Die Öffnung des Zanders-Geländes kommt voran, in sehr kleinen Schritten. Es gibt einen Pop-up-Biergarten und erste, punktuelle Nutzungen mit begrenzter Personenzahl. Bis zum Sommer im nächsten Jahr soll wenigstens der Park an der Gleisharfe frei zugänglich sein und eine Durchfahrt für Fahrräder in Nord-Süd-Richtung geöffnet werden. Für Anfragen ist das Projektteam der Stadt ansprechbar.
Immerhin, ein erstes Livekonzert hat auf dem Zanders-Areals stattgefunden – und erahnen lassen, was hier an Sommerabenden unter freiem Himmel möglich ist, von Events in den großen Hallen ganz zu schweigen. Der gemeinsame Auftritt der Blänk Notes und des MGV Rommerscheid hatte aber auch gezeigt, wie mühselig es vorangeht.
Alexander Vossler vom Quirls hatte beim Projektteam eine Sondernutzung beantragt, alles notwendige für einen kleinen provisorischen Biergarten auf dem Gelände installiert und die Musiker ins Boot geholt. Immerhin 150 Personen waren zugelassen, die allerdings nur durch das Pförtnergebäude auf das eingezäunte Festgelände auf der sogenannten Gleisharfe durften.
Die Blank Notes und der Männergesangsverein Rommerscheid sorgten beim Biergarten-Konzert „auf Zanders“ für gute Stimmung. Fotos: Thomas Merkenich
Eine Pioniertat, denn nach wie vor gibt seit dem Ende der Papierfabrik auf dem gesamten 36 Hektar großen Zanders-Areal so gut wie keine Infrastruktur. Zwar können inzwischen provisorische Strom- und Wasserleitungen gelegt werden, für alles andere müssen die Veranstalter selbst sorgen, erläutert Udo Krause, der Leiter des städtischen Projektteams.
Für die Etablierung einer kontinuierlichen Zwischennutzung (bis die eigentliche Nutzung der Flächen in einigen Jahren kommt) gebe es noch keine rechtliche Basis. Denn formal handele es sich um eine Industriegebiet und nicht um eine Veranstaltungsfläche. Für Events mit mehr als 199 Personen müsse jedes Mal eine Baugenehmigung her – und dafür sind wiederum Brandschutzmaßnahmen und das ganze große Besteck erforderlich.
An der grundsätzlichen Änderung des Baurechts arbeitet das Projektteam mit Hochdruck, aber davon könne die Öffentlichkeit frühestens im Sommer 2024 profitieren.
Was im kleinen Rahmen jetzt schon geht
Was nicht heißt, dass nicht schon jetzt etwas geht, im kleinen Rahmen. So führt der ADFC hier regelmäßig Pedelec-Kurse durch, die Polizei bietet Präventionskurse an, es gab eine Kräutertauschbörse und eine der Hallen war kurzzeitig einer Künstlerin für ein großformatiges Wert verpachtet worden, erläutert Miriam Speth, die als Ansprechpartnerin für diese Nutzungen zuständig ist. Und einiges weitere ist geplant (siehe Kasten).
Temporäre Ateliers – aber noch kein Künstlerhaus
Eine besondere Rolle spielt die Künstlerin Iris Stephan, die für ein Zanders-Projekt ein Stipendium bekommen hatte und vorübergehend zwei Räume als Atelier nutzen darf. Aber auch das, betont Krause, sei nur eine Duldung, Ende Oktober sei damit Schluss.
Iris Stephan – die Spurensucherin auf Zanders
Die Malerin und Bildhauerin Iris Stephan arbeitet auf dem Zanders-Areal, mit Zanders-Material. Fundstücke der Papierindustrie wandelt sie in Collagen und Installationen um. Spannend ist nicht nur, was sie macht, sondern vor allem wie sie arbeitet. Daher haben wir sie ein paar Wochen begleitet. Und dabei seltene Einblicke in das außergewöhnliche Projekt einer umtriebigen Künstlerin gewonnen. Aber auch das Zanders-Gelände selbst bietet immer wieder Überraschungen.
Das Vorhaben des Stadtkulturverbands, einige Räume des Werkstattgebäudes für temporäre Ateliers nutzbar zu machen, werde davon unabhängig verfolgt. Die Idee sei es, dass die Stadt einige Räume an den Stadtkulturverband zur Verfügung stellt, der dann die Belegung organisiert. Mit einem künftigen echten „Künstlerhaus“ für eine dauerhafte Nutzung habe das jedoch noch nichts zu tun, warnt Krause vor zu hohen Erwartungen.
Formal handelt es sich bei diesen Aktivitäten in der Regel um eine „Sondernutzung“ von städtischen Flächen, die gemäß der Sondernutzungssatzung beantragt und auch bezahlt werden müssen. Dass auf diesem Weg wenigstens punktuelle mehr Öffentlichkeit auf das Gelände kommt, daran habe auch die Stadt ein großes Interesse, sagt Krause. Sein Projektteam sei daher für Anfragen aller Art offen.
Voraussetzung ist, dass es einen Veranstalter gibt, der die Verantwortung übernimmt, einen Vertrag mit der Stadt schließt, die notwendige Infrastruktur heranschafft und den Zugang kontrolliert. Hohe Hürden, die bislang offenbar abschreckend wirken.
Die nächsten Veranstaltungen „auf Zanders“
19.8. Lesung für Kinder – im Rahmen des Kultursommers
26./27.8 „Wir sind Faust“, Theater
10.9. Tag des offenen Denkmals, Führungen
13.9. Sammlung der Aktion „Schuhe für Bulgarien“
Attraktive Veranstaltungsflächen
Etwas einfacher ist die Nutzung des Gohrsmühlenplatzes, zwischen der großen Halle und dem Driescher Kreuz, der von außen frei zugänglich ist. Hier hatten im vergangenen Jahr bereits zwei Flohmärkte stattgefunden, aber da es noch nicht einmal Strom und Wasser gibt hatte der Veranstalter für dieses Jahr keine neuen Anträge gestellt, der Platz steht leer.
