27.6.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 189/93


VERORDNUNG (EU) Nr. 656/2014 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 15. Mai 2014

zur Festlegung von Regelungen für die Überwachung der Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union koordinierten operativen Zusammenarbeit

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe d,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Ziel der Unionspolitik im Bereich der Außengrenzen der Union ist es, die wirksame Überwachung des Grenzübertritts an den Außengrenzen, auch durch Grenzüberwachung, sicherzustellen und dabei gleichzeitig einen Beitrag zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung von Menschenleben zu leisten. Die Grenzüberwachung dient der Verhinderung unbefugter Grenzübertritte, der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und der Festnahme von Personen, die die Grenze irregulär überschreiten, beziehungsweise der Veranlassung sonstiger Maßnahmen gegen diese Personen. Eine wirksame Grenzüberwachung sollte Personen daran hindern und davon abhalten, die Kontrollen an den Grenzübergangsstellen zu umgehen. Die Grenzüberwachung beschränkt sich daher nicht auf die Aufdeckung unbefugter Grenzübertritte, sondern umfasst auch Schritte wie das Abfangen von Schiffen, die mutmaßlich ohne Grenzkontrolle in die Union einzulaufen versuchen, sowie Vorkehrungen für die bei einem Grenzüberwachungseinsatz auf See möglicherweise erforderlich werdenden Such- und Rettungsaktionen und für die erfolgreiche Durchführung solcher Einsätze.

(2)

Die Politik der Union im Bereich Grenzmanagement, Asyl und Einwanderung sowie ihre Umsetzung sollten sich nach dem Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten nach Artikel 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) richten. Soweit erforderlich, müssen im Rahmen dieser Politik erlassene Rechtsakte der Union geeignete Maßnahmen für die Umsetzung dieses Grundsatzes enthalten und die Lastenteilung, auch durch eine auf freiwilliger Basis erfolgende Überstellung von Personen, die internationalen Schutz genießen, fördern.

(3)

Der Anwendungsbereich dieser Verordnung sollte auf Grenzüberwachungseinsätze begrenzt sein, die von den Mitgliedstaaten an ihren Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (im Folgenden „Agentur“), die mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates (2) errichtet wurde, koordinierten operativen Zusammenarbeit durchgeführt werden. Ermittlungs- und Strafmaßnahmen unterliegen dem nationalen Strafrecht und den bestehenden Rechtshilfeinstrumenten im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union.

(4)

Die Agentur ist für die Koordinierung der operativen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich des Schutzes der Außengrenzen, einschließlich der Grenzüberwachung, zuständig. Zu den Aufgaben der Agentur zählt auch die Unterstützung der Mitgliedstaaten in Situationen, die verstärkte technische Unterstützung an den Außengrenzen erfordern, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hierzu auch humanitäre Notsituationen und Seenotrettungen gehören können. Um diese Zusammenarbeit weiter zu verstärken, bedarf es spezieller Regelungen für Grenzüberwachungstätigkeiten, die von den See-, Land- und Lufteinsatzkräften eines Mitgliedstaats im Rahmen der von der Agentur koordinierten operativen Zusammenarbeit an den Seegrenzen eines anderen Mitgliedstaats oder auf Hoher See durchgeführt werden.

(5)

Die Zusammenarbeit mit benachbarten Drittstaaten ist von entscheidender Bedeutung, um unbefugte Grenzübertritte zu verhindern, die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen und den Verlust von Menschenleben auf See zu vermeiden. Die Agentur kann im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004, sofern die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte von Migranten gewährleistet ist, mit den zuständigen Behörden von Drittstaaten zusammenarbeiten, insbesondere in den Bereichen Risikoanalyse und Ausbildung; ferner sollte die Agentur die operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten erleichtern. Wenn die Zusammenarbeit mit Drittstaaten in deren Hoheitsgebiet oder Küstenmeer stattfindet, sollten die Mitgliedstaaten und die Agentur Normen und Standards einhalten, die denen des Unionsrechts zumindest gleichwertig sind.

(6)

Das mit der Verordnung (EU) Nr. 1052/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) errichtete Europäische Grenzüberwachungssystem (Eurosur) soll den Informationsaustausch und die operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Agentur verstärken. Damit soll sichergestellt werden, dass sich das Lagebewusstsein und die Reaktionsfähigkeit der Mitgliedstaaten, auch mit Unterstützung der Agentur, zum Zwecke der Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung von illegaler Einwanderung und grenzüberschreitender Kriminalität sowie der Leistung eines Beitrags zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung des Lebens von Migranten an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten erheblich verbessern. Bei der Koordinierung von Grenzüberwachungseinsätzen sollte die Agentur den Mitgliedstaaten Informationen und Analysen zu diesen Einsätzen im Einklang mit der genannten Verordnung zur Verfügung stellen.

(7)

Die vorliegende Verordnung ersetzt den Beschluss 2010/252/EU des Rates (4), der vom Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „Gerichtshof“) mit Urteil vom 5. September 2012 in der Rechtssache C-355/10 für nichtig erklärt wurde. In diesem Urteil erhielt der Gerichtshof die Wirkungen des Beschlusses 2010/252/EU aufrecht, bis eine neue Regelung in Kraft tritt. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung wird jener Beschluss daher unwirksam.

(8)

Während Grenzüberwachungseinsätzen auf See sollten die Mitgliedstaaten ihren jeweiligen Verpflichtungen nach dem Völkerrecht, insbesondere dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See, dem Internationalen Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und dem dazugehörigen Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, Luft- und Seeweg, dem Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und anderen einschlägigen internationalen Übereinkünften nachkommen.

(9)

Bei der Koordinierung von Grenzüberwachungseinsätzen auf See sollte die Agentur ihre Aufgaben unter umfassender Einhaltung des einschlägigen Unionsrechts, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), und des einschlägigen Völkerrechts, insbesondere des in Erwägungsgrund 8 genannten Völkerrechts, wahrnehmen.

(10)

Im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) und den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts sollten die während eines Überwachungseinsatzes getroffenen Maßnahmen in angemessenem Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen, nicht diskriminierend sein und die Menschenwürde, die Grundrechte sowie die Rechte von Flüchtlingen und Asylsuchenden, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, uneingeschränkt achten. Die Mitgliedstaaten und die Agentur sind in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet, einschließlich an der Grenze, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen der Mitgliedstaaten gestellt werden, an die Bestimmungen des Besitzstands im Asylbereich, insbesondere an die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (6), gebunden.

