13.3.2015 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 68/50 |
DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2015/424 DER KOMMISSION
vom 11. März 2015
über die Genehmigung der Freistellungsentscheidung nach Artikel 9 der Richtlinie 96/67/EG des Rates über bestimmte Bodenabfertigungsdienste auf dem internationalen Flughafen von Zagreb
(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 473)
(Nur der kroatische Text ist verbindlich)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 5,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1. DIE NOTIFIZIERTE FREISTELLUNGSENTSCHEIDUNG
(1) |
Mit Schreiben vom 13. August 2014, das bei der Kommission am 1. September 2014 einging, notifizierte Kroatien nach Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 96/67/EG (im Folgenden die „Richtlinie“) die Freistellungsentscheidung der Regierung der Republik Kroatien in Bezug auf den internationalen Flughafen von Zagreb, die auf der Grundlage des Artikels 9 Absatz 1 Buchstaben b und d der Richtlinie erlassen wurde. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 übermittelte Kroatien ergänzende Informationen zur Notifizierung, die bei der Kommission am 17. Dezember 2014 eingingen. |
(2) |
Die notifizierte Entscheidung sieht zwei Freistellungen vor. Erstens werden die folgenden unter den Nummern 3, 4 und 5 des Anhangs der Richtlinie aufgeführten Kategorien von Bodenabfertigungsdiensten mit Ausnahme der Nummer 5.1 einem einzigen Dienstleister vorbehalten: Gepäckabfertigung, Fracht- und Postabfertigung, soweit dies die konkrete Beförderung von Fracht und Post zwischen Abfertigungsgebäude und Flugzeug bei der Ankunft, beim Abflug oder beim Transit betrifft, und Vorfelddienste mit Ausnahme des Lotsens des Flugzeugs am Boden. Zweitens verbietet sie die Selbstabfertigung für diese drei Kategorien von Bodenabfertigungsdiensten außer für das Lotsen des Flugzeugs am Boden. Beide Freistellungen gelten für einen Zeitraum von zwei Jahren, und zwar vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2016. |
2. DIE DERZEITIGE SITUATION AUF DEM INTERNATIONALEN FLUGHAFEN VON ZAGREB
(3) |
Der internationale Flughafen von Zagreb wird vom Zagreb International Airport Jsc. betrieben. Auf dem Flughafen wurden 2013 2,3 Mio. Fluggäste abgefertigt. |
(4) |
Der internationale Flughafen von Zagreb verfügt derzeit über ein Fluggastabfertigungsgebäude; ein weiteres Fluggastabfertigungsgebäude mit der dazugehörigen Infrastruktur (Vorfeld, Zufahrtswege und Parkplätze) wird derzeit gebaut. Das neue Abfertigungsgebäude wird bis spätestens Ende 2016 fertiggestellt und betriebsbereit sein. Es wird über eine Kapazität von 5 Mio. Fluggästen verfügen. Das bestehende Abfertigungsgebäude wird außer für die allgemeine Luftfahrt und diverse sonstige Tätigkeiten (Bürovermietung usw.) geschlossen. |
(5) |
Kroatien zufolge ist das derzeitige Abfertigungsgebäude — sowohl hinsichtlich der Infrastruktur als auch der betrieblichen Aspekte — nicht hinreichend für eine wirtschaftliche und effiziente Einführung zusätzlicher Bodenabfertigungsdienste während des Baus des neuen Abfertigungsgebäudes ausgelegt. Sobald der Bau des neuen Fluggastabfertigungsgebäudes und Vorfelds abgeschlossen sei und der Betrieb aufgenommen werde, würden die Platz- und Kapazitätsprobleme im Zusammenhang mit der bestehenden Infrastruktur behoben sein. |
(6) |
Nach Angaben Kroatiens herrscht für Anbieter von Gepäckabfertigungs- Vorfeld- sowie Fracht- und Postabfertigungsdiensten derzeit ein offener Marktzugang. Allerdings habe bisher kein Drittanbieter von Bodenabfertigungsdiensten eine Zulassung und Lizenz für die Erbringung solcher Dienste auf dem internationalen Flughafen von Zagreb beantragt. Diese Dienste würden gegenwärtig vom Zagreb International Airport Jsc. über eine hundertprozentige Tochter erbracht. |
