Cody Johnsons 2021 erschienenes „Human: The Double Album“ war eine Übung in Sachen Maximalismus, ein breit angelegtes Projekt, das die erstaunlichen Talente des texanischen Countrymusikers in ihrer ganzen Vielfalt zeigte. Auf seinem achten Studioalbum „Leather“ konzentrierte sich Johnson 2023 auf das Wesentliche und gab damit sein bisher stärkstes Statement ab. Diese Fokussierung war hart erarbeitet. Gegenüber Apple Music erklärt er, dass er einen Punkt in seiner Karriere erreicht habe, an dem er sich endlich zurücklehnen und die Früchte seiner bald zwei Jahrzehnte andauernden Karriere geniessen könne. „Ich bin 36 – das ist nicht alt, aber auch nicht mehr jung“, sagt er. „Und ich sehe diesen Trend: ‚Ich muss einen Hit landen. Ich muss sofort einen Plattenvertrag bekommen, damit ich einen Hit lande, damit ich das Stadion [-Konzert] bekomme, damit ich das Geld bekomme, damit ich ein Nummer-eins-Video bekomme, damit ich berühmt werde.‘ Und ich sage: ‚Mir liegt die Countrymusik wirklich am Herzen. Mir ist wichtig, woher wir kommen und wohin wir gehen.‘ Das bedeutet mir mehr als Dollarzeichen und Ruhm, denn die Dollarzeichen und der Ruhm und all das Zeug kommen ganz von selbst, wenn ich meinen Job ordentlich erledige.“ Auf dieser Deluxe-Edition von „Leather“ erledigt Johnson seinen Job sehr gut. Den Auftakt zu dem Album macht „Work Boots“, ein schöner und verspielter Song mit einem cleveren Text – die titelgebenden Stiefel sind gleichzeitig Tanzschuhe – und einem leichtfüssigen, entspannten Groove. „That’s Texas“ ist eine Freude für alle, die gerne den Two-Step tanzen. Hier untersucht Johnson intensiv die Twang-Seite seiner musikalischen Wurzeln. Zudem gibt er augenzwinkernd kontroverse Thesen wie „Ain’t no such thing as chili with beans“ („Chili mit Bohnen gibt es nicht“) zum Besten. Singer-Songwriter Jelly Roll unterstützt Johnson bei „Whiskey Bent“, einem verletzlichen Stück über die Wiedergutmachung von Fehlern, die durch Alkohol verursacht wurden. Die Deluxe-Edition enthält keineswegs Material, das am Ende der Aufnahmesessions zum eigentlichen Album dem Schnitt zum Opfer fiel: Der stets produktive Johnson hat die Tracklist des Originals mehr als verdoppelt und 13 neue Songs hinzugefügt, um ein umfassenderes Bild seiner Vision der „Leather“-Ära zu zeichnen. Der Song „Make Me A Mop“, den Johnson als ein „Gebet“ bezeichnet, bildet den Abschluss des Originalalbums und dient als zartes Vorspiel für „Overdue“. Hier wird mit viel Schmelz und Sehnsucht vom „turning her broken heart blue“ berichtet, also von einem gebrochenen Herzen, das noch einmal in Melancholie versinkt. „How Do You Sleep At Night“ ist ein echter Hit, der mit seinem gewaltigen Refrain und der spannungsgeladenen Produktion stark an die dramatische Seite des Pop-Country der 1990er-Jahre erinnert. Und dann ist da noch „I’m Gonna Love You“. Der Song ist ein gefühlvolles Team-up mit der Countrysängerin Carrie Underwood – und schon jetzt ein Hit, in dem Johnson seine meisterhafte Vielseitigkeit unter Beweis stellt. Im Folgenden gibt er Einblicke in einige der wichtigsten Tracks. „That’s Texas“ In den ersten zehn Jahren meiner Karriere in Nashville hiess es: „Oh, du bist nur Texas-Country. Du bist der Cowboy aus Texas.