11.8.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 188/6


Mitteilung der Kommission — Kriterien für die Bewertung der Vereinbarkeit einzeln anzumeldender staatlicher Beihilfen für die Beschäftigung von benachteiligten und behinderten Arbeitnehmern mit dem gemeinsamen Markt

2009/C 188/02

1.   EINLEITUNG

1.

Die Förderung der Beschäftigung und des sozialen Zusammenhalts ist ein zentrales Ziel der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten. In einigen Gebieten der Gemeinschaft ist — insbesondere strukturell bedingte — Arbeitslosigkeit nach wie vor ein ernstes Problem, und für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gestaltet sich der Einstieg in den Arbeitsmarkt weiterhin schwierig. Durch staatliche Beihilfen in Form von Zuschüssen für Lohnkosten, d.h. für alle Kosten, die der Beihilfeempfänger für den fraglichen Arbeitsplatz tatsächlich tragen muss, nämlich a) Bruttolohn (Lohn vor Steuern) b) Pflichtbeiträge wie Sozialversicherungsbeiträge und c) Kosten für die Betreuung von Kindern und die Pflege von Eltern („Lohnkostenzuschüsse“), können für Unternehmen zusätzliche Anreize geschaffen werden, mehr benachteiligte und behinderte Arbeitnehmer zu beschäftigen. Diese Beihilfen zielen somit darauf ab, die Einstellung von Arbeitnehmern dieser Zielgruppen zu fördern.

2.

Diese Mitteilung erläutert die durch die Kommission anzuwendenden Kriterien bei der beihilferechtlichen Würdigung von staatlichen Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen, die gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h und i der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) (1) einzeln angemeldet werden müssen. Diese Erläuterungen sollen die Erwägungen der Kommission transparent machen und für Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit sorgen.

3.

Diese Erläuterungen gelten für Beihilfemaßnahmen in Form von Lohnkostenzuschüssen für die Einstellung benachteiligter, stark benachteiligter oder behinderter Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 2 Nummern 18, 19 und 20 der Verordnung (EG) Nr. 800/2008. Alle Einzelbeihilfen mit einem Subventionsäquivalent von mehr als 5 Mio. EUR pro Unternehmen und Jahr im Falle der Beschäftigung benachteiligter und stark benachteiligter Arbeitnehmer (nachstehend „benachteiligte Arbeitnehmer“) bzw. mit einem Subventionsäquivalent von mehr als 10 Mio. EUR pro Unternehmen und Jahr im Falle der Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer werden anhand der hier aufgeführten Erläuterungen beihilferechtlich gewürdigt, und zwar unabhängig davon, ob die Beihilfe ad hoc oder im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt wird (2).

4.

Allerdings werden die in diesen Erläuterungen festgelegten Kriterien nicht schablonenhaft angewendet. Je höher das Risiko einer Wettbewerbsverzerrung, desto detaillierter werden die vorzunehmende Würdigung und die der Kommission zu übermittelnden Angaben sein. Der Umfang der Untersuchung wird von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen.

2.   POSITIVE AUSWIRKUNGEN DER BEIHILFE

2.1.   Ziel vom gemeinsamen Interesse

5.

Für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern ist es besonders schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden, da die Arbeitgeber sie als weniger leistungsfähig ansehen oder Vorurteile ihnen gegenüber haben. Grund für diese — unterstellte oder tatsächliche — geringere Leistungsfähigkeit ist entweder die fehlende aktuelle Berufserfahrung (beispielsweise im Falle von jungen Arbeitnehmern oder Langzeitarbeitslosen) oder eine dauerhafte Behinderung. Wegen ihrer — unterstellten oder tatsächlichen — geringeren Leistungsfähigkeit, dürften die betreffenden Arbeitnehmer kaum auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können, ohne dass den Arbeitgebern ein Ausgleich für deren Beschäftigung gewährt wird.

6.

Aus sozialer Sicht ist es wünschenswert, dass alle Gruppen von Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt integriert sind. Dafür muss ein Teil des inländischen Einkommens zugunsten der von den Maßnahmen betroffenen Arbeitnehmer, umverteilt werden. Staatliche Beihilfen können benachteiligten oder behinderten Arbeitnehmern den Eintritt in den Arbeitsmarkt oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses erleichtern, indem die Mehrkosten infolge der unterstellten oder tatsächlichen geringeren Leistungsfähigkeit aufgefangen werden.

7.

