Rechtssache T-391/02

Bundesverband der Nahrungsmittel- und Speiseresteverwertung e.V.

und Josef Kloh

gegen

Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union

„Nichtigkeitsklage – Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 – Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte – Offensichtliche Unzulässigkeit“

Beschluss des Gerichts (Zweite Kammer) vom 10. Mai 2004 

Leitsätze des Beschlusses

1.     Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Klage eines Unternehmensverbands, der am Verfahren des Erlasses des Rechtsakts beteiligt war – Zulässigkeit – Voraussetzungen

(Artikel 230 Absatz 4 EG)

2.     Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Klage von Marktbeteiligten, die von der angefochtenen Verordnung besonders berührt sind – Unzulässigkeit

(Artikel 230 Absatz 4 EG)

1.     Die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage, die von einem Unternehmensverband erhoben wird, kann dann, wenn diese Vereinigung an dem Verfahren beteiligt war, das zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts geführt hat, jedenfalls in drei Fällen bejaht werden: wenn eine Rechtsvorschrift der Vereinigung ausdrücklich eine Reihe von Verfahrensrechten einräumt, wenn die Vereinigung selbst individuell betroffen ist, da ihre eigenen Interessen als Vereinigung berührt sind, namentlich weil ihre Stellung als Verhandlungspartner durch die angefochtene Handlung berührt wurde, oder wenn sie die Interessen von Unternehmen wahrnimmt, die selbst klagebefugt sind.

Insoweit kann eine Beeinträchtigung der Stellung einer Vereinigung, die an dem Verfahren beteiligt war, das zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts geführt hat, als Verhandlungspartner nur dann ihre spezifischen Interessen berühren, wenn ihre Stellung als Verhandlungspartner klar umschrieben ist und mit dem Gegenstand des erlassenen Rechtsakts eng zusammenhängt. Dass den Gemeinschaftsorganen und den betreffenden nationalen Stellen im Gesetzgebungsverfahren, das zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts geführt hat, von der Vereinigung Informationen vorgelegt wurden, genügt daher nicht, um davon auszugehen, dass der Rechtsakt eine klar umschriebene Stellung der Vereinigung als Verhandlungspartner beeinträchtigen kann.

(vgl. Randnrn. 44, 47, 49)

2.     Der Umstand, dass bestimmte Marktbeteiligte von einer Verordnung wirtschaftlich stärker berührt sind als andere, genügt nicht, um sie als von diesem Rechtsakt individuell betroffen im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG anzusehen. Sie sind auch dann nicht individuell betroffen, wenn sie verpflichtet sind, eine eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit, die sie aufgrund der von einer nationalen Stelle erteilten Genehmigung ausüben, einzustellen.

(vgl. Randnrn. 53-54)




BESCHLUSS DES GERICHTS (Zweite Kammer)
10. Mai 2004(1)

„Nichtigkeitsklage – Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 – Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte – Offensichtliche Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T-391/02

Bundesverband der Nahrungsmittel- und Speiseresteverwertung e. V. mit Sitz in Bochum (Deutschland),Josef Kloh, wohnhaft in Eichenried (Deutschland),Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Steiling und S. von Zimmermann-Wienhues,

Kläger,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch H. Duintjer Tebbens und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, undRat der Europäischen Union, vertreten durch J.-P. Hix und F. Ruggeri Laderchi als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durchKommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. L 273, S. 1)

erlässt



DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)



unter Mitwirkung des Präsidenten J. Pirrung sowie der Richter A. W. H. Meij und N. J. Forwood,

Kanzler: H. Jung,

folgenden



Beschluss




Sachverhalt und rechtlicher Rahmen

1
Der Bundesverband der Nahrungsmittel- und Speiseresteverwertung e. V. (im Folgenden: BNS) ist eine Vereinigung deutschen Rechts, deren Zweck die Wahrnehmung und Förderung der den in ihr zusammengeschlossenen Unternehmen gemeinsamen wirtschaftlichen und hygienischen Interessen im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Speiseresten zu Tierfutter ist. Ihm gehören nach eigenen Angaben ungefähr 100 Unternehmen an, die im Wesentlichen Speisereste und Küchenabfälle sammeln und daraus Futtermittel für Schweine herstellen. Der BNS versteht sich als Vertreter der Interessen seiner Mitglieder gegenüber den verschiedenen nationalen und Gemeinschaftsbehörden und gegenüber der Öffentlichkeit.

2
Herr Kloh (im Folgenden: Kläger zu 2) ist ein Landwirt, der Schweine hält und in seinem Unternehmen Speisereste verwertet. Er ist Mitglied des BNS.