(7) |
Am internationalen Flughafen von Zagreb gilt ferner die freie Ausübung der Selbstabfertigung. Allerdings bedient sich derzeit nur ein Luftfahrtunternehmen in einer Unterkategorie der Vorfelddienste (Ein- und Ausladen von Bordvorräten) der Selbstabfertigung. Kein anderes Luftfahrtunternehmen hat bisher Interesse an der Selbstabfertigung bekundet. |
(8) |
Der internationale Flughafen von Zagreb verfügt über eine Gepäcksortieranlage für vor Ort aufgegebenes Gepäck und Transfergepäck. Die Fläche der Gepäcksortieranlage beträgt 515 m2. Die Gepäcksortierbereich befindet sich im Untergeschoss des zentralen Teils des Abfertigungsgebäudes. |
(9) |
Der internationale Flughafen von Zagreb verfügt über eine Frachtabfertigungshalle mit einer Gesamtfläche von 2 160 m2; die gesamte Frachtabfertigung erfolgt in dieser Lagerhalle. Wegen beträchtlichen Platzmangels wird sie durchgehend manuell und unter Einsatz von Handwerkzeugen und Gabelstaplern durchgeführt. Am Zolllager auf der Landseite befindet sich eine betriebsbereite Frachtumschlagsplattform mit einer einzigen Ein-/Ausladerampe. |
(10) |
In der Frachtabfertigungshalle des internationalen Flughafens von Zagreb werden jährlich zwischen 8 000 und 8 500 Tonnen Fracht und Post abgefertigt, davon zwischen 1 000 und 1 500 Tonnen Post pro Jahr. |
(11) |
Der internationale Flughafen von Zagreb verfügt über ein Vorfeld für die gewerbliche Luftfahrt mit einer Gesamtfläche von 140 000 m2 und 22 Parkpositionen sowie über ein Vorfeld für die allgemeine Luftfahrt mit einer Gesamtfläche von 28 000 m2 und einer Kapazität für 20 Flugzeuge. |
3. KONSULTATION DER BETEILIGTEN
(12) |
Nach Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie veröffentlichte die Kommission eine Zusammenfassung der von Kroatien notifizierten Freistellungsentscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union und ersuchte die Beteiligten um Äußerung. |
(13) |
Die Kommission erhielt eine Stellungnahme von Bodenabfertigungsdienstleistern, die anfragten, ob während der Dauer der Freistellung ein Vergabeverfahren durchgeführt würde, so dass der ausgewählte Bodenabfertigungsdienstleister den Betrieb nach Ablauf der Freistellungsfrist aufnehmen könne. Es gingen keine weiteren Stellungnahmen von Beteiligten ein. |
4. BEURTEILUNG DER FREISTELLUNGSENTSCHEIDUNG NACH DER RICHTLINIE
(14) |
Kroatien stützte seine Freistellungsentscheidung auf Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b und d der Richtlinie, wonach aus besonderen Platz- oder Kapazitätsgründen ein oder mehrere der in Artikel 6 Absatz 2 aufgeführten Dienste einem einzigen Dienstleister vorbehalten und die Selbstabfertigung bei den in Artikel 7 Absatz 2 aufgeführten Diensten untersagt werden können. |
(15) |
Nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie hat Kroatien angegeben, dass die beiden Freistellungen für die folgenden unter den Nummern 3, 4 und 5 des Anhangs der Richtlinie genannten Kategorien (mit Ausnahme der Nummer 5.1) gelten: Gepäckabfertigung, Fracht- und Postabfertigung und Vorfelddienste mit Ausnahme des Lotsens des Flugzeugs am Boden. |
(16) |
Hinsichtlich der Gepäckabfertigung vertritt die Kommission die Auffassung, dass Kroatien anhand der übermittelten Informationen nachgewiesen hat, dass es nicht möglich ist, zusätzlich zur Bodenabfertigungsabteilung des Flughafens oder zu etwaigen Selbstabfertigern einen zweiten Drittabfertiger unterzubringen. |
(17) |
Die Betriebsfläche ist begrenzt und eng und das Manövrieren der Gepäckwagen schwierig. Insbesondere die Gepäcksortierung ist in Spitzenzeiten, wenn beide Abfertigungsbereiche geöffnet sind, besonders problematisch. Für einen effektiven Betrieb gibt es deshalb lediglich Platz für einen, nicht aber mehrere Abfertiger. |