(11)

Die Anwendung dieser Verordnung sollte die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (7) unberührt lassen, insbesondere was die Unterstützung der Opfer von Menschenhandel betrifft.

(12)

Diese Verordnung sollte unter uneingeschränkter Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nach Maßgabe der Definition in der Charta und in der Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angewandt werden. Nach diesem Grundsatz sollte keine Person in ein Land, in dem für sie unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter, der Verfolgung oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in ein anderes Land unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung besteht, ausgeschifft, einzureisen gezwungen oder verbracht werden oder auf andere Weise den Behörden eines solchen Landes überstellt werden.

(13)

Das etwaige Bestehen einer Vereinbarung zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat entbindet die Mitgliedstaaten nicht von ihren Verpflichtungen nach dem Unionsrecht und dem Völkerrecht, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, wenn ihnen bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Drittstaat wesentliche Gründe für die Annahme darstellen, dass für den Antragsteller die ernste Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden, oder wenn ihnen bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass dieser Drittstaat Praktiken anwendet, die gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen.

(14)

Während eines Grenzüberwachungseinsatzes auf See kann sich eine Situation ergeben, in der Personen aus Seenot gerettet werden müssen. Im Einklang mit dem Völkerrecht hat jeder Staat den Kapitän eines seine Flagge führenden Schiffs zu verpflichten, jeder Person, die auf See in Lebensgefahr angetroffen wird, unverzüglich Hilfe zu leisten und so schnell wie möglich Personen in Seenot zu Hilfe zu eilen, soweit der Kapitän ohne ernste Gefährdung des Schiffs, der Besatzung oder der Fahrgäste dazu imstande ist. Diese Hilfe sollte unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem Status der zu versorgenden Personen und ungeachtet der Umstände, unter denen diese aufgefunden werden, geleistet werden. Der Kapitän und die Besatzung sollten nicht allein deshalb, weil sie Personen in Seenot gerettet und an einen sicheren Ort gebracht haben, mit strafrechtlichen Sanktionen belegt werden.

(15)

Der Pflicht, Personen aus Seenot zu retten, sollten die Mitgliedstaaten gemäß den anwendbaren Bestimmungen der für Such- und Rettungsmaßnahmen maßgeblichen internationalen Übereinkünfte und gemäß den Erfordernissen zum Schutz der Grundrechte nachkommen. Diese Verordnung sollte die Verantwortlichkeiten der für die Suche und Rettung zuständigen Behörden unberührt lassen, einschließlich ihrer Verantwortlichkeit sicherzustellen, dass die Koordinierung und die Zusammenarbeit in der Weise erfolgen, dass die geretteten Personen an einen sicheren Ort gebracht werden können.

(16)

Umfasst das Einsatzgebiet eines Einsatzes auf See den Such- und Rettungsbereich eines Drittstaats, so sollte bei der Planung eines solchen Einsatzes angestrebt werden, Kommunikationskanäle zu den für die Suche und Rettung zuständigen Behörden des betreffenden Drittstaats einzurichten; damit wird sichergestellt, dass diese Behörden auf Such- und Rettungsfälle in ihrem Such- und Rettungsbereich reagieren können.

(17)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 werden die von der Agentur koordinierten Grenzüberwachungseinsätze entsprechend einem Einsatzplan durchgeführt. Daher sollte der Einsatzplan bei Seeeinsätzen spezielle Informationen zur Anwendung der einschlägigen Rechtsprechung und Rechtsvorschriften in dem räumlichen Gebiet, in dem der gemeinsame Einsatz, das Pilotprojekt oder der Soforteinsatz stattfindet, einschließlich Verweise auf das Unionsrecht und das Völkerrecht im Zusammenhang mit dem Abfangen von Schiffen, Rettungen auf See und Ausschiffungen enthalten. Der Einsatzplan sollte gemäß den Bestimmungen der vorliegenden Verordnung, die das Abfangen von Schiffen, die Rettung auf See und die Ausschiffung im Rahmen der von der Agentur koordinierten Grenzüberwachungseinsätze auf See regeln, unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des betreffenden Einsatzes erstellt werden. Der Einsatzplan sollte Verfahren umfassen, mit denen sichergestellt wird, dass Personen, die internationalen Schutz benötigen, Opfer von Menschenhandel, unbegleitete Minderjährige und sonstige schutzbedürftige Personen ermittelt werden und angemessene Unterstützung erhalten, einschließlich Zugang zu internationalem Schutz.

(18)

Im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 wird für jeden Seeeinsatz im Einsatzmitgliedstaat eine Koordinierungsstruktur geschaffen, die aus Beamten aus dem Einsatzmitgliedstaat, abgestellten Beamten und Vertretern der Agentur, einschließlich des Koordinierungsbeamten der Agentur, besteht. Diese in der Regel als internationale Leitstelle bezeichnete Koordinierungsstruktur sollte als Kanal für die Kommunikation zwischen den an dem Seeeinsatz beteiligten Beamten und den betreffenden Behörden genutzt werden.

(19)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und den Grundsätzen, die mit den Artikeln 2 und 6 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und mit der Charta anerkannt wurden, insbesondere mit der Achtung der Würde des Menschen, dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, dem Verbot des Menschenhandels, dem Recht auf Freiheit und Sicherheit, dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten, dem Recht auf Asyl und auf Schutz vor Abschiebung und Ausweisung, den Grundsätzen der Nichtzurückweisung und der Nichtdiskriminierung, dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowie den Rechten des Kindes. Diese Verordnung sollte von den Mitgliedstaaten und der Agentur im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen angewandt werden.

(20)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Festlegung spezieller Regeln für die Überwachung der Seegrenzen durch Grenzschutzbeamte unter Koordinierung der Agentur, aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorschriften und Praktiken von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des multinationalen Charakters der Einsätze auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(21)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat diese Verordnung beschlossen hat, ob es sie in einzelstaatliches Recht umsetzt.

(22)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (8) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates (9) genannten Bereich gehören.

(23)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (10) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (11) genannten Bereich gehören.

(24)

Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (12) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates (13) genannten Bereich gehören.

(25)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates (14) nicht beteiligt; das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(26)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates (15) nicht beteiligt. Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Anwendungsbereich

Diese Verordnung gilt für Grenzüberwachungseinsätze, die die Mitgliedstaaten an ihren Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union koordinierten operativen Zusammenarbeit durchführen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Agentur“ die mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 errichtete Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union;

2.