Die Mitgliedstaaten sollen nachweisen, dass die Beihilfe dem angestrebten Ziel des gemeinsamen Interesses dient. Die Kommission prüft bei ihrer Würdigung unter anderem folgende Aspekte:

a)

die Anzahl und Gruppen der von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer;

b)

die Beschäftigungsquoten bei den von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmergruppen auf gesamtstaatlicher und/oder regionaler Ebene und in dem (den) betreffenden Unternehmen;

c)

die Arbeitslosenquoten bei den von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmern auf gesamtstaatlicher und/oder regionaler Ebene.

d)

Besonders marginalisierte Untergruppen innerhalb der umfassenderen Kategorien von behinderten und benachteiligten Arbeitnehmern.

2.2.   Staatliche Beihilfen als geeignetes Steuerungsinstrument

8.

Neben staatlichen Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen verfügen die Mitgliedstaaten noch über andere Instrumente zur Förderung der Beschäftigung benachteiligter und behinderter Arbeitnehmer. Dazu gehören allgemeine Maßnahmen wie die Senkung der Steuern auf den Faktor Arbeit und der Sozialabgaben, die Förderung von Investitionen in allgemeine und berufliche Bildungsmaßnahmen, Orientierungs-, Beratungs-, Unterstützungs- und Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitslose sowie arbeitsrechtliche Verbesserungen.

9.

Wenn der Mitgliedstaat politische Alternativen in Betracht gezogen und die Vorteile eines selektiven Instruments wie einer staatlichen Beihilfe für ein bestimmtes Unternehmen nachgewiesen hat, gelten die betreffenden Maßnahmen als geeignete Instrumente. Die Kommission wird insbesondere eine etwaige Folgenabschätzung berücksichtigen, die der Mitgliedstaat für die angemeldete Beihilfemaßnahme durchgeführt hat.

2.3.   Anreizeffekt und Erforderlichkeit der Beihilfe

10.

Staatliche Beihilfen für die Beschäftigung benachteiligter und behinderter Arbeitnehmer müssen das Verhalten der Beihilfeempfänger dahingehend beeinflussen, dass es in dem betreffenden Unternehmen zu einem Nettozuwachs an behinderten oder benachteiligten Arbeitnehmern kommt. Neu eingestellte benachteiligte oder behinderte Arbeitnehmer dürfen nur neu geschaffene Stellen oder aber Stellen besetzen, die im Anschluss an das freiwillige Ausscheiden, die Invalidisierung, den Eintritt in den Ruhestand aus Altersgründen, die freiwillige Reduzierung der Arbeitszeit oder die rechtmäßige Entlassung eines Mitarbeiters wegen Fehlverhaltens und nicht infolge des Abbaus von Arbeitsplätzen frei geworden sind. Staatliche Beihilfen dürfen somit nicht dazu verwendet werden, Arbeitnehmer zu ersetzen, für die das Unternehmen keine Beihilfen mehr erhält und die daraufhin entlassen wurden.

11.

Der Mitgliedstaat sollte der Kommission gegenüber nachweisen, dass die Beihilfe einen Anreizeffekt hat und erforderlich ist. Erstens muss die Beihilfe vor der Einstellung von Arbeitnehmern, die von den Maßnahmen betroffen sind, beim betreffenden Mitgliedstaat beantragt worden sein. Zweitens muss der Mitgliedstaat nachweisen, dass die Beihilfe in Form eines Lohnkostenzuschusses für einen benachteiligten oder behinderten Arbeitnehmer für ein Unternehmen bestimmt ist, in dem der betreffende Arbeitnehmer ohne die Beihilfe nicht eingestellt würde.

12.

Die Kommission wird in ihrer Untersuchung unter anderem Folgendes prüfen:

a)

die internen Unterlagen des Beihilfeempfängers zu den Beschäftigungskosten und zu den von den Maßnahmen betroffenen Arbeitnehmern für zwei unterschiedliche Szenarien (mit und ohne staatliche Beihilfe);

b)

bestehende oder frühere Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen in dem betreffenden Unternehmen: Gruppen und Anzahl von Arbeitnehmern, für die Beihilfen gezahlt wurden;

c)

den jährlichen Umsatz, der auf die von der Maßnahme betroffenen Gruppen von Arbeitnehmern entfällt.

2.4.   Verhältnismäßigkeit der Beihilfe

13.

Der Mitgliedstaat muss darlegen, dass die Beihilfe erforderlich ist und der Beihilfebetrag auf zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendige Minimum beschränkt bleibt.