3
Am 3. Oktober 2002 erließen das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. L 273, S. 1). Nach Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe b dieser Verordnung ist „die Fütterung von Nutztieren, außer Pelztieren, mit Küchen- und Speiseabfällen oder Futtermittel-Ausgangserzeugnissen, die Küchen- und Speiseabfälle enthalten oder daraus hergestellt wurden, [verboten]“.

4
Artikel 32 der Verordnung Nr. 1774/2002 lautet:

„(1) Nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses zu allen Fragen, die sich auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirken könnten, können die Anhänge nach dem in Artikel 33 Absatz 2 genannten Verfahren geändert oder ergänzt und gegebenenfalls geeignete Übergangsmaßnahmen erlassen werden.

(2) Wenn in den Mitgliedstaaten vor der Anwendung dieser Verordnung geeignete Kontrollsysteme bestehen, werden für das Verbot der Verfütterung von Küchen- und Speiseabfällen gemäß Artikel 22 Übergangsmaßnahmen gemäß Absatz 1 erlassen, um die weitere Verwendung bestimmter Arten von Küchen- und Speiseabfällen in Futtermitteln unter streng kontrollierten Bedingungen für höchstens vier Jahre ab 1. November 2002 zuzulassen. Diese Maßnahmen gewährleisten, dass in der Übergangszeit kein unangemessenes Risiko für die Gesundheit von Tier und Mensch besteht.“

5
Nach Artikel 38 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1774/2002 sind Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 32 dieser Verordnung ab 1. November 2002 anwendbar.

6
Nachdem die vorliegende Klage erhoben worden war, erließ die Kommission die Entscheidung 2003/328/EG vom 12. Mai 2003 betreffend Übergangsmaßnahmen gemäß der Verordnung Nr. 1774/2002 hinsichtlich der Verwendung von Küchen- und Speiseabfällen der Kategorie 3 in für Schweine bestimmten Futtermitteln sowie hinsichtlich des Verbots der Verwertung innerhalb derselben Tierart bei der Fütterung von Schweinen mit Spültrank (ABl. L 117, S. 46). Im Wesentlichen erlaubt diese Entscheidung Deutschland und Österreich, den Betreibern von Betrieben und Einrichtungen bis spätestens 31. Oktober 2006 unter bestimmten Voraussetzungen einzelne Zulassungen für die Verwendung von Küchen- und Speiseabfällen in für Schweine bestimmten Futtermitteln zu erteilen.


Verfahren und Anträge der Parteien

7
Die Kläger haben mit am 24. Dezember 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift die vorliegende Klage erhoben.

8
Sie beantragen,

Artikel 32 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1774/2002 insoweit für nichtig zu erklären, als Übergangsmaßnahmen gemäß Artikel 32 Absatz 1 der Verordnung für höchstens vier Jahre ab dem 1. November 2002 zugelassen werden (im Folgenden: angefochtene Bestimmung);

das Parlament und den Rat zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

9
Die Kommission hat mit am 10. März 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und des Rates zugelassen zu werden. Der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts hat dem Antrag mit Beschluss vom 9. Juli 2003 stattgegeben. Die Streithelferin hat fristgemäß einen auf die Frage der Zulässigkeit beschränkten Streithilfeschriftsatz eingereicht.

10
Das Parlament und der Rat haben mit besonderen Schriftsätzen, die am 21. und 24. März 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts die Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

11
Das Parlament beantragt in seinem Schriftsatz,

die Klage als unzulässig abzuweisen;

über die Kosten entsprechend den geltenden Bestimmungen zu entscheiden.

12
Der Rat beantragt in seinem Schriftsatz,

die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen;

die Kosten des Verfahrens den Klägern aufzuerlegen.

13
Die Kläger haben am 19. Mai 2003 eine Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit eingereicht.

14
Mit Schriftsätzen, die am 4. und 24. April 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben J. Taferner einerseits sowie die Landwirtschaftskammer Vorarlberg und M. Wohlgenannt andererseits beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen zu werden.


Zulässigkeit

15
Die Beklagten, unterstützt durch die Kommission, tragen drei Gründe für die Unzulässigkeit vor. Erstens gehe der Klagegegenstand über die Zuständigkeit des Gemeinschaftsrichters im Rahmen einer Nichtigkeitsklage hinaus. Der zweite Grund wird nur insoweit geltend gemacht, als die Klage auf Nichtigerklärung des uneingeschränkten Verbotes gerichtet ist, bestimmte Nutztiere nach dem Ablauf der Übergangszeit mit Küchen- und Speiseabfällen zu füttern. Er wird darauf gestützt, dass dieses Verbot eine rein bestätigende Wirkung habe. Drittens seien die Kläger nicht klagebefugt, weil sie von der angefochtenen Bestimmung nicht unmittelbar und individuell betroffen seien.