“ Ich wurde abgeschrieben, nur weil ich aus Texas stamme. Jetzt bin ich an einem Punkt, an dem es ziemlich gut läuft, und ich dachte: „Weisst du was? Bei Gott, ich werde einen Texas-Song aufnehmen und George Strait, Robert Earl Keen und meine Band The Rockin’ CJB mit ins Boot holen.“ Ich sag dir, das war albern! Ich griff zu einer leeren Schnupftabakdose und hielt sie an das Mikrofon, um darauf zu trommeln. Wir machten einfach nur Blödsinn. Und alle waren total aus dem Häuschen. „Dirt Cheap“ Ich liebe dieses Lied. Ich kann mich total damit identifizieren. Auf meiner Ranch zu Hause habe ich mir den Baum ausgesucht, unter dem ich eines Tages begraben werden möchte. Geld, Ruhm und Glamour imponieren mir nicht. Wenn ich also alt bin und jemand kommt und sagt: „Hey, wir wollen dich dafür bezahlen, dass du hier eine Wohnsiedlung baust“, dann wird mir die Höhe des Schecks egal sein. Sie werden auf meinem Land keine Wohnanlage errichten. Ich möchte, dass es unberührt bleibt. Und hoffentlich werden wir es beständig erweitern. Wir haben besprochen, dass wir die Sache möglichst gross angehen wollen. Und wer weiss? Gott hat einen Plan, ich nicht. Aber jetzt, mit 36, ist mir „Dirt Cheap“ sehr nahe, weil ich gerne dort bleiben würde. Meine Frau sagt: „Das Haus hat zwei Etagen. Was ist, wenn wir alt werden?“ Ich sagte: „Wir bauen einen Aufzug ein.“ „Whiskey Bent“ (feat. Jelly Roll) Ich schickte ihm [Jelly Roll] „Whiskey Bent“ und er sagte: „Hey, Mann, ich liege gerade mit meiner Frau im Bett und wir flennen beide.“ Ich antwortete: „Nun, Bruder, wenn du bei diesem Song so fühlst, dann musst du ihn mit mir singen.“ So ergab sich alles wieder ganz organisch. „Leather“ An dem Tag, als Ian Munsick mir „Leather“ vorspielte, sassen wir gerade im Bus und lernten uns kennen. Wir zupften auf den Gitarren herum und so. Er spielte mir den Song vor, und ich sagte: „Alter, das würde ich sofort aufnehmen. Das wäre so ein cooler Albumtitel – Cody Johnson: ‚Leather‘.“ Und er so: „Ich wusste gar nicht, dass du ein Album aufnimmst.“ Ich entgegnete: „Tue ich nicht. Jedenfalls glaube ich nicht, dass ich das tue. Vielleicht doch. Wenn du mir den Song gibst, stricke ich ein Album drumherum.“ Und genau das passierte. „Make Me A Mop“ Ich sass da und dachte: Wo soll das noch hinführen? Und [die Songwriter:innen] fingen an, das hier zu spielen, und ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Ich konnte sie einfach nicht aufhalten, sie liefen in Strömen. Ich vernahm ein Zittern in meiner Brust. Es war fast so, als ob jemand zum ersten Mal in die Kirche geht und tatsächlich den Heiligen Geist spürt, wirklich Gottes Berührung wahrnimmt. So habe ich bei diesem Lied empfunden. Ich dachte: „Das ist einer der unglaublichsten Songs, die ich je gehört habe. Ich will ihn so einfach wie möglich halten.“ Es gibt also buchstäblich nur mich und meine Nylonsaitengitarre. Mein Geiger Jody [Bartula] spielte ein bisschen Klavier, nur ein paar Tupfer. Der Song lässt dir so viel Raum, dass du einfach die Augen schliessen und deinen Geist öffnen kannst, um zu verstehen, was dieses Lied wirklich ist. Es ist ein Gebet.
Disc 1
Disc 2
Video-Extras
- Cody Johnson
- Luke Combs
- Parker McCollum
- Randall King
- Jason Aldean