(18) |
Am derzeitigen Standort ist es somit nicht möglich, dieses Platzproblem zu lösen, da die Lage der Gepäcksortieranlage einer Ausweitung der Anlage auf andere Bereiche entgegensteht. Die Nutzung eines Untergeschosses wäre wegen des Grundwasserspiegels und der damit zusammenhängenden Überschwemmungsgefahr keine praktikable Lösung. Ein Ausbau der Gepäcksortieranlage an einem externen Standort würde ebenfalls erhebliche Umbauarbeiten erfordern, die die jetzigen Arbeitsabläufe stark beeinträchtigen und hohe Kosten verursachen würden; zudem ist es fraglich, ob eine solche Anlage effizient wäre. |
(19) |
Hinsichtlich der Fracht- und Postabfertigung vertritt die Kommission die Auffassung, dass Kroatien anhand der übermittelten Informationen nachgewiesen hat, dass es nicht möglich ist, zusätzlich zur Bodenabfertigungsabteilung des Flughafens oder zu etwaigen Selbstabfertigern einen zweiten Drittabfertiger unterzubringen. |
(20) |
Die Größe der Frachtabfertigungshalle ist begrenzt. Die Frachtumschlagsplattform verfügt nur über eine einzige Ein-/Ausladerampe, was die Nutzungsmöglichkeiten der Plattform deutlich reduziert, wenn mehrere Schlepper bis zum nächsten Be- oder Entladevorgang innerhalb des umbauten Raums abgestellt werden. Daher gibt es keinen Platz zur Unterbringung eines zusätzlichen Abfertigers. |
(21) |
Die Kommission stellt in diesem Zusammenhang ferner fest, dass die Fracht- und Postabfertigung sich auf rund 8 000 bzw. 8 500 Tonnen jährlich beläuft und damit deutlich unter dem in der Richtlinie für Fracht festgelegten Schwellenwert von 50 000 Tonnen liegt, ab dem die Bodenabfertigung durch Dritte sowie die Selbstabfertigung gestattet werden müssen. |
(22) |
Hinsichtlich der Vorfelddienste mit Ausnahme des Lotsens des Flugzeugs bei der Ankunft und beim Abflug vertritt die Kommission die Auffassung, dass Kroatien anhand der übermittelten Informationen nachgewiesen hat, dass es nicht möglich ist, zusätzlich zu dem mit der Bodenabfertigung betrauten Tochterunternehmen des Flughafens oder zu etwaigen Selbstabfertigern einen zweiten Drittabfertiger unterzubringen. |
(23) |
Der Flugplan des internationalen Flughafens von Zagreb zeichnet sich durch drei kurze Spitzenzeiten am Vormittag, am Nachmittag und am Abend aus. Während dieser Spitzenzeiten müssen innerhalb relativ kurzer Zeiträume zahlreiche unterschiedliche Anlagenteile in Betrieb genommen werden, um allen Anforderungen einer raschen Flugzeugabfertigung gerecht zu werden. |
(24) |
Abstellplätze für so umfangreiche Gerätschaften zu finden, ist problematisch. Angesichts der von Gebäuden belegten Fläche und anderer Entwicklungen gibt es in der Nähe der Flugzeugabstellposition keinen Platz für zusätzliche neue Gerätschaften. Die für die vorhandene Ausrüstung erforderliche Abstellfläche stellt für die Flughafenverwaltung bereits ein Problem dar. Ein noch größeres Problem ergibt sich im Winter, wenn auch die Schneeräum- und Entsorgungsfahrzeuge den begrenzten Parkraum nutzen. Aufgrund dieses Mangels an Abstellfläche kann kein zweiter Abfertiger untergebracht werden. |
(25) |
Die obengenannten Beschränkungen aufgrund des Parkflächenmangels gelten allerdings nicht für das Lotsen des Flugzeugs am Boden, weil für diese Dienste keine sperrige Ausrüstung benötigt wird. Diese Dienste fallen nicht unter die von Kroatien notifizierte Freistellungsentscheidung; es gibt somit keine Beschränkungen der Zahl der Dienstleister für das Lotsen des Flugzeugs am internationalen Flughafen von Zagreb. |
(26) |
