Hede Bühl ist Bildhauerin. Aber jetzt stellt das Kunstmuseum Villa Zanders die malerischen Arbeiten der Künstlerin aus. Zum ersten Mal umfassend, allerdings hinter Türen, die vorerst geschlossen bleiben. Der #KulturKurier hat sich durch die Ausstellung führen lassen – und einen virtuellen Rundgang in Wort und Bild produziert. Dabei erfahren Sie auch, wie Hede Bühl durch einen Messerstich von Beuys geprägt wurde.
Text: Holger Crump. Video: Joshua Murat. Fotos: Thomas Merkenich.
„Man hat mich immer gefragt: Sind das Skizzen zu Skulpturen?“, erzählt Hede Bühl über ihre Malerei. Und ja, das eine sei ohne das andere nicht denkbar. Aber: „Das Arbeiten auf Papier ist eine ganz andere Vorgehensweise als das Arbeiten an einer Skulptur.“
Die Skulptur konzentriere sich auf die Außenhaut; „was in ihr passiert, das sieht man nicht. Die Zeichnung hingegen zeigt, was in einer Skulptur los sein könnte. Sie stellt quasi die Innenansicht der Skulptur dar,“ erläutert die Künstlerin die Beziehung zwischen Bild und Skulptur.
Hinweis der Redaktion: Das Kunstmuseum ist wegen Corona bis auf weiteres geschlossen. Daher hat sich das Team des Bürgerportals für den #KulturKurier von der Direktorin und der Künstlerin durch die Ausstellung führen lassen, die wir hier als Video, mit Fotos und einem Text dokumentieren. Wie immer: Solange Sie nicht nur Kultur kommen liefert der KulturKurier Ihnen Kultur frei Haus. Hier finden Sie alle bisherigen 33 Lieferungen.
Kopf und Körper
Was ist in der Ausstellung mit dem Titel „Imago – Arbeiten auf Papier“ zu sehen? Zum ersten Mal überhaupt steht das zeichnerische Werk von Hede Bühl im Mittelpunkt einer Ausstellung. Präsentiert wird großformatige Malerei, ergänzt um einige Skultpuren.
Zeichnende Bildhauer habe es laut Petra Oelschlägel, der Leiterin des Kunstmuseums, immer gegeben. Hede Bühl habe aber stets das große Format gesucht. Die wandfüllenden Arbeiten „behaupten ihre Autonomie“. Insofern seien sie nicht als Skizzen zur Bildhauerei zu verstehen.
Bühls lebenslanges Thema seien Kopf und Körper, erläutert Oelschlägel weiter. Das figurative Element sei ihr wichtig, ergänzt Hede Bühl, Malereien ohne menschliche Körper gebe es nicht von ihr.
In der Tat: Sie verzichtet meist auf die Darstellung der Sinnesorgane, reduziert die Objekte bis aufs Äußerste. Kopf und Körper bleiben dabei jedoch stets als solche erkennbar. So entstehen Bilder von archaischer Wucht, von vornehmer Feierlichkeit, bedrohend und hilfesuchend zugleich. Mit einem energischen Duktus im Strich.
„Bei Hede Bühl geht es nicht um das Abbild eines Individuums, vielmehr um die Frage inwieweit der Mensch ein soziales Wesen ist“, erklärt Petra Oelschlägel. Die Bilder würden Fragen aufwerfen, was das Menschsein ausmache, wie man sich aushalten könne. Sie sind damit von enormer Aktualität: In einer Zeit, wo man aufgrund der Pandemie auf Nähe verzichten muss.
Wenn das Individuelle in den Hintergrund rückt, stellt sich die Frage, ob es denn überhaupt Portraits gibt. Nein, außer Selbstportraits habe sie nie Protraits gemalt, meint die Künstlerin. „Dies war nie mein Bedürfnis. Und es kam nie dazu dass einer sagte: Mal mich mal!“ erklärt sie lakonisch.
Zwei Selbstporträts sind dann auch in der Präsentation zu sehen. Hier sind erste Stilelemente späterer Arbeiten bereits zu erkennen, wie die Fragmentierung der Sinnesorgane.
Wächter als klassisches Thema
Betrachter der Arbeiten treffen immer wieder auf stumme Wächter: Wesen die wie ein Totem über das Geschehen wachen, oder amorphe Schädel zwischen Helm und Kopf. Vieles ist in Bänder gehüllt. Mal scheinen die Objekte aus der Ummantelung herausplatzen zu wollen, mal scheinen sie klaustrophobisch eingeschnürt zu sein.