16
Im vorliegenden Fall ist zunächst der Unzulässigkeitsgrund zu prüfen, dass die Kläger nicht klagebefugt seien, weil sie von der angefochtenen Bestimmung nicht individuell betroffen seien.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

17
Die Beklagten, unterstützt durch die Kommission, machen zunächst geltend, dass die Verordnung Nr. 1774/2002, in der in allgemeiner und abstrakter Weise Rechtsvorschriften festgelegt seien, von ihrer Art und ihrer Tragweite her normativ sei und daher keine Entscheidung im Sinne von Artikel 249 EG darstelle. Ein solcher Rechtsakt könne allerdings Gegenstand einer Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person sein, soweit diese nachweise, dass sie der Rechtsakt wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berühre und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiere, wie es beim Adressaten des Rechtsakts geschähe (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C-50/00 P, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 2002, I-6677, Randnr. 36).

18
Weder der BNS noch der Kläger zu 2 seien im Sinne der vorstehend angeführten Rechtsprechung individualisiert.

19
Bezüglich des BNS trägt der Rat vor, dass nach der Rechtsprechung Nichtigkeitsklagen von Vereinigungen nur in drei Fällen zulässig seien: wenn der Vereinigung in einer Rechtsvorschrift ausdrücklich eine Reihe von Verfahrensrechten eingeräumt werde, wenn sie die Interessen von Mitgliedern wahrnehme, die ihrerseits klagebefugt seien, oder wenn sie dadurch individualisiert werde, dass ihre eigenen Interessen als Vereinigung berührt seien, insbesondere weil ihre Position als Verhandlungsführerin durch den angefochtenen Rechtsakt berührt worden sei (Beschluss des Gerichts vom 30. September 1997 in der Rechtssache T-122/96, Federolio/Kommission, Slg. 1997, II-1559). Keiner der drei Fälle sei hier gegeben.

20
Zunächst würden weder in Artikel 152 EG, der die Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1774/2002 sei, noch in Artikel 251 EG, in dem das Mitentscheidungsverfahren festgelegt sei, nach dem die Verordnung Nr. 1774/2002 angenommen worden sei, Vereinigungen wie dem BNS irgendwelche Verfahrensrechte eingeräumt.

21
Sodann erwachse dem BNS daraus, dass er seinen Standpunkt gegenüber einigen Mitgliedern des Parlaments, bestimmten Beamten der Kommission und der Regierung eines Mitgliedstaats vertreten habe, nicht bereits die Rolle eines Verhandlungsführers. Die Stellung des BNS unterscheide sich insoweit nicht von derjenigen der Vereinigungen, die die Klagen in den Rechtssachen erhoben hätten, die zum einen zu dem Beschluss des Gerichts vom 23. November 1999 in Rechtssache T‑173/98 (Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 1999, II‑3357) und dem bereits angeführten Urteil Unión de Pequeños Agricultores/Rat sowie zum anderen zu dem Beschluss des Gerichts vom 20. Oktober 1994 in der Rechtssache T‑99/94 (Asocarne/Rat, Slg. 1994, II-871) und dem Beschluss des Gerichtshofes vom 23. November 1995 in der Rechtssache C-10/95 P (Asocarne/Rat, Slg. 1995, I‑4149) geführt hätten, in denen die Gemeinschaftsgerichte entschieden hätten, dass keines der Kriterien, die in der Rechtsprechung bei der Frage der Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage einer Vereinigung berücksichtigt würden, auf die betreffenden Vereinigungen zutreffe.

22
Schließlich könne sich der BNS nicht auf die Klagebefugnis der Unternehmen einschließlich des Klägers zu 2, deren Interessen er wahrnehme, berufen, da diese nicht klagebefugt seien.

23
Insoweit machen die Beklagten im Wesentlichen geltend, dass die Mitglieder des BNS, darunter der Kläger zu 2, von der angefochtenen Bestimmung nicht individuell betroffen seien, da sie von ihr lediglich in ihrer objektiven Eigenschaft als Erzeuger von Tierfutter aus Küchenabfällen und Speiseresten berührt seien und sich daher in einer objektiv umschriebenen Situation befänden, die mit derjenigen aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer vergleichbar sei, die gegenwärtig oder in Zukunft auf diesem Markt tätig werden könnten. Die Mitglieder des BNS seien demnach in Bezug auf die angefochtene Bestimmung nicht individualisiert.