„Seeeinsatz“ einen gemeinsamen Einsatz, ein Pilotprojekt oder einen Soforteinsatz, den bzw. das Mitgliedstaaten zur Überwachung ihrer Seeaußengrenzen unter Koordinierung der Agentur durchführen;

3.

„Einsatzmitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, in dem ein Seeeinsatz stattfindet oder von dem aus ein Seeeinsatz eingeleitet wird;

4.

„beteiligter Mitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, der sich durch Bereitstellung von technischer Ausrüstung, von Grenzschutzbeamten, die im Rahmen europäischer Grenzschutzteams eingesetzt werden, oder von sonstigem einschlägigem Personal an einem Seeeinsatz beteiligt, aber kein Einsatzmitgliedstaat ist;

5.

„beteiligte Einsatzkräfte“ die See-, Land- oder Lufteinsatzkräfte unter der Verantwortung des Einsatzmitgliedstaats oder eines beteiligten Mitgliedstaats, die an einem Seeeinsatz teilnehmen;

6.

„internationale Leitstelle“ die im Einsatzmitgliedstaat zur Koordinierung eines Seeeinsatzes eingerichtete Koordinierungsstruktur;

7.

„nationale Leitstelle“ das für die Zwecke des Europäischen Grenzüberwachungssystems (Eurosur) gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1052/2013 eingerichtete nationale Koordinierungszentrum;

8.

„Einsatzplan“ einen Einsatzplan gemäß Artikel 3a und Artikel 8e der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004;

9.

„Schiff“ alle Arten von Wasserfahrzeugen, einschließlich Booten, Schlauchbooten, schwimmenden Plattformen, nicht wasserverdrängender Fahrzeuge und Wasserflugzeuge, die auf See verwendet werden oder verwendet werden können;

10.

„staatenloses Schiff“ ein Schiff, das keine Staatszugehörigkeit besitzt oder einem Schiff ohne Staatszugehörigkeit gleichzustellen ist, wenn das Schiff von keinem Staat die Berechtigung zur Führung seiner Flagge erhalten hat oder wenn es die Flaggen von zwei oder mehr Staaten führt und diese nach Belieben verwendet;

11.

„Protokoll gegen die Schleusung von Migranten“ das Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See-und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, das im Dezember 2000 in Palermo, Italien, unterzeichnet wurde;

12.

„sicherer Ort“ einen Ort, an dem Rettungseinsätze als beendet angesehen werden und an dem die Sicherheit des Lebens der Geretteten nicht bedroht ist, an dem ihre menschlichen Grundbedürfnisse erfüllt und von dem aus Vorkehrungen für die Beförderung der Geretteten an den nächsten oder den endgültigen Bestimmungsort unter Berücksichtigung des Schutzes ihrer Grundrechte im Einklang mit dem Grundsatz der Nichtzurückweisung getroffen werden können;

13.

„Rettungsleitstelle“ eine Stelle, die dafür verantwortlich ist, die effiziente Organisation von Such- und Rettungsdiensten zu fördern und die Durchführung von Such- und Rettungseinsätzen innerhalb eines Such- und Rettungsbereichs im Sinne des Internationalen Übereinkommens über den Such- und Rettungsdienst auf See zu koordinieren;

14.

„Anschlusszone“ eine an das Küstenmeer angrenzende Zone im Sinne des Artikels 33 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, sofern offiziell zur Anschlusszone erklärt;

15.

„Küstenmitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, in dessen Küstenmeer oder Anschlusszone ein Abfangen erfolgt.

KAPITEL II

ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN

Artikel 3

Sicherheit auf See

Die zum Zwecke eines Seeeinsatzes getroffenen Maßnahmen werden so durchgeführt, dass die Sicherheit der abgefangenen oder geretteten Personen, die Sicherheit der beteiligten Einsatzkräfte und die Sicherheit Dritter in jedem Fall gewährleistet ist.

Artikel 4

Schutz der Grundrechte und Grundsatz der Nichtzurückweisung

(1)   Keine Person darf unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung in ein Land, in dem für sie unter anderem das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter, der Verfolgung oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht oder in dem ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, sexuellen Ausrichtung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung gefährdet wäre oder in dem für sie eine ernsthafte Gefahr der Ausweisung, Abschiebung oder Auslieferung in ein anderes Land unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung besteht, ausgeschifft, einzureisen gezwungen oder verbracht werden oder auf andere Weise den Behörden eines solchen Landes überstellt werden.

(2)   Bei der Prüfung der Möglichkeit einer Ausschiffung in einen Drittstaat im Rahmen der Planung eines Seeeinsatzes berücksichtigt der Einsatzmitgliedstaat in Abstimmung mit beteiligten Mitgliedstaaten und der Agentur die allgemeine Lage in diesem Drittstaat.

Die Bewertung der allgemeinen Lage in einem Drittstaat stützt sich auf Informationen aus einer großen Bandbreite von Quellen, zu denen andere Mitgliedstaaten, die Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union und einschlägige internationale Organisationen gehören können; ferner kann dabei berücksichtigt werden, ob Vereinbarungen und Projekte im Bereich Migration und Asyl bestehen, die im Einklang mit dem Unionsrecht und mit Mitteln der Union durchgeführt werden. Diese Bewertung ist Teil des Einsatzplans, wird den beteiligten Einsatzkräften zur Verfügung gestellt und wird nach Bedarf aktualisiert.

Abgefangene oder gerettete Personen dürfen nicht in einen Drittstaat ausgeschifft, einzureisen gezwungen, verbracht oder auf sonstige Weise den Behörden eines Drittstaats überstellt werden, wenn dem Einsatzmitgliedstaat oder den beteiligten Mitgliedstaaten bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass dieser Drittstaat sich an den in Absatz 1 genannten Praktiken beteiligt.

(3)   Bevor die abgefangenen oder geretteten Personen während eines Seeeinsatzes in einen Drittstaat ausgeschifft, einzureisen gezwungen oder verbracht oder auf andere Weise den Behörden eines Drittstaats überstellt werden, nutzen die beteiligten Einsatzkräfte, unter Berücksichtigung der Bewertung der allgemeinen Lage in dem Drittstaat gemäß Absatz 2 und unbeschadet des Artikels 3, alle Möglichkeiten, um die Identität der abgefangenen oder geretteten Personen festzustellen, ihre persönliche Situation zu bewerten, sie über ihren Zielort in einer Weise zu informieren, die die betreffenden Personen verstehen oder bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass sie sie verstehen, und geben ihnen Gelegenheit, etwaige Gründe vorzubringen, aufgrund derer sie annehmen, dass die Ausschiffung an dem vorgeschlagenen Ort gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen würde.

