EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 28.6.2017
COM(2017) 358 final
REFLEXIONSPAPIER
ÜBER DIE ZUKUNFT DER EU-FINANZEN
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 28.6.2017
COM(2017) 358 final
REFLEXIONSPAPIER
ÜBER DIE ZUKUNFT DER EU-FINANZEN
Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen
1. FINANZIERUNG DER EUROPÄISCHEN INTEGRATION: ENTWICKLUNG DER EU-FINANZEN
Der EU-Haushalt trägt dazu bei, Ergebnisse zu liefern, die für die Europäer von Bedeutung sind. Durch die Bündelung von Ressourcen auf europäischer Ebene können die Mitgliedstaaten mehr erreichen, als wenn sie alleine handeln würden. Zusammen mit den Haushalten der Mitgliedstaaten und einer großen Bandbreite legislativer und regulatorischer Maßnahmen trägt der EU-Haushalt zur Verwirklichung gemeinsamer Ziele und zur Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen bei.
Von den Sechzigerjahren, in denen erstmals eine gemeinsame Politik in einem wichtigen Bereich – der Landwirtschaft – eingeführt wurde, bis zum heutigen Tag hat sich der EU-Haushalt parallel zum Aufbau der Europäischen Union sukzessive weiterentwickelt.
In den Achtziger- und Neunzigerjahren erweiterten die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament die Zuständigkeiten der EU durch Änderung der Gründungsverträge. In Anerkennung der Notwendigkeit, den neu geschaffenen Binnenmarkt zu unterstützen, erhöhten sie die Ressourcen, die über die Strukturfonds zur Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts bereitgestellt wurden. Parallel dazu spielte die EU eine immer wichtigere Rolle in Bereichen wie Verkehrspolitik, Raumfahrt, Gesundheit, Bildung und Kultur, Verbraucherschutz, Umwelt, Forschung, justizielle Zusammenarbeit und Außenpolitik.
Aus dem EU-Haushalt finanzierte Bereiche (2014-2020)
In Mrd. EUR
Anmerkung: Verpflichtungen; angepasst für 2018
Quelle: Europäische Kommission
Seit dem Jahr 2000 wurde der EU-Haushalt durch die Aufnahme 13 neuer Mitgliedstaaten mit unterschiedlicher sozioökonomischer Situation und durch die aufeinander folgenden EU-Strategien zur Förderung von Beschäftigung und Wachstum geprägt. Er begleitete auch den Bedeutungszuwachs, den die Union auf internationaler Ebene durch ihre Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und als größter Geber von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe erfuhr.
Dennoch macht der EU-Haushalt weiterhin nur einen kleinen Teil der öffentlichen Gesamtausgaben in der EU aus; auf ihn entfallen weniger als 1 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) und nur etwa 2 % der öffentlichen Ausgaben aller Mitgliedstaaten. Dieser Anteil ist im Laufe der Zeit gesunken.
Der EU-Haushalt im Vergleich zum Bruttonationaleinkommen und zu den öffentlichen Ausgaben der Mitgliedstaaten
Quelle: Europäische Kommission
Umfang des EU-Haushalts in Prozent des Bruttonationaleinkommens
Quelle: Europäische Kommission
Durch diesen Rückgang stand der EU-Haushalt unter dem Druck, effizienter zu werden, sich auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen er am meisten bewirken kann, und sicherzustellen, dass aufwendige Vorschriften und Verfahren den Ergebnissen nicht im Wege stehen.
Im Laufe der Zeit hat sich die Zusammensetzung des EU-Haushalts weiterentwickelt. Der Anteil der Ausgaben für Landwirtschaft und Kohäsionspolitik ist über die Jahre zurückgegangen, gemeinsam machen sie jedoch noch über 70 % des Haushaltes aus. Die Ausgaben konzentrieren sich nun stärker auf Bereiche wie Forschung, transeuropäische Netze und Maßnahmen im Außenbereich sowie auf Programme, die direkt auf europäischer Ebene verwaltet werden.
Entwicklung der wichtigsten Politikbereiche im EU-Haushalt
Quelle: Europäische Kommission
In der Wirtschafts- und Finanzkrise erwies sich der EU-Haushalt als wirksames Instrument zur Investitionsförderung. Da die nationalen Haushalte in vielen Mitgliedstaaten stark belastet waren, wurden der EU-Haushalt und insbesondere die Kohäsionspolitik seit 2008 zu einer Hauptquelle stabiler wachstumsfördernder Investitionen. In einigen Mitgliedstaaten waren die Strukturfonds sogar die Hauptquelle für solche Investitionen. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) spielte ebenfalls eine entscheidende Rolle, ,um private Investitionen in ganz Europa zu mobilisieren. Damit bewies der EU-Haushalt seine Fähigkeit, auf neue Herausforderungen rasch zu reagieren und für erhebliche Hebeleffekte zu sorgen. 1
Anteil der Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds an den öffentlichen Investitionen, 2015-2017
In Prozent
Quelle: Europäische Kommission
Der EU-Haushalt leistete außerdem einen Beitrag zur Antwort Europas auf die Flüchtlingskrise und auf die Bedrohung durch organisiertes Verbrechen und Terrorismus. Die Mittel für Sicherheit und Migration wurden verdoppelt, um beispielsweise die neue Europäische Grenz- und Küstenwache sowie die Mitgliedstaaten mit erheblichem Flüchtlingszustrom zu unterstützen. Die Reaktion auf diese Krisen brachte den EU-Haushalt an die Grenzen seiner Flexibilität.
In der Zukunft dürfte die Union vor zunehmenden Herausforderungen stehen, während sich gleichzeitig der Druck auf den EU-Haushalt und die nationalen Haushalte erhöhen wird. Eine schwache Produktivität und niedrige Investitionen, der demografische Wandel und langfristige Herausforderungen wie Migration, Klimawandel, Verteidigung, Cybersicherheit und Terrorismus: Auf all diesen Gebieten wird gefordert, dass der EU-Haushalt künftig eine herausragende Rolle spielt.
Darüber hinaus muss die Art und Weise der Finanzierung des EU-Haushalts betrachtet werden. Genauso wie sich die Ausgabenseite des Haushalts entwickelt hat, hat sich auch die Art und Weise der Finanzierung des EU-Haushalts gewandelt. Anders als die nationalen Haushalte kann die Union keine Kredite aufnehmen. Stattdessen stützt sie sich auf die Finanzierung durch „Eigenmittel“. Heute gibt es drei wichtige Arten von Eigenmitteln: Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend dem nationalen Einkommensniveau gemessen am Bruttonationaleinkommen (BNE), Beiträge basierend auf der Mehrwertsteuer (MwSt) und die an den Außengrenzen der Union eingenommenen Zölle.
Etwa 80 % des EU-Haushalts werden aus nationalen Beiträgen entsprechend dem BNE und der MwSt finanziert. Die nach dem BNE berechneten Beiträge gelten allgemein als fair, da sie die relative „Zahlungsfähigkeit“ der Mitgliedstaaten gut widerspiegelten. Zolleinnahmen gelten als echte Eigenmittel, da sie auf die gemeinsame Handelspolitik der EU zurückzuführen sind, deren Einnahmen dem EU-Haushalt zustehen.
Die Finanzierungsquellen des EU-Haushalts
Quelle: Europäische Kommission
Allerdings wurden mit der Zeit eine Reihe von Anpassungen und „Rabatten“ eingeführt, weil einige Mitgliedstaaten ihre Beiträge zum EU-Haushalt gegenüber dem, was sie daraus zurückbekommen, als deutlich zu hoch empfanden. Dadurch wurde das derzeitige Finanzierungssystem der EU immer komplexer und undurchsichtiger.
Dieses System, das vor allem auf Beiträgen der Mitgliedstaaten beruht, hat ferner den irrigen Eindruck, der Wert des EU-Haushalts für einen Mitgliedstaat könne am Saldo aus den geleisteten Beiträgen und den empfangenen Mitteln gemessen werden, noch verstärkt. Dies lässt das Wesentliche eines modernisierten EU-Haushalts unberücksichtigt, nämlich den Mehrwert, der sich aus der Ressourcenbündelung und den Ergebnissen ergibt, die durch unkoordinierte nationale Ausgaben nicht erzielt werden können. Dieser allgemeinere wirtschaftliche Nutzen wird nur zu oft außer Acht gelassen, ebenso der größere Wert der Zugehörigkeit zum größten Wirtschaftsgebiet und zur größten Handelsmacht der Welt.
Wenn wir die Wirksamkeit des EU-Haushalts verbessern möchten, sollten wir auch uns auch anschauen, inwiefern die Einnahmen zu den Prioritäten der EU beitragen können. Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs und der Abschaffung der entsprechenden Rabatte würden bereits einige Hindernisse für Reformen auf der Einnahmenseite des EU-Haushalts wegfallen.
Um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzugehen, wurde der EU-Haushalt schließlich durch eine Reihe von neuen Werkzeugen, Einrichtungen und Instrumenten ergänzt. Einige davon bestehen außerhalb des EU-Haushalts und unterliegen nicht denselben Vorschriften. Zusätzliche Mittel werden von der Europäischen Investitionsbank oder von anderen Einrichtungen auf der Grundlage zwischenstaatlicher Abkommen bereitgestellt, etwa der Europäische Entwicklungsfonds in Verbindung mit der besonderen Partnerschaft mit den AKP-Staaten (in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean). In letzter Zeit wurden Treuhandfonds der Europäischen Union und andere Fazilitäten geschaffen, um Gelder aus dem EU-Haushalt, von den Mitgliedstaaten und anderen Geldgebern zu bündeln, um auf externe Krisen zu reagieren. Diese erweiterte Finanzarchitektur hat es der Union zwar ermöglicht, zusätzliche Mittel zu mobilisieren, hat aber zur Komplexität der EU-Finanzen beigetragen. Die nachstehende Abbildung veranschaulicht alle Elemente der EU-Finanzierung, die über den EU-Haushalt hinausgehen. Außerdem zeigt sie, welche Elemente unter die demokratische Kontrolle des Europäischen Parlaments fallen und der Prüfung durch den Europäischen Rechnungshof unterliegen.
EU-Finanzen: das Gesamtbild
Abbildung nur zur Veranschaulichung; Größe der Kreise entspricht nicht dem tatsächlichen Volumen
Quelle: Europäische Kommission
Kasten 1: Der EU-Haushalt im Überblick – für den Zeitraum 2014-2020 ·Sein Umfang entspricht etwa 1 % des BNE der EU und 2 % der öffentlichen Ausgaben. ·Er ist in den mehrjährigen Finanzrahmen eingebunden, der mindestens 5 Jahre umfasst. Im derzeitigen Finanzrahmen (2014-2020) sind 1087 Mrd. EUR an Mitteln vorgesehen. ·Er wird hauptsächlich durch Beiträge der Mitgliedstaaten entsprechend dem jeweiligen Nationaleinkommen finanziert, hinzu kommen Zölle an den Außengrenzen sowie ein geringer Anteil an der Mehrwertsteuer. Es gibt keine EU-Steuer. Das Einnahmensystem wird von allen Mitgliedstaaten vereinbart und von den nationalen Parlamenten ratifiziert. ·Er mobilisiert über die Kohäsionspolitik EU-weit Investitionen im Wert von über 480 Mrd. EUR, die sich beispielsweise in Fördermitteln für 1 Million Unternehmen und im Zugang zu verbesserten Gesundheitsdiensten für 42 Millionen Bürgerinnen und Bürger niederschlagen sollten. Weitere Projekte: Hilfen zum Überschwemmungs- und Brandschutz für 25 Millionen Personen, Neuanschluss an Kläranlagen für fast 17 Millionen Personen, Breitbandanschlüsse für 15 Mio. zusätzliche Haushalte und mehr als 420 000 neue Arbeitsplätze. Außerdem werden 5 Millionen Europäerinnen und Europäer Ausbildungsmaßnahmen und Programme für das lebenslange Lernen nutzen; 6,6 Millionen Kinder werden Zugang zu neuen, modernen Schulen und Betreuungseinrichtungen erhalten. ·Es wird erwartet, dass der EU-Haushalt über die erweiterte „Juncker-Investitionsoffensive“ (Europäischer Fonds für strategische Investitionen) Investitionen im Wert von mindestens 500 Mrd. EUR anstößt. ·Im EU-Haushalt sind über 74 Mrd. EUR für das Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizont 2020“ vorgesehen, das bislang zu 6 Nobelpreisen und 4 Field-Medaillen sowie zu Entdeckungen mit weltweiten Auswirkungen (z. B. Forschung über einen Ebola-Impfstoff, bahnbrechende Erkenntnisse über Krebs und Alzheimer, Flugzeuge mit geringeren CO2- und Lärmemissionen) geführt hat. ·Über die Infrastrukturfazilität „Connecting Europe“ werden über 30 Mrd. EUR Fördermittel für transeuropäische Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsnetze bereitgestellt. ·Der EU-Haushalt unterstützt einen dynamischen Landwirtschaftssektor mit rund 400 Mrd. EUR, die 7 Mio. Landwirten und Landwirtinnen zukommen; die Modernisierung 380 000 landwirtschaftlicher Betriebe wird mit 8,7 Mrd. EUR gefördert. Im Rahmen der Entwicklung des ländlichen Raums werden Investitionen im Hinblick auf Artenvielfalt, Verbesserung der Energieeffizienz, Unternehmensgründung und Modernisierung von Produktionsanlagen finanziert. ·Aus dem EU-Haushalt wird das Navigationssystem Galileo finanziert, in dessen Rahmen bisher 15 voll einsatzfähige EU-Satelliten in die Umlaufbahn gebracht wurden, und das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus. ·Zwischen 2015 und 2017 wurden mehr als 17 Mrd. EUR mobilisiert, um auf die Flüchtlingskrise innerhalb und außerhalb der EU zu reagieren. ·Aus dem EU-Haushalt wird das Erasmus-Programm zur Förderung der Mobilität finanziert, mit dem in den letzten Jahren über 9 Mio. Personen, speziell Studenten und junge Menschen, bei Aufenthalten in anderen Ländern unterstützt wurden. ·Über die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen werden über 8 Mrd. EUR an EU-Haushaltsmitteln zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bereitgestellt; bisher wurden 1,6 Millionen junger Menschen unterstützt. ·20 % der Gesamtausgaben aus dem EU-Haushalt sollen Maßnahmen gegen den Klimawandel zugutekommen. ·Für humanitäre Hilfe werden rund 8 Mrd. EUR bereitgestellt, was die EU zu einem weltweit führenden Geber macht. |
2.DER MEHRWERT DER EUROPÄISCHEN FINANZEN
Das Ziel der Europäischen Union ist, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern. Der EU-Haushalt unterstützt dieses Ziel durch die Zusammenarbeit mit den nationalen Haushalten und die Ergänzung anderer Bemühungen auf europäischer und nationaler Ebene.