Der Mitgliedstaat sollte nachweisen, dass der Beihilfebetrag die Netto-Mehrkosten nicht übersteigt, die sich aus der Beschäftigung benachteiligter oder behinderter Arbeitnehmer, die von den Maßnahmen betroffen sind, im Vergleich zu den Kosten der Beschäftigung nichtbenachteiligter oder nichtbehinderter Arbeitnehmer ergeben (3).

Keinesfalls dürfen die Beihilfeintensitäten den in Artikel 40 (4) und 41 (5) der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 festgelegten Wert übersteigen. Die für die Ermittlung der Beihilfeintensitäten heranzuziehenden beihilfefähigen Kosten sind gemäß Artikel 40 (6) und 41 (7) der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 zu berechnen.

3.   NEGATIVE AUSWIRKUNGEN DER BEIHILFE

14.

Ist die Beihilfe im Hinblick auf das intendierte Ziel verhältnismäßig, dürften die negativen Auswirkungen der Beihilfe begrenzt sein, so dass sich eine Untersuchung dieser Auswirkungen unter Umständen erübrigt. Zuweilen kann jedoch auch eine Beihilfe, die im Falle eines bestimmten Unternehmens erforderlich und verhältnismäßig ist, um einen Nettozuwachs an beschäftigten, von den Maßnahmen betroffenen Arbeitnehmern zu bewirken, eine Verhaltensänderung des Beihilfeempfängers zur Folge haben, die den Wettbewerb erheblich verfälscht. In diesen Fällen wird die Kommission die Wettbewerbsverzerrung eingehend prüfen. Das Ausmaß der durch die Beihilfemaßnahme bewirkten Wettbewerbsverzerrung variiert je nach Ausgestaltung der Beihilfe und der jeweils betroffenen Märkte (8).

15.

Die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung hängen von folgenden Merkmalen ab:

a)

Selektivität;

b)

Höhe der Beihilfe;

c)

wiederholte Gewährung und Dauer;

d)

Auswirkungen der Beihilfe auf die Kosten des Unternehmens.

16.

Eine Regelung zur Gewährung von Beihilfen, mit der Unternehmen eines Mitgliedstaats allgemein angeregt werden sollen, mehr benachteiligte oder behinderte Arbeitnehmer zu beschäftigen, dürfte beispielsweise eine andere Wirkung auf den Markt haben als eine umfangreiche Beihilfe, die einem einzelnen Unternehmen gewährt wird, damit es mehr Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe beschäftigt. Im letztgenannten Fall ist die zu erwartende Wettbewerbsverzerrung sicherlich größer, weil die Wettbewerber des Beihilfeempfängers an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Die Wettbewerbsverzerrung ist sogar noch größer, wenn die Arbeitskosten einen hohen Teil der Gesamtkosten des Beihilfeempfängers ausmachen.

17.

Bei der Untersuchung der Merkmale des betreffenden Marktes, die wesentlich genauere Aussagen über die wahrscheinliche Wirkung einer Beihilfe liefert, prüft die Kommission unter anderem folgende Aspekte:

a)

Struktur des Marktes;

b)

Merkmale des Wirtschaftszweigs bzw. der Branche;

c)

Lage auf dem nationalen/regionalen Arbeitsmarkt.

18.

Die Struktur des Marktes wird anhand der Marktkonzentration, der Unternehmensgröße (9), des Ausmaßes der Produktdifferenzierung (10) sowie der Marktzugangs- und Marktaustrittsschranken ermittelt. Nachdem der relevante Markt definiert worden ist, werden die Marktanteile und der Konzentrationsgrad ermittelt. Je weniger Unternehmen auf dem Markt tätig sind, desto höher ist ihr Marktanteil und desto geringer ist der zu erwartende Wettbewerb (11). Weist der betreffende Markt eine hohe Konzentration sowie hohe Marktzutrittsschranken auf (12) und zählt der Beihilfeempfänger zudem noch zu den Marktführern, so werden die Wettbewerber des Beihilfeempfängers eher gezwungen sein, aufgrund der Beihilfe ihr Verhalten zu ändern und beispielsweise die Einführung eines neuen Produkts oder einer neuen Technologie auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben bzw. ganz aufzugeben oder sich sogar vollständig vom Markt zurückzuziehen.

19.