Zu diesen Zwecken werden im Einsatzplan weitere Angaben vorgesehen, wozu bei Bedarf auch die Angabe gehört, ob medizinisches Personal, Dolmetscher, Rechtsberater und sonstige einschlägige Experten des Einsatzmitgliedstaats und der beteiligten Mitgliedstaaten an Land zur Verfügung stehen. Den beteiligten Einsatzkräften sollte mindestens eine Person mit einer Grundausbildung in Erster Hilfe angehören.

Der Bericht nach Artikel 13 umfasst anhand der vom Einsatzmitgliedstaat und von den beteiligten Mitgliedstaaten bereitzustellenden Informationen weitere Einzelheiten zu den Ausschiffungen in Drittstaaten sowie Angaben darüber, wie die einzelnen Elemente der Verfahrensweisen nach Unterabsatz 1 von den beteiligten Einsatzkräften angewandt wurden, um die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung zu gewährleisten.

(4)   Während eines gesamten Seeeinsatzes tragen die beteiligten Einsatzkräfte den besonderen Bedürfnissen von Kindern, einschließlich unbegleiteter Minderjähriger, von Opfern des Menschenhandels, von Personen, die dringend medizinischer Hilfe bedürfen, von Personen mit Behinderungen, von Personen, die internationalen Schutz benötigen, und von anderen Personen, die sich in einer besonders schwierigen Situation befinden, Rechnung.

(5)   Der Austausch personenbezogener Daten, die während eines Seeeinsatzes erlangt werden, mit Drittstaaten für die Zwecke dieser Verordnung beschränkt sich auf das unbedingt erforderliche Maß und erfolgt im Einklang mit der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (16), dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates (17) und den einschlägigen nationalen Datenschutzvorschriften.

Der Austausch personenbezogener Daten von abgefangenen oder geretteten Personen, die während eines Seeeinsatzes erlangt werden, mit Drittstaaten ist verboten, wenn die ernste Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung besteht.

(6)   Die beteiligten Einsatzkräfte führen ihre Aufgaben unter uneingeschränkter Achtung der Menschenwürde durch.

(7)   Dieser Artikel gilt für alle Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten oder der Agentur gemäß dieser Verordnung getroffen werden.

(8)   An einem Seeeinsatz beteiligte Grenzschutzbeamte und daran beteiligtes sonstiges Personal wird im Hinblick auf die einschlägigen Bestimmungen der Grundrechte, des Flüchtlingsrechts und des internationalen Rechtsrahmens für die Suche und Rettung im Einklang mit Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 geschult.

KAPITEL III

BESONDERE VORSCHRIFTEN

Artikel 5

Sichtung

(1)   Bei Sichtung eines Schiffs, bei dem der Verdacht besteht, dass es Personen befördert, die sich den Kontrollen an den Grenzübergangsstellen entziehen oder zu entziehen beabsichtigen, oder dass es für die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg benutzt wird, nähern sich die beteiligten Einsatzkräfte dem Schiff, um seine Identität und seine Staatszugehörigkeit festzustellen, und beobachten es bis auf Weiteres aus sicherer Entfernung, wobei sie alle nötigen Vorkehrungen treffen. Die beteiligten Einsatzkräfte sammeln Informationen über dieses Schiff, unter anderem auch, soweit möglich, Informationen darüber, in welcher Lage sich die Personen an Bord befinden und insbesondere, ob ihnen akute Gefahr für ihr Leben droht oder ob Personen dringend medizinische Hilfe benötigen, und melden diese Informationen umgehend an die internationale Leitstelle. Die internationale Leitstelle übermittelt diese Informationen an die nationale Leitstelle des Einsatzmitgliedstaats.

(2)   Ist ein Schiff im Begriff, in das Küstenmeer oder die Anschlusszone eines an dem Seeeinsatz nicht beteiligten Mitgliedstaats einzulaufen, oder ist es dort bereits eingelaufen, so sammeln die beteiligten Einsatzkräfte Informationen über dieses Schiff und melden sie an die internationale Leitstelle, die diese dann an die nationale Leitstelle des betreffenden Mitgliedstaats übermittelt.

(3)   Besteht der Verdacht, dass ein Schiff für illegale Handlungen auf See benutzt wird, die nicht in den Rahmen des Seeeinsatzes fallen, so sammeln die beteiligten Einsatzkräfte die entsprechenden Informationen und melden sie an die internationale Leitstelle, die diese an die nationale Leitstelle des betreffenden Mitgliedstaats übermittelt.

Artikel 6

Abfangen im Küstenmeer

(1)   Im Küstenmeer des Einsatzmitgliedstaats oder eines benachbarten beteiligten Mitgliedstaats ermächtigt dieser Staat die beteiligten Einsatzkräfte, eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen zu ergreifen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein Schiff Personen befördert, die sich den Kontrollen an den Grenzübergangsstellen zu entziehen beabsichtigen, oder für die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg benutzt wird:

a)

Ersuchen um Information und Vorlage von Dokumenten zum Nachweis der Eigentumsverhältnisse, der Registrierung und des Reiseverlaufs des Schiffs sowie der Identität, Staatsangehörigkeit und anderer einschlägiger Personalien der an Bord befindlichen Personen, unter anderem auch darüber, ob Personen dringend medizinische Hilfe benötigen, und Unterrichtung der an Bord befindlichen Personen, dass sie unter Umständen nicht zum Grenzübertritt berechtigt sind;

b)

Anhalten und Betreten des Schiffs, Durchsuchen des Schiffs, seiner Ladung und der an Bord befindlichen Personen sowie Befragung der an Bord befindlichen Personen und Unterrichtung dieser Personen, dass Schiffsführer für das Ermöglichen der Fahrt mit Sanktionen belegt werden können.

(2)   Werden Beweise gefunden, die diesen Verdacht bestätigen, so kann dieser Einsatzmitgliedstaat oder benachbarte beteiligte Mitgliedstaat die beteiligten Einsatzkräfte dazu ermächtigen, eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen zu treffen:

a)

Beschlagnahme des Schiffs und Ingewahrsamnahme der an Bord befindlichen Personen;

b)

Anweisung an das Schiff, seinen Kurs in Richtung eines Bestimmungsorts außerhalb des Küstenmeers oder der Anschlusszone zu ändern beziehungsweise diese zu verlassen, einschließlich Eskortieren oder Geleiten des Schiffs, bis bestätigt wird, dass sich das Schiff an den vorgegebenen Kurs hält;

c)

Beförderung des Schiffs oder der an Bord befindlichen Personen im Einklang mit dem Einsatzplan bis zu dem Küstenmitgliedstaat.

