Die Transformationen verbinden

Dr. Thomas M. Fischer, CEO der Allfoye Managementberatung und Aufsichtsrat der Bauer Gruppe, über die strategische Verknüpfung von digitaler und ökologischer Transformation.

Thomas M. Fischer

Herr Dr. Fischer, warum sollten Unternehmen Ökologie und Digitalisierung zusammendenken?

Fischer: Darf ich es auf eine knappe Formel bringen? Nachhaltigkeit gibt der Digitalisierung ihren Sinn. Natürlich helfen Daten, Analysen und KI in allen Bereichen der Unternehmen und sorgen für Effizienz und bessere Entscheidungsgrundlagen. Aber angesichts des Handlungsdrucks, der von den Sustainability-Zielen der UN-Agenda 2030 über die europäische und bundesdeutsche Gesetzgebung auf die Unternehmen rieselt, ist das Potenzial gerade auf diesem Feld doch enorm. Zumal ja wirklich kein Zweifel daran bestehen kann, dass die Emissionen von Klimagasen drastisch gesenkt, Ressourcen geschont und die Biodiversität geschützt werden müssen. Und da beide Transformationen ohnehin parallel laufen, ist es zielführend, sie auch zusammen zu denken.

Warum braucht Nachhaltigkeit Digitalisierung?

Fischer: Wir benötigen eine smarte Wirtschaft. Daten und Analytics helfen enorm, wenn Verbräuche von Energie und Ressourcen auf das absolut notwendige Maß reduziert werden sollen. Sensoren sind eine Schlüsseltechnologie für umweltoptimierte Lieferketten. Etwa, um empfindliche Stoffe gut zu schützen, damit sie auf ihrem Weg nicht unbrauchbar werden. Augmented Reality erleichtert die Fernwartung von Maschinen und Anlagen – und, und, und. Ich komme hier leicht ins Schwärmen. Für meinen Videoblog „Startup meets Tom“ tausche ich mich regelmäßig mit Gründer:innen aus. Und wie kreativ und intelligent sie digitale Technologien in den Dienst von Verbrauchsoptimierung, Logistik, erneuerbare Energien und Circular Economy stellen, ist wirklich verblüffend. Ich lerne ständig dazu und glaube, dass die Potenziale für die Unternehmen riesig sind.

Wie ist Ihr Eindruck: Haben Unternehmen diese strategische Doppelhelix aus Nachhaltigkeit und Digitalisierung auf dem Schirm?

Dr. Fischer: Unbedingt, aber die Umsetzung ist herausfordernd. Es sagt sich so leicht dahin, dass die Transformationen sinnvollerweise verbunden werden sollen. Aber die Unternehmen verändern sich in diesem Prozess grundlegend. Ängste vor diesem Wandel sind absolut menschlich. Es wäre doch seltsam, wenn Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz und die eigene Existenzsicherung keine Rolle spielten. Ergo müssen die Mitarbeitenden eingebunden und mitgenommen werden, wenn der Wandel gelingen soll. Das funktioniert erfahrungsgemäß nur, wenn Unternehmen ein Zielbild, ein „Big Picture“ formulieren und vermitteln können, das die Chancen für die Zukunft erkennbar werden lässt. Es braucht ein wirklich kluges Zusammenspiel von Strategie, Technologie und Kultur, um die Doppelherausforderung aus Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu stemmen.

Kann Wirtschaftspolitik diese Veränderungsprozesse in den Unternehmen unterstützen?

Dr. Fischer: Glücklicherweise geschieht schon viel. Erneuerbare Energien und Schlüsseltechnologien wie die Erzeugung von grünem Stahl am Standort Deutschland werden gefördert. Der Staat hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Infrastruktur für die künftige Versorgung mit Wasserstoff aufzubauen. Dies sind nur Beispiele für meinen Eindruck: Da passiert viel Gutes. Was aber dringend notwendig wäre: ein nüchtern-ehrlicher Blick auf die bürokratische Belastung der Unternehmen. Der zu leistende, preußisch-überkorrekte Aufwand ist unfassbar. Auch in den Behörden. Genehmigungsprozesse und Förderanträge sind detailverliebt und dauern viel zu lange. Hier einmal durchzufegen, würde sofort für mehr Tempo in der Transformation bringen. Dazu gehört auch, dass sich Wirtschaftspolitik stärker auf Zielvorgaben konzentrieren sollte. Auf dem Weg dahin benötigen die Unternehmen viel mehr Freiheiten, um für sich den effektivsten und wirtschaftlichsten Weg zu finden. Man darf nicht vergessen: Die Transformationen sind mit hohen Investitionen verbunden, dafür wünschen sich Unternehmen völlig zu Recht mehr freie Hand.

Und Sie persönlich? Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit?

Dr. Fischer: Oh, gute Frage! Ich gebe mir Mühe und lerne täglich dazu. Meine Kinder sind dafür die beste Motivation. Und oft gelingt es mir auch, Entscheidungen nachhaltiger als früher zu treffen. Aber eben noch nicht immer. Mein größtes persönliches Klimadilemma ist die Mobilität. So gerne ich auf Flüge und lange Autofahrten verzichten und auf die Bahn umsteigen würde – viel zu häufig ist die Bahn einfach keine brauchbare Alternative. Eine leistungsfähigere Deutsche Bahn einerseits und eine vorausschauende Planung meinerseits – das würde viel bringen!

Dr. Thomas M. Fischer CEO, Allfoye – Aufsichtsrat, Bauer Gruppe

Über den Autor
Dr. Thomas M. Fischer ist Gründer & CEO der Allfoye Managementberatung, Mitglied in mehreren Aufsichtsräten (u.a. der Bauer Gruppe) sowie Company-Builder & Investor. Seine Expertise liegt auf dem Gebiet von Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsstrategien für den Mittelstand. Für seine Buch-Veröffentlichung „Einfach stark!“ hat er 25 Geschäftsführer:innen befragt und auf 135 Seiten die Faktoren beschrieben, welche diese Unternehmen besonders resilient machen.

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