11.4.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 88/20


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur transnationalen Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu Bildungs- und Ausbildungszwecken: Europäische Qualitätscharta für Mobilität“

(KOM(2005) 450 endg. — 2005/0179 (COD))

(2006/C 88/06)

Der Rat beschloss am 10. Oktober 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 24. Januar 2006 an. Berichterstatter war Herr CZAJKOWSKI.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 424. Plenartagung am 14./15. Februar 2006 (Sitzung vom 14. Februar) mit 144 Ja-Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Auffassung, dass folgenden Punkten besonderes Augenmerk geschenkt werden sollte:

der Information über die Programme durch die Mitgliedstaaten, und zwar sowohl auf nationaler als auch lokaler Ebene;

der Information über die Chancengleichheit für Bewerber;

der Information der Programmteilnehmer über Versicherungen, internationale Abkommen sowie den Umfang der Versicherungsleistungen im Aufnahmeland;

einem klaren, transparenten und genau festgelegten Verfahren für die Auswahl von Programmteilnehmern;

einem von den Teilnehmern auszufüllenden Fragebogen, damit nach Programmabschluss ein klares Bild sowie eine Beurteilung durch die Teilnehmer vorliegt. Anhand der Ergebnisse ließen sich die Qualität der Programme sowie die Reaktionsschnelligkeit der Kommission und der für die Programme verantwortlichen nationalen Einrichtungen weiter verbessern;

einem besonderen Schwerpunkt auf der Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse der Programmteilnehmer, damit diese dem vorgeschlagenen Lernplan voll und ganz folgen können;

der Rolle der Mentoren, die den Programmteilnehmern im Ausland helfen und sie betreuen, damit sie sich leichter an die neue Umgebung gewöhnen und besser anpassen können;

der genauen Festlegung des jeweiligen Verantwortungsbereichs der einzelnen an der Durchführung der Programme beteiligten Akteure, um Meinungsverschiedenheiten bzw. Missverständnissen zwischen den entsendenden und aufnehmenden Organisationen usw. vorzubeugen;

der weiteren Koordinierung der Mobilitätspolitik auf europäischer Ebene (und nicht auf Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten), damit die Vorhaben der Kommission verwirklicht werden können und ein Beitrag zur wirksamen Umsetzung der im Rahmen der Lissabon-Strategie formulierten Ziele geleistet werden kann.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1

Der EWSA begrüßt den von der Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu Bildungs- und Ausbildungszwecken: Europäische Qualitätscharta für Mobilität (1). Die vorgeschlagene Aufhebung sämtlicher Beschränkungen der Mobilität von Unionsbürgerinnen und -bürgern innerhalb der EU-Mitgliedstaaten trägt in Übereinstimmung mit den Zielen von Lissabon zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Union bei.

2.2

Der Ausschuss begrüßt, dass die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission eine Beseitigung der Mobilitätsschranken im Bildungs- und Ausbildungsbereich anstreben (2).

2.3

Mobilität zu Ausbildungszwecken gibt es in der EU bereits seit einigen Jahrzehnten; dank der verschiedenen Mobilitätsprogramme konnten zahlreiche Teilnehmer neue Erfahrungen sammeln sowie sprachliche und kulturelle Grenzen in Europa überwinden.

2.4

Der Ausschuss stellt fest, dass sich dank der den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Bildungs- und Austauschprogramme der Kommission die Zahl der Unionsbürger, die sich zu Bildungszwecken ins Ausland begeben, seit 2000 verdreifacht hat.

2.5

Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass diese Programme auch die Möglichkeit bieten, eine von Toleranz geprägte Gesellschaft in Europa aufzubauen, die offen ist für Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung usw.

2.6

Der Ausschuss befürwortet nachdrücklich die 2004 von der Kommission vorgeschlagenen neuen Bildungsprogramme. Das große Interesse an diesen Programmen ist ein Hinweis darauf, dass die Ziele der Lissabon-Strategie von den jungen Europäerinnen und Europäern mittelbar bereits umgesetzt werden.