(3)   Jede Maßnahme, die nach den Absätzen 1 oder 2 getroffen wird, muss verhältnismäßig sein und darf nicht über das zur Erreichung der Ziele dieses Artikels erforderliche Maß hinausgehen.

(4)   Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 erteilt der Einsatzmitgliedstaat den beteiligten Einsatzkräften über die internationale Leitstelle geeignete Anweisungen.

Die beteiligten Einsatzkräfte informieren den Einsatzmitgliedstaat über die internationale Leitstelle, wenn der Kapitän des Schiffs die Benachrichtigung eines diplomatischen Vertreters oder Konsularbeamten des Flaggenstaats verlangt.

(5)   Besteht der begründete Verdacht, dass ein staatenloses Schiff Personen befördert, die sich den Kontrollen an den Grenzübergangsstellen zu entziehen beabsichtigen, oder für die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg benutzt wird, so genehmigt der Einsatzmitgliedstaat oder der benachbarte beteiligte Mitgliedstaat, in dessen Küstenmeer das staatenlose Schiff abgefangen wird, einer oder mehrere der Maßnahmen nach Absatz 1 und kann eine oder mehrere der Maßnahmen nach Absatz 2 genehmigen. Der Einsatzmitgliedstaat erteilt den beteiligten Einsatzkräften über die internationale Leitstelle geeignete Anweisungen.

(6)   Jeder Einsatz im Küstenmeer eines am Seeeinsatz nicht beteiligten Mitgliedstaats wird im Einklang mit der Genehmigung durch diesen Mitgliedstaat durchgeführt. Der Einsatzmitgliedstaat erteilt den beteiligten Einsatzkräften über die internationale Leitstelle Anweisungen, die auf den von diesem Mitgliedstaat genehmigten weiteren Maßnahmen beruhen.

Artikel 7

Abfangen auf Hoher See

(1)   Auf Hoher See ergreifen die beteiligten Einsatzkräfte bei begründetem Verdacht, dass ein Schiff für die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg benutzt wird, vorbehaltlich der Genehmigung durch den Flaggenstaat gemäß dem Protokoll gegen die Schleusung von Migranten und, soweit von Belang, gemäß dem nationalen Recht und dem Völkerrecht eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:

a)

Ersuchen um Information und Vorlage von Dokumenten zum Nachweis der Eigentumsverhältnisse, der Registrierung und des Reiseverlaufs des Schiffs sowie der Identität, Staatsangehörigkeit und anderer einschlägiger Personalien der an Bord befindlichen Personen, unter anderem auch darüber, ob Personen dringend medizinische Hilfe benötigen;

b)

Anhalten und Betreten des Schiffs, Durchsuchen des Schiffs, seiner Ladung und der an Bord befindlichen Personen sowie Befragung der an Bord befindlichen Personen und Unterrichtung dieser Personen, dass Schiffsführer für das Ermöglichen der Fahrt mit Sanktionen belegt werden können.

(2)   Werden Beweise gefunden, die diesen Verdacht bestätigen, so können die beteiligten Einsatzkräfte vorbehaltlich der Genehmigung durch den Flaggenstaat gemäß dem Protokoll gegen die Schleusung von Migranten und, soweit von Belang, gemäß dem nationalen Recht oder dem Völkerrecht eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen ergreifen:

a)

Beschlagnahme des Schiffs und Ingewahrsamnahme der an Bord befindlichen Personen;

b)

Warnung und Anweisung an das Schiff, nicht in das Küstenmeer oder die Anschlusszone einzulaufen, und erforderlichenfalls Aufforderung an das Schiff, seinen Kurs in Richtung eines Bestimmungsorts außerhalb des Küstenmeers oder der Anschlusszone zu ändern;

c)

Beförderung des Schiffs oder der an Bord befindlichen Personen zu einem Drittstaat zu veranlassen oder andernfalls Überstellung des Schiffs oder der an Bord befindlichen Personen an die Behörden eines Drittstaats;

d)

Beförderung des Schiffs oder der an Bord befindlichen Personen bis zu dem Einsatzmitgliedstaat oder einem benachbarten beteiligten Mitgliedstaat.

(3)   Jede Maßnahme, die nach den Absätzen 1 oder 2 getroffen wird, muss verhältnismäßig sein und darf nicht über das zur Erreichung der Ziele dieses Artikels erforderliche Maß hinausgehen.

(4)   Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 erteilt der Einsatzmitgliedstaat den beteiligten Einsatzkräften über die internationale Leitstelle geeignete Anweisungen.

(5)   Führt das Schiff die Flagge des Einsatzmitgliedstaats oder eines beteiligten Mitgliedstaats oder zeigt es dessen Registrierungszeichen, so kann dieser Mitgliedstaat nach Bestätigung der Staatszugehörigkeit des Schiffs eine oder mehrere der in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen genehmigen. Der Einsatzmitgliedstaat erteilt sodann den beteiligten Einsatzkräften über die internationale Leitstelle geeignete Anweisungen.

(6)   Führt das Schiff die Flagge eines an dem Seeeinsatz nicht beteiligten Mitgliedstaats oder eines Drittstaats oder zeigt es dessen Registrierungszeichen, so benachrichtigt entweder der Einsatzmitgliedstaat oder der beteiligte Mitgliedstaat abhängig davon, wessen beteiligte Einsatzkräfte das Schiff abgefangen haben, den Flaggenstaat, fordert eine Bestätigung der Registrierung an und ersucht den Flaggenstaat bei Bestätigung der Staatszugehörigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um die Benutzung seines Schiffs für die Schleusung von Migranten zu unterbinden. Ist der Flaggenstaat nicht bereit oder nicht in der Lage, entweder unmittelbar oder mit Unterstützung des Mitgliedstaats, zu dem die beteiligten Einsatzkräfte gehören, entsprechend tätig zu werden, so ersucht dieser Mitgliedstaat den Flaggenstaat um die Genehmigung, die in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Der Einsatzmitgliedstaat oder der beteiligte Mitgliedstaat informieren die internationale Leitstelle über den gesamten Nachrichtenverkehr mit dem Flaggenstaat und über die vom Flaggenstaat genehmigten beabsichtigten Maßnahmen. Der Einsatzmitgliedstaat erteilt sodann den beteiligten Einsatzkräften über die internationale Leitstelle geeignete Anweisungen.