Jede Überlegung zur Zukunft des EU-Haushalts sollte daher mit der grundlegendsten aller Fragen beginnen – wozu sollte der EU-Haushalt dienen? Der europäische Mehrwert muss im Zentrum dieser Diskussion stehen. Zum einen geht es beim europäischen Mehrwert darum, die im Vertrag festgelegten Ziele zu erreichen; zum anderen um einen Haushalt, der öffentliche Güter von europäischer Dimension bereitstellt oder der dazu beiträgt, unsere Grundfreiheiten, den Binnenmarkt oder die Wirtschafts- und Währungsunion zu wahren.
EU-Mehrwert und Finanzierung aus dem EU-Haushalt
Quelle: Europäische Kommission
Der EU-Mehrwert steht auch mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang. Die EU darf nur dann tätig werden, wenn dies wirksamer ist als Maßnahmen, die auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene ergriffen werden. Das Tätigwerden der EU muss zusätzlich oder ergänzend zu nationalen oder regionalen Bemühungen erfolgen, sollte aber keine Lücken füllen, die durch Mängel nationaler Politik entstehen. Mehrwert kann sich auch in Form vermiedener Kosten und indirekter Vorteile ergeben.
Die Bedenken und Erwartungen der europäischen Bürgerinnen und Bürger sollten ein wesentlicher Faktor für die Gestaltung des neuen EU-Haushalts sein. In den letzten Jahren gab es wachsende Erwartungen, dass die Union Herausforderungen annimmt, für die sie weder die Befugnisse noch die finanziellen Mittel hat. Dieses Missverhältnis zwischen Erwartungen und tatsächlichen Gegebenheiten ist ein zentraler Aspekt der Debatte und steht in direktem Zusammenhang sowohl mit dem Umfang als auch mit der Flexibilität des neuen Haushalts.
Die europäischen Steuerzahler erwarten einen transparenten EU-Haushalt, der leicht verständlich ist und den besten Gegenwert für jeden ausgegebenen Euro erzielt. Die erreichten Ergebnisse müssen sichtbar und messbar sein. Bei jeder aus dem EU-Haushalt finanzierten politischen Maßnahme und jedem daraus finanzierten Programm sollte genau ersichtlich sein, was damit erreicht werden soll, wie dabei vorgegangen wird und was am Ende die tatsächlichen Ergebnisse sind. Dadurch würde die Rechenschaftspflicht verstärkt und eine Diskussion der informierten Öffentlichkeit über die Verwendung des EU-Haushalts ermöglicht. Während bereits im derzeitigen Finanzrahmen gewisse Fortschritte in diese Richtung zu verzeichnen waren, insbesondere im Rahmen der Kohäsionspolitik, sind weitere Schritte in Bezug auf alle Instrumente erforderlich.
Ein eindeutiger Mehrwert besteht auch dann, wenn Maßnahmen auf europäischer Ebene weitergehen, als dies mit nationalen Anstrengungen möglich wäre. Dabei geht es z. B. um Folgendes:
-Grenzübergreifende Programme haben Grenzregionen transformiert, indem sie dazu beigetragen haben, Konfliktquellen zu beseitigen und neue wirtschaftliche Möglichkeiten zu schaffen.
-Ebenso nützen länderübergreifende Infrastrukturprojekte den Bürgern und Unternehmen in der EU, etwa Energieverbundnetze (z. B. zwischen Malta und Italien), digitale Netze oder Tunnel (z. B. der Brenner-Basis-Eisenbahntunnel in den Alpen zwischen Österreich und Italien).
-Investitionen im Rahmen der Kohäsionspolitik in einer Region oder einem Mitgliedstaat tragen zur makroökonomischen Stabilität bei und steigern das Wachstumspotenzial der gesamten Union.
-Ebenso dient die Kontrolle der südlichen oder östlichen Außengrenzen eindeutig dem Schutz der übrigen Teile Europas.
-Hilfen und Investitionen in Partnerländern ermöglichen den Aufbau krisenfesterer Gesellschaften.
-Der offene Wettbewerb auf EU-Ebene um die Finanzierung von Wissenschaft und Innovationen hat die Leistungsfähigkeit im Vergleich zur nationalen Finanzierung gesteigert (z. B. wissenschaftliche Veröffentlichungen von größerer Wirkung, Zahl und Qualität der Patente) und zieht Talente aus aller Welt an.
-Andere große Projekte und wichtige Schlüsseltechnologien, wie Galileo, Copernicus, ITER 2 oder die Bereitstellung von Hochleistungsrechnern, können wegen ihres sehr hohen Finanzierungsbedarfs nur finanziert werden, wenn die Ressourcen auf EU-Ebene gebündelt werden.
Die europäischen Finanzen können auch durch den Einsatz für gemeinsame europäische Werte, wie Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte, Gleichheit, Solidarität, Nachhaltigkeit und Frieden, einen Mehrwert erbringen. So fördern etwa das Erasmus-Programm und das Europäische Solidaritätskorps die Mobilität und ermöglichen es Studierenden und Arbeitnehmern, europäische Kulturen zu entdecken, neue Sprachen und Fertigkeiten zu erlernen, im Ausland Berufserfahrung zu sammeln und Verbindungen in ganz Europa aufzubauen. Dass die EU in ihrer Nachbarschaft und darüber hinaus eine aktive Rolle spielt und Perspektiven für eine EU-Mitgliedschaft bietet, hat den Frieden gefördert und Stabilität geschaffen. Die Kosten der Untätigkeit auf diesem Gebiet wären katastrophal, wenn diese Regionen wieder Instabilität und Krieg erleben müssten. Einige Ergebnisse sind greifbarer und konkreter als andere, aber alle sind gleich wichtig.
Schließlich ist der Mehrwert des EU-Haushalts von seiner inneren strategischen Kohärenz abhängig. Überschneidungen müssen beseitigt werden und die Instrumente sollten sich ergänzen und aus politischer Sicht konsistent sein.
3.TRENDS UND HERAUSFORDERUNGEN
Das Weißbuch zur Zukunft Europas und die bisherigen Reflexionspapiere haben gezeigt, dass die EU mit 27 Mitgliedern im Zeitraum bis 2025 und darüber hinaus vor verschiedensten Herausforderungen stehen wird.
Dies betrifft u. a. aktuelle Entwicklungen, die auch in den nächsten Jahrzehnten nicht an Bedeutung verlieren werden, wie die digitale Revolution und die Globalisierung, demografischer Wandel und sozialer Zusammenhalt, wirtschaftliche Konvergenz und Klimawandel. Gleichzeitig erwarten die europäischen Bürgerinnen und Bürger, dass die Union und die nationalen Regierungen für Wohlstand, Stabilität und Sicherheit in einer sich rasch verändernden und unsicheren Welt sorgen 3 . In einem zunehmend von Unbeständigkeit geprägten globalen Umfeld könnten sich in der Zukunft weitere unerwartete Herausforderungen präsentieren.
Wenn sich das Handeln der EU – angesichts dieser neuen Herausforderungen und der aktuellen Entwicklungen – auf Sicherheit, wirtschaftliche Stärke, Nachhaltigkeit und Solidarität konzentrieren soll, stellt sich die Frage, ob der EU-Haushalt in seiner derzeitigen Form dafür geeignet ist. Wie passen die EU-Ausgaben mit diesen Prioritäten zusammen? Und welchen Spielraum für Verbesserungen haben wir?
3.1 Schutz und Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger der Union
Die Instabilität in der Nachbarschaft Europas und neue Formen des Terrorismus bringen innerhalb und außerhalb unserer Grenzen erhebliche Probleme mit sich. Von der Sicherheit eines einzelnen Mitgliedstaats hängt die Sicherheit der gesamten EU ab. Obwohl viele der Instrumente zur Förderung der Sicherheit aller Bürger und Bürgerinnen in der Hand der Mitgliedstaaten liegen, hat auch die EU eine wichtige Rolle zu spielen, sei es durch die verbesserte Kontrolle der Außengrenzen, die Verstärkung robuster Informationsnetzwerke, die Unterfütterung der von den Agenturen geleisteten Unterstützung oder den Umgang mit der gestiegenen Instabilität in unserer Nachbarschaft.
Bedrohungen der Sicherheit und der Gesundheit gibt es jedoch auch in anderen Bereichen, etwa wenn es um den Schutz krisenfester Lieferbeziehungen von Lebensmitteln und um Mechanismen geht, mit denen auf Gefahren für die öffentliche Gesundheit (z. B. die BSE-Rinderseuche oder die Schweinepest, Wasserverschmutzung und Chemikalien) reagiert wird. Ein weiteres Beispiel ist die gemeinsame Anstrengung im Kampf gegen weltweit auftretende Krankheiten (wie Ebola), die verheerende Folgen sowohl für Drittländer als auch für Europas Bürgerinnen und Bürger haben können. Hinzu kommt die Reaktion auf Naturkatastrophen und vom Menschen verursachte Katastrophen.
Wir müssen uns darüber klar werden, welche Rolle der EU-Haushalt bei der Unterstützung des Handelns der EU zum Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, aber auch bei der Umsetzung der Gesamtstrategie 4 und bei der Entwicklung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zur Bewältigung bestehender und neuer Bedrohungen – sowohl physischer Art als auch im Cyperspace – spielen könnte.
3.2 Wirtschaftliche Stärke, Nachhaltigkeit und Solidarität
Der EU-Haushalt sollte weiterhin dazu beitragen, die europäische Wirtschaft stärker und krisenfester zu machen, indem er Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Solidarität langfristig fördert.
Nachhaltige Entwicklung ist schon seit Langem ein zentraler Aspekt des europäischen Projekts. Was die Nachhaltigkeit betrifft, stehen die europäischen Gesellschaften heute vor zahlreichen Herausforderungen; sie reichen von der Jugendarbeitslosigkeit über die Bevölkerungsalterung, den Klimawandel und die Umweltverschmutzung bis zu nachhaltiger Energie und Migration. Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die darin verankerten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) (siehe die nachstehende Abbildung) sind ein Angelpunkt sowohl der nach innen als auch der nach außen gerichteten EU-Politik.
Ziele für nachhaltige Entwicklung stehen im Mittelpunkt der EU-Nachhaltigkeitspolitik
Quelle: Vereinte Nationen
Die zentralen Dimensionen der SDG – Wirtschaft, Soziales und Umwelt – wurden weitgehend in den EU-Haushalt und die EU-Ausgabenprogramme aufgenommen. Sie wurden als Querschnittsaufgaben in die Strategie Europa 2020 eingefügt, in der es um Bildung und Innovation („intelligent“), geringe CO2-Emissionen, Klimaresilienz und Umweltschutz („nachhaltig“) sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Armutsminderung („integrativ“) geht. Darüber hinaus besteht die politische Verpflichtung, mindestens 20 % der EU-Haushaltsmittel für 2014-2020 für den Klimaschutz einzusetzen und im Rahmen der Agenda 2030 bei den Ausgaben für öffentliche Entwicklungshilfe einen Wert von 0,7 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) zu erreichen.
