31.5.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 153/135


Donnerstag, 17. November 2011
Modernisierung der MwSt.-Rechtsvorschriften zur Ankurbelung des digitalen Binnenmarkts

P7_TA(2011)0513

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. November 2011 zur Modernisierung der MwSt.-Rechtsvorschriften zur Ankurbelung des digitalen Binnenmarkts

2013/C 153 E/17

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Anfrage vom 30. September 2011 an die Kommission zur Modernisierung der MwSt.-Rechtsvorschriften zur Ankurbelung des digitalen Binnenmarkts (O-000226/2011 – B7-0648/2011),

gestützt auf die Artikel 113 und 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (1),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung (2),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Eine Digitale Agenda für Europa“ (KOM(2010)0245),

unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission über die Zukunft der Mehrwertsteuer (KOM(2010)0695),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Mai 2011 zu der Erschließung des Potenzials der Kultur- und Kreativindustrien (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Oktober 2011 zu der Zukunft der Mehrwertsteuer (4),

unter Hinweis auf die OECD-Richtlinien zur Mehrwertsteuerneutralität,

gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass eine der Leitinitiativen im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ die Schaffung eines digitalen Binnenmarkts betrifft;

B.

in der Erwägung, dass der digitale Binnenmarkt der EU immer noch uneinheitlich ist;

C.

in der Erwägung, dass die Wirtschaftskrise die Wachstumsaussichten schwer beeinträchtigt hat und dass die Digitalwirtschaft das Potenzial hat, erheblich zum Wohlstand Europas in den kommenden Jahren beizutragen;

D.

in der Erwägung, dass das „Internet Tax Freedom Act“ (Gesetz über die Steuerfreiheit im Internet) der USA, das 1998 in Kraft getreten und seither kontinuierlich ausgeweitet worden ist, es der Bundesregierung der USA und den lokalen Gebietskörperschaften untersagt, diskriminierende Mehrwertsteuersätze auf Online-Verkäufe zu erheben, bis heute beträchtliche Auswirkungen auf den elektronischen Handel hat und zur Gründung von Unternehmen beigetragen hat, die den Markt weltweit beherrschen;

E.

in der Erwägung, dass die EU das Potenzial des Binnenmarkts voll ausschöpfen sollte, indem sie den Online- und länderübergreifenden Handel unter den Mitgliedstaaten erleichtert;

F.

in der Erwägung, dass die Kommission derzeit die Zukunft der Mehrwertsteuer überdenkt und der Strategie „Europa 2020“ in diesem Zusammenhang Rechnung getragen werden sollte;

1.

weist darauf hin, dass der geltende Rechtsrahmen und insbesondere Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG ein Hindernis für die Entwicklung neuer digitaler Dienstleistungen ist und deshalb nicht mit den Zielen der digitalen Agenda in Einklang steht;

2.

ist der Ansicht, dass sich an den für Bücher geltenden Mehrwertsteuersätzen die Mängel der gegenwärtigen Rechtslage insofern deutlich erkennen lassen, als die Mitgliedstaaten ermäßigte Mehrwertsteuersätze für die Bereitstellung von Büchern auf sämtlichen physischen Datenträgern festlegen können, während für E-Bücher ein standardisierter Satz von mindestens 15 % gilt; vertritt die Auffassung, dass diese Diskriminierung angesichts des potenziellen Wachstums dieses Marktsegments untragbar ist;

3.

betont, dass die EU sich hohe Ziele setzen und nicht nur die Unstimmigkeiten in den geltenden Rechtsvorschriften beseitigen muss; ist der Ansicht, dass es ein vorrangiges Anliegen bei der Überarbeitung der Mehrwertsteuervorschriften sein sollte, Unternehmen darin zu bestärken, neue europaweite Online-Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten;

4.

weist jedoch darauf hin, dass die EU Lösungen ausarbeiten sollte, die auf den eigenen Bedarf zugeschnitten sind; hält es für denkbar, die Rechtsvorschriften der EU so zu gestalten, dass die Mitgliedstaaten befristet einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für auf elektronischem Weg angebotene Dienstleistungen kulturellen Inhalts anwenden dürfen, damit ein echter digitaler Binnenmarkt entsteht;

5.

vertritt die Auffassung, dass diese neue Kategorie, die in Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG aufgenommen werden würde, die Bereitstellung von Online-Diensten wie Fernsehen, Musik, Büchern, Zeitungen und Zeitschriften durch einen in der EU ansässigen Anbieter für alle in der EU wohnhaften Verbraucher abdecken könnte;

6.

weist darauf hin, dass Autoren und Inhalteanbieter durch den digitalen Vertrieb kultureller, journalistischer und kreativer Inhalte in die Lage versetzt werden, ein neues und größeres Publikum anzusprechen; ist der Ansicht, dass die EU die Schöpfung, die Produktion und den Vertrieb digitaler Inhalte (über alle Plattformen) vorantreiben muss und dass mit der Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf kulturelle Online-Inhalte gewiss das Wachstum angekurbelt werden könnte;

7.

verweist auf die Leitsätze der OECD zur Besteuerung des elektronischen Geschäftsverkehrs, die auf der Konferenz in Ottawa 1998 vereinbart wurden und in denen festgeschrieben wurde, dass die Vorschriften für Verbrauchssteuern, beispielsweise die Mehrwertsteuer, die Besteuerung am Ort des tatsächlichen Verbrauchs bewirken sollten; weist darauf hin, dass die Leitsätze der OECD gemäß der Richtlinie 2008/8/EG in der EU ab dem 1. Januar 2015 gelten werden;

8.

vertritt die Auffassung, dass die größere Flexibilität in Bezug auf die Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze, die den Mitgliedstaaten im Zuge einer Überarbeitung der Mehrwertsteuervorschriften eingeräumt wird, mit der Anwendung der in der Richtlinie 2008/8/EG festgelegten Grundsätze einhergehen sollte; weist allerdings darauf hin, dass der Grundsatz der Besteuerung in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbrauch erfolgt, so rasch wie möglich angewendet werden sollte, damit alle Mitgliedstaaten gleichermaßen vom digitalen Binnenmarkt profitieren können; betont, dass eine Überarbeitung zu einer Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems, beispielsweise mit einer zentralen Anlaufstelle für Mehrwertsteuerfragen, und zur Beseitigung von Doppelbesteuerungen führen sollte;

9.

fordert deshalb die Kommission auf, die Möglichkeit zu prüfen, die Richtlinie 2008/8/EG mit dem Ziel zu überarbeiten, dass die Mehrwertsteuer ab dem 1. Januar 2015 im Einklang mit dem Bestimmungslandprinzip zu entrichten ist;

10.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

(2)  ABl. L 44 vom 20.2.2008, S. 11.

(3)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0240.

(4)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0436.


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