Solch ein Werk begrüßt den Besucher auch beim Erreichen der ersten Etage. Hier füllt ein ehrfurchtgebietender Torso den Raum. „Eine Begrüßung ohne offenen Blick, vergleichbar mit der Begrüßung ohne Handschlag, die wir in der Pandemie immer wieder erleben“, beschreibt Petra Oelschlägel.
Die Grenze zwischen Malerei und Bildhauerei löst sich bei vielen Exponaten auf. „Manche Bilder zeigen, wie Hede Bühl als Bildhauerin gewohnt ist um die Skulptur herumzugehen und diese immer wieder zu bearbeiten,“ erläutert die Leiterin des Kunstmuseums den Entstehungsprozess der bildhauerischen Werke.
Dieser Prozess scheint in den Bildern sichtbar zu werden. „Die Köpfe sind dynamisiert, mit darübergesetzten Pinselstrichen. Manche Köpfe scheinen den Betrachter anzustarren, rufen gar Assoziationen von Aggression hervor.“
Messerstich von Beuys
Hede Bühl war Meisterschülerin von Joseph Beuys. Dessen Einfluss machte sich aber erst später bemerkbar. Dabei gab es ein einschneidendes Ereignis: An der Akademie zerstörte Beuys eine Arbeit von Bühl mit einem Messer. Er schuf so, in der Zerstörung, eine neue Sicht auf das, was die Künstlerin gerade beschäftigte.
„Über Beuys Messerstich war ich nicht böse. Es hat mich vielmehr gelehrt, wie ich mit meinen Arbeiten umgehe“, sagt Bühl. Letztlich habe sie dies zur Möglichkeit der radikalen Veränderung an ihren Skulpturen inspiriert.
Rom und Rhein
Ihr Atelier befindet sich in Düsseldorf, das Herz weilte jedoch lange in Rom. Im Gespräch vor ihren Selbstportraits berichtet Hede Bühl von ihrem Aufenthalt in Italien. Sie habe große Ehrfrucht vor dem gehabt, was dort an Kunst vertreten war. Dies habe sie eine zeitlang gar in ihrer künstlerischen Arbeit blockiert.
Letztlich habe sie aber die Kraft gefunden, diese Blockade zu überwinden. Insofern, meint sie in Gedanken fast zu sich selbst, seien die Erlebnisse in Italien und die Rückkehr an den Rhein gar nicht mal so schlecht für ihre Entwicklung gewesen.
Das Geheimnis der Schlange
Ein Geheimnis lässt sie sich indes nicht entlocken: Was es mit der Schlange auf sich hat. Die Skulpturen ziert auf den Rückseiten ein „B“, umringt von einer Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt. Der aufmerksame Betrachter wird es hier und da entdecken, vereinzelt auch auf ihren Malereien.
Nun, die Schlange schlängelt sich halt, meint sie. Man könne es als Signet verstehen. Mehr lässt sich Hede Bühl dazu nicht entlocken.
Eröffnung abhängig von Corona
Vorerst kann die Ausstellung nicht besichtigt werden. Wegen Corona hat die Villa Zanders geschlossen. „Die Ausstellung ist bereit, eröffnet zu werden“, erklärt Petra Oelschlägel, die Leiterin des Kunstmuseums.
Will heißen: Wann immer die Pandemie und die rechtlichen Vorgaben dies möglich machen, öffnen sich die Tore für die Besucher:innen. Geplant ist die Laufzeit zunächst einmal bis zum 25. April 2021, eine Verlängerung je nach Entwicklung des Infektionsgeschehens ist möglich.
Weiter Ausstellungen im Kulturkurier
Moral Spaces. 3D Painting von Igor Ganikowskij
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch das Kunstmuseum Villa Zanders wieder öffnet. Wir waren mit dem #KulturKurier schon vor Ort und haben uns von der Kuratorin Nora Riedinger die Kabinettausstellung mit Werken von Igor Ganikowskij zeigen lassen.
AdK zeigt „it’s me“
Bei dieser Lieferung des KulturKuriers führt Sie die Adk-Vorsitzende Gisela Schwarz durch die Ausstellung „it’s me“ in der VHS. Wie bei der Vernissage spielt dazu die Violinistin Franziska Pietsch.
Hede Bühl, eine großartige Künstlerin, die mir immer wieder mit ihren Arbeiten begegnet. Wo bekomme ich den Katalog zur Ausstellung?
Eine wunderschöne Präsentation (Text und Fotografie) des beachtenswerten Werkes von Hede Bühl in dem schönen Ambiente des Kunstmuseums Villa Zanders. Ich bin schon ganz gespannt in Erwartung der Vernissage.