Nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen am Dienstag gab sich Polens Ministerpräsident Donald Tusk „nicht enttäuscht“ über die deutsche Absage an Reparationszahlungen für Nazi-Verbrechen. Dafür erntete er nun scharfe Kritik von Präsident Andrzej Duda.
Tusk und Scholz hielten am Dienstag nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Warschau eine gemeinsame Pressekonferenz ab. Dabei wurden sie auch zu den Reparationsforderungen der nationalkonservativen Vorgängerregierung der PiS (EKR) für Nazi-Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs befragt.
Die PiS, die im Dezember nach acht Jahren die Macht an die von Tusk geführte Koalition verlor, hatte 2022 eine diplomatische Note nach Berlin geschickt, in der sie 1,3 Billionen Euro an Kriegsreparationen forderte.
Polens kommunistische Regierung hatte 1953 auf Druck der Sowjetunion auf alle Ansprüche auf Kriegsreparationen verzichtet. Die PiS-Regierung argumentierte jedoch, dass das Abkommen ungültig sei, weil Polen wegen der Abhängigkeit nicht in der Lage gewesen sei, eine faire Entschädigung auszuhandeln.
Berlin hat Polens Reparationsforderungen stets mit dem Argument zurückgewiesen, dass alle finanziellen Ansprüche aus dem Zweiten Weltkrieg durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990, der die Wiedervereinigung Deutschlands ermöglichte, geregelt wurden.
Nachdem er die von Scholz bekräftigte Position der Bundesregierung zur Kenntnis genommen hatte, betonte Tusk, dass er davon „nicht enttäuscht“ sei.
„In rechtlicher Hinsicht ist das Problem der Reparationen in Beschlüssen und Regierungsverträgen beschrieben worden, aber man kann daraus verschiedene Schlüsse ziehen“, räumte er ein.
Für ihn sei die deutsche Position wichtig, „dass der historische Verzicht auf Reparationsforderungen nichts an der Tatsache des großen Verlustes an Menschen, Eigentum und Land ändert, den Polen durch die deutsche Invasion erlitten hat.“
Tusk zeigte sich zufrieden mit den Versprechungen des Bundeskanzlers zu anderen Formen der Entschädigung für Kriegsverbrechen. Dazu gehören ein Denkmal in Berlin zum Gedenken an die polnischen Opfer der deutschen Besatzung, die Eröffnung eines Deutsch-Polnischen Hauses und die finanzielle Unterstützung von Kriegsüberlebenden, wie Scholz auflistete.
„Wir, die Deutschen, haben Polen während des Zweiten Weltkriegs unermessliches Leid zugefügt. Wir sind uns unserer Schuld und Verantwortung für die Millionen von Opfern der deutschen Besatzung bewusst“, sagte Scholz.
Empörung in der Opposition
Tusks Rückzieher bei den Reparationen und Scholz‘ vage Versprechen zu den Kriegsreparationen lösten in Polen jedoch Empörung aus, vor allem bei der Opposition.
Der PiS-Abgeordnete Zbigniew Bogucki nannte die Erklärung des Kanzlers „unbedacht.“ Er wies darauf hin, dass nur noch wenige Überlebende des Krieges am Leben seien. Die Reparationen seien „eine Verpflichtung Deutschlands gegenüber Polen und den polnischen Bürgern, die es nie angemessen erfüllt hat“, schrieb er auf X.
„Polen und die polnischen Bürger haben durch die deutsche Aggression verhältnismäßig die größten Verluste erlitten […]. Einmalige, relativ kleine finanzielle Gesten lösen die Reparationsfrage nicht“, erklärte ein anderer PiS-Abgeordneter, Arkadiusz Mularczyk, Autor des Berichts der PiS-Regierung über die deutschen Kriegsreparationen.
Der polnische Präsident wurde ebenfalls während einer Pressekonferenz mit seinem albanischen Amtskollegen nach der Haltung von Tusks Regierung zu den deutschen Reparationen gefragt.
„Wenn der Ministerpräsident mit der deutschen Position übereinstimmt, dass die Reparationsforderungen fallen gelassen wurden, sage ich, dass ich damit nicht einverstanden bin“, betonte er.
Er teile auch nicht die Ansicht, dass „irgendwelche polnischen Behörden effektiv auf ihre Rechte und Ansprüche auf Entschädigung für den Schaden, der den Polen, der polnischen Nation und unserem Land während des Zweiten Weltkriegs zugefügt wurde, verzichtet haben.“
Die Meinungsverschiedenheiten über die Kriegsreparationen sind ein weiteres Thema, das Tusks Regierung und den PiS-nahen Präsidenten, dem immer noch Loyalität gegenüber seiner alten Partei vorgeworfen wird, spaltet.
Am Montag kündigte Duda die Schaffung eines eigenen Rates an, der die Umsetzung strategischer Entwicklungsprojekte überwachen soll. Grund dafür waren die Meinungsverschiedenheiten mit Tusks Kabinett über das Vorzeigeprojekt der früheren PiS-Regierung, den Bau des CPK-Megaflughafens.
[Bearbeitet von Nick Alipour]