Nina Tackenberg leitet in Elternzeitvertretung die Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung Bergisch Gladbach. Foto: Daniel Schubert

Die Geburt eines Kindes sorgt bei vielen Paaren für eine handfeste Krise. Kein Wunder, verändert ein Baby doch fast alle Lebensbereiche der neuen Eltern. Allein das Wissen darum, dass die Schwierigkeiten nicht individuell sind, sondern völlig normal, kann entlastend sein. Noch besser ist es, sich bereits im Vorfeld mit einigen Dingen zu beschäftigen, schreibt Nina Tackenberg, Co-Leiterin der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung.

Wenn Paare Eltern werden, erleben viele einen Schock. Die – von Hollywood und Social Media gefütterte – Erwartung von Glück und Erfüllung spiegelt die Realität nur unzureichend wieder. Der Normalfall ist vielmehr, dass mit der Geburt eine Krise einsetzt, auf die die meisten Eltern nicht vorbereitet sind.

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Denn Paare stehen plötzlich vor einer Vielzahl von Veränderungen, mit denen sie umgehen müssen. Die Familientherapeutin Eva Tillmetz zeigt im Rahmen ihres Regensburger Familienentwicklungsmodells einige typische Herausforderungen von jungen Eltern auf – und legt dar, wie man sich darauf besser vorbereiten kann, um der Krise vorzubeugen.

Die Herkunftsgeschichte

Was sich bei allen Paaren verändert ist die Tatsache, dass die Herkunftsfamilien wieder näherrücken. Eventuell räumlich und lebenspraktisch, mindestens aber emotional. Die eigene Kindheit und die eigene Bindungsgeschichte tauchen mit dem Eltern-Werden unweigerlich auf, verbunden mit Emotionen und Werthaltungen, die im vorherigen Lebensabschnitt oft eine untergeordnetere Rolle gespielt haben.

An dieser Stelle werden oft Unterschiede der beiden Partner:innen deutlich. Je früher Paare beginnen, sich ein Stück weit mit sich selbst auseinanderzusetzen, mit den eigenen Haltungen, Wünschen und Befürchtungen und mit denen des oder der anderen, umso eher lässt sich daran arbeiten, etwas gemeinsames Neues zu entwickeln.

Eine neue Beziehungsebene

Desweiteren kommt in die gemeinsame Beziehung eine weitere Ebene. Musste bisher zwischen den individuellen Bedürfnissen beider Partner:innen und der Paarebene ausgehandelt werden, wie sich die gemeinsame Beziehung gestaltet, kommt nun die Elternebene hinzu.

Sie wird für die nächsten Jahre viel Raum einnehmen. In der gemeinsamen Verantwortung für Kinder muss das Verhältnis von Erwerbs- und Carearbeit geregelt werden, Absprachen getroffen, Aufgaben verteilt und ein gemeinsames Bild von Erziehung entwickelt werden.

Veränderungen auf allen Ebenen

Das betrifft und verändert unweigerlich die bisherigen Vorstellungen und Freiräume der beiden Partner:innen, ihre Arbeit, ihre Hobbys, ihre sozialen Netzwerke.

Das Eltern-Sein verändert gleichzeitig auf der Paarebene den Raum und die Zeit zu zweit, die Erotik und Sexualität, die Aufmerksamkeit, die das Paar einander schenkt.

Gleichzeitig gilt es, noch eine weitere Beziehung zu gestalten: die jeweilige Beziehung zum Kind, die jede:r Elternteil auch unabhängig für sich aufbaut.

Schwierigkeiten sind nicht individuell

Es wird deutlich, dass nahezu alle Lebensbereiche des Paares in Veränderung geraten. Es kann sehr hilfreich sein, sich bereits im Voraus darüber klar zu sein, dass diese Herausforderungen zum Lebensabschnitt des Elternwerdens dazugehören. Schwierigkeiten an der ein oder anderen Stelle bedeuten kein individuelles „Scheitern“ an der neuen Situation, sondern sind völlig normal.

Eine gute Vorbereitung darauf kann es sein, miteinander – mindestens zu zweit, vielleicht auch mit der erweiterten Familie oder Freund:innen – darauf zu schauen, was die kommenden Veränderungen bedeuten können. So legt man auch einen Grundstein dafür, um auch auch nach der Geburt miteinander im Gespräch zu bleiben.


Dieser Text ist zuerst im Newsletter „GL Familie“ von Laura Geyer erschienen. Er richtet sich an die Eltern (und Großeltern) jüngerer Kinder, hier können Sie ihn kostenlos bestellen.


Unterstützungsnetz ist unerlässlich

Tillmetz schreibt in ihrem Buch „Balanceakt Familiengründung“, dass es unerlässlich ist, ein Unterstützungsnetz zu knüpfen, um angesichts all der Herausforderungen „einem Infarkt vorzubeugen“.

Für neue Eltern kann es sehr entlastend sein, sich frühzeitig damit zu beschäftigen, dass die anstehenden Aufgaben nicht alle alleine gelöst werden müssen und können.

Paare tun gut daran, rechtzeitig miteinander zu besprechen, welche Formen der Unterstützung für sie in Frage kommen. Das können zum Beispiel Kinderbetreuung und Haushaltshilfen sein, Familie, Nachbarn und Freunde, Eltern-Kind-Gruppen etc.

In Kooperation mit der Katholischen Familienbildungsstätte Bergisch Gladbach gibt es von uns ein Angebot für Paare in dieser Lebensphase: das Elternfrühstück „Eltern sein – Paar sein“ am Samstag, 29.3., 9.30 bis 12.30 Uhr (Anmeldung über den Link).


Haben Sie selbst eine Frage an unsere Expertinnen im Familienrat? Dann schreiben Sie uns bitte: redaktion@in-gl.de

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Nina Tackenberg leitet als Elternzeitvertretung die Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle in Bergisch Gladbach. Sie hat einen M.A. in Arbeits- & Organisationspsychologie sowie ein Diplom in Sozialer Arbeit, ist Systemische Coachin (DGSF), Gesundheits- und Krankenpflegerin.

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