24
Das Parlament, unterstützt durch die Kommission, ergänzt, dass die auf Speisereste- und Küchenabfallverwertung spezialisierten Mitglieder des BNS selbst dann, wenn sie eine herausgehobene Marktstellung haben und aus diesem Grund in besonders schwerem Maß von der angefochtenen Bestimmung berührt sein sollten, nicht bereits deswegen gegenüber allen übrigen Wirtschaftsteilnehmern individualisiert seien (Beschluss des Gerichts vom 15. September 1999 in der Rechtssache T-11/99, Van Parys u. a./Kommission, Slg. 1999, II-2653, Randnr. 50). Der Umstand, dass sie in dieser Weise besonders wirtschaftlich berührt seien, mache ihren Fall im Übrigen nicht mit der Situation der Klägerin in der Rechtssache vergleichbar, die zum Urteil Codorniu/Rat des Gerichtshofes vom 18. Mai 1994 (C-309/89, Slg. 1994, I-1853) geführt habe und in der sich die Klägerin tatsächlich in einer Situation befunden habe, die sie im Hinblick auf die angefochtene Verordnung aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer herausgehoben habe.

25
Sollte die Situation der Mitglieder des BNS entsprechend der Behauptung der Kläger dem Parlament und der Kommission tatsächlich bekannt gewesen sein, sei auch dieser Umstand nicht geeignet, die Mitglieder zu individualisieren (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juni 1980 in den Rechtssachen 789/79 und 790/79, Calpak und Società Emiliana Lavorazione Frutta/Kommission, Slg. 1980, 1949, Randnr. 9).

26
Die Kläger tragen vor, dass sowohl der BNS als auch der Kläger zu 2 von der angefochtenen Bestimmung individuell betroffen seien.

27
Zunächst machen sie im Wesentlichen geltend, dass trotz des normativen Charakters der Verordnung Nr. 1774/2002, die die angefochtene Bestimmung enthalte, nicht ausgeschlossen sei, dass diese Bestimmung sie individuell betreffe (Urteil Codorniu/Rat, Randnr. 19).

28
Bezüglich des BNS vertreten die Kläger erstens die Ansicht, dass dieser aufgrund der Rolle des Verhandlungsführers, die er in dem Gesetzgebungsverfahren, das zum Erlass der Verordnung Nr. 1774/2002 geführt habe, innegehabt habe, individuell betroffen sei.

29
Die Rolle des Verhandlungsführers ergebe sich daraus, dass der BNS verschiedene Informationsgespräche mit Vertretern des Parlaments geführt und ihnen mehrere schriftliche Stellungnahmen zu den Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte unterbreitet habe. Er habe auch Gespräche mit Vertretern des Kommission geführt und dabei detailliert die Situation der Speiseresteverwertung in Deutschland dargestellt und über den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand sowie die wirtschaftlichen und umweltbezogenen Konsequenzen eines ausnahmslosen Verbotes der Verwendung von Küchenabfällen und Speiseresten zur Fütterung informiert. Einige der in diesen Gesprächen erörterten Aspekte seien der Kommission auch schriftlich übermittelt worden.

30
Der Verhandlungsführerstatus des BNS folge auch daraus, dass er an zahlreichen Gesprächen mit dem deutschen Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft teilgenommen habe. Er habe dem Ministerium mehrere schriftliche Stellungnahmen zu Fragen im Zusammenhang mit den erlassenen Verfütterungsverboten vorgelegt. Zudem sei er vom Ministerium aufgefordert worden, eine Stellungnahme zu den im Rahmen der Verordnung Nr. 1774/2002 zu schaffenden Ausnahme- und Übergangsvorschriften abzugeben. Dieser Aufforderung sei er gefolgt, indem er dem Ministerium am 1. Juli 2002 eine schriftliche Stellungnahme übermittelt habe. Im Übrigen sei er ein bevorzugter Ansprechpartner der deutschen Stellen mit Blick auf die Übergangsmaßnahmen gewesen, die Gegenstand der Entscheidung 2003/328 seien.

31
Zweitens könne der BNS deswegen Klage gegen die angefochtene Bestimmung erheben, weil er die Interessen von Unternehmen einschließlich des Klägers zu 2 vertrete, die selbst befugt seien, Klage gegen diese Bestimmung zu erheben (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den Rechtssachen T-447/93 und T-449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1971, Randnrn. 60 bis 62, und vom 5. Dezember 2002 in der Rechtssache T-114/00, Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum/Kommission, Slg. 2002, II-5121, Randnrn. 63 ff.).

32
Die Klagebefugnis des Klägers zu 2 und der übrigen Mitglieder des BNS ergebe sich daraus, dass sie von der Verordnung Nr. 1774/2002, die die angefochtene Bestimmung enthalte, individuell und unmittelbar betroffen seien.

