18.8.2015 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 217/7 |
DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2015/1401 DES RATES
vom 14. Juli 2015
zur Ermächtigung Italiens, eine von den Artikeln 206 und 226 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Regelung einzuführen
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (1), insbesondere auf Artikel 395 Absatz 1,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Mit einem am 24. November 2014 bei der Kommission registrierten Schreiben beantragte Italien die Ermächtigung, eine von den Artikeln 206 und 226 der Richtlinie 2006/112/EG abweichende Sonderregelung in Bezug auf die Entrichtung der Mehrwertsteuer sowie die Rechnungsstellung einzuführen. |
(2) |
Die Kommission unterrichtete die anderen Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 16. März 2015 über den Antrag Italiens. Mit Schreiben vom 17. März 2015 teilte die Kommission Italien mit, über alle zur Beurteilung des Antrags erforderlichen Informationen zu verfügen. |
(3) |
Italien hat im Zusammenhang mit der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen an Behörden eine beträchtliche Zahl an Steuerhinterziehungsfällen festgestellt. Die Mehrwertsteuer auf diese Lieferungen und Dienstleistungen wird von den Behörden an den Lieferer oder Dienstleistungserbringer gezahlt, der in der Regel gegenüber der Steuerverwaltung der Mehrwertsteuerschuldner ist. Italien hat jedoch darauf hingewiesen, dass eine erhebliche Zahl von Unternehmen Steuern hinterzieht, indem die Mehrwertsteuer nicht an die Steuerbehörden abgeführt wird. |
(4) |
Italien hat die Ausnahmeregelung beantragt, damit die Mehrwertsteuer auf die Lieferung von Gegenständen und auf Dienstleistungen an Behörden nicht länger an den Lieferer oder Dienstleistungserbringer zu zahlen ist, sondern stattdessen auf ein separates, gesperrtes Bankkonto gezahlt wird. Die Ausnahmeregelung dürfte diese Form der Steuerhinterziehung unterbinden, ohne sich auf den Betrag der fälligen Mehrwertsteuer auszuwirken. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, für die betreffenden Lieferungen und Dienstleistungen eine von Artikel 206 der Richtlinie 2006/112/EG abweichende Regelung einzuführen. Des Weiteren ist es erforderlich, eine von Artikel 226 der Richtlinie 2006/112/EG abweichende Regelung einzuführen, um auf der Rechnung zusätzlich vermerken zu können, dass die Mehrwertsteuer auf das gesonderte Bankkonto zu zahlen ist. |
(5) |
Infolge dieser Regelung müssten Steuerpflichtige, die Behörden Gegenstände liefern oder Dienstleistungen erbringen, womöglich häufiger die Rückerstattung dieser Mehrwertsteuer bei den Steuerbehörden beantragen. Italien hat mitgeteilt, die erforderlichen legislativen und administrativen Schritte zur Beschleunigung des Erstattungsverfahrens ergriffen zu haben, um zu gewährleisten, dass das Vorsteuerabzugsrecht der betreffenden Steuerpflichtigen in vollem Umfang gewahrt bleibt. Italien sollte daher aufgefordert werden, der Kommission innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten der Ausnahmeregelung einen Bericht über die Gesamtsituation bei der Mehrwertsteuererstattung an Steuerpflichtige und insbesondere über die durchschnittliche Verfahrensdauer vorzulegen. Italien verpflichtete 2014 die Behörden zur elektronischen Rechnungsstellung für Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen. Dies sollte in Zukunft eine ordnungsgemäße Kontrolle des betreffenden Sektors ermöglichen, sobald auf der Grundlage der elektronisch verfügbaren Daten eine geeignete Kontrollregelung eingeführt und angewandt wird. Sobald dieses System vollständig umgesetzt ist, sollte es nicht mehr nötig sein, von der Richtlinie 2006/112/EG abzuweichen. Daher hat Italien zugesichert, keine Verlängerung der Genehmigung der Ausnahmeregelung zu beantragen. |
(6) |
Die Ausnahmeregelung steht daher in einem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen, da sie befristet ist und auf einen Sektor beschränkt ist, in dem die Steuerhinterziehung erhebliche Probleme verursacht. Darüber hinaus birgt die Ausnahmeregelung nicht die Gefahr, dass die Steuerhinterziehung in andere Sektoren oder Mitgliedstaaten verlagert wird. |
(7) |
Um sicherzustellen, dass die mit der Regelung verfolgten Ziele erreicht werden und ihre Anwendung keine Rechtsunsicherheit im Hinblick auf den Steuerzeitraum schafft, sollte dieser Beschluss ab dem 1. Januar 2015 gelten. |
(8) |
Die Ausnahmeregelung wird keine negativen Auswirkungen auf den Gesamtbetrag der auf der Stufe des Endverbrauchs erhobenen Steuer und keine Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer-Eigenmittel der Union haben — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Abweichend von Artikel 206 der Richtlinie 2006/112/EG wird Italien ermächtigt vorzusehen, dass die auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen an Behörden fällige Mehrwertsteuer vom Empfänger auf ein separates, gesperrtes Bankkonto der Steuerbehörde einzuzahlen ist.
Artikel 2
Abweichend von Artikel 226 der Richtlinie 2006/112/EG wird Italien ermächtigt zu verlangen, dass Rechnungen in Bezug auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen an Behörden einen speziellen Vermerk enthalten, der besagt, dass die Mehrwertsteuer auf dieses gesonderte, gesperrte Bankkonto der Steuerverwaltung einzuzahlen ist.
Artikel 3
Italien teilt der Kommission die in den Artikeln 1 und 2 genannten einzelstaatlichen Regelungen mit.
Innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten der in den Artikeln 1 und 2 genannten Regelungen in Italien übermittelt Italien der Kommission einen Bericht über die Gesamtsituation bei der Erstattung der Mehrwertsteuer an von diesen Regelungen betroffene Steuerpflichtige und insbesondere über die durchschnittliche Dauer des Erstattungsverfahrens.
Artikel 4
Dieser Beschluss gilt vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2017.
Artikel 5
Dieser Beschluss ist an die Italienische Republik gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.
Im Namen des Rates
Der Präsident
P. GRAMEGNA
(1) ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.