Aus den der Kommission vorliegenden Informationen geht des Weiteren hervor, dass der Bau eines neuen Abfertigungsgebäudes am internationalen Flughafen von Zagreb im Dezember 2013 begonnen wurde. Die erste Phase des Baus eines neuen Abfertigungsgebäudes soll 2016 abgeschlossen und das Abfertigungsgebäude voraussichtlich bis Ende 2016 betriebsbereit sein. Das neue Abfertigungsgebäude wird über eine Kapazität von jährlich 5 Mio. Fluggästen sowie über ein neues und vollständig integriertes Gepäckabfertigungssystem, ein neues Vorfeld und neue Rollbahnen und Betriebsstraßen verfügen. Kroatien erläuterte, dass die derzeitigen räumlichen und kapazitätsbezogenen Beschränkungen mit dem Bau und Betrieb des neuen Abfertigungsgebäudes beseitigt würden. Der Bau und Betrieb des neuen Abfertigungsgebäudes kann somit im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 Buchstabe b als geeignete Maßnahme zur Beseitigung der Schwierigkeiten angesehen werden. |
(27) |
Die in der von Kroatien notifizierten Freistellungsentscheidung festgelegten Freistellungen sind zeitlich — auf zwei Jahre — befristet. Die Anforderungen des Artikels 9 Absatz 6 der Richtlinie werden somit eingehalten. |
(28) |
Angesichts der obigen Erwägungen und insbesondere der derzeitigen Situation auf dem internationalen Flughafen von Zagreb, der sachlichen und zeitlichen Begrenzung der Freistellung sowie der Maßnahmen zur Behebung der derzeitigen Schwierigkeiten ist die Kommission der Auffassung, dass die Freistellungen im Einklang mit Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie die Ziele der Richtlinie nicht in unangemessener Weise beeinträchtigen, nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen Dienstleistern oder Selbstabfertigern führen und nicht über das erforderliche Maß hinausgehen. |
(29) |
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Beschränkungen im Rahmen der Freistellungen in nichtdiskriminierender Weise für alle (potenziellen) Bodenabfertigungsdienstleister außer für die Bodenabfertigungsabteilung des Flughafens sowie für alle Selbstabfertiger gelten, dass kein Bodenabfertigungsdienstleister oder Flughafennutzer eine Zulassung für die Bodenabfertigung auf dem internationalen Flughafen von Zagreb beantragt hat, obwohl es derzeit weder Zugangsbeschränkungen für Dritte noch Beschränkungen des Rechts auf Selbstabfertigung gibt, und dass kein Beteiligter Einwände gegen die Freistellungsentscheidung erhoben hat. Bezüglich der Anfrage zu einem möglichen Vergabeverfahren erinnert die Kommission daran, dass Kroatien verpflichtet ist, rechtzeitig alle einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts, insbesondere Artikel 11 der Richtlinie, zu befolgen. |
(30) |
Dieser Beschluss berührt nicht Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, nach dem die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. |
5. SCHLUSSFOLGERUNG
(31) |
Angesichts des Ergebnisses der von der Kommission durchgeführten Prüfung und nach Konsultation der Republik Kroatien sollte die von diesem Mitgliedstaat nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b und d der Richtlinie erlassene und der Kommission am 1. September 2014 und 17. Dezember 2014 notifizierte Freistellungsentscheidung zum internationalen Flughafen von Zagreb genehmigt werden. |
(32) |
Dieser Beschluss steht im Einklang mit der Stellungnahme des in Artikel 10 der Richtlinie genannten Beratenden Ausschusses — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Die von der Republik Kroatien nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b und d der Richtlinie 96/67/EG erlassene und der Kommission am 1. September 2014 und 17. Dezember 2014 notifizierte Freistellungsentscheidung zum internationalen Flughafen von Zagreb wird genehmigt.
Artikel 2
Dieser Beschluss ist an die Republik Kroatien gerichtet.
Brüssel, den 11. März 2015
Für die Kommission
Violeta BULC
Mitglied der Kommission
(1) ABl. L 272 vom 25.10.1996, S. 36.