9.3.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 62/18


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 5. Juli 2004

zum Bestehen eines übermäßigen Defizits in Polen

(2005/183/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 104 Absatz 6,

auf Empfehlung der Kommission,

unter Berücksichtigung der Stellungnahmen Polens,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 104 des Vertrags haben die Mitgliedstaaten übermäßige öffentliche Defizite zu vermeiden; dies betrifft auch Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, was bei allen der EU am 1. Mai 2004 beigetretenen Ländern der Fall ist.

(2)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beruht auf dem Ziel einer gesunden öffentlichen Finanzlage als Mittel zur Verbesserung der Voraussetzungen für Preisstabilität und ein kräftiges tragfähiges Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist.

(3)

Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit nach Artikel 104 sieht eine Entscheidung über das Bestehen eines übermäßigen Defizits vor, und das Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im Anhang zum Vertrag enthält weitere Einzelheiten zur Umsetzung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit. In der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates vom 22. November 1993 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (1) werden detaillierte Regeln und Definitionen für die Anwendung des genannten Protokolls festgelegt.

(4)

Nach Artikel 104 Absatz 5 des Vertrags hat die Kommission dem Rat eine Stellungnahme vorzulegen, wenn sie der Auffassung ist, dass in einem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht oder sich ergeben könnte. Nach Prüfung aller in ihrem Bericht gemäß Artikel 104 Absatz 3 berücksichtigten einschlägigen Faktoren und nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses gemäß Artikel 104 Absatz 4 gelangte die Kommission in ihrer Stellungnahme vom 24. Juni 2004 zu der Schlussfolgerung, dass in Polen ein übermäßiges Defizit besteht.

(5)

Artikel 104 Absatz 6 des Vertrags legt fest, dass der Rat die Bemerkungen, die der betreffende Mitgliedstaat gegebenenfalls abzugeben wünscht, berücksichtigt, bevor er nach Prüfung der Gesamtlage entscheidet, ob ein übermäßiges Defizit besteht.

(6)

Die Prüfung der Gesamtlage führt zu folgenden Schlussfolgerungen: Das gesamtstaatliche Defizit in Polen erreichte 2003 4,1 % des BIP und lag damit über dem im Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 3 % des BIP. Die Überschreitung des Referenzwerts für das gesamtstaatliche Defizit war weder auf ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle der polnischen Behörden entzogen hätte, noch auf einen schweren Wirtschaftsabschwung im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts zurückzuführen. Das gesamtstaatliche Defizit wird 2004 wahrscheinlich weiterhin bei über 3 % des BIP liegen. So wird das Defizit nach der Frühjahrsprognose 2004 der Kommission im Jahr 2004 6,0 % des BIP erreichen, während im polnischen Konvergenzprogramm mit einem Defizit von 5,7 % des BIP gerechnet wird. Die Schuldenquote, die 2003 45,4 % betrug, wird wahrscheinlich auch 2004 unter dem im Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 60 % des BIP bleiben. Die Defizit- und Schuldenstanddaten werden nach oben korrigiert werden müssen, wenn die offenen Rentenfonds nach der Eurostat-Entscheidung über die Einstufung von kapitalgedeckten Rentensystemen aus dem Sektor Gesamtstaat herausgerechnet werden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Nach Prüfung der Gesamtlage ist festzustellen, dass in Polen ein übermäßiges Defizit besteht.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Republik Polen gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 5. Juli 2004

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. ZALM


(1)  ABl. L 332 vom 31.12.1993, S. 7. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 351/2002 der Kommission (ABl. L 55 vom 26.2.2002, S. 23).


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