Eine wichtige Herausforderung für die Union und insbesondere für das Euro-Währungsgebiet besteht darin, die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und zu verhindern, dass sich die soziale Schere weiter öffnet. Das Ziel muss sein, die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den und innerhalb der Mitgliedstaaten zu reduzieren und die Menschen in die Lage zu versetzen, sich voll und ganz in die Gesellschaft einzubringen. Derzeit betragen die EU-Ausgaben für Soziales – vom Arbeitsmarkt bis zur Armutsminderung, von sozialer Inklusion bis zur Bildung – lediglich 0,3 % der gesamten öffentlichen Sozialausgaben in der EU. Auch wenn dieser Anteil künftig einer Neubewertung unterzogen werden könnte, wird der Bereich der sozialen Absicherung zweifellos auch in Zukunft primär Sache der Mitgliedstaaten bleiben. Im Reflexionspapier über die soziale Dimension Europas wurden Bereiche umrissen, in denen EU-Mittel künftig einen größeren Beitrag leisten könnten, je nachdem, welchen Weg die EU-Sozialpolitik in Zukunft beschreitet.
Die Globalisierung kommt Menschen und Gebieten in unterschiedlichem Ausmaß zugute; besonders groß ist das Gefälle zwischen städtischen Ballungsräumen und Industrie- und ländlichen Gebieten mit rückläufiger Entwicklung. Das Reflexionspapier zu den Chancen der Globalisierung zeigt, dass der durch Globalisierung und technologischen Wandel verursachte wirtschaftliche Wandel begleitet werden muss, sodass jede Bürgerin und jeder Bürger sowie jede Region zum Binnenmarkt beitragen und von ihm profitieren kann und gleichzeitig wettbewerbsfähiger und krisenfester wird.
Wie wird im Rahmen des aktuellen EU-Haushalts auf diese Herausforderungen reagiert?
Jeder öffentliche Haushalt hat drei Grundfunktionen: Investitionen in öffentliche Güter, Umverteilung und makroökonomische Stabilisierung. Der EU-Haushalt erfüllt diese Funktionen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. So werden zum Beispiel öffentliche Güter über direkt auf EU-Ebene verwaltete Programme finanziert, etwa Horizont 2020 für den Bereich Forschung, oder Instrumente wie die Fazilität „Connecting Europe“ für Infrastrukturinvestitionen, und über gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und den Regionen im Rahmen der Kohäsionspolitik kofinanzierte Investitionen.
Damit wird eine Umverteilung erzielt (in Verbindung mit der Finanzierung und Bereitstellung öffentlicher Güter), und zwar durch die Kohäsionspolitik, die die wirtschaftliche Konvergenz sowie den sozialen und territorialen Zusammenhalt fördert, und durch die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums sowie über die Stützung landwirtschaftlicher Einkommen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).
Die Stabilisierungsfunktion ist nur indirekt abgedeckt. Für einige Mitgliedstaaten wirkt der EU-Haushalt stabilisierend, weil er über sieben Jahre hinweg konstant bleibt, was für ein gleichbleibendes, vom Konjunkturzyklus unabhängiges Investitionsniveau sorgt. Gleichzeitig sind die EU-Beiträge eines Mitgliedstaates an dessen Wirtschaftsleistung geknüpft, sodass sie im Falle einer Rezession sinken. Der EU-Haushalt wurde jedoch nicht dafür konzipiert, makroökonomische Schocks abzufedern.
Im Reflexionspapier über die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion wurde eine wichtige Frage aufgeworfen, nämlich ob die Einrichtung einer solchen Stabilisierungsfunktion und Mittel für eine weitere Konvergenz erwogen und von der Kommission weiter ausgelotet werden sollten.
Und schließlich hängt die Wirkung der Investitionen auch davon ab, in welchem Umfeld sie getätigt werden. Deshalb beherrschte in jüngster Zeit die Frage der Verknüpfung des EU-Haushalts mit Strukturreformen die Diskussion. Im Bereich der Kohäsionspolitik besteht diese Verknüpfung zwar schon, es lohnt sich jedoch darüber nachzudenken, ob das ausreicht und ob die Anreize verbessert werden könnten.
3.2.1 Direkt auf europäischer Ebene verwaltete Investitionen in öffentliche Güter
Im mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 fließen im Rahmen von Programmen oder Projekten, die direkt oder indirekt auf europäischer Ebene verwaltet werden, rund 13 % der EU-Haushaltsmittel in zentrale Prioritäten für nachhaltiges Wachstum.
Das größte dieser Programme ist der Europäische Fonds für strategische Investitionen, den Präsident Juncker im November 2014 nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008-2009 und dem darauffolgenden Investitionseinbruch ins Leben gerufen hat. Der Fonds ist auf gutem Wege, das angestrebte Ziel zu erreichen – die Mobilisierung von Investitionen in Höhe von 315 Mrd. Mit der vorgeschlagenen Erweiterung könnte der Fonds insgesamt Investitionen von mindestens 500 Mrd. EUR mobilisieren.
Im Rahmen von Horizont 2020, dem wichtigsten Finanzierungsinstrument für Spitzenforschung und Innovation in der Europäischen Union (74,8 Mrd. EUR), arbeiten 131 Länder auf der ganzen Welt zusammen, und seit 2014 wurden 13 000 hochwertige Projekte über dieses Programm finanziert.
Die Fazilität „Connecting Europe“ (30,4 Mrd. EUR) ist ein weiteres Beispiel für EU-Investitionen in leistungsstarke Infrastrukturen in den Bereichen Verkehr, Energie und Kommunikationstechnologie in Europa. Mit einem der Projekte soll zum Beispiel die Sicherheit der wichtigsten Bahnstrecke in Polen verbessert und gleichzeitig die Geschwindigkeit auf bis zu 200 km/h erhöht werden, um so den gesamten europäischen Fracht- und Personenverkehr entlang des zentralen Ostsee-Adria-Verkehrskorridors zu verbessern.
Erasmus+ (14,8 Mrd. EUR) ist das europäische Programm für für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport, an dem bis 2016 mehr als zwei Millionen Menschen teilgenommen haben.
Das Programm COSME 5 (2,3 Mrd. EUR) richtet sich an kleine und mittlere Unternehmen und erleichtert ihnen den Zugang zu Darlehen und Beteiligungskapital sowie zum Markt; es stellt Darlehensfinanzierungen in Höhe von mehr als 5,5 Mrd. EUR für mehr als 140 000 Unternehmen zur Verfügung. Das Programm trägt den Besonderheiten des europäischen Risikokapitalmarktes Rechnung, indem es in der Wachstums- und Expansionsphase in KMU investiert; 2016 wurde eine Kapitalbeteiligung von fast einer halben Milliarde Euro erreicht.
Die EU finanziert auch eine Reihe großangelegter Projekte und Infrastrukturvorhaben, die aufgrund ihres Umfangs ohne öffentliche Investitionen nicht durchgeführt werden könnten. Bemerkenswerte Beispiele sind Galileo, das globale Satellitennavigationssystem der EU, das seine Dienste mit bisher 15 voll einsatzfähigen EU-Satelliten erbringt, und das EU-Erdbeobachtungssystem Copernicus, das einer der weltweit bedeutendsten Anbieter von Massendaten werden dürfte.
Viele dieser Programme haben sich zu Aushängeschildern der EU entwickelt, wodurch die EU für die Bürgerinnen und Bürger im Alltag an Sichtbarkeit und Wiedererkennungswert gewonnen hat. Trotzdem gibt es noch Spielraum, um die Leistungsfähigkeit dieser Programme weiter zu stärken und ihre Wirkung zu erhöhen, insbesondere dadurch, dass Überschneidungen vermieden, Instrumente kombiniert sowie Komplementarität und Vereinfachung gewährleistet werden. Sollten die Mittelzuweisungen für diese Programme erhöht werden? Wie können wir sicherstellen, dass sie sich gegenseitig verstärken? Wie können Überschneidungen zwischen Programmen, mit denen in denselben Bereichen interveniert wird, verhindert werden, egal ob es um große Infrastrukturvorhaben oder die Förderung von KMU geht? Wege, wie der Einsatz von Finanzierungsinstrumenten in diesem Bereich verbessert, die maßgeblichen Regelungen vereinfacht und die Flexibilität erhöht werden können, werden in Abschnitt 4.2 dargelegt.
3.2.2 Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt
Während die Vorteile der Globalisierung breit gestreut sind, müssen die Kosten dafür oft lokal konzentriert getragen werden. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass viele Regionen in Europa ein deutlich höheres Risiko haben, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Spezialisierung, ihrer Arbeitskosten oder des Bildungsniveaus ihrer Arbeitskräfte unvermittelte Schocks zu erleiden. Gleichzeitig sind die Arbeitslosenzahlen, vor allem bei den jüngeren Generationen, nach wie vor zu hoch; in vielen Teilen Europas ist die Erwerbsbeteiligung gering, und die Zahl der armutsgefährdeten Menschen ist inakzeptabel hoch.
Diese unterschiedlich günstigen wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven können sozialpolitische Spannungen erzeugen und erfordern eine angemessene Reaktion seitens der EU, damit kein Mensch und keine Region zurück gelassen werden.
Die Förderung dauerhafter wirtschaftlicher Konvergenz und Resilienz ist das wichtigste Ziel der EU-Kohäsionspolitik, über die in Verbindung mit nationalen Kofinanzierungen mehr als 480 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020 mobilisiert werden.
In die derzeitige Programmgeneration wurden wichtige Reformen aufgenommen. Für zentrale europäische Prioritäten wie Beschäftigung, soziale Inklusion, Kompetenzen, Forschung und Innovation, Energie- und Ressourceneffizienz sind mehr Mittel vorgesehen. Die Zielsetzungen der Programme werden im Vorhinein festgelegt. Der wirtschaftliche, rechtliche und institutionelle Rahmen für Investitionen hat sich insgesamt verbessert. Und die Politik hat kofinanzierte Investitionen eng an die breiter gefasste wirtschaftspolitische Steuerungsagenda und Strukturreformen gebunden.
Globalisierung: Ist Europa vorbereitet?
Quelle: Europäische Kommission
Was wird im Rahmen der Kohäsionspolitik finanziert?
In Mrd. EUR
Kasten 2 – Beispiele für Ergebnisse im Rahmen der Kohäsionspolitik 2007-13
·Ausgaben für soziale Ziele: 9,4 Millionen Menschen fanden einen Arbeitsplatz und 8,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger erwarben Qualifikationen.
·Alle Mitgliedstaaten und Regionen haben Strategien für eine intelligente Spezialisierung entwickelt, um ihre Forschungs- und Innovationsmaßnahmen zielgerichteter einzusetzen. Mithilfe der Unterstützung wurden rund 95 000 Forschungs- und Innovationsprojekte sowie 42 000 neue Forschungsstellen geschaffen.
·Ungefähr 400 000 KMU wurden im Rahmen der Kohäsionspolitik unterstützt, wodurch mehr als 1 Million neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
·Ein Großteil der EU-Ausgaben für den Klimawandel und den Umweltschutz erfolgt im Rahmen der Kohäsionspolitik. So erhielten beispielsweise rund 6 Millionen Menschen Zugang zu einer besseren Trinkwasserversorgung, und 7 Millionen zu einer besseren Abwasserbehandlung.
·Die Mitgliedstaaten bauten oder erneuerten 2600 km Eisenbahnstrecken und 2400 km Straßen, die zum Transeuropäischen Netz gehören, zusätzlich zu den sekundären Netzen, die abgelegene Regionen mit dem übrigen Europa verbinden.
Zwar sind die Ergebnisse der Kohäsionspolitik im Allgemeinen positiv, doch in mehreren Bereichen sind Reformen erforderlich.
Erstens hat die Kohäsionspolitik die in den letzten Jahren aufgrund der Krise rückläufigen nationalen und regionalen Investitionen wirksam ausgleichen können. So konnten ernsthafte Störungen vermieden werden, doch die sich daraus ergebende zunehmende Kofinanzierung aus dem EU-Haushalt hat den allgemeinen Investitionseinsatz verringert.
Zweitens hat die Kohäsionspolitik zwar durch Erhöhung der Kofinanzierung und Anpassung ihrer Programme an die veränderten sozioökonomischen Bedürfnisse auf die Krise reagiert, es muss jedoch überprüft werden, wie sie sich künftig besser auf unerwartete Entwicklungen, Krisen und den gesellschaftlichen Wandel vorbereiten kann.
Drittens muss wohl die Verbindung zur wirtschaftspolitischen Steuerung und zum Europäischen Semester gestärkt werden, um zu gewährleisten, dass das System einfacher und transparenter wird und positive Anreize für konkrete Reformen in Richtung Konvergenz bietet.
Schließlich wurde die Handhabung der Politik immer schwerfälliger, was die Umsetzung vor Ort behinderte und zu Verzögerungen führte. Zahlreiche Kontrollebenen und eine komplexe Bürokratie erschweren den Begünstigten den Zugang zu den Finanzmitteln und verzögern die Umsetzung von Projekten. Deshalb ist ein radikalerer Ansatz erforderlich, die Implementierung zu vereinfachen, um in Zukunft eine agilere und flexiblere Programmplanung zu ermöglichen.
3.2.3 Nachhaltige Landwirtschaft
Über 500 Millionen Menschen in Europa profitieren von einer sicheren Versorgung mit hochwertigen, nachhaltig erzeugten Nahrungsmitteln zu bezahlbaren Preisen. Die europäischen Landwirte achten dabei auch auf die Einhaltung der Vorschriften für das Wohlergehen der Tiere, den Umweltschutz und die Lebensmittelsicherheit.
