Mit Peter Protschka leitet seit Juli ein gestandener Jazzmusiker die Max Bruch Musikschule. Dort will er vor allem bei Kooperationen, Digitalisierung und Angeboten zur Improvisation die Schwerpunkte setzen. Gleichzeitig tourt er mit seinem Jazz-Quintett weiterhin über europäische Bühnen. Ein Musiker, zwei Leben: Bleibt da noch Zeit zu üben?

Die musikalischen Wurzeln von Peter Protschka liegen im Jazz. Doch zunächst geht es im Gespräch mit dem Bürgerportal um ernste Musik. Damit ist er aufgewachsen. „Ich bin in einem Haus mit klassischer Musik groß geworden. Bei uns waren immer Sinfonien oder Opern zu hören“, erzählt er.

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Sein Vater Josef war lyrischer Tenor, feierte Erfolge mit Mozart, war Rektor der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. „Er war aber auch auf dem ersten erfolgreichen Werk von Stockhausen zu hören, dem Gesang der Jünglinge“, erinnert sich Protschka und deutet auf eine Partitur des Neutöners, die an der Wand seines Büros hängt. Dann geht es zum Gespräch nach draußen, an die frische Luft.

Studiert hat der Trompeter Protschka zunächst an der Mannheimer Musikhochschule. Im Jazz-Studiengang, der aus der Idee einer Musical-Schule rund um Caterina Valente heraus entstand. Dort hat er eine fundierte Ausbildung als Live-Jazz-Musiker erhalten.

„Zugleich studierten wir dort Instrumentalpädagogik, um möglichst breit aufgestellt zu sein“, schildert er. Das Studium der Alten Musik sowie ein Konzertexamen an der Musikhochschule Köln machten seine Ausbildung komplett.

Zwei Jobs

Peter Protschka im Gespräch mit Holger Crump. Foto: Thomas Merkenich

All dies kommt ihm heute zugute. Er ist erfolgreich als Jazz-Musiker unterwegs und leitet seit Juli die Max Bruch Musikschule der Stadt Bergisch Gladbach. Protschka lacht: „Eigentlich habe ich zwei Berufe und bin Pendler zwischen den Welten.“

Beide Seiten bekomme er derzeit aber gut unter einen Hut: Die pädagogische Arbeit, das Kulturmanagement an der Musikschule. Und seine Karriere als Live-Musiker mit seinem Quintett, das bereits im elften Jahr auf den Bühnen unterwegs ist.

„Eine Tour pro Jahr können wir realisieren“, erzählt er. „Am 10. September geht es wieder los, wer mag kann uns am 13. September in Köln oder am 17. September in Viersen hören.“ Zu seinen Vorbildern zählt er vor allem die Trompeter Freddy Hubbard, Woody Shaw, Tom Harrell und Kenny Wheeler. Er verfolgt aber auch die Entwicklung der zeitgenössischen Szene. Italien, Polen und Israel nennt er als spannende Länder, wo sich in der Musikszene einiges tut. Und natürlich Amerika, New York.

Die Tonarten Db- und Gd-Dur hört er besonders gerne. Auf seinem Instrument bevorzugt er Ab- und Eb-Dur, „die sind auf der Trompete besonders gut zuspielen.“ Im Jazz wird zudem viel mit Skalen gearbeitet, speziellen Tonleitern. Hier nennt er lydisch als seinen Favoriten.

Foto: Thomas Merkenich

Klassische Ausbildung wichtig

Eine klassische Ausbildung hält er auch und gerade für Jazzmusiker für immens wichtig. Dabei schwört er auf Bach: „Der ist spannend, wird nie langweilig. Den ziehe ich Mozart immer vor.“

Klassische Musik sei ganz zentral, um ein Instrument zu erlernen. „Das unterscheidet in der Regel die europäischen Pianisten von den Kollegen in Amerika. Man hört es den hiesigen Pianisten auch an.“ Er verweist auf seine Sidemen Clemens Orth oder Rainer Böhm, mit denen er häufig auftritt. „Da klingt immer mal Schumann oder Ravel durch.“

Als Profi-Musiker übt er selbst täglich, „morgens und abends je eine Stunde“, berichtet er. „Wann immer ich kann.“ Die zwei Jobs zehren natürlich am Zeitbudget. Er scheint mit viel Disziplin gesegnet zu sein, um seine Projekte und Jobs zu realisieren.

Schwerpunkte an der Musikschule

Foto: Thomas Merkenich

Für die jetzigen und künftigen Schüler:innen „seiner“ Musikschule hat er eine Menge vor. So will er vor allem die Kooperationen mit weiterführenden Schulen ausbauen. „Bei der Früherziehung sind wir recht gut aufgestellt, bei älteren Kindern können wir noch nachlegen.“

So soll es mehr Orchester-Workshops an Schulen geben, wie zum Beispiel das Blasorchester und die Big Band am NCG, geleitet von der dortigen Lehrerin Lena Kuhlenbäumer. Dies wolle er durch Einzel- oder Gruppenunterricht zu günstigen Konditionen an der Musikschule ergänzen.

„Hardware, Breitbandanschluss: Hier haben wir noch einen erheblichen Bedarf“, schildert er die Lage in punkto Digitalisierung. Als kommunale Bildungseinrichtung sei dies noch nicht abgedeckt. „Wir haben ein schwaches WLAN in der Schule, kein LAN, kaum Endgeräte.“

Dies sei nicht nur wichtig, um im Fall des Falles für einen erneuten Distanzunterricht gewappnet zu sein. Musik finde heute auch digital statt, man könne kreativ damit arbeiten. Denkbar seien Workshops zu Musik und Medien, zur Arbeit mit der Ensemble-Software Garage Band oder auch einfach mal ein Notations-Kurs. Denn das Notenschreiben geschehe längst am PC statt auf dem Papier.

Als dritten Schwerpunkt will Protschka auf das Thema Improvisation setzen, und schlägt damit den Bogen zu seinen Wurzeln. Ein Sommer Jazz-Camp sei denkbar, Musikschul-Sessions. Blickt man auf das Kollegium, scheint einiges denkbar. An der Max Bruch Musikschule arbeiten einige Musiker:innen, die zu wichtigen Persönlichkeiten in der (Jazz) Szene gehören oder spannende Projekte vorantreiben.

Musikschule für alle

„Wir sind eine Musikschule für alle, egal welches Alter, egal ob mit oder ohne Erfahrung, Anfänger oder Fortgeschrittene, ob zuhause Musik gemacht wird oder nicht“, unterstreicht der neue Leiter. Das Angebot der Stadt sei in dieser Form nicht selbstverständlich. „Die Unterstützung durch die Stadt und den Fachbereichsleiter Dettlef Rockenberg ist sehr gut. Man nimmt uns als Bildungsinstituion wahr und respektiert unsere Arbeit.“

Seine Schwerpunkte sollen mit dazu beitragen, dass die Zahl der Schüler:innen steigt, denn auch die Musikschule habe unter Corona gelitten. „Wir laden alle musikbegeisterten ein, hier an unserer Schule weiterzumachen“ betont Protschka. „Alle Angebote sind wieder verfügbar, die Musikschule ist in voller Präsenz am Start. Kommt vorbei und macht Musik.“

Auch wenn Mozart nicht zu seinen Favoriten gehört, ein Motto des Wiener Klassikers scheint Protschka verinnerlicht zu haben: „Ohne Musik wär‘ alles nichts.“

Foto: Thomas Merkenich

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war bis Anfang 2024 Reporter und Kulturkorrespondent des Bürgerportals.

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