughes Electronics Corporation - bestehend aus den verbleibenden Anteilen von Huges Space and Communications Company (HSC), den verbleibenden Anteilen von Spectrolab Inc., den Vermögenswerten von Huges Electron Dynamics (HED) sowie den Minderheitsbeteiligungen von Hughes an ICO Global Communications (Holdings) Ltd und an Thuraya Satellite Telecommunications Private Joint Stock Co. - erwirbt, wird für mit dem Gemeinsamen Markt und mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar erklärt. Artikel 2 Diese Entscheidung ist gerichtet an: The Boeing Company 7755 East Marginal Way South Seattle, WE 98108 USA z. Hd. von Herrn Theodore J Collins Senior Vice President, Law and Contracts. Brüssel, den 29. September 2000 Für die Kommission Mario Monti Mitglied der Kommission (1) ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 1; Berichtigung: ABl. L 257 vom 21.9.1990, S. 13. (2) ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 1. (3) ABl. C 53 vom 28.2.2004. (4) Teile dieses Textes wurden ausgelassen, um zu gewährleisten, dass keine vertraulichen Informationen bekannt gegeben werden; diese Teile sind durch eckige Klammern und ein Sternchen gekennzeichnet. (5) ABl. C 66 vom 2.3.1998, S. 25. (6) Der Umsatz wird gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung und nach der Mitteilung der Kommission über die Berechnung des Umsatzes (ABl. C 66 vom 2.3.1998, S. 25) bestimmt. Falls die Zahlen Umsätze enthalten, die aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 stammen, werden diese nach den durchschnittlichen ECU-Wechselkursen berechnet und im Verhältnis 1:1 in Euro übertragen. (7) Siehe z. B. Entscheidung der Kommission in der Sache COMP/M.1636 - MMS/DASA/Astrium vom 21. März 2000 (noch nicht veröffentlicht). (8) Siehe Randnummer 22 der Entscheidung der Kommission in der Sache IV/M.437 - Matra Marconi Space/British Aerospace Systems vom 22. August 1994 und Entscheidung der Kommission in der Sache COMP/M.1636 - MMS/DASA/Astrium. (9) Sache COMP/M.1636 - MMS/DASA/Astrium. (10) EWR plus Schweiz (und damit sämtliche Mitgliedstaaten der europäischen Weltraumorganisation ESA). (11) Siehe Entscheidung der Kommission in der Sache IV/M.1564 - Astrolink vom 25. Juni 1999 und Entscheidung der Kommission in der Sache COMP/M.1636 - MMS/DASA/Astrium. (12) Ariane-Trägerraketen etwa werden in der Regel im Rahmen von ESA-Programmen entwickelt, und für die Entwicklung der Träger Delta IV und Atlas V hat die US-Regierung offensichtlich im Rahmen ihres Programms "Evolved Expendable Launch Vehicle" umfangreiche Mittel bereitgestellt.