I Love You, I’m Trying

I Love You, I’m Trying

Die Musik, die Jordan Benjamin als grandson erschafft, hat sich schon immer wie eine Live-Berichterstattung über den gesellschaftlichen Zusammenbruch angefühlt. Wenn er Mosh-Rock-Riffs, Trap-Beats, Industrial Noise und Gesellschaftskritik zu Tracks zusammenfügt, klingen sie immer so brisant wie eine selbst gebastelte Bombe. Auf seinem zweiten Album bleibt das Chaos jedoch weitgehend auf seinen Kopf beschränkt. Wie der Titel schon andeutet, ist „I Love You, I’m Trying“ ein persönlicheres und verletzlicheres Werk als „Death Of An Optimist“ aus dem Jahr 2020. Benjamin spricht offen über seine Abhängigkeiten (sowohl von Drogen als auch von den sozialen Medien), über seine berufliche Unsicherheit und über frühere Erfahrungen mit Suizidgedanken. „Dieses Album war für mich in erster Linie ein Eingeständnis, dass ich seit einiger Zeit ein Problem mit meiner mentalen Gesundheit habe, vor dem ich weggelaufen bin oder das ich in gewisser Weise verdrängt habe“, erklärt Benjamin gegenüber Apple Music. „Ich musste es so direkt und ehrlich ansprechen, wie ich nur konnte.“ Seine dunkelsten Gedanken mit seinen Fans zu teilen, war ein gesunder, therapeutischer Prozess, der letztendlich zu einem glücklicheren Lebensgefühl geführt hat. „Ich bin einer der Glücklichen“, sagt er. „Ich habe es geschafft, diese kleinen, selbst geschriebenen Songs in eine lebenslange Verbindung mit Menschen auf der ganzen Welt zu verwandeln.“ Hier ist sein Zwölf-Schritte-Programm, um inneren Frieden zu finden. „Two Along Their Way“ Die zentrale Aufnahme stammt eigentlich von meinem Vater, als er so alt war wie ich jetzt. Er war bei einem Plattenlabel unter Vertrag, aber es wurde von einem anderen Label übernommen, und die Platte meines Vaters wurde nie veröffentlicht. Dabei ist es ein wunderschönes Lied über Herzschmerz und die Erinnerung daran, wie die Dinge waren und wie sie sind. Also habe ich den Song umgeschrieben und mit einem Produzenten zum Leben erweckt. Meine Partnerin und Freundin Wafia, die überall auf dem Album zu hören ist, hat dann ein paar Harmonien beigesteuert. Es ging darum, eine Art Fantasie zu entwickeln: Wir blicken zurück, während wir uns vorwärts bewegen. „Eulogy“ Der Song spricht dieses Gefühl der Überforderung an, das ich momentan mit so vielen Menschen teile, bei denen gerade alles auf einmal passiert. Wenn ich in mein Handy schaue, kann ich von schrecklicher Polizeibrutalität zu einem Paar scrollen, das es schafft, in 45 Tagen mit dem Rucksack um die Welt zu reisen. All diese Dinge gipfeln in der Fantasie, einfach aus dem Ganzen auszusteigen. „Something to Hide“ Dies ist eine Analyse meiner persönlichen Beziehungen zu den Themen, die ich in meiner Musik behandle, wie zum Beispiel Sucht, mentale Gesundheit, Essstörungen und Selbstmordgedanken. In vielerlei Hinsicht wirken wir wie eine glückliche, gesunde Familie, aber das ist es, was Familien durchmachen. Als jüngstes Geschwisterkind war ich immer der Friedensstifter, der Klassenclown, und ich glaube, daher kam auch mein Wunsch, aufzutreten. Wir waren mitten in einem echt unangenehmen Familienessen und ich hatte das dringende Bedürfnis, das Problem nicht anzusprechen. Das hat mich zu diesem Song inspiriert. „Drones“ Die Zeile, die in diesem Lied heraussticht, ist „Just tell me one good lie“ („Erzähl mir einfach eine gute Lüge“). Wir haben diese Geheimnisse, aber würdest du lieber versuchen, sie anzusprechen, und dich dann mit dieser Angst und diesem Unbehagen durch die Welt bewegen? Oder vergräbst du sie und musst dich irgendwann mit den Konsequenzen auseinandersetzen? In „Drones“ geht es um die Bombe, die in der Ferne explodiert, und darum, dass man sagt: „Ach, das ist nur ein Feuerwerk“ – also ähnlich dem, was ein Vater seinem Kind sagen könnte, damit es nicht merkt, wie erbarmungslos die Welt manchmal sein kann. „I Love You, I’m Trying“ Alles, was ich wollte, war, dass sich die Dinge einfach anfühlen. Aber das war nicht möglich, da ich mit meiner eigenen mentalen Gesundheit und den verschiedenen Herausforderungen zu kämpfen hatte, die das Leben in einem Tourbus mit sich bringt. Fernbeziehungen sind einfach schwer zu handhaben. Egal, ob du das, was ich erlebt habe, durchgemacht hast oder nicht, du kannst dieses Gefühl der Verzweiflung verstehen: „Ich will für dich da sein und ich tue mein Bestes, aber ich stecke hier wirklich in der Klemme.