(7)   Besteht der begründete Verdacht, dass ein Schiff, obwohl es eine fremde Flagge führt oder sich weigert, seine Flagge zu zeigen, in Wirklichkeit die gleiche Staatszugehörigkeit besitzt wie die beteiligten Einsatzkräfte, so überprüfen diese das Recht des Schiffs, seine Flagge zu führen. Zu diesem Zweck können sie sich dem verdächtigen Schiff nähern. Bleibt der Verdacht bestehen, so nehmen sie eine weitere Untersuchung an Bord des Schiffs vor, die so zurückhaltend wie möglich durchzuführen ist.

(8)   Besteht der begründete Verdacht, dass ein Schiff, obwohl es eine fremde Flagge führt oder sich weigert, seine Flagge zu zeigen, in Wirklichkeit die Staatszugehörigkeit des Einsatzmitgliedstaats oder eines beteiligten Mitgliedstaats besitzt, so überprüfen die beteiligten Einsatzkräfte das Recht des Schiffs, seine Flagge zu führen.

(9)   Erweist sich in den Fällen der Absätze 7 oder 8 der Verdacht hinsichtlich der Staatszugehörigkeit des Schiffs als begründet, so kann dieser Einsatzmitgliedstaat beziehungsweise dieser beteiligte Mitgliedstaat eine oder mehrere der in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen genehmigen. Der Einsatzmitgliedstaat erteilt sodann den beteiligten Einsatzkräften über die internationale Leitstelle geeignete Anweisungen.

(10)   Solange der Flaggenstaat keine Genehmigung für weitere Maßnahmen erteilt hat, wird das Schiff aus sicherer Entfernung beobachtet. Ohne ausdrückliche Genehmigung durch den Flaggenstaat werden keine weiteren Maßnahmen getroffen, außer solchen, die erforderlich sind, um eine unmittelbare Gefahr für das Leben von Personen abzuwenden, oder solchen, die sich aus einschlägigen bilateralen oder multilateralen Übereinkünften ableiten.

(11)   Besteht der begründete Verdacht, dass ein staatenloses Schiff für die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg benutzt wird, so können die beteiligten Einsatzkräfte das Schiff betreten und durchsuchen, um seine Staatenlosigkeit zu überprüfen. Werden Beweise gefunden, die diesen Verdacht bestätigen, so informieren die beteiligten Einsatzkräfte den Einsatzmitgliedstaat; dieser kann unmittelbar oder mit Unterstützung des Mitgliedstaats, zu dem die beteiligten Einsatzkräfte gehören, weitere geeignete Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 im Einklang mit dem nationalen Recht und dem Völkerrecht ergreifen.

(12)   Ein Mitgliedstaat, dessen beteiligte Einsatzkräfte eine Maßnahme nach Absatz 1 ergriffen haben, informiert den Flaggenstaat unverzüglich über die Ergebnisse dieser Maßnahme.

(13)   Der den Einsatzmitgliedstaat beziehungsweise einen beteiligten Mitgliedstaat in der internationalen Leitstelle vertretende nationale Beamte ist dafür zuständig, die Kommunikation mit den einschlägigen Behörden dieses Mitgliedstaats zu ermöglichen, wenn es darum geht, die Genehmigung für die Überprüfung des Rechts eines Schiffs, die Flagge dieses Mitgliedstaats zu führen, oder für die Ergreifung der in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen zu erwirken.

(14)   Wenn sich der Verdacht, dass ein Schiff für die Schleusung von Migranten auf Hoher See benutzt wird, als unbegründet erweist oder die beteiligten Einsatzkräfte keine Handlungszuständigkeit besitzen, jedoch weiterhin ein begründeter Verdacht besteht, dass das Schiff Personen befördert, die die Grenze eines Mitgliedstaats zu erreichen und sich den Kontrollen an den Grenzübergangsstellen zu entziehen beabsichtigen, so wird das Schiff weiter beobachtet. Die internationale Leitstelle übermittelt die Informationen über dieses Schiff der nationalen Leitstelle des Mitgliedstaats, den es ansteuert.

Artikel 8

Abfangen in der Anschlusszone

(1)   In der Anschlusszone eines Mitgliedstaats, der ein Einsatzmitgliedstaat oder ein benachbarter beteiligter Mitgliedstaat ist, werden die in Artikel 6 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen im Einklang mit jenen Absätzen und mit Artikel 6 Absätze 3 und 4 ergriffen. Genehmigungen nach Artikel 6 Absätze 1 und 2 dürfen nur für Maßnahmen erteilt werden, die erforderlich sind, um Verstöße gegen die einschlägigen Rechtsvorschriften im Hoheitsgebiet oder Küstenmeer dieses Mitgliedstaats zu verhindern.

(2)   Die in Artikel 6 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen dürfen in der Anschlusszone eines nicht an dem Seeeinsatz beteiligten Mitgliedstaats nicht ohne dessen Genehmigung ergriffen werden. Die internationale Leitstelle wird über den gesamten Nachrichtenverkehr mit diesem Mitgliedstaat und über die von diesem Mitgliedstaat genehmigten weiteren Maßnahmen informiert. Wenn dieser Mitgliedstaat seine Genehmigung nicht erteilt und wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass das Schiff Personen befördert, die die Grenze eines Mitgliedstaats zu erreichen beabsichtigen, findet Artikel 7 Absatz 14 Anwendung.

(3)   Durchquert ein staatenloses Schiff die Anschlusszone, findet Artikel 7 Absatz 11 Anwendung.

Artikel 9

Such- und Rettungssituationen

(1)   Die Mitgliedstaaten kommen ihrer Pflicht nach, jedem Schiff und jeder Person in Seenot Hilfe zu leisten, und stellen während eines Seeeinsatzes sicher, dass ihre beteiligten Einsatzkräfte dieser Pflicht im Einklang mit dem Völkerrecht und unter Achtung der Grundrechte nachkommen. Dies gilt ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit oder den Status einer solchen Person oder die Umstände, unter denen die Person aufgefunden wird.

