«Es kam nur ein Partner in Frage»

Per 1. Januar 2008 übernimmt Schutz und Rettung Zürich die Berufsfeuerwehr, die Einsatzleitzentrale und den Rettungsdienst von Unique (Flughafen Zürich AG). Dadurch entsteht die mit Abstand grösste und professionellste Rettungsorganisation der Schweiz. Projektleiter Beat A. Käch äussert sich im Gespräch mit Redaktor Michael Baumann zum Grossprojekt.

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Warum gibt's überhaupt einen Zusammenschluss?

Beat A. Käch : Am Anfang stand das Ziel der Stadt Zürich, die Einsatzzeiten in Zürich Nord (Oerlikon, Schwamendingen, Seebach, Affoltern) zu verbessern. Die Vorgabe der Gebäudeversicherung Zürich (GVZ) lautet, dass die Feuerwehr innerhalb von zehn Minuten mit zehn Feuerwehrleuten mit Atemschutzausrüstung an einem Brandort sein muss. Das ist von der Weststrasse aus nach Zürich Nord je nach Tageszeit schwierig zu erreichen. Seit Jahren diskutierte man über eine Wache Nord und prüfte verschiedene Varianten, darunter ein Bauprojekt für eine neue Wache im Leutschenbachquartier für über 50 Millionen Franken.

Testfahrten durchgeführt

Weshalb der Gesinnungswandel?

Plötzlich wurde erkannt, dass es ja schon eine «Wache Nord» gibt, nämlich diejenige am Flughafen. Es wurden vom Flughafen aus Testfahrten durchgeführt, um sicher zu sein, dass eine Optimierung erreicht werden konnte.

Wie sieht die Situation am Flughafen heute aus?

Der Flughafen unterhält als private Gesellschaft traditionellerweise und vorschriftsgemäss eine Berufsfeuerwehr und einen Rettungsdienst zur Flugzeugbrand-Bekämpfung. Dafür hat sie sechs Flugfeldlöschfahrzeuge, die eine bestimmte Löschwassermenge in drei Minuten an jeden Pistenstandpunkt bringen müssen und den Flughafen nie verlassen dürfen. Der Rettungsdienst ist unter anderem auch für die Grundversorgung für 28 Vertragsgemeinden im Zürcher Unterland zuständig. Alle Einsätze werden von einer Zentrale koordiniert.

Was ändert sich am Flughafen?

Die heutigen Aufgaben und Verantwortlichkeiten bleiben gleich, allein schon bedingt durch die Vorschriften der International Civil Airport Organisation (ICAO) und des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl). Eine markante Änderung wird es für die Berufsfeuerwehr geben. Durch die Erhöhung des Personalbestands wird es ab dem 1. Januar 2008 möglich sein, auch ausserhalb des Zauns rund um den Flughafen Einsätze zu leisten.

Mit welchen Mitteln wird der Flughafen verstärkt?

Ab dem 1. Januar 2008 werden 27 Berufsfeuerwehrleute, ein Tanklöschfahrzeug sowie eine Autodrehleiter von der Brandwache an der Weststrasse an den Flughafen verschoben.

Vorteile für ältere Mitarbeiter

Wo liegen die Vorteile für den Flughafen?

Ein Vorteil ist, dass man die Leistung an einen professionellen Partner outsourcen kann. Man könnte diese Aufgabe nicht einer Ortsfeuerwehr anvertrauen, weil diese eine viel zu lange Alarmierungszeit hätte. Und die Flughafen-spezifischen Anforderungen werden von Schutz und Rettung vollständig erfüllt. Einen ganz grossen Vorteil gibt es bei der Altersentlastung. Ältere Mitarbeiter, die nicht mehr atemschutztauglich sind, finden in der erweiterten Organisation Schutz und Rettung besser einen geeigneten Job, etwa in der Verwaltung oder Logistik, bei der Feuerpolizei oder dem Zivilschutz.

Was macht man heute mit älteren Feuerwehrleuten am Flughafen?

Es gibt schon Möglichkeiten, etwa in der Werkstatt oder bei der Fahrzeug- und Gebäudewartung. Einige gehen früher in Pension; es ist halt schon ein harter Job, und der psychische Stress ist enorm. In der Bereitschaft muss man bei einem Flugzeugbrand innert 20 Sekunden ausrücken, ab Standort Manesse rückt man innert 2 Minuten aus, wie übrigens auch am Flughafen, wenn dort ein Gebäude brennt.

Mit wie vielen Einsätzen ausserhalb des Flughafens rechnen Sie?

Wir nehmen an, dass der Löschzug Nord im Durchschnitt ein- bis zweimal pro Tag ausrücken wird. Ein solcher Einsatz dauert je nach Ereignis durchschnittlich etwa eine Stunde.