Die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und der ländlichen Gemeinden zu gewährleisten ist das Kernziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Im derzeitigen MFR 2014–2020 wird die GAP rund 400 Mrd. EUR mobilisieren, um marktbezogene Maßnahmen und Direktzahlungen für Landwirte sowie Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums zu finanzieren sowie die nachhaltige Landwirtschaft und solide ländliche Betriebe zu fördern. Bei diesem Betrag handelt es sich zu 70 % um Direktzahlungen. Diese Einkommensstützung füllt zum Teil die zwischen landwirtschaftlichem Einkommen und vergleichbaren Einkommen in anderen Wirtschaftszweigen bestehende Lücke. Bei der jüngsten Reform dieser Politik wurden tief greifende Änderungen am System der Direktzahlungen vorgenommen, um den besonderen Bedürfnissen junger Landwirtinnen und Landwirte und kleinerer Betriebe, spezifischer Sektoren oder benachteiligter Regionen sowie des Umweltschutzes Rechnung zu tragen.
Die Gemeinsame Agrarpolitik garantiert den Bürgerinnen und Bürgern Europas sichere, bezahlbare und hochwertige Nahrungsmittel. Dank mehrerer aufeinanderfolgender Reformen ist die europäische Landwirtschaft heute weltweit wettbewerbsfähig, kann fast zu Weltmarktpreisen produzieren und verzeichnet stetig wachsende Ausfuhrleistungen. Gleichwohl bestehen enorme Unterschiede, was die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe angeht. In einigen ländlichen Gebieten gibt es außerhalb der Landwirtschaft keine ernstzunehmenden alternativen Beschäftigungs- und Einnahmequellen. Einige Landwirtinnen und Landwirte haben sich jedoch inzwischen zusätzliche Einkommensquellen erschlossen, zum Beispiel aus Tourismus- und Freizeitaktivitäten, Wind- und Solarstromerzeugung oder Biogasanlagen.
Fast die Hälfte der Oberfläche der EU wird landwirtschaftlich genutzt, was Landwirte zu wichtigen Akteuren für den Erhalt natürlicher Ressourcen (Wasser, Luft, Boden und Artenvielfalt) macht: Sie setzen klimapolitische Maßnahmen in die Tat um und gestalten wertvolle Landschaften. Die GAP legt die erforderlichen Vorschriften und Anreize fest, um zu gewährleisten, dass Land- und Forstwirtschaft zur Lösung der weltweit drängenden Umwelt- und Klimaprobleme beitragen und die von den Bürgerinnen und Bürgern gewünschten öffentlichen Güter bereitstellen. Zu den wichtigsten Instrumenten gehören die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen der GAP, die Anreize für Landwirte schafft, Bewirtschaftungsstrategien und praktische Maßnahmen zu verfolgen und anzupassen, mit denen Wasserkörper, Böden, Artenvielfalt und Landschaften verbessert und erhalten werden und der Klimawandel in Betracht gezogen und bekämpft wird. Es werden jedoch zunehmend Forderungen laut, die Gemeinsame Agrarpolitik stärker auf die Bereitstellung öffentlicher Güter im Bereich Umweltschutz und Klimapolitik auszurichten. Dazu wären mehr gezielte und regional angepasste Fördermaßnahmen notwendig.
Die Agrarhandelsbilanz weist einen wettbewerbsfähigen Sektor aus
In Mio. EUR
Quelle: Europäische Kommission
Es besteht kein Einvernehmen über die Höhe der erforderlichen Einkommensstützung unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb des Sektors. In einigen Fällen tragen diese Zahlungen nicht zur strukturellen Entwicklung des Sektors bei, sondern führen zu einer Erhöhung der Landpreise, was junge Landwirte beim Einstieg in den Markt behindern könnte.
Direktzahlungen beruhen immer noch häufig auf alten Ansprüchen und konzentrieren sich auf Großbetriebe und Landbesitzer in reicheren Mitgliedstaaten. Im Durchschnitt erhalten 20 % der Begünstigten 80 % der Zahlungen. Dieses allgemeine Bild überdeckt jedoch die enormen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. So bewirtschaften zum Beispiel 92 % der Landwirte in Rumänien und 97 % in Malta kleine Betriebe, in Deutschland sind es weniger als 9 %.
Wem kommen die Förderungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zugute?
Quelle: Europäische Kommission
Der Großteil der GAP-Zahlungen wird zur Gänze aus dem EU-Haushalt finanziert wird und stellt damit eine direkte Verbindung zwischen den Begünstigten und der EU her. Die Politik erreicht Landwirte und Bürger in den entlegensten Gebieten Europas; dies hat positive Nebeneffekte für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in diesen Gegenden, ganz zu schweigen von ihrer höheren Krisenfestigkeit. Abgesehen von den Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung im Rahmen des zweiten Pfeilers der GAP ist dies der einzige Politikbereich, der gemeinsam mit den Mitgliedstaaten ohne nationale Kofinanzierung verwaltet wird.
Die Entwicklungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass der EU-Haushalt immer wieder spontan Soforthilfe bereitstellen musste, um auf besondere Entwicklungen wie den Rückgang der Preise für Milchprodukte oder das Einfuhrverbot Russlands für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse reagieren zu können. In der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik muss folglich das richtige Gleichgewicht von Instrumenten zwischen politischen Maßnahmen und Finanzausstattungen, Zuschüssen und Finanzierungsinstrumenten, Risikomanagementinstrumenten und anderen Marktorganisationen gefunden werden, um Risiken und unerwarteten Ereignissen in der Landwirtschaft begegnen zu können.
Kasten 3 – Beispiele für Ergebnisse im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik
·70 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche der EU werden von Begrünungsmaßnahmen erfasst, was mit 60 Mrd. EUR gefördert wird.
·Rund 47 Mio. Hektar oder etwa 25 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche der EU unterlagen einem Bewirtschaftungsvertrag über agrarumweltfreundliche Vorgehensweisen im Hinblick auf Wasser, Boden und Artenvielfalt.
·Gründung und Aufbau von 200 000 ländlichen Unternehmen (145 000 junge Landwirte erhalten Unterstützung für die Gründung von Betrieben und 62 000 Kleinstunternehmen)
·Förderung von mehr als 25 000 Infrastrukturprojekten im Umweltbereich, z. B. Abwassersystem und verbesserte Abfallbehandlung in entlegenen und ländlichen Gebieten
·2400 lokale Aktionsgruppen erhielten Unterstützung zur Entwicklung und Umsetzung von Strategien für ihre örtlichen Bereiche.
3.3 Steuerung der Migration
Die EU-Außengrenzen sind zunehmend zum Schauplatz menschlicher Tragödien geworden, weshalb die EU gemeinsam mit den Mitgliedstaaten unverzüglich handeln muss. Gleichzeitig muss die Migration in allen ihren Aspekten besser gesteuert werden, sodass die EU bemüht sein sollte, ihre Mitgliedstaaten mit den Hilfsmitteln auszustatten, die mittel- und langfristig dafür erforderlich sind.
Bei der Steuerung der Migration handelt es sich um eine Aufgabe in gemeinsamer Verantwortung nicht allein der EU-Mitgliedstaaten untereinander, sondern auch gegenüber Drittländern, die Transit- und Herkunftsländer der Migranten sind. Durch eine Verschränkung von Innen- und Außenpolitik entwickeln die Mitgliedstaaten ein Gesamtkonzept, das auf gegenseitigem Vertrauen und Solidarität der EU-Mitgliedstaaten und -Institutionen untereinander gegründet ist.
Was die Steuerung der Migrationsströme angeht, so wurden die Mitgliedstaaten aus dem aktuellen EU-Haushalt bereits beim Aufbau geeigneter Aufnahme- und Schutzstrukturen, bei der Bekämpfung der Ursachen von Migration und beim Schutz des Schengen-Raums unterstützt. Im Zeitraum 2015-2017 wurden über 17 Mrd. EUR (das entspricht 3,7 % des gesamten EU-Haushalts) für die Bewältigung dieser Probleme bereitgestellt.
Mit EU-Mitteln wurden beispielsweise sogenannte Hotspots in Griechenland und Italien mit einer Gesamtkapazität von mehr als 9000 Plätzen aufgebaut. 2016 wurden in Griechenland Unterkünfte für über 35 000 Menschen bereitgestellt: anfangs noch Zelte, später winterfeste Container sowie 417 sichere Räume für unbegleitete Minderjährige. Die neu geschaffene Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache hat 2016 bei der Rettung von 174 500 Menschen aus dem Mittelmeer geholfen.
3.4 Externe Herausforderungen, Sicherheit, humanitäre Hilfe und Entwicklung
In den letzten Jahren musste Europa auf neue externe Herausforderungen reagieren, die auf Instabilität und Unsicherheit in seiner unmittelbaren Nachbarschaft und darüber hinaus zurückzuführen waren. Die Bürgerinnen und Bürger Europas sind generell beunruhigt über Migration, Terrorismus und externe Sicherheitsbedrohungen und wünschen sich Maßnahmen auf EU-Ebene, auch im Bereich Verteidigung. Sie erwarten, dass Europa eine Führungsrolle in der Welt übernimmt, um die Auswirkungen der Globalisierung zu bewältigen, eine auf Regeln beruhende Ordnung, verantwortungsvolles Regierungshandeln sowie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte, aber auch eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu verteidigen und vor allem in Europas unmittelbarer Nachbarschaft Stabilität und Sicherheit zu vermitteln. Fast 9 von 10 EU-Bürgerinnen und -Bürgern hält es für wichtig, Entwicklungsländer zu unterstützen. 82 % der Europäer sind der Meinung, Anderen zu helfen sei eine Win-Win-Option und klar im Interesse Europas. Auch im Bereich der Außenbeziehungen sehen sie einen deutlichen Mehrwert darin, auf europäischer Ebene zu handeln.
Aktuell wird das auswärtige Handeln der EU mit 96,5 Mrd. EUR unterstützt; dies schließt den außerbudgetären 11. Europäischen Entwicklungsfonds (30,5 Mrd. EUR) für die Partner der EU in Afrika, im pazifischen und karibischen Raum mit ein. Sodann sind im aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen rund 6 % des EU-Haushalts für auswärtiges Handeln veranschlagt; die größten Finanzausstattungen erhalten dabei das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (19,7 Mrd. EUR), das Europäische Nachbarschaftsinstrument (15,4 Mrd. EUR) und das Instrument für Heranführungshilfe (11,7 Mrd. EUR). Für humanitäre Hilfe sind 8 Mrd. EUR vorgesehen. Diese Mittel wurden in den vergangenen Jahren laufend abgerufen und aufgestockt, wobei alle zur Verfügung stehenden Spielräume ausgenutzt worden sind, um die zahlreichen humanitären und sonstigen Notlagen in Europa, die gestiegene Zahl vertriebener Menschen, den beispiellosen Bedarf an humanitärer Hilfe und die Komplexität der Krisen zu bewältigen, die sicherlich andauern werden.
Das auswärtige Handeln der EU findet zwar in Partnerländern außerhalb der Union statt, schützt jedoch auch die Interessen und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Als weltweit größte Geber von Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe – auch im Rahmen der gemeinsamen Verpflichtung der EU-Staaten, 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) aufzuwenden – spielen die EU und die Mitgliedstaaten eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, andere auf der ganzen Welt zu unterstützen. Das auswärtige Handeln der EU fördert die Stabilität an den EU-Grenzen und darüber hinaus, unterstützt die Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern und gestaltet Zusammenarbeit in Bereichen, die für die EU von Interesse sind. Außerdem befasst es sich mit den Ursachen irregulärer Migration und extremistisch motivierter Gewalt. Dabei bilden die Finanzhilfen der EU normalerweise die Grundlage, die durch die Entwicklungshilfe der einzelnen Mitgliedstaaten aufgestockt wird; dadurch erhöht sich die kritische Masse und durch gemeinsame Programmplanung und Umsetzung auch die Wirkung der Maßnahmen in den Partnerländern.
Die neuen Herausforderungen für das auswärtige Handeln der EU gemäß der Gesamtstrategie für die Außen-und Sicherheitspolitik der Europäischen Union machen klar, dass die EU-Finanzen auf diese neuen Prioritäten und die Wirksamkeit der diversen Instrumente in diesen Bereichen ausgerichtet werden müssen, auch in den EU-Delegationen. Dies gilt vor allem für die Verteidigung, aber auch für die EU-Auslandsinvestitionen, bei denen möglicherweise Bedarf besteht, umfangreiche private Finanzmittel zu mobilisieren und spürbare Auswirkungen auf den Frieden und die Stabilität sowie starke wirtschaftliche Beziehungen zu erzielen. Die Erfahrungen der letzten Jahre legen auch nahe, dass die externen und internen Politikbereiche enger koordiniert werden müssen; dazu zählt auch die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für Wachstum und des Pariser Klimaübereinkommens sowie die Umsetzung des Migrationspartnerschaftsrahmens mit Drittländern.