(2)   Zur Bewältigung von Such- und Rettungssituationen, die sich während eines Seeeinsatzes ergeben können, enthält der Einsatzplan im Einklang mit den einschlägigen völkerrechtlichen Vorschriften, einschließlich jener betreffend Suche und Rettung, zumindest die folgenden Bestimmungen:

a)

Wenn im Verlauf eines Seeeinsatzes die beteiligten Einsatzkräfte Grund zu der Annahme haben, dass in Bezug auf ein Schiff oder eine an Bord befindliche Person eine Ungewissheits-, Bereitschafts- oder Notsituation vorliegt, übermitteln sie der für den Such- und Rettungsbereich zuständigen Rettungsleitstelle unverzüglich alle verfügbaren Lageinformationen und stellen sich selbst dieser Rettungsleitstelle zur Verfügung.

b)

Die beteiligten Einsatzkräfte informieren die internationale Leitstelle so bald wie möglich über alle Kontakte zur Rettungsleitstelle und über die von ihnen ergriffenen Maßnahmen.

c)

Ein Schiff oder die an Bord befindlichen Personen gelten insbesondere dann als in einer Ungewissheitssituation befindlich,

i)

wenn eine Person als vermisst oder wenn ein Schiff als überfällig gemeldet wurde oder

ii)

wenn eine Person oder ein Schiff eine erwartete Positions- oder Sicherheitsmeldung nicht abgegeben hat.

d)

Ein Schiff oder die an Bord befindlichen Personen gelten insbesondere dann als in einer Bereitschaftssituation befindlich,

i)

wenn im Anschluss an eine Ungewissheitssituation Versuche zur Verbindungsaufnahme mit einer Person oder einem Schiff fehlgeschlagen sind und Nachforschungen bei anderen geeigneten Stellen erfolglos waren oder

ii)

wenn Informationen eingegangen sind, die darauf hinweisen, dass die Betriebstüchtigkeit eines Schiffs beeinträchtigt ist, jedoch nicht in dem Maße, dass eine Notlage wahrscheinlich ist.

e)

Ein Schiff oder die an Bord befindlichen Personen gelten insbesondere dann als in einer Notsituation befindlich,

i)

wenn gesicherte Informationen eingehen, dass sich eine Person oder ein Schiff in Gefahr befindet und sofortiger Hilfe bedarf, oder

ii)

wenn im Anschluss an eine Bereitschaftssituation weitere erfolglose Versuche zur Verbindungsaufnahme mit einer Person oder einem Schiff und umfangreichere erfolglose Nachforschungen auf die Wahrscheinlichkeit hindeuten, dass eine Notsituation vorliegt, oder

iii)

wenn Informationen eingehen, die darauf hinweisen, dass die Betriebstüchtigkeit eines Schiffs in einem Ausmaß beeinträchtigt ist, dass eine Notlage wahrscheinlich ist.

f)

Die beteiligten Einsatzkräfte berücksichtigen bei der Prüfung, ob sich das Schiff in einer Ungewissheits-, Bereitschafts- oder Notsituation befindet, alle einschlägigen Informationen und Beobachtungen und übermitteln sie an die zuständige Rettungsleitstelle; dazu gehören unter anderem Informationen darüber,

i)

ob ein Hilfeersuchen besteht, auch wenn ein solches Ersuchen nicht der einzige Faktor für die Feststellung sein darf, dass eine Notsituation vorliegt;

ii)

ob das Schiff seetüchtig ist und wie wahrscheinlich es ist, dass das Schiff seinen Zielort nicht erreichen wird;

iii)

ob die Anzahl der an Bord befindlichen Personen in einem angemessenen Verhältnis zur Art und zum Zustand des Schiffs steht;

iv)

ob die notwendigen Vorräte wie Treibstoff, Wasser und Nahrungsmittel für die Weiterfahrt bis zur Küste vorhanden sind;

v)

ob eine qualifizierte Besatzung und Schiffsführung vorhanden sind;

vi)

ob eine leistungsfähige Sicherheits-, Navigations- und Kommunikationsausrüstung vorhanden ist;

vii)

ob Personen an Bord sind, die dringend medizinische Hilfe benötigen;

viii)

ob Tote an Bord sind;

ix)

ob Schwangere oder Kinder an Bord sind;

x)

wie Wetterbedingungen und Seegang, einschließlich Wetter- und Seewettervorhersage, sind.

g)

Während die beteiligten Einsatzkräfte die Anweisungen der Rettungsleitstelle abwarten, treffen sie alle geeigneten Maßnahmen, um die Sicherheit der Betroffenen zu gewährleisten.

h)

Gilt ein Schiff als in einer Ungewissheits-, Bereitschafts- oder Notsituation befindlich, weigern die Personen an Bord sich aber, Hilfe anzunehmen, so informieren die beteiligten Einsatzkräfte die zuständige Rettungsleitstelle und befolgen deren Anweisungen. Die beteiligten Einsatzkräfte treffen im Rahmen der Sorgfaltspflicht weiterhin alle für den Schutz der betroffenen Personen erforderlichen Maßnahmen; dabei wird das Schiff beobachtet und werden alle Maßnahmen vermieden, die die Lage verschlechtern oder die Verletzungs- oder Lebensgefahr vergrößern könnten.

i)

Reagiert die für den Such- und Rettungsbereich zuständige Rettungsleitstelle eines Drittstaats nicht auf die von den beteiligten Einsatzkräften übermittelten Informationen, so nehmen Letztere Verbindung zur Rettungsleitstelle des Einsatzmitgliedstaats auf, es sei denn, dass nach Ansicht dieser beteiligten Einsatzkräfte eine andere international anerkannte Rettungsleitstelle besser in der Lage ist, die Koordinierung des Such- und Rettungseinsatzes zu übernehmen.

Der Einsatzplan kann an die Umstände des betreffenden Seeeinsatzes angepasste Einzelheiten enthalten.

(3)   Ist die Suche und Rettung abgeschlossen, so setzen die beteiligten Einsatzkräfte in Absprache mit der internationalen Leitstelle den Seeeinsatz fort.