33
Die Mitglieder des BNS einschließlich des Klägers zu 2 seien von der angefochtenen Bestimmung wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und daher in ähnlicher Weise individualisiert, wie der Adressat der Bestimmung es wäre (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 238).

34
Diese Individualisierung folge daraus, dass die Verordnung Nr. 1774/2002 erlassen worden sei, nachdem die Kommission bei Mitgliedern des BNS vom 3. bis 7. September 2001 Kontrollen durchgeführt habe. Nach der Rechtsprechung könne sich die Individualisierung daraus ergeben, dass der fragliche Wirtschaftsteilnehmer von Untersuchungen betroffen sei, auf die der angefochtene Rechtsakt gestützt sei (Urteile des Gerichtshofes vom 21. Februar 1984 in den Rechtssachen 239/82 und 275/82, Allied Corporation u. a./Kommission, Slg. 1984, 1005, Randnr. 12, und vom 7. Mai 1987 in der Rechtssache 240/84, NTN Toyo Bearing, Slg. 1987, 1809, Randnr. 5).

35
Außerdem seien die Mitglieder des BNS deshalb individuell von der Verordnung Nr. 1774/2002 betroffen, weil sie von den Auswirkungen der Verordnung in besonders schwerem Maß getroffen würden. Nach der Rechtsprechung sei ein Marktteilnehmer in ähnlicher Weise wie ein Adressat individualisiert, wenn ihn die angefochtene Maßnahme aufgrund seiner herausgehobenen Marktstellung und der Auswirkungen der Maßnahme auf sein Unternehmen in besonders schwerem Maß treffe (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I‑2501, Randnrn. 16 ff; Schlussanträge des Generalanwalts Lenz in der Rechtssache Codorniu/Rat, I-1856, Nr. 52). Ferner ergebe sich die individuelle Betroffenheit nach der Rechtsprechung daraus, dass die angefochtene Maßnahme erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Interessen des Klägers habe oder haben könne (Urteil des Gerichts vom 3. Mai 2002 in der Rechtsache T-177/01, Jégo-Quéré/Kommission, Slg. 2002, II-2365, Randnr. 51; Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Unión Pequeños Agricultores/Rat, I-6681, Nr. 102 Punkt 4).

36
Im vorliegenden Fall würden die Mitglieder des BNS in besonders schwerem Maß von der Verordnung getroffen, da sie ihre Tätigkeit, für die sie über Ausnahmegenehmigungen nach nationalem Recht verfügten, insgesamt einstellen müssten.

37
Die Mitglieder des BNS seien von diesem Verbot auch insoweit in herausragender Weise betroffen, als im Gegensatz zur Speisereste- und Küchenabfallverwertung in anderen Mitgliedstaaten der durch die Verordnung verbotene Verwertungsweg in Deutschland eine eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit darstelle, auf die sich die Mitglieder des BNS spezialisiert hätten und für die sie die notwendigen Investitionen getätigt hätten, um sicherzustellen, dass die Abfälle in einer für die tierische und die menschliche Gesundheit unbedenklichen Weise behandelt und aufbereitet würden.

38
Aufgrund der verschiedenen Aktivitäten des BNS sei die herausragende Stellung seiner Mitglieder den Verfassern der Verordnung Nr. 1774/2002 bekannt gewesen, wodurch die Mitglieder individualisiert würden.

39
Die Mitglieder des BNS hätten auch deswegen eine besondere Stellung, weil die in der angefochtenen Bestimmung vorgesehenen Übergangsregelungen speziell auf sie abzielten. Insoweit machen die Kläger zunächst geltend, dass die Mitglieder des BNS genau die Betriebe seien, für die eine Übergangsregelung habe geschaffen werden sollen und können, da sie einer strengen Zulassungs- und Überwachungspraxis der deutschen Behörden unterlägen. Dass diese Übergangsbestimmungen speziell auf die Mitglieder des BNS abzielten, ergebe sich ferner daraus, dass Mitarbeiter der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Kommission in Hinblick auf die Verfütterung von Speiseabfällen vom 28. bis 31. Oktober 2002 einen Informationsbesuch bei bestimmten Mitgliedern des BNS durchgeführt hätten. Außerdem werde ihre besondere Stellung durch den Erlass der Entscheidung 2003/328 bestätigt. Diese Entscheidung belege, dass nach Auffassung des Gemeinschaftsgesetzgebers und des zuständigen wissenschaftlichen Gremiums die in der Entscheidung vorgesehenen Ausnahmen durch die besonderen rechtlichen und tatsächlichen Umstände der Speiseresteverwertung in Deutschland und damit durch die besondere Stellung der Mitglieder des BNS gerechtfertigt seien.