4.OPTIONEN FÜR DIE KÜNFTIGEN EU-FINANZEN
Der Konzeption des künftigen EU-Haushalts muss von einer klaren Vision der europäischen Prioritäten und der Entschlossenheit geprägt sein, in die Bereiche zu investieren, die wirtschaftliche Stärke, Nachhaltigkeit, Solidarität und Sicherheit für die Zukunft gewährleisten.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union und den Finanzierungsbedarf neuer Prioritäten eine Finanzierungslücke in der EU entsteht. Innerhalb des derzeitigen Finanzrahmens wurden die neuen Prioritäten hauptsächlich dadurch finanziert, dass die bestehende Flexibilität voll ausgereizt wurde.
In Zukunft müssen die Steuerung der Migration, die innere und äußere Sicherheit, die Kontrolle der Außengrenzen, die Bekämpfung des Terrorismus und die Verteidigung mit einer längerfristigen Perspektive ebenso im Haushaltsplan erfasst werden wie fortdauernde Investitionen zur Förderung von Stabilität und nachhaltiger Entwicklung in unseren Partnerländern. Der Umfang, der Aufbau und der Inhalt des künftigen EU-Haushalts müssen den politischen Zielen entsprechen, die die Europäische Union sich für die Zukunft setzt. Wird die EU weitermachen wie bisher, weniger tun, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten voranschreiten, eine radikale Umgestaltung vornehmen oder viel mehr gemeinsam handeln?
Schwierige Entscheidungen stehen an. Kann Europa mit einem schrumpfenden Haushalt seine bestehenden Strategien fortführen und neue Prioritäten umsetzen? Falls nicht, wo sollten Kürzungen vorgenommen und Ambitionen zurückgeschraubt werden? Oder sollte die Lücke durch höhere Beiträge der 27 Mitgliedstaaten, alternative Einnahmequellen oder eine Kombination dieser beiden Elemente geschlossen werden, damit die EU-27 gemeinsam mehr tun kann? Wie immer auch das Ergebnis lauten wird, die vorhandenen Mittel müssen den Ambitionen entsprechen.
Ein EU-Haushalt, der den globalen Herausforderungen gerecht wird
Quelle: Europäische Kommission
4.1 Was sollten die Schwerpunkte des künftigen EU-Haushalts sein?
4.1.1 Auf aktuelle Entwicklungen und neue Herausforderungen reagieren
Der EU-Haushalt sollte nach wie vor aktuelle Entwicklungen aufgreifen, die die Gestalt der EU in den kommenden Jahren bestimmen werden. Es gibt zudem eine Reihe neuer Herausforderungen, in denen mehr Aufgaben als heute auf den EU-Haushalt zukommen. Dazu zählen die Steuerung der irregulären Migration und der Umgang mit Flüchtlingen, einschließlich deren Integration, die Kontrolle der Außengrenzen, die Sicherheit, die Cybersicherheit, die Bekämpfung des Terrorismus und die gemeinsame Verteidigung.
Erstens müssen in einer Union, die eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft und gleichzeitig Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt anstrebt, unbedingt die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen und innerhalb von Mitgliedstaaten abgebaut werden. Dies ist von entscheidender Bedeutung für den Euroraum, wo von diesen Unterschieden mittelfristig eine Gefährdung der nachhaltigen Entwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion ausgeht. Die Reflexionspapiere über die soziale Dimension Europas und zur Globalisierung als Chance enthalten eine Reihe diesbezüglicher Denkanstöße. Oberste Priorität hätten Investitionen in Menschen, d. h. in die allgemeine und berufliche Bildung, Gesundheit, Gleichstellung und soziale Inklusion. Auch eine nach dem Vorbild des Jugendgarantie-Programms mit EU-Geldern geförderte Kindergarantie könnte eine Option sein. Es ist wichtig, dass Sozialausgaben diejenigen erreichen, die sie am meisten benötigen, vor allem in Regionen mit großer sozialer Ungleichheit. Die bestehenden Kriterien für solche zielgerichteten Ausgaben müssen vor diesem Hintergrund möglicherweise überdacht werden.
Zweitens herrscht, obgleich der Großteil der Finanzmittel für die Verteidigung Europas weiterhin aus nationalen Haushalten stammen wird, Konsens über die Notwendigkeit, hier gemeinsam voranzuschreiten, zum Beispiel bei Forschung und Entwicklung, bei der Wettbewerbsfähigkeit der industriellen Basis Europas und bei der Auftragsvergabe. Dabei sollte aus dem EU-Haushalt ein Europäischer Verteidigungsfonds finanziert werden, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu verbessern. Der EU-Haushalt sollte ferner in der Lage sein, die derzeitige Unterstützung der Partnerländer beim Kapazitätsaufbau sowie die Militär-/Verteidigungskomponente zu verstärken, wo mehr Solidarität in Bezug auf die Finanzierung operativer Maßnahmen, darunter Militärmissionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, erforderlich ist.
Alles in allem wird für die Umsetzung dieser neuen Ambitionen im Verteidigungsbereich ab 2020 ein stetiger Mittelfluss aus unterschiedlichen Quellen erforderlich sein. Dank des Beitrags aus dem EU-Haushalt zum Europäischen Verteidigungsfonds in Höhe von 1,5 Mrd. EUR jährlich und der Finanzierungsbeiträge der Mitgliedstaaten zu gemeinsamen Entwicklungsprojekten könnte der Fonds nach 2020 Gesamtinvestitionen in die Verteidigungsforschung und die Entwicklung der Verteidigungsfähigkeit von jährlich 5,5 Mrd. EUR hervorbringen.
Drittens hat die Kommission in ihrem Reflexionspapier über die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion den Gedanken hervorgehoben, Anreize für die Unterstützung von Strukturreformen zu schaffen. Diese Anreize könnten als finanzielle Vergütungen konzipiert werden und würden den kurzfristigen wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Kosten von Strukturreformen Rechnung tragen und deren erfolgreiche Umsetzung erleichtern. Die Anreize könnten entweder im Rahmen der Kohäsionspolitik verstärkt oder im Rahmen eines neuen, eigenständigen Fonds geschaffen werden, der allen Mitgliedstaaten offensteht. Durch sie sollten die europäischen Strategien und Maßnahmen im Einklang mit den länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters unterstützt werden. Die technische Unterstützung für diese Bemühungen könnte ebenfalls aus dem EU-Haushalt gefördert werden. Bevor die Kommission konkrete Initiativen in Erwägung zieht, wird sie diese Optionen sorgfältig prüfen.
Die Achtung der EU-Grundwerte bei der Entwicklung und Umsetzung der EU-Politik ist ganz entscheidend. 6 Im Rahmen der öffentlichen Debatte gab es neue Vorschläge, die Auszahlung von EU-Mitteln vom Stand der Rechtsstaatlichkeit in den einzelnen Mitgliedstaaten abhängig zu machen. Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit ist nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger Europas wichtig, sondern auch für unternehmerische Initiative, Innovation und Investitionen, die dort am erfolgreichsten sind, wo der rechtliche und institutionelle Rahmen in vollem Umfang auf die gemeinsamen Werte der Union verpflichtet ist. Somit besteht ein klarer Zusammenhang zwischen der Rechtsstaatlichkeit einerseits und einer effizienten Durchführung der aus dem EU-Haushalt geförderten Investitionen aus privater oder öffentlicher Hand andererseits.
Viertens stellt sich die wichtige Frage, ob der nächste EU-Haushalt eine gewisse Stabilisierungsfunktion erfüllen sollte. Im Reflexionspapier über die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion wurde angeregt, bereits im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen eine makroökonomische Stabilisierungsfunktion einzuführen. Ihr Ziel wäre der Schutz vor großen Schocks, von denen die einzelnen Länder in unterschiedlichem Maß betroffen sind (sogenannte „asymmetrische Schocks“). Die Stabilisierungsfunktion könnte die Form einer Schutzregelung für Investitionen, einer Rückversicherung für die nationalen Arbeitslosversicherungen oder eines „Rainy-Day-Fonds“ haben. Der Zugriff auf diese Funktion wäre natürlich an ganz klare Voraussetzungen geknüpft.
Diese Optionen könnten aus bestehenden Instrumenten oder aus einem neuen Instrument finanziert werden. Ferner wird diskutiert, ob eine derartige Stabilisierungsfunktion mit einer neuen, ausschließlich auf den Euroraum ausgerichteten Fiskalkapazität verknüpft werden sollte, oder ob diese Funktion vom EU-Haushalt übernommen werden könnte, zumal selbst zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits 85 % des EU-BIP im Euroraum erwirtschaftet werden. Im Reflexionspapier über die Vertiefung der WWU wird als eine Option vorgeschlagen, die Stabilisierungsfunktion solle „sich in den bestehenden Rahmen der Europäischen Union einfügen und könnte allen EU-Mitgliedstaaten offenstehen.“
Die Einführung einer Fiskalkapazität zur Stabilisierung des Euroraums würde eine qualitativ neue Dimension für die EU-Finanzen mit sich bringen. Auf längere Sicht wird in dem Papier auch eine Debatte eröffnet über einen eigenständigen Haushalt für den Euroraum mit sehr viel weiter gefassten Zielen, deutlich höheren Ressourcen und eigenen Einnahmequellen.
Fünftens müssen wir zu neuen, nachhaltigen Entwicklungsmodellen übergehen, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte in einem ganzheitlichen und integrierten Ansatz behandeln. Für einen erfolgreichen Übergang müssen enorme Investitionen getätigt werden, die zum größten Teil in eine CO2-arme Energieinfrastruktur (Energieerzeugung, -übertragung und -verteilung) fließen werden. Beispielsweise muss sich der Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Stromerzeugung bis 2030 nahezu verdoppeln, wenn die EU ihre Energie- und Klimaschutzziele erreichen soll. Der EU-Haushalt kann als Katalysator für die Mobilisierung der notwendigen zusätzlichen Investitionen aus privater oder öffentlicher Hand dienen.
Sechstens müssen alle bestehenden Instrumente auf den Prüfstand gestellt werden. Auch wenn es in diesem Papier in erster Linie um die Reform der beiden ausgabenintensivsten Politikbereiche (Agrar- und Kohäsionspolitik) geht, sollte kein aus dem EU-Haushalt gefördertes Programm oder Instrument von der Prüfung auf seinen Mehrwert für die EU ausgenommen werden. Wir müssen untersuchen, ob alle vorhandenen Instrumente wirklich unverzichtbar sind oder ob Programme möglicherweise zusammengelegt oder eingestellt werden können. Noch wichtiger ist die Kohärenz zwischen den EU-Instrumenten, damit gewährleistet ist, dass sie alle die Ziele der EU unterstützen und Reformen in den Mitgliedstaaten erleichtern. Im Bereich der KMU-Finanzierung beispielsweise kommen unter Umständen dieselben Begünstigten für eine Unterstützung aus mehreren Instrumenten in Betracht, die unter verschiedene Programme (COSME, Horizont 2020 und EFSI) fallen oder von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Kohäsionspolitik implementiert werden. Aufgrund dieser Überschneidungen zwischen den verfügbaren Produkten ist für die Finanzintermediäre nicht immer deutlich, welche Förderung beantragt werden sollte. Die im selben Politikbereich geltenden Regeln und Bedingungen sollten aneinander angeglichen werden.
Außerdem gibt es Anzeichen von Konkurrenz- und Verdrängungseffekten zwischen EU-Programmen – etwa im Infrastrukturbereich, wo die aus dem EFSI gewährten Darlehen und Garantien das CEF-Fremdfinanzierungsinstrument ergänzen sollen, die Implementierung aber erkennen lässt, dass sich die Inanspruchnahme des CEF-Instruments und der im Rahmen der Kohäsionspolitik verfügbaren Mittel mit der Einführung des EFSI verlangsamt hat.
Siebtens könnte es bei den externen Politikbereichen erforderlich sein, die Zahl der Instrumente zu verringern, aber dafür ihre Flexibilität zu steigern, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Dies könnte auch interne Umschichtungen zwischen regionalen oder thematischen Prioritäten erleichtern, wenn im Fall einer Krise kurzfristig reagiert werden muss.
Die Einbeziehung des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) in den EU-Haushalt und den MFR wurde häufig auch als Option erörtert, um die Einheit des Haushalts und die Rechenschaftspflicht zu verbessern. Eine solche Option kann aber auch Nachteile mit sich bringen, da einige derzeitige Tätigkeiten, z. B. die Friedensfazilität für Afrika, möglicherweise gemäß den Vorschriften nicht aus dem EU-Haushalt unterstützt werden.
Wenn die Mitgliedstaaten Ausgaben von den nationalen Haushalten auf den EU-Haushalt umschichten, so ist dies nicht als Nettoanstieg des Ausgabenniveaus, sondern als Übertragung bestehender Ausgaben von den nationalen Haushalten auf den EU-Haushalt anzusehen, womit im Prinzip ein höherer Mehrwert erzielt werden dürfte. Würde also beispielsweise der EEF in den EU-Haushalt und den MFR einbezogen, so müsste das Gesamtvolumen des MFR um den Umfang des Fonds aufgestockt werden.