3.   Besondere Bemerkungen

3.1

Nach Ansicht des Ausschusses sollte es Aufgabe der Mitgliedstaaten sein, sowohl auf einzelstaatlicher als auch lokaler Ebene für die Koordinierung der einzelnen Programme zu sorgen.

3.2

Die mit der Koordinierung der Mobilitätsprogramme betrauten Institutionen, Organisationen, Hochschulen, Schulen und Personen sollten alles daran setzen, um die Transparenz der Auswahlverfahren für die Teilnahme an diesen Programmen zu gewährleisten. In der Praxis wird die Teilnahme an einem internationalen Austauschprogramm von den für die Auswahl der Teilnehmer Verantwortlichen oftmals als Belohnung für das Erreichen bestimmter Ziele betrachtet.

3.3

Der Ausschuss empfiehlt darüber hinaus die Durchführung breit angelegter Informationskampagnen, um die größtmögliche Zahl potenzieller Programmteilnehmer zu erreichen. Es ist überaus wichtig, so viele junge Europäerinnen und Europäer wie irgend möglich über die Ziele der Programme und die Möglichkeiten, die ihnen in diesem Zusammenhang offen stehen, zu informieren.

3.4

Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass sich die Teilnehmer die im Rahmen der Programme erworbenen Erfahrungen und Qualifikationen anrechnen lassen können.

3.5

Ferner sieht der Ausschuss auch die Förderung der Mobilität zu Zwecken der Berufsausbildung und von Programmen für Freiwillige überaus positiv. Diese Programme sind zweifellos sehr sinnvoll für die Entwicklung der beruflichen Karriere der Teilnehmer sowie deren Fähigkeit, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten.

3.6

Ein Teil der Mitgliedstaaten, in denen die Umsetzung der einzelnen Phasen des Bologna-Prozesses in Kürze abgeschlossen sein wird, setzt die Empfehlungen der „Europäischen Qualitätscharta für Mobilität“ zu Bildungs- und Ausbildungszwecken bereits jetzt um. Die im Rahmen der Charta formulierten Ziele und die darin vorgeschlagenen Aktionen sind positiv zu bewerten und sollen eine bessere Nutzung der von der Kommission aufgelegten Programme ermöglichen.

3.7

Der Ausschuss weist darauf hin, dass der Vorschlag der Kommission ausschließlich jene Elemente beinhaltet, von deren Umsetzung positive Auswirkungen auf europäischer Ebene zu erwarten sind.

3.8

Begrüßenswert an dem hier erörterten Kommissionsvorschlag ist, dass er keinerlei zusätzlichen finanziellen Aufwand im Bereich der Koordinierungstätigkeit verursacht, so dass die Empfehlungen problemlos umgesetzt werden können.

3.9

Der Ausschuss sorgt sich, dass der Grundsatz der Freiwilligkeit im Hinblick auf die Annahme der „Europäischen Qualitätscharta für Mobilität“ die Gefahr eines Tauziehens zwischen den Mitgliedstaaten um darin enthaltene Bestimmungen birgt, wodurch die wirksame Umsetzung der Grundsätze der Charta beeinträchtigt werden und es zu Verzögerungen auf einzelstaatlicher Ebene kommen könnte.

3.10

Der Ausschuss weist ferner darauf hin, dass es seitens der zivilgesellschaftlichen Organisationen Hinweise darauf gibt, dass entsendende und aufnehmende Organisationen nicht richtig auf die Durchführung der Programme vorbereitet sind, was den unliebsamen Effekt haben kann, dass die Programme nach Abschluss von den Teilnehmern schlechter bewertet werden.

3.11

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Kommission ein Datum für das Inkrafttreten der Charta festlegen sollte, um die Mitgliedstaaten zu raschem Handeln anzuhalten.

Brüssel, den 14. Februar 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  KOM(2005) 450 endg. vom 23.9.2005.

(2)  Bericht des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments über „Bildung als Eckstein des Lissabon-Prozesses“ (2004/2272 (INI)); Berichterstatter: Guy Bono, 19.7.2005.

Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 14. Dezember 2000 zur Festlegung eines Aktionsplans zur Förderung der Mobilität; Europäischer Rat von Nizza, 7.-9. Dezember 2000.


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