Diskussion über die Entsendung von Truppen in die Ukraine werden in den europäischen Hauptstädten neu belebt. Die EU möchte ihr Vorgehen nach einem möglichen Waffenstillstand klären und vermeiden, von der neuen US-Regierung ins Abseits gedrängt zu werden.
Anfang des Jahres forderte der französische Präsident Emmanuel Macron die Unterstützer Kyjiws dazu auf, über die Entsendung von Truppen in die Ukraine nachdenken. Daraufhin kam es zu öffentlichen Gegenreaktion und allgemeiner Unsicherheit, was das Thema anbelangt.
Doch mit der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten, der ab Januar nächsten Jahres wieder ins Weiße Haus einzieht, wird Idee einer Truppenstationierung nun neu überdacht.
Trump hatte in der Vergangenheit mehrmals die Behauptung aufgestellt, dass er den Krieg in der Ukraine innerhalb von ein paar Tagen beenden könne. Seitdem breitet sich die EU darauf vor, bei möglichen Friedensgesprächen berücksichtigt zu werden und die Umsetzung eines Waffenstillstands zu unterstützen.
Frankreich und Großbritannien überdenken erneut die Entsendung von Truppen oder privaten Auftragnehmern, berichtete Le Monde.
Frankreich hat ebenfalls erneut Interesse an der Entsendung französischer Truppen in die Ukraine bekundet, um ukrainische Streitkräfte auszubilden – ein Vorschlag, den Litauen unterstützt. Paris hält sich jedoch weiterhin bedeckt und hält an einer „strategischen Unklarheit“ fest.
Kernpunkt der Diskussion ist die Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine nach der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens, um Kyjiw Sicherheitsgarantien zu bieten. Denn eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine liegt Jahre in der Zukunft.
Mit anderen Worten: Unabhängig davon, ob es Anfang 2025 einen Waffenstillstand gibt oder nicht, haben sich viele europäische Staaten bereits gefragt, wie sie die Ukraine in dieser Phase der Unsicherheit unterstützen können.
„Es ist sinnvoll, dass in vielen Hauptstädten militärische Planungen stattfinden, denn wir alle wissen, dass es der Ukraine im Falle einer Waffenstillstandsvereinbarung vor allem an Sicherheitsgarantien mangelt“, sagte ein hochrangiger NATO-Beamter gegenüber Euractiv.
Dieser Schritt könnte den Europäern helfen, sich eine Position in den Waffenstillstandsverhandlungen zu sichern, die wahrscheinlich von den USA angeführt werden – trotz der Tatsache, dass Putin kein Interesse daran gezeigt hat.
Darüber hinaus „scheint es im Sinne der Lastenteilung [unter den Unterstützern von Kyjiw] an den Europäern zu liegen, dies zu tun“, ergänzte der Beamte.
Keine EU- oder NATO-Mission
Den Einsatz von Truppen der EU oder der NATO selbst, ist vorerst vom Tisch, da sich letztere mehrfach dagegen ausgesprochen hat, Kyjiw aktiv militärisch zu unterstützen.
Die neue EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas sagte, dass Europa „eine Rolle“ bei der Überwachung eines möglichen Waffenstillstands und der Überprüfung seiner Einhaltung spielen könne.
„Bisher drehten sich die Diskussionen darum, welche Staaten bereit wären, Soldaten in die Ukraine zu schicken, und welche nicht. Ich bin der Meinung, dass niemand ausgeschlossen werden sollte“, sagte Kallas gegenüber Euractiv.
Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico kritisierte Kallas und den EU-Ratspräsidenten, António Costa, dafür, dass sie Unterstützungsbotschaften ohne vorherige Absprache mit den EU-Staats- und Regierungschefs gesendet hätten. Die Slowakei hat sich entschieden gegen eine aktive militärische Unterstützung für Kyjiw ausgesprochen.
Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) hatte vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten die derzeitige EU-Ausbildungsmission für ukrainische Soldaten zukünftig auf ukrainischem Gebiet durchführen könnten – diese Idee wurde jedoch von den EU-Staaten abgelehnt.
Trump hat während seiner ersten Amtszeit als Präsident und während seiner jüngsten Präsidentschaftskampagne klargestellt, dass er es nicht unterstützen würde, wenn sich Europäer „auf Kosten der Amerikaner“ in Sicherheit wiegen würden.
Die Ukraine kämpft vor Ort gegen eine Übermacht russischer Streitkräfte, Drohnen und andere Waffen und sieht sich mit einem harten Kampf im bevorstehenden Winter konfrontiert.
[Bearbeitet von Martina Monti/Kjeld Neubert]