Für die ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Politiken ist schließlich auch ein leistungsfähiger und effizienter europäischer öffentlicher Dienst erforderlich. Seit 2013 nehmen die EU-Organe die von ihnen zugesagten Personalkürzungen vor – und dies trotz Übertragung neuer Aufgaben wie der Bewältigung der Flüchtlingskrise oder der Abwehr von Sicherheitsbedrohungen – und auch in den EU-Delegationen im Ausland. Im künftigen Haushalt der EU sollten daher Vorkehrungen für einen leistungsfähigen europäischen öffentlichen Dienst getroffen werden, der für begabte junge Menschen aus der ganzen Union attraktiv ist und die aus diesem Reflexionsprozess resultierenden Prioritäten umsetzen kann. Bei Beschlüssen über künftige Politikbereiche und Instrumente sollten die Auswirkungen auf die Humanressourcen berücksichtigt werden.
Ein weiterer Personalabbau könnte das reibungslose Funktionieren der EU-Organe gefährden. Im Rahmen früherer Reformen wurden zudem die Gehälter gekürzt, die Arbeitszeit erhöht und das Renteneintrittsalter heraufgesetzt. Das Interesse junger Menschen aus Mitgliedstaaten mit relativ hohem Pro-Kopf-Einkommen, für die EU-Organe zu arbeiten, geht eindeutig zurück. Auch wenn die Arbeitsbedingungen nur ein Faktor bei solchen Entscheidungen sein mögen, ist die Tendenz doch unverkennbar.
4.1.2 Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
Die Gemeinsame Agrarpolitik bietet den europäischen Bürgerinnen und Bürgern einen erheblichen Mehrwert und verwirklicht die im Vertrag verankerten Ziele. Sie war die erste gemeinsame Politik der EU und hat sich im Laufe der Zeit durch eine Reihe von Reformen stark weiterentwickelt. In der aktuellen Debatte werden verschiedene Optionen für eine weitere Reform geprüft, dank der diese Politik effizienter und gerechter werden und zugleich ihre unverändert geltenden Ziele (Gewährleistung sicherer und gesunder Lebensmittel, eines wettbewerbsfähigen Sektors und eines angemessenen Lebensstandards für die landwirtschaftliche Bevölkerung sowie Schutz der natürlichen Ressourcen, der Landschaften und der Umwelt sowie Klimaschutz) erreichen soll. Die Tragweite dieser Politik geht weit über die Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen allein hinaus. Dennoch herrscht in vielen ländlichen Gebieten das Gefühl, den Anschluss zu verlieren. Die Stimmen mehren sich, die eine stärkere Ausrichtung der Politik auf die Bereitstellung öffentlicher Güter fordern (z. B. sichere und gesunde Lebensmittel, Nährstoffmanagement, Antworten auf den Klimawandel, Schutz der Umwelt und Beitrag zur Kreislaufwirtschaft).
An einer Modernisierung und Vereinfachung der GAP wird nach wie vor gearbeitet. Als eine der Optionen wird der Vorschlag erörtert, die Direktzahlungen gezielter für die Sicherung eines Einkommens für alle Landwirte in der EU einzusetzen, insbesondere für abgelegene Gebiete und die ärmsten landwirtschaftlichen Betriebe. Eine solche Option könnte in der Kürzung der Direktzahlungen für große landwirtschaftliche Betriebe bestehen.
Eine erwägenswerte Option ist die Einführung einer nationalen Kofinanzierung der Direktzahlungen, mit der die Gesamthöhe der derzeitigen Unterstützung aufrechterhalten wird. Zur Bewältigung von Krisen könnten Risikomanagementinstrumente ins Auge gefasst werden. Bei allen Änderungen müsste eine der wichtigsten Errungenschaften der Politik gewahrt bleiben: ein funktionierender Binnenmarkt, der gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Erzeuger in der gesamten EU gewährleistet.
Lebensfähige Gemeinschaften im ländlichen Raum sind für die Nachhaltigkeit des allergrößten Teils des Gebiets der EU unverzichtbar. In diesem Zusammenhang gibt es Spielraum für Verbesserungen und stärkere Synergien mit anderen Fonds. Eine Möglichkeit bestünde darin, die Tätigkeit der verschiedenen Strukturfonds in ländlichen Gebieten zu rationalisieren und Überschneidungen zu beseitigen.
Es besteht noch Spielraum für eine weitere Wirkungssteigerung dieser Politik, indem man den Schwerpunkt darauf verlagert, den Landwirten verstärkt Anreize zu geben, öffentliche Güter und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Umwelt- und Klimaschutz bereitzustellen. Die Landwirte sollten zu Investitionen in neue Technologien und den Umweltschutz ermuntert werden, indem sie im Rahmen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums positive Anreize auf der Grundlage von Verträgen erhalten. Damit würde sich der derzeitige Verwaltungsaufwand für alle Landwirte verringern.
4.1.3 Reform der Kohäsionspolitik
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Kohäsionspolitik wirksamer zu gestalten und die Wirkung ihrer Investitionen zu maximieren.
Erstens: Die Kohäsionspolitik könnte flexibler gestaltet werden, damit sie – beispielsweise durch eine nicht vorab auf Mitgliedstaaten verteilte Kapazität – auf neue Herausforderungen reagieren kann. Parallel dazu könnte ein flexiblerer Europäischer Fonds für die Anpassung an die Globalisierung mit einem erweiterten wirtschaftlichen und sozialen Instrumentarium durch eine engere Verknüpfung mit der Kohäsionspolitik mehr Wirkung erzielen. Dies würde darüber hinaus die allgemeine Flexibilität des EU-Haushalts stärken.
Zweitens: Die Kohäsionspolitik muss zügiger umgesetzt werden, und der Übergang von einem Programmplanungszeitraum zum nächsten muss glatter verlaufen. Eine Reihe von Maßnahmen sind denkbar, wie strengere Vorschriften für die Aufhebung von Mittelbindungen, kürzere Verfahren für den Abschluss von Programmen, kürzere, flexiblere Verfahren für die Einsetzung von Verwaltungsbehörden und für die Programmplanung.
Drittens: Defizite bei der Verwaltungskapazität und unzureichende Qualität der Institutionen beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit, schränken die Wirksamkeit von Investitionen ein und hemmen das Wachstum in erheblichem Maße. Der EU-Haushalt sollte dazu beitragen, den Aufbau von Verwaltungskapazitäten in den wichtigsten Investitionsbereichen, die eine finanzielle Unterstützung der EU erhalten, weiter voranzutreiben. Neue Konzepte für den Aufbau von Verwaltungskapazitäten könnten geprüft werden, beispielsweise durch eine bessere Koordination der verfügbaren Instrumente und eine engere Einbindung der Kommission. Die Initiative für strukturschwache Regionen im Rahmen der Kohäsionspolitik war ein wichtiges Pilotprojekt, dessen erfolgreiche Bestandteile weiter ausgebaut werden können.
Viertens: Die nationalen Kofinanzierungsbeiträge zur Kohäsionspolitik sollten angehoben werden, um sie besser auf die einzelnen Länder und Regionen abzustimmen und das Verantwortungsbewusstsein zu stärken. Es wäre zudem die Frage zu stellen, ob Mittel der Kohäsionspolitik für stärker entwickelte Länder und Regionen verfügbar sein sollen.
Fünftens: Ein einziger Investitionsfonds oder ein einheitliches Regelwerk für die bestehenden Fonds würde für eine kohärentere Investitionstätigkeit sorgen und den Begünstigten das Leben erleichtern. Ein einheitliches Regelwerk würde auch die Kohärenz zwischen der Kohäsionspolitik und anderen Instrumenten zur Finanzierung vergleichbarer Programme und Projekte verbessern. Dadurch würde die Komplementarität beispielsweise zwischen der Kohäsionspolitik und Horizont 2020 oder der Fazilität „Connecting Europe“ gestärkt.
Sechstens: Das derzeitige System der Mittelzuweisung könnte überarbeitet und neue Kriterien könnten aufgenommen werden, beispielsweise im Zusammenhang mit den Herausforderungen, denen sich Europa stellen muss, wie demografische Entwicklung, Arbeitslosigkeit, soziale Inklusion und Migration oder Innovation und Klimawandel.
4.2 Wie sollte der künftige EU-Haushalt funktionieren?
Wenn feststeht, wofür die Mittel eingesetzt werden sollen, gilt es, bei der Konzeption des Haushalts eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen.
Kasten 4 – Grundsätze für die Reform
Die Konzeption des künftigen EU-Haushalts sollte von den folgenden zentralen Grundsätzen getragen werden:
§Mehrwert für die EU: Finanzmittel sollten schwerpunktmäßig auf die Bereiche konzentriert werden, die den höchsten Mehrwert bieten; dabei ist den verschiedenen Dimensionen Rechnung zu tragen, die in Abschnitt 2 genannt sind (z. B. Ergebnisorientierung).
§Rechenschaftspflicht: Die Debatte über den künftigen EU-Haushalt wird demokratisch und transparent geführt. Der Einsatz zusätzlicher Instrumente außerhalb des EU-Haushalts sollte auf ein Mindestmaß beschränkt werden, da sie die Klarheit des Haushaltsplans beeinträchtigen und die demokratische Kontrolle, die Transparenz und eine verantwortungsvolle Verwaltung gefährden.
§Mehr Flexibilität innerhalb eines stabilen Rahmens: Die mehrjährige Struktur des EU-Haushalts ist von Vorteil. Langfristige Investitionen setzen Sicherheit und Vorhersagbarkeit voraus. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass mehr Flexibilität vonnöten ist, um auf Krisen und unerwartete Ereignisse reagieren zu können. Dies sollte sich in einer flexibleren Struktur widerspiegeln, und ein höherer Anteil der Mittel sollte nicht vorab zugewiesen werden.
§Einfachere Regeln: Die Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht durch übermäßigen bürokratischen Aufwand davon abgeschreckt werden, eine EU-Finanzierung zu beantragen. Die Bemühungen zum Bürokratieabbau und zur weiteren Vereinfachung der Durchführungsregeln sollten deshalb fortgesetzt werden. Mit einem einheitlichen Regelwerk wäre dabei schon viel erreicht.
4.2.1 Stabilität und Flexibilität
Es muss das richtige Gleichgewicht zwischen Stabilität und Flexibilität der Finanzierung erreicht werden.
Ein Faktor dieses Gleichgewichts ist die Geltungsdauer des Finanzrahmens. Die früheren MFR erstreckten sich fast ausnahmslos über sieben Jahre; der Vertrag schreibt derzeit einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren vor. Die meisten Mitgliedstaaten, Regionen und Interessengruppen sind daher damit vertraut, in einem solchen Zyklus zu arbeiten. Die Rückführung der derzeitigen Geltungsdauer von sieben Jahren auf fünf würde die Vorhersehbarkeit der Finanzierung schmälern. Vor allem bei längerfristigen Investitionen könnte dies ein Problem darstellen. Darüber hinaus hieße dies, dass bereits in der Anfangsphase eines MFR damit begonnen werden müsste, den nächsten MFR vorzubereiten. Dadurch würde die Möglichkeit, Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen, weiter beschnitten. Dies könnte letztendlich dazu führen, dass sich die Organe permanent im „Verhandlungsmodus“ befinden.
Positiv zu vermerken ist allerdings, dass eine kürzere Geltungsdauer auch mit mehr Flexibilität einherginge und die Anpassung an unvorhergesehene Entwicklungen vereinfachen würde. Darüber hinaus wäre ein Zeitrahmen von fünf Jahren auf die Mandatsperiode des Europäischen Parlaments und der Kommission abgestimmt. Dadurch würde die demokratische Debatte über die Ausgabenprioritäten gestärkt und der EU-Haushalt deutlicher ins Zentrum der europäischen Politik gerückt.
Eine weitere Option ist ein MFR von 5+5 Jahren mit einer obligatorischen Halbzeitüberprüfung mit dem Ziel, den Rahmen an neue Prioritäten anzupassen. Bei dieser Option wäre es jedoch erforderlich, erst einmal die Obergrenzen und die Rechtsgrundlagen des MFR für die gesamte Dauer von bis zu zehn Jahren festzulegen. Dies könnte dazu führen, dass zur Halbzeit die Bereitschaft, größeren Änderungen zuzustimmen, geringer ist, als wenn tatsächlich über einen neuen MFR verhandelt wird.
Es gibt andere Wege, zu der benötigten Flexibilität zu gelangen. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass bei der derzeitigen Struktur die Möglichkeiten einer Anpassung an unerwartete Erfordernisse begrenzt sind. Ein Faktor dafür ist, dass Ausgaben strikt innerhalb bestimmter Kategorien getätigt werden und dass es schwierig ist, Mittel zwischen Haushaltsrubriken umzuschichten. Ein weiterer Grund ist die hohe Zahl unterschiedlicher Programme und Haushaltslinien, die im Laufe der Zeit eingerichtet wurden. Dies führte zu einer Vielzahl unterschiedlicher Instrumente, die sich oft überschneiden.
Die Flexibilität der EU-Finanzen wird auch dadurch eingeschränkt, dass rund 80 % des MFR vorab bestimmten Politikbereichen, Mitgliedstaaten oder Ausgabenbudgets für Drittländer zugewiesen werden. Die bestehenden Mechanismen für die rasche Umschichtung von Mitteln auf neue Prioritäten oder zwischen Jahren haben eine gewisse Anpassungsfähigkeit ermöglicht. Die bestehende Flexibilität dürfte jedoch nicht ausreichen, um bekannte Herausforderungen und unbekannte künftige Entwicklungen in der gleichen Größenordnung in einem instabilen Umfeld zu bewältigen. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, dass ein Teil der Mittel (oft als „nicht verplante Reserve“ bezeichnet) innerhalb eines Ausgabenprogramms nicht zugewiesen und für unerwartete Entwicklungen reserviert wird.
