Orbán ignoriert IStGH: Einladung an Netanjahu trotz Haftbefehl

Orbán (Bild L.) erklärte, der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof sei „falsch“. Der israelische Regierungschef (Bild R.) könne in Ungarn „unter angemessener Sicherheit“ verhandeln. [Photo by Kobi Gideon / GPO / Handout/Anadolu Agency/Getty Images]

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán kündigte an, dass er seinen israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu zu einem Besuch in Ungarn einladen werde. Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Netanjahu werde „nicht beachtet“, erklärte Orbán ausdrücklich.

Orbáns Ankündigung am Freitag (22. November) erfolgte einen Tag nachdem der Strafgerichtshof Haftbefehle gegen Netanjahu, den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie den Hamas-Führer Mohammed Deif wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Konflikt erlassen hatte.

Dies markiert das erste Mal, dass ein EU-Mitgliedstaat offen seine Absicht bekundet, das Urteil des Strafgerichtshofs (IStGH) zu missachten. „Diese Entscheidungen sind für alle Vertragsstaaten des Römischen Statuts bindend, zu denen auch alle EU-Mitgliedstaaten gehören“, sagte der EU-Chefdiplomat Josep Borell am Donnerstag (21. November).

Orbán, dessen Land aktuell die rotierende sechsmonatige EU-Präsidentschaft innehat, erklärte gegenüber dem staatlichen Radiosender Kossuth Rádió, der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof sei „falsch“. Der israelische Regierungschef könne in Ungarn „unter angemessener Sicherheit“ Gespräche führen.

Auch Ungarns Außenminister Péter Szijjártó kritisierte die Entscheidung des Gerichtshofs scharf. „Diese Entscheidung entehrt die internationale Justiz, indem sie die Führer eines Landes, das von einem abscheulichen Terroranschlag getroffen wurde, mit den Führern der verantwortlichen Terrororganisation gleichsetzt“, erklärte er. „Eine solche Entscheidung ist inakzeptabel.“

Die europäischen Hauptstädte reagierten unterschiedlich auf das Urteil aus Den Haag, was die fragmentierte Herangehensweise der EU in ihren Beziehungen zu Israel verdeutlicht.

Während die meisten EU-Staaten bestätigten, sich an den Haftbefehl zu halten, übten einige Kritik daran, dass Hamas-Führer mit dem ‚demokratisch gewählten‘ Netanjahu und seinem ehemaligen Verteidigungschef gleichgesetzt wurden, akzeptierten jedoch die Entscheidung des Gerichts.

Aus Deutschland kam relativ spät eine Reaktion auf das Urteil: „Die innerstaatlichen Schritte werden wir gewissenhaft prüfen“, teilte der Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit

In einer Pressemitteilung vom Freitag (22. November) bestätigte die Bundesregierung, dass sie „die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) […] zur Kenntnis genommen“ hat. Außerdem hob sie die Beteiligung Berlins an der Ausarbeitung des Internationalen Strafgerichtshof Statuts sowie seine Rolle als einer der größten Unterstützer des Gerichtshofs hervor.

Gleichzeitig verwies die Bundesregierung auf den historischen Hintergrund und betonte die „einzigartige Beziehungen“ und die „große Verantwortung“, die Deutschland mit Israel verbindet.

Der Haftbefehl stellt einen Präzedenzfall dar, da erstmals ein amtierender Regierungschef eines bedeutenden westlichen Verbündeten von einem internationalen Gericht wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt wird.

Angesichts von Orbáns Vorgehen und den teils divergierenden Reaktionen einiger EU-Staaten scheint eine einheitliche europäische Außenpolitik in weiter Ferne zu liegen, wenn die Achtung vor dem Römischen Statut und dem Internationalen Strafgerichtshof infrage gestellt wird.

EU-Außenbeauftragter: Haftbefehl gegen Netanjahu für alle EU-Staaten „bindend“

Der Internationale Strafgerichtshofs (IStGH) hat Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant erlassen. EU-Chefdiplomat, Josep Borrell, sagte, dass die Entscheidung für alle Mitgliedstaaten „bindend“ sei.

[Bearbeitet von Martina Monti/Jeremias Lin]

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