Die Kommission berücksichtigt auch sektorspezifische Merkmale wie bestehende Überkapazitäten und prüft, ob es sich um wachsende (13), gesättigte oder schrumpfende Märkte handelt. Gibt es in einem Wirtschaftszweig beispielsweise Überkapazitäten oder reife Märkte, besteht die Gefahr, dass Beihilfen zu ineffizientem Geschäftsgebaren und zu Marktanteilverlusten von Unternehmen führen, die keine subventionierten Arbeitnehmer beschäftigen.

20.

Bei der Prüfung des jeweiligen Einzelfalls wird ferner die Lage auf dem Arbeitsmarkt (Arbeitslosen- und Beschäftigungsquoten, Lohnniveau, Arbeitsrecht usw.) berücksichtigt.

21.

Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen können in Einzelfällen zu den in Ziffern 22 bis 27 besprochenen Wettbewerbsverzerrungen führen:

Substitutions- und Verlagerungseffekte

22.

Ein Substitutionseffekt ist gegeben, wenn Arbeitsplätze für eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern lediglich Arbeitsplätze für andere Arbeitnehmergruppen ersetzen. Durch Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen für bestimmte Untergruppen von Arbeitnehmern erfolgt eine Trennung der Arbeitnehmerschaft in subventionierte und nichtsubventionierte Arbeitskräfte, so dass die Gefahr besteht, dass Unternehmen nichtsubventionierte Arbeitnehmer durch subventionierte Arbeitnehmer ersetzen, weil sich die relativen Lohnkosten für subventionierte und nichtsubventionierte Arbeitnehmer ändern (14).

23.

Da Unternehmen die subventionierte Arbeitnehmer beschäftigen auf denselben Dienstleistungs- bzw. Produktmärkten mit Unternehmen, die keine subventionierten Arbeitnehmer beschäftigen, im Wettbewerb stehen, tragen Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen unter Umständen zum Verlust von Arbeitsplätzen an anderer Stelle bei. Dazu kommt es, wenn ein Unternehmen, das subventionierte Arbeitnehmer beschäftigt, seine Produktion steigert und Unternehmen, die keine subventionierten Arbeitnehmer beschäftigen, dadurch Marktanteile verlieren, so dass durch die Beihilfe nichtsubventionierte Beschäftigung verdrängt wird.

Marktschranken

24.

Lohnkosten sind Teil der normalen Betriebskosten eines Unternehmens. Entscheidend ist daher, dass sich die Beihilfe positiv auf die Beschäftigung auswirkt und dem Unternehmen nicht nur dazu verhilft, Kosten einzusparen, die es ansonsten selber tragen müsste. Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen, die die laufenden Produktionskosten wie beispielsweise die Beschäftigungskosten verringern, würden einen Markteintritt attraktiver machen und Unternehmen mit ansonsten eher bescheidenen Geschäftsaussichten in die Lage versetzen, zulasten ihrer effizienteren Konkurrenten in einen Markt einzutreten oder neue Produkte einzuführen.

25.

Die Aussicht auf staatliche Beihilfen könnte zudem die Überlegung eines Unternehmens beeinflussen, sich von einem Markt, auf dem es bereits tätig ist, zurückzuziehen. Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen verringern unter Umständen die Verluste und ermöglichen dem betreffenden Unternehmen, sich länger auf dem Markt zu behaupten, was wiederum andere, effizienter wirtschaftende Unternehmen, die keine Beihilfen erhalten, zwingen könnte, sich vom Markt zurückzuziehen.

Investitionsanreize

26.

Auf Märkten, auf denen Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen gezahlt werden, fehlt den Unternehmen der Anreiz, sich dem Wettbewerb zu stellen, so dass sie möglicherweise ihre Investitionstätigkeit verringern und sich weniger um Effizienzsteigerungen und Innovation bemühen. Beihilfeempfänger könnten erst verspätet weniger arbeitsintensive Technologien einführen, weil sich die relativen Kosten für arbeitsintensive und für technologieintensive Produktionsmethoden beihilfebedingt ändern. Auch Unternehmen, die konkurrierende oder komplementäre Produkte herstellen, könnten ihre Investitionstätigkeit verringern oder ihre Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Dadurch würde das Investitionsniveau in dem betreffenden Wirtschaftszweig insgesamt sinken.

Auswirkungen auf Handelsströme

27.

Werden in einem bestimmten Gebiet Beihilfen in Form von Lohnkostenzuschüssen vergeben, so kann dies dazu führen, dass die Produktionsbedingungen in einigen Gebieten günstiger sind als in anderen. Dies könnte dazu führen, dass Handelsströme zugunsten der Gebiete, in denen solche Beihilfen gewährt werden, umgeleitet werden.