Darüber hinaus könnte eine aus nicht ausgeschöpften Mitteln aus den Vorjahren finanzierte Krisenreserve in außergewöhnlichen Umständen die Handlungsfähigkeit zusätzlich stärken, und ein neuer Fonds für die Anpassung an die Globalisierung könnte die Flexibilität ebenfalls erhöhen. Er könnte die Union in die Lage versetzen, den Strukturwandel in Gebieten, auf die sich Globalisierung und technologischer Fortschritt negativ auswirken, noch stärker als bisher zu unterstützen.
4.2.2 Finanzierungsinstrumente und die erweiterte EU-Finanzarchitektur
Einen wichtigen Faktor im Hinblick auf die Flexibilität der EU-Finanzen bilden die den EU-Haushalt ergänzenden Einrichtungen und Instrumente, wie beispielsweise die Europäische Investitionsbank, der Europäische Entwicklungsfonds, der Treuhandfonds der Europäischen Union und andere Fazilitäten.
Finanzierungsinstrumente wie Garantien, Darlehen und Beteiligungskapital können die EU vor allem in Zeiten knapper Haushaltsmittel ganz entscheidend darin unterstützen, mit weniger mehr zu erreichen und mit dem EU-Haushalt eine Hebelwirkung zu erzielen. Ein Beispiel aus jüngster Zeit – der Europäische Fonds für strategische Investitionen – macht dies besonders deutlich.
Der Erfolg dieser Instrumente hängt davon ab, dass in einer klaren Strategie und mithilfe von Kriterien festgelegt wird, welche Tools sich im Hinblick auf den Marktbedarf, die Begünstigten und die angestrebten Ziele am besten eignen. Finanzierungsinstrumente eignen sich nur für Projekte, die Erträge generieren. Daher werden für Projekte, die keine Erträge generieren, etwa im Bereich der Grundlagenforschung, bei einigen Arten von Infrastrukturprogrammen oder für Projekte, bei denen Beteiligte Stipendien (wie Erasmus- oder Marie-Curie-Stipendien) erhalten, weiterhin Finanzhilfen und Subventionen benötigt werden.
Allerdings behindern die große Anzahl von Finanzierungsinstrumenten und der für sie geltenden Regeln den effizienten Einsatz dieser Instrumente auf EU-Ebene. Eine Möglichkeit, hier eine Lösung zu finden, bestünde darin, sie in einem einzigen Fonds zusammenzufassen, über den abhängig von dem jeweiligen Projekt und den Zielen der jeweiligen Politikbereiche (z. B. Forschung, Innovation, Umwelt, KMU-Förderung, Infrastruktur, auch Energieeffizienz) Darlehen, Garantien und Risikoteilungsinstrumente – gegebenenfalls in Mischfinanzierung mit EU-Finanzhilfen – bereitgestellt werden könnten.
Wenn es darum geht, Rahmenbedingungen für das Wachstum von Unternehmen zu schaffen, kann Europa noch mehr leisten. Die Finanzierung von Mid-Cap-Unternehmen und KMU über ihre Startphase hinaus ist nach wie vor schwierig, weshalb viele Unternehmer auf der Suche nach geeigneten Kapitalinvestitionen Europa verlassen. Hierzu wurde von der Kommission 2016 ein mit 1,6 Mrd. EUR ausgestatteter europaweiter Risikokapital-Dachfonds aufgelegt, der im gesamten Jahr 2017 zur Verfügung stehen wird. Dieses Konzept ließe sich ausweiten, um Projekten oder Unternehmen in der Wachstumsphase eine stabile Finanzierung zu bieten.
Diese neuen Finanzierungsinstrumente auf EU-Ebene und die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Kohäsionspolitik verwalteten Darlehens-, Garantie- und Beteiligungskapitalinstrumente sollten sich ergänzen. Damit die Komplementarität zwischen den verschiedenen Instrumenten gewährleistet wird, sollte bereits frühzeitig eine Koordinierung stattfinden, es sollten die gleichen Regeln gelten und die einzelnen Maßnahmen sollten klarer voneinander abgegrenzt werden.
4.2.3 Der EU-Haushalt im Fokus: Vereinfachung, Leistungsfähigkeit und effiziente Verwaltung
Die korrekte Vergabe von EU-Mitteln und der Schutz des Geldes der Steuerzahler lassen sich nur mit gut durchdachten Regeln sicherstellen. Ausufernde Bürokratie kann dazu führen, dass Ergebnisse nicht erreicht werden und Bürger sowie Unternehmen lieber darauf verzichten, die Möglichkeiten des EU-Haushalts voll auszuschöpfen.
Wenngleich bereits viel zur Vereinfachung des EU-Haushalts getan wurde, besteht noch erheblicher Spielraum, die Komplexität der Vorschriften weiter zu verringern. Dies gilt für viele Ausgabenbereiche, vor allem solche, in denen die Berichts- und Überwachungsanforderungen nur schwer zu erfüllen sind und es dadurch zu deutlichen Verzögerungen bei der Projektdurchführung kommt. Die Komplexität der Vorschriften führt zu mehr Fehlern, erhöht die Kosten für den Endempfänger und vergrößert die Gefahr, dass die Regeln nicht eingehalten werden. Dies zeigt ganz klar, dass Programme, die ähnliche Ziele verfolgen – etwa im Bereich der Energieeffizienz oder der Unionsbürgerschaft –zusammengefasst werden müssen. Das Gleiche gilt für die externen Politikbereiche, wo es angebracht sein könnte, die Anzahl der Instrumente bei gleichzeitiger Erhöhung ihrer Flexibilität zu reduzieren, indem künstliche Schranken zwischen regionalen und thematischen Prioritäten aufgehoben werden.
Eine Lösung könnte ein einheitliches Regelwerk für sämtliche Prozesse und Instrumente darstellen oder die Anwendung derselben Regeln und Bedingungen für die gleiche Art von Projekten. Damit könnten eine radikale Vereinfachung, ein geringerer Verwaltungsaufwand, höhere Sichtbarkeit und eine größere Kohärenz zwischen den einzelnen EU-Investitionen erreicht werden. So ließe sich der Verwaltungsaufwand für die Empfänger verringern, für die dann für dieselbe Art von Investitionen die gleichen Regeln gelten würden – unabhängig von der Herkunft der Mittel. Für die Empfänger der Fördermittel zählt letztlich die Einfachheit der Vorschriften und nicht die Frage, wo die Mittel herkommen.
Gemäß diesen Überlegungen sollte sich die Haushaltsausführung darauf konzentrieren, mit jedem ausgegebenen Euro eine möglichst große Wirkung auf Wirtschaftswachstum und Mehrwert zu entfalten. Zwar wurden in dieser Hinsicht deutliche Fortschritte gemacht, doch der sich derzeit auf unterschiedlichste Rechtsvorschriften stützende Leistungsrahmen ist kompliziert und erschwert es dadurch, die erzielten Fortschritte und Ergebnisse zu bewerten und zu kommunizieren.
Zudem gilt es, zwischen den verschiedenen Institutionen das Vertrauen wieder herzustellen, indem verstärkt darauf geachtet wird, dass die Kontrollen zu den Fördervolumen, aber auch zur Zuverlässigkeit der Institutionen und zur Effizienz der Verwaltungs- und Kontrollsysteme in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Mitgliedstaaten (und auch die Kommission), die Verwaltungssysteme und die entsprechenden institutionellen Modalitäten straffen könnten, denn schließlich ist die Vielzahl der jeweils fondsspezifischen institutionellen Systeme ein Luxus, den wir uns vielleicht nicht mehr leisten können. Vor allem in den Mitgliedstaaten ließen sich erhebliche institutionelle Effizienzgewinne und eine Verringerung der Verwaltungskosten für die Programmverwaltung erreichen. Die Europäische Staatsanwaltschaft kann, wenn ihre Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden, zu einer Vereinfachung und zu einem effizienten Schutz des EU-Haushalts beitragen.
4.3 Einnahmen zur Unterstützung der EU-Politik
Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Entscheidungen darüber, wofür der EU-Haushalt verwendet wird, und den Entscheidungen über die Art der Finanzierung des EU-Haushalts.
Die Überlegungen über eine Reform der Ausgabenseite des EU-Haushalts sollten daher von einer kritischen Bewertung der Art und Weise der Finanzierung des Haushalts – d. h. des Systems der „Eigenmittel“ – und der Frage begleitet werden, wie dieses System reformiert werden kann, damit es effizienter wird und die EU-Politik stärker unterstützt. Das derzeitige Finanzierungskonzept ist zu kompliziert, undurchsichtig und verfügt über eine Vielzahl komplexer Korrekturmechanismen. Das künftige System sollte einfach, fair und transparent sein.
Die bereits seit Langem geführte Debatte über die Einnahmen zur Finanzierung des EU-Haushalts konzentrierte sich einerseits auf eine offensichtlichere Verknüpfung der Eigenmittel mit wichtigen EU-Politikbereichen, insbesondere mit den Bereichen Binnenmarkt und nachhaltiges Wachstum, und andererseits auf die Vereinfachung des Systems. Idealerweise würden die aus einem wichtigen EU-Politikbereich stammenden Eigenmittel einen deutlichen Mehrwert für die EU schaffen, gleichzeitig für einen als fair betrachteten Ausgleich sorgen und einen gleichbleibenden und wesentlichen Teil des EU-Haushalts finanzieren. Die Zölle als traditionelle Eigenmittel können hier als gutes Beispiel dienen.
Es gibt viele mögliche Einnahmequellen, die zur Finanzierung des EU-Haushalts dienen könnten (die am häufigsten genannten sind in der nachstehenden Abbildung aufgeführt), obwohl für sich genommen keine dieser Quellen alle für Eigenmittel als erforderlich erachteten Kriterien erfüllt: Einige Quellen könnten für konstante und erhebliche Einnahmen sorgen und zu einer wirklichen Umgestaltung der Einnahmenseite führen. Aus anderen Quellen würden bescheidenere Einnahmen kommen, die jedoch von höherer politischer Relevanz oder Akzeptanz wären, insbesondere wenn sie wesentliche politische Maßnahmen begleiten würden wie die Dekarbonisierung der EU-Wirtschaft, die Vertiefung des Binnenmarktes und der Wirtschafts- und Währungsunion oder die Finanzierung neuer Prioritäten.
Letztendlich wird die beste Wahl von den Hauptzielen der künftigen Reform abhängen und davon bestimmt werden, ob ein bestimmtes aus neuen Eigenmitteln zu finanzierendes Volumen des EU-Haushalts angestrebt werden soll.
Einnahmequellen – vielfältige Optionen
Im Gegensatz zu oftmals vorgebrachten Behauptungen würden neue Eigenmittel nicht zwangsläufig zu einer Aufstockung des EU-Haushalts führen. Entscheidungen im Zusammenhang mit der Höhe der Ausgaben erfolgen im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens. Die Entscheidung über eine mögliche Erhöhung des derzeitigen Ausgabenniveaus muss in Abhängigkeit vom Ergebnis dieses Reflexionsprozesses getroffen werden. Bei Beibehaltung des derzeitigen Ausgabenniveaus würden neue Eigenmittel automatisch zu einer Verringerung des Anteils der BNE-Eigenmittel führen, die je nach Entwicklung der anderen Eigenmittel als Ausgleich genutzt werden, um eventuelle Lücken bei der Deckung der EU-Ausgaben zu schließen. Der jüngste Bericht 7 der vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission eingesetzten hochrangigen Gruppe „Eigenmittel“, die Mario Monti leitete, enthält eine umfassende Analyse zum Thema und bewertet eine Reihe möglicher Einnahmequellen in Bezug auf die wichtigsten Kriterien (z. B. Beteiligungskapital, Effizienz, Stabilität, Transparenz, Schwerpunkt auf dem europäischen Mehrwert, demokratische Rechenschaftspflicht). Fortschritte bei der Koordinierung der Steuerpolitik würden insbesondere im Bereich der Körperschaftsteuer und der Besteuerung von Finanztransaktionen einige Formen von Eigenmitteln ermöglichen. Auf der Grundlage der laufenden Debatte könnte eine Reihe von Möglichkeiten für eine Reform des derzeitigen Systems in Betracht gezogen werden.
Kasten 5 – Optionen für ein System der „Eigenmittel“
– Die derzeitigen MwSt-Eigenmittel könnten reformiert und vereinfacht werden. Eine extreme Option würde darin bestehen, sie gänzlich abzuschaffen.
– Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs wird der als Zugeständnis an dieses Land in der Vergangenheit gewährte Rabatt hinfällig werden. Das Gleiche gilt für die Abzüge, die bestimmten Ländern auf ihren Anteil an der Finanzierung des Rabatts für das Vereinigte Königreich gewährt wurden. Die anderen Rabatte laufen Ende 2020 aus. Durch die Abschaffung der Rabatte würde sich die Möglichkeit bieten, das Einnahmensystem grundlegend zu vereinfachen. Im Idealfall sollte eine tief greifende Reform der EU-Politik mit Schwerpunkt auf dem höchsten Mehrwert jegliche Rabatte überflüssig machen.