Wie gross wird Schutz und Rettung mit dieser Fusion?

Es entsteht eine neue Organisation mit rund 400 Interventionskräften, dazu kommen die Querschnittsbereiche wie Logistik, Human Resources und andere. Das gibt die mit Abstand grösste Rettungsorganisation der Schweiz. Dafür braucht es ein komplexes Vertragswerk. Die Stadt übernimmt alles: Betriebsteile, Fahrzeuge und Personal. Dann braucht es einen Vertrag für den Dienstleistungsauftrag am Flughafen und einen für die Miete von Räumen. Die Verträge werden auf zehn Jahre hinaus abgeschlossen mit der Option, jeweils um fünf Jahre zu verlängern. Wichtig ist, dass die Qualität gewährleistet werden kann. Dies ist unproblematisch, weil die gleichen Leute die Arbeit am Flughafen verrichten wie bisher.

Vorerst zwei Einsatzzentralen

Gibt es keine Probleme?

Es ist logisch, dass wir dieses Projekt nicht ab dem 1. Januar 2008 in allen Teilen perfekt am Laufen haben. Der Auftrag lautet, bis Anfang 2009 so weit zu sein. In der Vorbereitungsphase, in der wir uns jetzt befinden, gilt es, die Prozesse in grossen Zügen festzulegen, aber auch die entsprechenden Details zu regeln. Am 1. Januar folgt die Übertragung der Verantwortung. Das ganze nächste Jahr wird das Projekt während der Einführungsphase weiterentwickelt, werden Erfahrungen gesammelt, ausgewertet und Prozesse optimiert.

Wie funktioniert die Alarmierung ab 2008?

Die beiden Einsatzzentralen haben unterschiedliche Plattformen. Da braucht es Absprachen und Prozesse. Die Vereinheitlichung der Einsatzleitsysteme ist ein separates Projekt, das erst 2011 abgeschlossen sein wird. Vorerst haben wir noch zwei gleichwertige Einsatzzentralen, am Schluss noch eine Hauptzentrale am Flughafen und eine Redundanz an der Weststrasse.

Wie profitiert die Bevölkerung von der Fusion?

Ab dem 1. Januar gibt es für Zürich Nord Vorteile. Wir sind viel rascher am Ereignisort als von der Wache an der Weststrasse aus. Das haben wir getestet. Hätte man die Wache Nord bauen müssen, wäre sie nicht vor 2010, 2011 oder 2012 betriebsbereit gewesen.

Jeder Feuerwehrmann muss alles können

Ziehen die Mitarbeiter mit?

Es gibt immer solche, die murren, die nicht glücklich sind, aber das Gros macht gern mit. Wir haben punkto Kommunikation viel gemacht. Die heutigen Unique-Leute interessierten sich natürlich vor allem für die Anstellungsbedingungen, den Lohn, die Sozialleistungen. Auch müssen die Flughafenleute im Gebäudebrandschutz trainiert werden. Umgekehrt müssen die Berufsfeuerwehrleute, die aus dem Süden kommen, die Bekämpfung von Flugzeugbränden erlernen. Auf dem Flughafen muss jeder Feuerwehrmann alles können.

Gehen alle freiwillig in den Norden?

Man musste einige sanft drängen. Es gibt einen Grundstock Freiwillige, Jüngere und Ältere, die wollen die Chance packen. Es gibt aber auch solche, mit denen man sprechen und die man überzeugen musste. Der Mensch ist träge. Er hat eine Grundangst vor Veränderungen.

Sie haben die Anstellungsbedingungen erwähnt. Sind die Bedingungen vergleichbar oder muss jemand Einbussen in Kauf nehmen?

Die heutigen Rettungskräfte des Flughafens werden in der neuen Organisation gesamthaft gesehen bessergestellt. Eine öffentlichrechtliche Rettungsorganisation bietet bessere Bedingungen. Eine börsenkotierte Firma wie die Unique achtet für Bereiche, die nicht zur Kernkompetenz gehören, mehr auf die Kosten. Das Schutz- und Rettungswesen gehört hingegen zu den Kernaufgaben einer Kommune.

Wie teuer ist die Übernahme?

Rund 14 Millionen Franken, aber diese Zahl kann sich noch leicht verändern. Ein Neubau in Zürich Nord würde für die Stadt auf alle Fälle teurer werden.

Also ist es aus Sicht der Stadt ein klarer Gewinn?

Ja. Aber auch für alle anderen Beteiligten ist es ein Gewinn. Es ist eine richtige Win-win-Situation: Niemand wurde entlassen. Es entstehen vielseitigere Jobs. Alle sparen Geld. Und die Sicherheit in Zürich Nord wird erhöht. Es ist fast schon zu schön.

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