4.   ABWÄGUNGSPRÜFUNG UND ENTSCHEIDUNG

28.

Bei der Untersuchung wird abschließend von Fall zu Fall geprüft, in welchem Maße die positiven Auswirkungen der Beihilfe ihre negativen Effekte aufwiegen. Dazu würdigt die Kommission diese positiven und negativen Auswirkungen und schätzt die Folgen für Hersteller und Verbraucher für jeden der betroffenen Märkte ab. Sind quantitative Angaben nicht ohne weiteres verfügbar, so stützt sich die Kommission zum Zwecke der Würdigung auf qualitative Angaben.

29.

Ist die Beihilfe im Einzelfall erforderlich, zielgerecht ausgestaltet und auf die auszugleichenden Netto-Mehrkosten infolge der geringeren Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer der Zielgruppen begrenzt, so wird die Kommission die Beihilfe voraussichtlich positiver betrachten und demzufolge eine stärkere Wettbewerbsverzerrung hinnehmen.


(1)  ABl. L 214 vom 9.8.2008, S. 3.

(2)  Einzelbeihilfen zum Ausgleich der mit der Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer verbundenen Mehrkosten und der Mehrkosten von sozialen Unternehmen mit einem Subventionsäquivalent von mehr als 10 Mio. EUR pro Unternehmen und Jahr werden aufgrund ihrer besonderen Art auf der Grundlage von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag geprüft. Bei ad-hoc-Beihilfen für die Beschäftigung von benachteiligten Arbeitnehmern unter 5 Mio. EUR und ad-hoc-Beihilfen für große Firmen für die Beschäftigung von behinderten Arbeitnehmern unter 10 Mio. EUR wird die Kommission die in diesen Erläuterungen beschriebenen Grundsätze — wenn auch weniger ausführlich — entsprechend anwenden.

(3)  Die Netto-Mehrkosten spiegeln die Kosten und Vorteile wider, die sich für den Beihilfeempfänger aus der Beschäftigung der benachteiligten oder behinderten Arbeitnehmer der Zielgruppen ergeben (zum Beispiel aufgrund einer niedrigeren Produktivität bzw. durch ein besseres Image des Unternehmens).

(4)  Die Beihilfeintensität darf im Falle benachteiligter Arbeitnehmer 50 % der beihilfefähigen Kosten nicht übersteigen.

(5)  Die Beihilfeintensität darf im Falle behinderter Arbeitnehmer 75 % der beihilfefähigen Kosten nicht übersteigen.

(6)  Beihilfefähig im Falle der Beschäftigung benachteiligter Arbeitnehmer sind die Lohnkosten über einen Zeitraum von höchstens 12 Monaten nach der Einstellung. Im Falle stark benachteiligter Arbeitnehmer sind die Lohnkosten über einen Zeitraum von höchstens 24 Monaten nach der Einstellung beihilfefähig.

(7)  Beihilfefähig im Falle der Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer sind die Lohnkosten, die während der Beschäftigung des behinderten Arbeitnehmers anfallen.

(8)  Eine Beihilfe kann mehrere Märkte beeinflussen, weil ihre Auswirkungen nicht auf die Märkte beschränkt sein müssen, auf denen der Beihilfeempfänger tätig ist, sondern auch auf andere Märkte, beispielsweise Inputmärkte, übergreifen können.

(9)  Die Unternehmensgröße kann anhand von Marktanteilen sowie Umsatz- und/oder Beschäftigtenzahlen gemessen werden.

(10)  Je geringer die Produktdifferenzierung, desto stärker wirkt sich die Beihilfe auf die Erträge der Wettbewerber aus.

(11)  Allerdings herrscht auf einigen Märkten ausreichender Wettbewerb, obwohl dort nur wenige Unternehmen tätig sind.

(12)  Unter Umständen tragen Beihilfen jedoch dazu bei, Marktzugangsschranken zu überwinden, und eröffnen damit neuen Unternehmen den Zugang zu einem Markt.

(13)  Auf wachsenden Märkten werden sich Beihilfen in der Regel weniger stark auf die Wettbewerber auswirken.

(14)  Maßgeblich für einen solchen Substitutionseffekt ist die Elastizität der Nachfrage sowohl nach subventionierten als auch nichtsubventionierten Arbeitnehmern.


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