“ „Half My Heart“ Es spricht die zyklische Natur des Auseinanderbrechens an, nur um es dann wieder zusammenzufügen – du tust dir nur selbst weh, wenn du diese Wutausbrüche hast. Wenn ich einen Teller an die Wand werfe, bin ich irgendwann derjenige, der ihn wieder auffegen muss. Das ist der Moment, in dem ich beginne, über dieses Album nachzudenken: Ist es produktiv? Und falls nicht, was bringt es dann, sich so sehr über die Welt aufzuregen, wenn man nichts dagegen tun kann? „When the Bomb Goes“ Ich habe mein eigenes Verhältnis zum Drogenmissbrauch, und ehrlich gesagt hat es bisher ganz gut funktioniert – toi, toi, toi. Vor allem auf Tour fühlt es sich so an, als ob sich Druck in mir aufbaut. Sich zu betrinken und andere Schweinereien zu machen, sind einige der Möglichkeiten, diese Spannung abzubauen. Es gab diese Nächte, an die ich mich kaum erinnern kann. Es ist kein gutes Gefühl am nächsten Morgen. Und doch stellt sich eine Art Erkenntnis ein, wenn ich verkatert bin, mein Handy tot ist und ich versuche, mein Portemonnaie zu finden. „Enough“ In den Strophen führe ich eine Art Zwiegespräch. Die Vocals kommen wieder von Wafia, die diese unterbewusste Stimme liefert, in der ich mir eingestehe: „Diese Party ist scheisse“, und trotzdem laut sage: „Das ist geil!“ Und wieder frage ich mich: „Wenn nicht jetzt, wann werde ich dann der Mensch sein, der ich sein will, das Album machen, das ich machen will, und das Leben leben, das ich leben will?“ Ich glaube, dieser Song soll eine bestimmte Handlungsaufforderung in deinem persönlichen Leben sein. „Murderer“ Ich habe diese übertriebene Hommage an erzählerische Hip-Hop-Songs wie „Stan“ von Eminem geschrieben. Ich wollte die Geschichte eines One-Hit-Wonders erzählen, das seinen Verstand verliert. Und ich wollte, dass sie einen Bezug zu meinem Leben hat und ihr ein Gefühl der Dringlichkeit geben. Zum Glück basiert der Text nicht auf einer wahren Geschichte. Doch die Frustration, die ich während der Pandemie verspürte, ist absolut echt. Sie entstand nämlich, als die Pop-Punk-Musik aufkam, die meiner Meinung nach sehr abgehoben und seelenlos war. Ich wollte einfach etwas machen, das Spass macht, und die Leute ein bisschen auf die Palme bringen. „I Will Be Here When You’re Ready To Wake Up“ (feat. Wafia) Inmitten all der Turbulenzen in meinem Privatleben und den Vernichtungsfantasien war ich in einer liebevollen Beziehung. Und ich glaube, wir alle haben jemanden, der wirklich traurig wäre, wenn er uns verlöre, oder der auf der anderen Seite dieser episodischen Zusammenbrüche, unter denen ich leide, stehen würde. Deshalb wollte ich dieses tröstliche Wiegenlied, das ich glücklicherweise habe, an diejenigen weitergeben, die es vielleicht nicht haben. „Heather“ Ein wirklich notwendiger Schritt, um sich selbst aus dem Weg zu gehen, ist, für andere da zu sein und zu erkennen, dass es nicht nur um einen selbst geht. Ich habe nun schon seit Jahren Fans, und manchmal werden diese frühen Superfans erwachsen und ziehen weiter. Sie hatten dir immer jeden Tag eine Nachricht geschickt, und du fragst dich, was aus ihnen geworden ist. „Heather“ handelt von einem Fan, der Selbstmord begangen hat. Er wird für den Rest meiner Karriere als Versprechen an mich selbst – und hoffentlich auch an meine Fans – dienen, dass wir füreinander da sein können, wenn wir gemeinsam durchs Leben gehen. „Stuck Here With Me“ „Stuck Here With Me“ wirft die folgende Frage auf: „Wenn dies das einzige Leben ist, das wir haben, willst du es dann verschwenden, indem du dir wünschst, du hättest das Leben eines anderen?“ Am Ende des Tages bin ich für so vieles dankbar und es ist ein Leben, das es wirklich wert ist, gelebt zu werden. Wir haben all diese menschlichen Erfahrungen – Lachen, Weinen, Sex – in hundert Stimmen verwandelt, die dich anschreien, und es endet schliesslich mit dieser grossen kathartischen Befreiung und dem Klang meines Weinens. Und das ist es, worum es geht: Du stehst auf, wischst dir die Tränen ab, gehst schlafen und wachst am nächsten Tag auf und machst weiter. Das ist mein zweites Album.

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