Artikel 10

Ausschiffung

(1)   Der Einsatzplan enthält im Einklang mit dem Völkerrecht und unter Achtung der Grundrechte zumindest die folgenden Modalitäten für die Ausschiffung der bei einem Seeeinsatz abgefangenen oder geretteten Personen:

a)

bei einem Abfangen im Küstenmeer oder in der Anschlusszone nach Maßgabe von Artikel 6 Absätze 1, 2 oder 6 oder von Artikel 8 Absätze 1 oder 2 findet die Ausschiffung im Küstenmitgliedstaat statt, unbeschadet des Artikels 6 Absatz 2 Buchstabe b;

b)

bei einem Abfangen auf Hoher See nach Maßgabe des Artikels 7 kann die Ausschiffung in dem Drittstaat stattfinden, von dem aus das Schiff mutmaßlich ausgelaufen ist. Ist dies nicht möglich, so erfolgt die Ausschiffung im Einsatzmitgliedstaat;

c)

bei Such- und Rettungssituationen nach Maßgabe von Artikel 9 und unbeschadet der Verantwortlichkeit der Rettungsleitungsstelle arbeiten der Einsatzmitgliedstaat und die beteiligten Mitgliedstaaten mit der zuständigen Rettungsleitstelle zusammen, um einen sicheren Ort zu bestimmen, und stellen, wenn die zuständige Rettungsleitstelle einen solchen sicheren Ort benennt, sicher, dass die Ausschiffung der geretteten Personen rasch und effektiv erfolgt.

Ist es nicht möglich, dafür zu sorgen, dass die beteiligten Einsatzkräfte so schnell, wie es nach vernünftigem Ermessen unter Berücksichtigung der Sicherheit sowohl der Geretteten als auch der beteiligten Einsatzkräfte möglich ist, von ihrer Pflicht nach Artikel 9 Absatz 1 entbunden werden, so dürfen sie die geretteten Personen im Einsatzmitgliedstaat ausschiffen.

Diese Modalitäten der Ausschiffung bewirken nicht, dass den am Seeeinsatz nicht beteiligten Mitgliedstaaten Verpflichtungen auferlegt werden, es sei denn, sie haben gemäß Artikel 6 Absatz 6 oder Artikel 8 Absatz 2 Maßnahmen in ihrem Küstenmeer oder der Anschlusszone ausdrücklich genehmigt.

Der Einsatzplan kann an die Umstände des betreffenden Seeeinsatzes angepasste Einzelheiten enthalten.

(2)   Die beteiligten Einsatzkräfte informieren die internationale Leitstelle über die Präsenz von Personen im Sinne des Artikels 4; die internationale Leitstelle übermitteln diese Informationen an die zuständigen nationalen Behörden des Staates, in dem die Ausschiffung erfolgt.

Der Einsatzplan enthält die Kontaktdaten dieser zuständigen nationalen Behörden, die geeignete Folgemaßnahmen treffen.

Artikel 11

Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004

In Artikel 3a Absatz 1 und Artikel 8e Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 wird jeweils am Ende von Buchstabe j folgender Satz angefügt:

„Diesbezüglich wird der Einsatzplan im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 656/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (18) erstellt;

Artikel 12

Solidaritätsmechanismen

(1)   Ein Mitgliedstaat, der einem plötzlichen und außergewöhnlichen Druck an seinen Außengrenzen ausgesetzt ist, kann

a)

um den Einsatz von europäischen Grenzschutzteams gemäß Artikel 8a der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 ersuchen, damit rasche operative Unterstützung für diesen Mitgliedstaat bereitgestellt werden kann;

b)

die Agentur um technische und operative Unterstützung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 ersuchen, damit ihm Unterstützung bei der Koordinierung zwischen Mitgliedstaaten geleistet werden kann und/oder damit Experten zur Unterstützung der zuständigen nationalen Behörden abgestellt werden können;

c)

um Soforthilfe nach Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (19) ersuchen, damit in einer Notlage dringenden und spezifischen Erfordernissen entsprochen werden kann.

(2)   Ein Mitgliedstaat, der sich einem hohen Migrationsdruck gegenübersieht, wodurch seine Aufnahmeeinrichtungen und Asylsysteme stark beansprucht werden, kann

a)

das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen um Entsendung eines Asyl-Unterstützungsteams gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (20) ersuchen, damit Fachwissen, wie etwa über Dolmetschdienste, Informationen über Herkunftsländer und Kenntnisse über die Bearbeitung und Verwaltung von Asylvorgängen bereitgestellt werden können;

b)

um Soforthilfe nach Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (21) ersuchen, damit in einer Notlage dringenden und spezifischen Erfordernissen entsprochen werden kann.

Artikel 13

Bericht

(1)   Die Agentur übermittelt dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission bis zum 18. Juli 2015 und danach jedes Jahr einen Bericht über die praktische Anwendung dieser Verordnung.

(2)   Der Bericht umfasst eine Beschreibung der Verfahren, die von der Agentur zur Anwendung dieser Verordnung bei Seeeinsätzen eingerichtet wurden, sowie Informationen über die Anwendung dieser Verordnung in der Praxis, einschließlich ausführlicher Angaben über die Einhaltung der Grundrechte und die Auswirkungen auf diese Rechte, und über etwaige Vorfälle.

KAPITEL IV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 14

Wirksamkeit des Beschlusses 2010/252/EU

Der Beschluss 2010/252/EU wird mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung unwirksam.

Artikel 15

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Brüssel am 15. Mai 2014.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

D. KOURKOULAS


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 16. April 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 13. Mai 2014.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1052/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Errichtung eines Europäischen Grenzüberwachungssystems (Eurosur) (ABl. L 295 vom 6.11.2013, S. 11).

(4)  Beschluss 2010/252/EU des Rates vom 26. April 2010 zur Ergänzung des Schengener Grenzkodex hinsichtlich der Überwachung der Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union koordinierten operativen Zusammenarbeit (ABl. L 111 vom 4.5.2010, S. 20).

(5)  Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1).

(6)  Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).

(7)  Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1).

(8)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(9)  Beschluss 1999/437/EG des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen- Besitzstands (ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31).

(10)  OJ L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

(11)  Beschluss 2008/146/EG des Rates vom 28. Januar 2008 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1).

(12)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.

(13)  Beschluss 2011/350/EU des Rates vom 7. März 2011 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands in Bezug auf die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen und den freien Personenverkehr (ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19).

(14)  Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43).

(15)  Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20).

(16)  Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).

(17)  Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (ABl. L 350 vom 30.12.2008, S. 60).

(19)  Verordnung (EU) Nr. 515/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Schaffung eines Instruments für die finanzielle Unterstützung für Außengrenzen und Visa im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 574/2007/EG (ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 143).

(20)  Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (ABl. L 132 vom 29.5.2010, S. 11).

(21)  Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014. zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, zur Änderung der Entscheidung 2008/381/EG des Rates und zur Aufhebung der Entscheidungen Nr. 573/2007/EG und Nr. 575/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Entscheidung 2007/435/EG des Rates (ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 168).


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