Für erste Nutzungen bietet sich daneben die Gleisharfe an (mit der Grünfläche unter Bäumen und einer weit offenen Asphaltfläche bis zur alten Dampflokomotive Emma an. Und auch der große Parkplatz auf der Rückzeit, der von der Feuerwehr für ihre Impfstraßen genutzt worden war, kann angefragt werden.
Sehr viel schwieriger ist es mit den Gebäude. Das sogenannte „Museum“ wird zwar hin und wieder für städtische Veranstaltungen eingesetzt (wie zuletzt das Bürgerforum im Mai), verfügt aber ebenfalls weder über eine Heizung noch über einen zweiten Fluchtweg.
Auch das Forum, die große ehemalige Kantine von Zanders, eigne sich eigentlich sehr gut für Veranstaltungen jeder Art – doch auch hier gibt es keine Versorgungs-Infrastruktur. Um die Kantine auch nur einigermaßen nutzbar zu machen müssten sechsstellige Beträge investiert werden, schätzt Krause.
Kontakt für Veranstalter:innen
Miriam Speth / Robert Metzen
Mail: Veranstaltungen-aufzanders@stadt-gl.de
Die zwei großen Hallen hinter dem Gohrsmühlen-Platz sind völlig nackte Hüllen. Die Regionale 2025 hatte zwar im vergangenen Jahr mit ihrem Kongress demonstriert, dass eine Nutzung möglich ist – aber mit einem irren administrativen und technischen Aufwand. Daher stehen sie zur Zeit allenfalls als Lagerstätten zur Verfügung, aber nicht für Veranstaltungen.
Ausblick 2024
Weitere Schritte stellen Krause und Speth für das kommende Jahr an, wenn die baurechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind. Bis zum Sommer 2024 soll der Zugang zur Gleisharfe frei sein, der Zaun zur Gohrsmühle soll geöffnet und die alten Gleise als Wege angelegt sein, berichtet Krause. Dann könnten die Grünflächen genutzt, Spielplätze und Basketballfelder angelegt werden und ein echter Biergarten ausgeschrieben werden.
Vielleicht könne, so hofft Krause, bis dahin auch die große Halle 1b ein Stück weit ertüchtigt und etwas geöffnet werden – zum Beispiel für einen Feierabendmarkt oder ähnliche Events.
Damit die Hallen jedoch soweit saniert und ausgestattet werden, dass sie für größere Veranstaltungen genutzt werden könnten, müsse die Stadt jedoch investieren, wenn der Stadtrat dem zustimme. Sonst bleibe es den jeweiligen Veranstaltern überlassen, die Halle immer wieder zu einer Eventlocation aufzurüsten.
Eine Querung für Rad- und Fußverkehr
Immer wieder gewünscht wird von den Bergisch Gladbachern, dass Zanders-Gelände durchlässig zu machen, für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen, von Nord nach Süd und von West nach Ost.
Die West-Ost-Verbindung ist nur schwer zu realisieren, aber immerhin die Querverbindung hofft Krause in 2024 öffnen zu können: Dann könnte man von der Poststraße aus auf das Zandersgelände kommen, an der sogenannten „Altstadt“ auf die „Mainstreet“ einbiegen und vorbei am Kraftwerk und der Kläranlage bis zur Cederwaldstraße radeln.
Das könnte vielleicht – so immerhin die Vision – dann auch eine neue Route für den Stadtlauf im Herbst 2024 werden. Realistisch? Immerhin, Krauses Team setzt alles dran, „Unmögliches möglich zu machen“.
Danke an die Redaktion für die vielen informativen Berichte über „unsere Firma Zanders“ . Es ist traurig, dass es die Firma als ehemals größten Arbeitgeber in der Stadt nicht mehr gibt. Umso wichtiger ist eine vernünftige, bedachte und zukunftsorientierte Planung für dieses riesige Gelände, dass für viele Bergisch Gladbacher eine große Bedeutung hat. Es ist eben nicht alles gleich nutzbar und umsetzbar, schließlich handelt es sich bei dem Gelände um eine ehemalige Fabrik.
Ich persönlich freue mich über jeden kleinen Schritt, den ich mitverfolgen kann.
Und der Biergarten samt toller Musik war ein ganz wunderbarer Abend!
In meinen Augen hätte das komplette Areal wie seinerzeit das Schloss Bensberg für 1€ an einen Investor verkauft werden sollen.
Voraussetzung, er macht das Areal entsprechend attraktiv für einheimische, Gewerbe und Touristen ohne eine direkte Konkurrenz zur Fußgängerzone.
Hier schlummert viel Potenzial, welches eine verschuldete deutsche Großstadt jedoch nicht ansatzweise ausschöpfen können wird.
Da bin ich aber froh, dass Sie nicht unser Bürgermeister sind oder waren.
Diese riesige Fläche zu entwickeln, nach demokratischen Prinzipien die BürgerInnen, den Stadtrat und die politischen Ausschüssen einzubeziehen, ist etwas auf das diese Stadt echt mal stolz sein kann. Die Früchte dieses anstrengenden Prozesses wird diese Stadt zwar erst in ein paar Jahren ernten, aber allein den Prozess der Entwicklung so umfangreich zu gestalten und nicht einem Investor zu überlassen, ist ein tolles Beispiel wie demokratische Stadtplanung funktionieren kann.