40
Schließlich würde den Klägern, wenn im vorliegenden Fall allein aufgrund des normativen Charakters der Gemeinschaftshandlung die Zulässigkeit der Klage verneint würde, nur deswegen kein Rechtsschutz gewährt, weil auch andere Personen, die nicht die besondere Stellung der Kläger hätten, von der Regelung ins Auge gefasst würden. Dies stünde im Gegensatz zum Wortlaut und zur Zielrichtung des Artikels 230 Absatz 4 EG (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Lenz in der Rechtssache Codorniu/Rat, Nrn. 25 ff.).

Würdigung durch das Gericht

41
Nach Artikel 111 der Verfahrensordnung kann das Gericht, falls die Klage offensichtlich unzulässig ist, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

42
Im vorliegenden Fall hält das Gericht die sich aus den Verfahrensakten ergebenden Angaben für ausreichend und beschließt daher gemäß diesem Artikel, ohne Eröffnung der mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

43
Es ist wiederholt entschieden worden, dass ein Rechtsakt allgemeiner Geltung wie eine Bestimmung einer Verordnung unter Umständen einzelne natürliche oder juristische Personen individuell betreffen und damit ihnen gegenüber Entscheidungscharakter haben kann. Dies ist dann der Fall, wenn der fragliche Rechtsakt eine natürliche oder juristische Person wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert, wie dies beim Adressaten des Rechtsakts geschähe (vgl. Urteil Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Randnr. 36 und die dort zitierte Rechtsprechung).

44
Nach ständiger Rechtsprechung kann die Zulässigkeit einer Klage, die, wie hier, von einer Vereinigung erhoben wird, dann, wenn die Vereinigung an dem Verfahren beteiligt war, das zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts geführt hat, jedenfalls in drei Fällen bejaht werden: wenn eine Rechtsvorschrift der Vereinigung ausdrücklich eine Reihe von Verfahrensrechten einräumt, wenn die Vereinigung selbst individuell betroffen ist, da ihre eigenen Interessen als Vereinigung berührt sind, namentlich weil ihre Stellung als Verhandlungspartner durch die angefochtene Handlung berührt wurde, oder wenn sie die Interessen von Unternehmen wahrnimmt, die selbst klagebefugt sind (Beschlüsse des Gerichts in der Rechtssache Federolio/Kommission, Randnr. 61, vom 8. Dezember 1998 in der Rechtssache T-38/98, ANB u. a./Rat, Slg. 1998, II-4191, Randnr. 25, und Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Randnr. 47).

45
Im vorliegenden Fall kann sich der BNS zur Begründung einer Befugnis, Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmung zu erheben, auf keinen dieser drei Fälle berufen.

46
Zunächst ist festzustellen, dass die Kläger kein Verfahrensrecht geltend machen, das dem BNS durch das Gemeinschaftsrecht eingeräumt und durch die angefochtene Bestimmung beeinträchtigt würde.

47
Was die Rolle angeht, die der BNS gegenüber dem Parlament und der Kommission gespielt haben soll, so kann zwar, wenn eine Vereinigung an dem Verfahren beteiligt war, das zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts geführt hat, eine Beeinträchtigung ihrer Stellung als Verhandlungspartner ihre spezifischen Interessen berühren (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 2. Februar 1988 in den Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, 219, Randnrn. 21 bis 24, und vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 28 bis 30), wobei die von der Vereinigung eingenommene Stellung als Verhandlungspartner klar umschrieben sein und mit dem Gegenstand des erlassenen Rechtsakts eng zusammenhängen muss (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Mai 2000 in der Rechtssache C-106/98 P, Comité d’entreprise de la Société française de production u. a./Kommission, Slg. 2000, I-3659, Randnr. 45).

48
Im vorliegenden Fall haben die Kläger jedoch nicht nachgewiesen, dass der BNS die Stellung eines Verhandlungspartners eingenommen hat, die klar umschrieben ist und mit dem Gegenstand der angefochtenen Bestimmung eng zusammenhängt, und dass diese Stellung durch den Erlass der Bestimmung beeinträchtigt wurde.

