Würzburg, München, Ansbach: Das von mehreren Anschlägen getroffene Bayern will mit schärferen Gesetzen die Gefahr eindämmen. Auch Abschiebungen in Krisengebiete werden erwogen.
„Der islamistische Terrorismus ist in Deutschland angekommen“, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer am Dienstag zum Auftakt einer mehrtägigen Kabinettsklausur in Sankt Quirin am Tegernsee. Die bayerische Polizei werde weiter aufgestockt, das Land werde sich für Gesetzesänderungen auf Bundesebene einsetzen und dabei auch Konflikte mit Berlin und Brüssel nicht scheuen. Die Bundesregierung und Innenexperten der Koalition dementierten derweil angebliche Überlegungen, eine Reservisten-Einheit bei der Polizei einzurichten.
Bei den Beratungen seiner Regierung gebe es keine Denkverbote und finanziellen Beschränkungen, sagte Seehofer. „Das sind wir den Opfern schuldig.“ Landes-Innenminister Joachim Herrmann sagte, Abschiebungen in Krisengebiete dürften kein Tabu sein. So gebe es zum Beispiel in Afghanistan Regionen, die als Aufenthaltsort zumutbar seien. Gesundheitliche Gründe für das Aussetzen von Abschiebungen müssten eingeschränkt werden. Es könne nicht sein, dass jemand, nur weil er – wie der Täter von Ansbach – mit Selbstmord gedroht und sich die Pulsadern „angeritzt“ habe, dauerhaft nicht aus dem Land gebracht werden könne, sagte der CSU-Politiker. Straftäter müssten schon bei geringen Straftaten abgeschoben werden. Wer sich bei der Einreise nicht ausweisen könne, müsse festgehalten werden.
Die Kontrollen in Asylunterkünften müssten verschärft werden, forderte Herrmann. Der Attentäter von Ansbach habe in einer staatlich finanzierten Unterkunft Material für den Bombenbau gesammelt. Dies dürfe nicht sein. Herrmann sprach sich auch für den Einsatz der Bundeswehr im Innern bei extremer terroristischer Gefährdung aus. Die Soldaten sollten die Polizei unterstützen und nicht ersetzen.
Bayerns Justizminister Winfried Bausback will sich dafür einsetzen, die Möglichkeiten zur Datenerfassung im Internet auszudehnen. „Wir dürfen zwar Wohnräume überwachen, aber die Verkehrsdaten, die Verbindungsdaten dürfen wir nicht erheben“, klagte der CSU-Politiker. „Das versteht kein Mensch.“
Reservisten-Einheit der Polizei
Die „Bild“-Zeitung berichtete von Überlegungen innerhalb der Bundesregierung, zur Unterstützung der Polizei eine Reservisten-Truppe einzusetzen. Dabei solle es sich um Freiwillige mit militärischer und polizeilicher Ausbildung handeln.
Solche Pläne seien im Bundesinnenministerium nicht bekannt, sagte eine Sprecherin. Auch im Verteidigungsministerium bestehen nach Angaben eines Sprechers keine Planungen für den Einsatz von Reservisten im Innern. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, sprach vom bisher „unsinnigsten Vorschlag“ in der Debatte nach den Anschlägen von Würzburg, München, Reutlingen und Ansbach. Innenminister Thomas de Maiziere habe davon in einer Telefonkonferenz am Vortag auch nichts erwähnt. Es könnten nicht Freiwillige und Pensionäre als Hilfskräfte in den Anti-Terror-Kampf geschickt werden. Notwendig sei es, die professionellen Polizeikräfte aufzustocken, sagte Lischka zu Reuters. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Stephan Mayer, sagte, die Sicherheitsbehörden seien gut aufgestellt und gut gerüstet. Die Debatte über eine Reservisteneinheit bei der Polizei sei „vollkommen überflüssig“. Auch er sagte Reuters, notwendig sei eine Aufstockung der Sicherheitsbehörden.
Die Bundesanwaltschaft hüllte sich zu den Ermittlungen der Attentate in Würzburg und Ansbach in Schweigen. Es gehe jetzt darum, eine solide Tatsachengrundlage zu schaffen, sagte eine Sprecherin. Herrmann sagte, in beiden Fällen sei inzwischen davon auszugehen, dass es sich nicht um eine spontane Radikalisierung der Täter handele, sondern um eine „längerfristige islamistische Verstrickung“.