– Etwaige neue Eigenmittel sollten so konzipiert werden, dass sie nicht nur zur Finanzierung eines Teils des EU-Haushalt dienen, sondern auch wesentliche politische Maßnahmen unterstützen. So könnten zum Beispiel gemeinsame Energie- oder Umweltsteuern erhoben werden, um für gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen zu sorgen und zum weltweiten Kampf gegen den Klimawandel beizutragen.
– In ähnlicher Weise könnte ein gewisser Prozentsatz der gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage oder der Finanztransaktionssteuer dafür vorgesehen werden, den Binnenmarkt zu stärken, die Vorteile des Binnenmarkts für die größten Unternehmen besser abzubilden und die Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu verstärken.
– Mit der künftigen Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion könnten Seignorage-Erträge – Einnahmen aus der Geldemission – langfristig die Grundlage für eine EU-Eigenmittelquelle werden.
- Als Einnahmen für den EU-Haushalt wären auch durch politische Maßnahmen und Kompetenzen der EU direkt generierte Mittel denkbar, auf lange Sicht beispielsweise die Erlöse aus Versteigerungen im Rahmen des Emissionshandelssystems (EHS), Emissionsaufschläge für Fahrzeuge und, ebenfalls langfristig gesehen, Abgaben aus dem künftigen Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS), die von in die EU einreisenden Personen zu entrichten sind, oder ähnliche Gebühren.
– Bei der Einführung neuer Eigenmittel sollte auf ihre Transparenz, Einfachheit, Stabilität, ihre Vereinbarkeit mit den politischen Zielen der Union, ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und das nachhaltige Wachstum sowie ihre gerechte Aufteilung zwischen den Mitgliedstaaten geachtet werden.
Quelle: Europäische Kommission
4.4 Nächste Schritte
Die in diesem Abschnitt dargelegten Optionen für die künftigen EU-Finanzen sind vielfältig und von unterschiedlicher Art. Sie befassen sich mit den folgenden Fragen: Welche Ausgaben sollten vom EU-Haushalt abgedeckt werden? Wie soll der Haushalt finanziert werden? Wie sollten einige der wichtigsten Politikbereiche reformiert werden? Wie sollte der Haushalt strukturiert und organisiert sein?
All diese ineinandergreifenden Aspekte müssen bei der Betrachtung der möglichen Szenarien für den künftigen EU-Haushalt berücksichtigt werden. Darauf wird im nächsten Abschnitt näher eingegangen.
5. MÖGLICHE SZENARIEN FÜR DIE EU-27
Im Weißbuch sind beispielhaft fünf Szenarien beschrieben, die sich im Hinblick auf die Höhe des EU-Haushalts und seine Struktur sowie den Umfang der Änderungen/Modernisierungen unterschiedlich auf die EU-Finanzen auswirken würden. Kombinationen sind möglich und die verschiedenen Teilkonzepte sind miteinander vereinbar, da die Optionen und Szenarien weder vollständig voneinander losgelöst sind noch einander gegenseitig ausschließen.
Einige horizontale Aspekte betreffen alle Szenarien:
Erstens muss sichergestellt werden, dass die EU-Mittel so effizient wie möglich eingesetzt werden: Ausgaben sollten in erster Linie Programmen zugutekommen, die erwiesenermaßen einen Mehrwert für die EU bringen und mit denen möglichst kostensparend Ergebnisse erzielt werden können. Die nächste Generation von Programmen sollte vor allem auf die Erzielung von Ergebnissen ausgerichtet sein.
Zweitens wird in allen möglichen Szenarien zur Modernisierung des EU-Haushalts eine Vereinfachung angestrebt, eine Forderung, die die Mitgliedstaaten und die Empfänger von EU-Mitteln gleichermaßen erheben. Die unterschiedlichen Programme und Instrumente sollten kohärent sein und einander ergänzen und Überschneidungen sollten bereits in der Entwurfsphase vermieden werden. Zur Vereinfachung der Haushaltsausführung sollten nach Möglichkeit für gleichartige Maßnahmen die gleichen Regeln gelten, mit dem Ziel, ein „einheitliches Regelwerk“ einzuführen.
Die laufenden Verfahren zur Modernisierung bestehender Programme und Maßnahmen würden beispielsweise im Falle der gemeinsamen Agrarpolitik, der Kohäsionspolitik, des Forschungsprogramms und in anderen Bereichen fortgesetzt werden. Weniger leistungsstarke Programme könnten eingestellt oder anderweitig eingebunden werden.
Drittens ist bei allen Szenarien Flexibilität einzuplanen, um auf bedeutende unerwartete Entwicklungen und unvorhergesehenen Bedarf reagieren zu können. Die besonderen Instrumente des EU-Haushalts haben sich als unerlässlich erwiesen, um im aktuellen MFR den Herausforderungen im Zusammenhang mit Migration und Sicherheit zu begegnen. Diese müssen unter Umständen gestrafft und gestärkt werden, um innerhalb der Ausgabenprogramme eine größere Flexibilität zu gewährleisten.
Schließlich sollten in allen Szenarien die Rabatte auf die Beiträge der Mitgliedstaaten gestrichen werden. Ebenso würde der Bericht über die Nettosalden eingestellt oder die entsprechende Methode deutlich verbessert werden, damit sich ein genaueres Bild der Realität ergibt, und die nationale Behandlung der Beiträge zum EU-Haushalt würde vereinheitlicht werden.
Aufgrund dieser Logik ergeben sich fünf Basisoptionen für die Zukunft der EU-Finanzen:
ØWeiter wie bisher: Die EU-27 setzt die Umsetzung ihrer positiven Reformagenda fort.
ØWeniger gemeinsames Handeln: Die EU-27 fährt ihr gemeinsames Handeln in allen Politikbereichen zurück.
ØEinige tun mehr: Die EU-27 lässt zu, dass einzelne Gruppen von Mitgliedstaaten, in bestimmten Bereichen mehr unternehmen.
ØRadikaler Umbau: Die EU-27 unternimmt in manchen Bereichen mehr, in anderen wiederum weniger.
ØErheblich mehr gemeinsames Handeln: Die EU-27 beschließt, in allen Politikfeldern mehr gemeinsam zu unternehmen.
1Weiter wie bisher
Szenario
2Weniger gemeinsames Handeln
Szenario
3Einige tun mehr
Szenario
4Radikaler Umbau
Szenario
5Erheblich mehr gemeinsames Handeln
Szenario
6. FAZIT: DIE ZUKUNFT DER EU FINANZIEREN
Der EU-Haushalt, ja die Europäische Union als Ganzes, werden nach dem Jahr 2020 ganz anders aussehen. Es ist unstrittig: Die Erhaltung des Status quo stellt für die Union keine Option dar. Der EU-Haushalt muss einfacher und flexibler gestaltet und stärker gestrafft werden, und er muss einen effizienteren Einsatz der Mittel ermöglichen.
Wie sich der Haushalt verändern wird und für welche Zwecke seine Mittel eingesetzt werden, hängt davon ab, welche Zukunft wir für unsere Union anstreben und welchen Ehrgeiz wir bei der gemeinsamen Gestaltung dieser Zukunft zeigen.
Im vorliegenden Reflexionspapier sind eine Reihe von Optionen und Szenarien für die künftige Ausrichtung des Haushalts und seine mögliche Verwendung vorgestellt worden. Das Papier soll eine weitere Debatte darüber anstoßen, welchen Weg die Union einschlägt und welche Ziele wir miteinander erreichen wollen.
Es ist das letzte der fünf Reflexionspapiere, die im Anschluss an das Weißbuch zur Zukunft Europas vorgelegt wurden. Diese sechs Dokumente enthalten zusammen ein breites Spektrum von Ideen, Konzepten und Visionen für die Zukunft der EU-27.
Der Umfang und die Intensität der bisherigen, durch das Weißbuch und die Reflexionspapiere angeregten Debatte zeigen, welchen Stellenwert diese Themen haben. Diese Diskussion soll in der zweiten Jahreshälfte 2017 im Rahmen einer möglichst breit angelegten Debatte fortgesetzt werden, damit sich Europa als Ganzes intensiv mit seinen Zukunftsperspektiven auseinandersetzt. Präsident Juncker wird diese Ideen weiterentwickeln und seine persönliche Sicht in seiner Rede zur Lage der Union im September vorstellen.
Was den kommenden mehrjährigen Finanzrahmen anbelangt, so wird die Kommission alle Reaktionen und Stellungnahmen zum Weißbuch und zu den Reflexionspapiere prüfen, damit sie etwa Mitte 2018 ihre Vorschläge für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen unterbreiten kann.
Im September 2016 schlug die Kommission eine Aufstockung und Erweiterung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen bis 2020 vor.
Bei Galileo handelt es sich um das europäische globale Satellitennavigationssystem, das Nutzern in aller Welt Ortungs-, Navigations- und Zeitgebungsdienste bietet. Copernicus ist das EU-Programm zur Erdbeobachtung und –überwachung für Zwecke der Landwirtschaft, der Klimaanalyse, des Zivilschutzes und des Krisenmanagements. Mit dem Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktor (ITER) will die größte wissenschaftliche Partnerschaft der Welt die Nutzbarkeit der Kernfusion als wirtschaftliche und nachhaltige Energiequelle demonstrieren; die EU leistet in dieser Partnerschaft den größten Beitrag, zusammen mit Japan, China, Indien, Südkorea, Russland und den Vereinigten Staaten.
Siehe „Special Eurobarometer 461, Designing Europe’s Future“, veröffentlicht am 28. Juni 2017.
Die Gesamtstrategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, die von der Hohen Vertreterin und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Federica Mogherini, beim Europäischen Rat im Juni 2016 vorgestellt wurde.
EU-Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen.
Mit dem EU-Justizbarometer werden zahlreiche Faktoren betreffend die Qualität, Unabhängigkeit und Effizienz der nationalen Justizsysteme (wie etwa die Unabhängigkeit der Richter) überwacht.
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 28.6.2017
COM(2017) 358 final
ANHANG
des
REFLEXIONSPAPIERS
ÜBER DIE ZUKUNFT DER EU-FINANZEN
Anhang: Auswirkungen in wichtigen Bereichen der EU-Ausgaben, aufgeschlüsselt nach den fünf Szenarien
Szenario 1: Weiter wie bisher |
Szenario 2: Weniger gemeinsames Handeln |
Szenario 3: Einige tun mehr |
Szenario 4: Radikale Umgestaltung |
Szenario 5: Viel mehr gemeinsames Handeln |
|
Politische Prioritäten |
Weiterentwicklung der aktuellen Reformagenda |
Hauptsächlich Finanzierung von Funktionen für den Binnenmarkt |
Wie in Szenario 1; von einigen Mitgliedstaaten werden für die Bereiche, in denen mehr unternommen werden soll, zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt |
Finanzierung von Prioritäten mit sehr hohem Mehrwert für die EU |
Intensivierung der Zusammenarbeit in allen Politikbereichen |
Volumen |
Weitestgehend stabil |
Wesentlich niedriger |
Geringfügig höher |
Niedriger |
Wesentlich höher |
Wettbewerbsfähigkeit |
Geringfügig höherer Anteil |
Wie in Szenario 1, aber wesentlich niedrigerer Betrag |
Wie in Szenario 1 |
Höherer Anteil |
Höherer Anteil |
Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt |
Niedrigerer Anteil |
Niedrigerer Betrag |
Wie in Szenario 1 |
Niedrigerer Anteil |
Höherer Betrag |
Landwirtschaft |
Niedrigerer Anteil |
Niedrigerer Betrag |
Wie in Szenario 1 |
Niedrigerer Anteil |
Höherer Betrag |
Sicherheit, Verteidigung, Migration |
Höherer Anteil |
Keine Finanzierung |
Höherer Anteil zum Teil von Mitgliedstaaten gedeckt, die dazu bereits sind |
Wesentlich höherer Anteil |
Wesentlich höherer Anteil |
Auswärtiges Handeln |
Höherer Anteil |
Niedrigerer Betrag |
Höherer Anteil zum Teil von Mitgliedstaaten gedeckt, die dazu bereit sind |
Wesentlich höherer Anteil |
Wesentlich höherer Anteil |
Fiskalkapazität der Wirtschafts- und Währungsunion |
Makroökonomische Stabilisierungsfunktion für Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet |
Makroökonomische Stabilisierungsfunktion und ein Europäischer Währungsfonds |
|||
Einnahmen |
Derzeitiges System ohne Rabatte; Finanzierung des EU-Haushalts aus anderen Einnahmequellen oder Gebühren |
Derzeitiges System ohne Rabatte |
Wie in Szenario 1; zusätzlich dazu neue politische Maßnahmen, die nur von teilnehmenden Mitgliedstaaten finanziert werden |
Vereinfachtes Szenario 1; neue Eigenmittel |
Tief greifende Reform über Szenario 4 hinaus; Finanzierung eines wesentlichen Teils des EU-Haushalts durch neue Eigenmittel |