49
Dass den Gemeinschaftsorganen im Gesetzgebungsverfahren, das zum Erlass der Verordnung Nr. 1774/2002 geführt hat, insbesondere bei ihren Treffen mit dem BNS, Informationen vorgelegt wurden, genügt nämlich nicht, um davon auszugehen, dass die angefochtene Bestimmung eine klar umschriebene Stellung des BNS als Verhandlungspartner beeinträchtigt hat. Anhand dieser Unterrichtung lässt sich allenfalls feststellen, dass der BNS am Verfahren der Ausarbeitung der Verordnung, die die angefochtene Bestimmung enthält, beteiligt war. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber der Umstand, dass eine Person in irgendeiner Weise an dem Verfahren beteiligt ist, das zum Erlass einer Gemeinschaftsmaßnahme führt, nur dann geeignet, diese Person hinsichtlich der fraglichen Maßnahme zu individualisieren, wenn die anwendbare Gemeinschaftsregelung ihr bestimmte Verfahrensgarantien einräumt (Beschluss des Gerichts vom 9. August 1995 in der Rechtssache T-585/93, Greenpeace u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2205, Randnr. 56, und Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2002 in der Rechtssache T-47/00, Rica Foods/Kommission, Slg. 2002, II-113, Randnr. 55). Das ist hier nicht der Fall.

50
Auch die nicht bestrittene Tatsache, dass der BNS Ansprechpartner der deutschen Stellen war, kann nicht belegen, dass eine Stellung als Verhandlungspartner berührt war. Dass der BNS ein Ansprechpartner war, insbesondere soweit er aufgefordert worden sein soll, diesen Stellen eine Stellungnahme zur Frage der in der Verordnung Nr. 1774/2002 vorzusehenden Übergangsmaßnahmen vorzulegen, belegt nämlich nur, dass die deutschen Stellen es für zweckmäßig hielten, ihn in einem nicht bestimmbaren Maß an der Bildung ihres Standpunkts zu beteiligen, wie sie ihn im Rat beim Erlass der Verordnung, die die angefochtene Bestimmung enthält, vertraten. Folglich ist nicht erwiesen, dass die angefochtene Bestimmung die Stellung des BNS als Verhandlungspartner berührt (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 11. Juli 2000 in der Rechtssache T-268/99, Fédération nationale d’agriculture biologique des régions de France u. a./Rat, Slg. 2000, II-2893, Randnr. 55).

51
Das Vorbringen der Kläger beweist auch nicht, dass der Kläger zu 2 oder irgendein anderes Mitglied des BNS klagebefugt ist.

52
Soweit es erstens um das Vorbringen geht, dass die Mitglieder des BNS deswegen von der angefochtenen Bestimmung individuell betroffen seien, weil die Verordnung Nr. 1774/2002 erlassen worden sei, nachdem einige dieser Mitglieder im September 2001 von den Dienststellen der Kommission kontrolliert worden seien, genügt es, auf die Ausführungen oben in Randnummer 48 zu verweisen. Im vorliegenden Fall gab es keine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift, die das Parlament und den Rat dazu verpflichtet hätte, beim Erlass der Verordnung Nr. 1774/2002 ein Verfahren zu befolgen, in dem für die Mitglieder des BNS Verfahrensgarantien bestanden hätten. Unter diesen Umständen bewirkten die von der Kommission bei einigen Mitgliedern des BNS durchgeführten Kontrollen nicht, dass diese Mitglieder in Bezug auf die angefochtene Bestimmung individualisiert wurden.

53
Was das Vorbringen betrifft, dass die Mitglieder des BNS deswegen von der angefochtenen Bestimmung individuell betroffen seien, weil sie von ihr in besonders schwerem Maß getroffen würden, so genügt nach ständiger Rechtsprechung der Umstand, dass bestimmte Marktbeteiligte von einem Rechtsakt wirtschaftlich stärker berührt sind als andere, nicht, um sie als von diesem Rechtsakt individuell betroffen anzusehen (Beschlüsse des Gerichts in der Rechtssache Van Parys u. a./Kommission, Randnr. 50, und vom 24. Januar 2001 in den Rechtssachen T-112/00 und T-122/00, Iberotam u. a./Kommission, Slg. 2001, II-97, Randnr. 70).

54
Auch der Umstand, dass die Mitglieder des BNS verpflichtet sind, eine eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit, die sie aufgrund nationaler Genehmigungen ausüben, einzustellen, ist nicht geeignet, sie im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG zu individualisieren. Weder beweisen noch behaupten die Kläger, dass nur die gegenwärtigen Mitglieder des BNS solche Genehmigungen in Deutschland erhalten können. Ebenso wenig beweisen oder behaupten sie, dass eine derartige eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit von Wirtschaftsteilnehmern in anderen Mitgliedstaaten nicht ausgeübt werden kann. Die Mitglieder des BNS befinden sich daher in einer Stellung, die derjenigen jedes anderen Wirtschaftsteilnehmers vergleichbar ist, der gegenwärtig oder zukünftig eine ihrer Tätigkeit entsprechende Tätigkeit ausüben könnte (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache T-45/02, DOW AgroSciences/Parlament und Rat, Slg. 2003, II-1973, Randnr. 43 und die dort zitierte Rechtsprechung).

