Die polnischen „Bad Boys“ der PiS für das neue EU-Parlament

Die Strategie der PiS-Partei bestand darin, altgediente Europaabgeordnete nicht erneut aufzustellen und stattdessen auf Personen zu setzen, die bei den treuen Wählern der Partei beliebt sind. [EPA-EFE/RAFAL GUZ]

Die rechts-konservative polnische PiS-Partei unterlag bei den Europawahlen knapp der Bürgerkoalition von Ministerpräsident Donald Tusk. Die PiS wird wahrscheinlich einige der umstrittensten Gesichter in das neue EU-Parlament einbringen.

Polens konservative PiS-Partei, die in Polen von 2015 bis 2023 regierte, belegte bei den Wahlen zum ersten Mal seit 2014 den zweiten Platz. Obwohl die PiS die nationalen Wahlen im vergangenen gewann, konnte sie keine Mehrheit bilden und Tusk übernahm die Regierung.

Bei der Wahl am Sonntag setzte sich die Bürgerkoalition von Ministerpräsident Donald Tusk (KO/EVP, Grüne) nun mit 37,06 Prozent der Stimmen knapp gegen die PiS durch, die auf 36,16 Prozent kam.

Die Wahlergebnisse bestätigten die Umfragen vor der Wahl, die zeigten, dass die beiden Parteien in der stark spaltenden Gesellschaft nahezu gleich stark vertreten waren.

Allerdings war die Liste der PiS weitaus polarisierender. Die Strategie der Partei bestand darin, altgediente Europaabgeordnete nicht erneut aufzustellen und stattdessen auf Personen zu setzen, die bei den treuen Wählern der Partei beliebt sind. Ihre Popularität rührt vor allem daher, dass die PiS diese Kandidaten als von Tusk schikaniert und unfair kritisiert darstellt.

Dazu gehören Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik, zwei ehemalige Minister, die im vergangenen Dezember wegen Amtsmissbrauchs in ihren früheren Ämtern zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurden.

Die beiden wurden im Januar verhaftet, obwohl Präsident Andrzej Duda, ein ehemaliges PiS-Mitglied, versucht hatte, ihnen im Präsidentenpalast Zuflucht zu gewähren. Während ihrer Haft wurden sie von der PiS als politische Gefangene und Opfer des von der Partei sogenannten „Tusk-Regimes“ dargestellt. Dutzende von PiS-Anhängern versammelten sich vor dem Gefängnis, um ihre sofortige Freilassung zu fordern.

Die Parteiführung erklärte, Kamiński sei im Gefängnis durch gewaltsame Versuche, ihn während des Hungerstreiks zu ernähren, gefoltert worden.

Die beiden wurden schließlich freigelassen und von Duda begnadigt. Da sie jedoch rechtskräftig verurteilt worden waren, wurden ihnen ihre Parlamentssitze aberkannt, was nach Ansicht der PiS illegal gewesen sei.

„Don Orleone“

Ein weiterer Favorit der PiS für einen Sitz im EU-Parlament ist der ehemalige Geschäftsmann Daniel Obajtek. Zwischen 2015 und 2023 war er unter der PiS-Regierung in Polen Geschäftsführer des staatlichen Mineralölkonzerns Orlen.

Unter seiner Führung weitete Orlen seine Aktivitäten auf saubere Energie aus und wurde zum größten Sponsor von Kultur- und Sportveranstaltungen und -mannschaften des Landes. Außerdem erschloss das Unternehmen neue Märkte, wie etwa in Österreich.

Obajteks Ruf als Erdölmagnat brachte ihm im Ausland den Spitznamen „Don Orleone“ ein. Seine Loyalität gegenüber der PiS-Regierung war jedoch nie ein Geheimnis. Die Übernahme der Mediengruppe Polska Press durch Orlen führte zu einer Änderung der redaktionellen Linie der Lokalzeitungen und anderer Medien der Gruppe hin zu einer PiS-freundlicheren Ausrichtung.

In den letzten Wochen stand Obajtek im Rampenlicht, weil er sich zweimal weigerte, vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum sogenannten Visagate-Skandal auszusagen. Dabei geht es um den Verkauf von Visa für Polen an Marktständen in afrikanischen Staaten.

Laut einer journalistischen Untersuchung wurde er in einem Luxus-Penthouse in Budapest aufgefunden. Er soll seine Verbindungen zu Geschäftsleuten genutzt haben, die mit Ministerpräsident Viktor Orbán in Verbindung stehen.

Einige Experten glauben, dass Obajtek vor allem für das EU-Parlament kandidierte, um Immunität zu erlangen. Damit könnte er einer strafrechtlichen Verfolgung für seine Handlungen unter der PiS-Regierung entgehen.

Antisemitischer Feuerwehrmann

Ein weiterer „Bad Boy“, der einen Sitz im EU-Parlament anstrebt, ist Grzegorz Braun, ein offen antisemitischer, islamfeindlicher und EU-feindlicher Politiker. Im vergangenen Dezember erregte er internationales Aufsehen, als er mit einem Feuerlöscher die Chanukka-Kerzen im polnischen Parlament ausblies.

Die Kerzen wurden im Rahmen der parlamentarischen Chanukka-Feierlichkeiten angezündet, an denen auch führende Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Polen teilnahmen.

Bei dem Versuch, die Kerzen auszublasen, verletzte Braun – wahrscheinlich unbeabsichtigt – eine der Teilnehmerinnen, eine Jüdin, die ärztlich behandelt werden musste.

Braun wurde für sein Verhalten mit einer Kürzung seiner Bezüge als Abgeordneter bestraft. Zudem wurde gegen ihn eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Störung religiöser Rituale und Körperverletzung erstattet.

Der Vorfall mit den Kerzen gab Anlass zu einem ironischen Coversong über Braun, der wie folgt beginnt: „Oh, Grzegorz Braun, wer könnte die Kerzen so ausblasen wie du.“

Auch in den Wahlkabinen war Braun nicht ohne Kontroverse, als er die Wahlkommission aufforderte, eine EU-Flagge zu entfernen, die neben der Wahlurne angebracht worden war.

[Bearbeitet von Kjeld Neubert]

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