13.8.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 238/28


Klage, eingereicht am 10. Juni 2011 — HeidelbergCement/Kommission

(Rechtssache T-302/11)

2011/C 238/49

Verfahrenssprache: Deutsch

Parteien

Klägerin: HeidelbergCement AG (Heidelberg, Deutschland) (Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte U. Denzel und T. Holzmüller)

Beklagte: Europäische Kommission

Anträge

Die Klägerin beantragt,

Art. 1 und Art. 2 des Beschlusses der Kommission vom 30. März 2011 in der Sache COMP/39.520 — Zement und verwandte Produkte gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft;

gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts die Kommission zu verurteilen, die Kosten der Klägerin zu tragen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung der Klage macht die Klägerin fünf Klagegründe geltend.

1.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 18 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (1)

Der angefochtene Beschluss verstoße gegen Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, weil er den Untersuchungsgegenstand nicht hinreichend spezifiziere und Unternehmensdaten abfrage, die nicht zur Aufklärung des Tatvorwurfs „erforderlich“ im Sinne des Art. 18 Verordnung Nr. 1/2003 seien.

Der Klägerin sei weder im angefochtenen Beschluss noch an anderer Stelle im Ermittlungsverfahren mitgeteilt worden, welches konkrete Verhalten ihr eigentlich zur Last gelegt wird. Der Beschluss verstoße daher gegen die Verpflichtung des Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, zur Angabe des Untersuchungszwecks. Nach der ständigen Rechtsprechung der Unionsgerichte müsse im Beschluss der Tatvorwurf hinreichend genau bezeichnet werden, damit Adressaten und Gerichte die Erforderlichkeit der abgefragten Informationen für die Beweisführung bewerten können.

Der Beschluss frage in großem Umfang Informationen erneut ab, die der Kommission bereits in Beantwortung früherer Auskunftsverlangen übermittelt worden seien. Informationen, die der Kommission bereits vorlägen, seien nicht „erforderlich“ im Sinne des Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003.

Es sei kein Bezug der abgefragten Daten zum „Verdacht“ der Kommission erkennbar. Die Kommission missbrauche ihre Befugnisse aus Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 für eine allgemeine Ausforschung der Klägerin („Fishing Expedition“). Für solche allgemeine Marktuntersuchungen stehe ihr das Ermittlungsinstrument des Art. 17 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Verfügung.

Die Kommission überschreite ihre Kompetenzen aus Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, weil sie in dem angefochtenen Beschluss die Klägerin zur Analyse und Auswertung der abgefragten Informationen verpflichte.

2.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Umfang der abgefragten Informationen, die Wahl der Mittel und die enge Fristsetzung verstießen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die Zusammenstellung und Aufbereitung der abgefragten Informationen in der vorgeschriebenen Form belaste die Klägerin übermäßig. Diese Belastung stehe außer Verhältnis zur Allgemeinheit der abgefragten Informationen und dem Ermittlungszweck.

Die Fristsetzung von 12 Wochen für die Beantwortung und die Weigerung der Kommission, diese Frist zu verlängern, seien unverhältnismäßig. Es sei der Klägerin objektiv unmöglich, diese Frist einzuhalten.

3.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht des Art. 296 Abs. 2 AEUV

Der angefochtene Beschluss verletzte auch die Anforderungen des Art. 296 Abs. 2 AEUV an die ordnungsgemäße Begründung eines Rechtsaktes, weil sie nicht erkennen lasse, welche Beweggründe die Kommission für die Abfrage derartig umfangreicher Informationen, das Vorgehen nach Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und den hohen Zeitdruck im Verfahren habe.

Die angefochtene Entscheidung mache weder deutlich, welchem konkreten Tatvorwurf die Kommission nachgehe, noch weshalb die Kommission die außergewöhnlich detaillierten und umfangreichen Informationen benötige.

Die Kommission gebe keine Begründung dafür, weshalb sie im Gegensatz zu früheren Auskunftsersuchen ein Vorgehen gegen die Klägerin im Wege des Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 für angemessen und erforderlich halte.

Die Kommission begründe nicht hinreichend, weshalb sie eine derart enge Beantwortungsfrist setze und weshalb sie sich weigere, diese Fristen zu verlängern.

4.

Vierter Klagegrund: Verstoß gegen den allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatz

Der angefochtene Beschluss und der damit übermittelte Fragebogen verletzen nach Ansicht der Klägerin die Anforderungen des allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatzes, weil sie in vielen Punkten unklar, unbestimmt und widersprüchlich seien und keine klaren Handlungsanweisungen für die Klägerin enthielten. Die Klägerin könne nicht zweifelsfrei erkennen, was genau sie zu tun habe, um das Sanktionsrisiko abzuwenden. Den umfangreichen Nachfragen und Präzisierungswünschen der Klägerin sei die Kommission nicht oder nicht ausreichend nachgekommen.

5.

Fünfter Klagegrund: Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte der Klägerin

Der angefochtene Beschluss verletze die in Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und Art. 48 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Verteidigungsrechte der Klägerin, indem sie die Klägerin zur aktiven Mitwirkung an Auswertungen und Analysen von Unternehmensdaten verpflichte, die eigentlich der Beweisführungspflicht der Kommission unterlägen.


(1)  Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).


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