55
Ferner ist noch darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vortrag der Kläger der Umstand, dass das Parlament, der Rat und die Kommission aufgrund der Aktivitäten des BNS bei diesen Organen über die besondere Stellung seiner Mitglieder unterrichtet waren, nur dann geeignet wäre, diese Mitglieder zu individualisieren, wenn eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift die Verfasser der Verordnung Nr. 1774/2002 verpflichtete, diese besondere Stellung zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Slg. 1985, 207, Randnrn. 21 und 28). Weder Artikel 152 Absatz 4 Buchstabe b EG, auf dessen Grundlage die Verordnung Nr. 1774/2002 erlassen wurde, noch irgendeine andere gemeinschaftsrechtliche Vorschrift verpflichten aber die Verfasser der Verordnung, die besondere Stellung von Unternehmen wie den Mitgliedern des BNS beim Erlass von Verordnungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu berücksichtigen. Dass die Organe, die an der Ausarbeitung der die angefochtene Bestimmung enthaltenden Verordnung beteiligt waren, über die Stellung der Mitglieder des BNS unterrichtet waren, kann diese daher in Bezug auf die fragliche Bestimmung nicht individualisieren.

56
Was die Behauptung angeht, die besondere Stellung der Mitglieder des BNS ergebe sich daraus, dass die in der angefochtenen Bestimmung vorgesehenen Übergangsmaßnahmen speziell auf sie abzielten, so genügt die Feststellung, dass nach dieser Bestimmung Übergangsmaßnahmen erlassen werden, wenn in den Mitgliedstaaten vor der Anwendung der Verordnung Nr. 1774/2002 geeignete Kontrollsysteme bestanden. Bereits aus dem Wortlaut der angefochtenen Bestimmung ergibt sich, dass das Kriterium für den Erlass von Übergangsmaßnahmen objektiv ist und dass die Mitglieder des BNS nur in ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmer, die geeigneten Kontrollsystemen unterliegen, betroffen seien können. Somit weist nichts im Wortlaut dieser Bestimmung darauf hin, dass die Möglichkeit, Übergangsmaßnahmen zu erlassen, speziell auf die Mitglieder des BNS abzielt (vgl. in diesem Urteil des Gerichts vom 22. Februar 2000 in der Rechtssache T-138/98, ACAV u. a./Rat, Slg. 2000, II-341, Randnr. 64 und die dort zitierte Rechtsprechung). Unter diesen Umständen ist unbeachtlich, dass die Mitglieder einer Dienststelle der Kommission nach dem Erlass der angefochtenen Verordnung bei bestimmten Mitgliedern des BNS einen Informationsbesuch bezüglich der Verfütterung von Speiseabfällen durchführten.

57
Schließlich ist zwar die Voraussetzung der individuellen Betroffenheit im Licht des Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, die einen Kläger individualisieren können, auszulegen, doch kann eine solche Auslegung nicht zum Wegfall der fraglichen Voraussetzung, die ausdrücklich im EG-Vertrag vorgesehen ist, führen, ohne dass die den Gemeinschaftsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden (Urteil Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Randnr. 44).

58
Nach alledem betrifft die angefochtene Bestimmung keinen der Kläger individuell im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG.

59
Folglich ist die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen, ohne dass die übrigen Unzulässigkeitsgründe geprüft werden müssten.


Zu den Anträgen auf Zulassung als Streithelfer

60
Da die Klage für offensichtlich unzulässig zu erklären ist, ist über die Anträge der Landwirtschaftskammer Vorarlberg sowie von M. Wohlgenannt und J. Taferner auf Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kläger nicht mehr zu entscheiden.


Kosten

61
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen dem Antrag der Beklagten gemäß neben ihren eigenen Kosten auch deren Kosten aufzuerlegen.

62
Nach Artikel 87 §§ 4 und 6 der Verfahrensordnung tragen die Kommission, die Landwirtschaftskammer Vorarlberg sowie M. Wohlgenannt und J. Taferner ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

beschlossen:

1.
Die Klage wird als offensichtlich unzulässig abgewiesen.

2.
Über die Anträge der Landwirtschaftskammer Vorarlberg sowie von M. Wohlgenannt und J. Taferner auf Zulassung als Streithelfer ist nicht zu entscheiden.

3.
Die Kläger tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Europäischen Parlaments und des Rates.

4.
Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

5.
Die Landwirtschaftskammer Vorarlberg sowie M. Wohlgenannt und J. Taferner, die die Zulassung als Streithelfer beantragt haben, tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 10. Mai 2004

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

J. Pirrung


1
Verfahrenssprache: Deutsch.

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