Die Entscheidung der spanischen Regierung, der Ukraine 1,1 Milliarden Euro Militärhilfe zukommen zu lassen, hat zu einer Spaltung innerhalb der progressiven Koalitionsregierung geführt. Die linke Sumar kritisierte ihren großen Regierungspartner, die spanischen Sozialdemokrate,n für ihre intransparente Arbeitsweise.
Auf einer Pressekonferenz in Madrid am Montag (27. Mai) forderte der Sprecher der linken Sumar-Plattform, Ernest Urtasun, der auch Kulturminister ist, Ministerpräsident Pedro Sánchez (PSOE) auf, die Pläne für Waffenlieferungen an die Ukraine dem Parlament zur Abstimmung vorzulegen. Er behauptete, das Lager des Ministerpräsidenten habe mit „totaler Undurchsichtigkeit“ und ohne – wenigstens – seine Partei zu konsultieren, das Paket beschlossen, berichtete Euractivs Partner EFE.
Urtasun erinnerte auch daran, dass Sumar, angeführt von der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Arbeitsministerin Yolanda Díaz, sich zuvor gegen die von Sánchez angekündigte Erhöhung der spanischen Verteidigungsausgaben ausgesprochen hatte. Durch diese soll das NATO-Ziel von zwei Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts erreicht werden.
„Dieser Mangel an Transparenz [der Sozialdemokraten (PSOE) gegenüber Sumar] ist nicht seriös, wenn wir über ein so wichtiges Thema wie die Verteidigung sprechen“, beklagte Urtasun.
Die Ankündigung der neuen Waffenlieferung Spaniens an die Ukraine, die Patriot-Raketenabwehrsysteme, zusätzliche Leopard-Kampfpanzer und Tausende Schuss Munition umfasst, erfolgte durch Sánchez auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Madrid mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser war am Montag (27. Mai) zu einem offiziellen Besuch in Spanien, von wo aus er am Dienstag nach Portugal weiterreisen soll.
Sánchez betonte, dass die spanische Militärhilfe für die Ukraine Kyjiw in die Lage versetzen werde, seine Verteidigungsressourcen, einschließlich der Flugabwehr, zu verstärken. Diese seien „zentral“, um die Zivilbevölkerung vor russischen Angriffen auf das ukrainische Territorium schützen zu können, sagte er.
Gleichzeitig bekräftigte Sánchez die volle Unterstützung Spaniens für die Ukraine, „solange es nötig ist.“ Er hob den „mutigen“ Kampf des ukrainischen Volkes für seine „Freiheit und Unabhängigkeit“ hervor. Dieser sei ein Beispiel für alle, die an „Demokratie, Frieden und Gleichheit zwischen den Staaten“ glaubten, so der Ministerpräsident.
Der ukrainische Präsident appellierte erneut an alle Verbündeten Kyjiws, dringend mehr Luftabwehrsysteme zu schicken, um die Lage an der Front zu ändern. Dort hat Russland die Initiative inne und kann, auch dank seiner Luftüberlegenheit, weiterhin bescheidene Gewinne erzielen.
„Das Hauptproblem, das wir heute haben, ist, dass Russland mehr als 3.000 gelenkte Luftbomben pro Monat einsetzt“, erklärte Selenskyj, wie EFE berichtete.
Sánchez verteidigt seine Entscheidung
Laut Selenskyj ist mit der Vereinbarung vom Montag – an der beide Regierungen seit Monaten gearbeitet haben – eine Milliarde Euro an Hilfe für 2024 vorgesehen. Weitere fünf Milliarden Euro seien über den Fonds der Europäischen Friedensfazilität bis 2027 eingeplant.
Der Fonds hat bis heute insgesamt 11,1 Milliarden Euro bereitgestellt.
Seit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 hat Spanien der Ukraine ebenfalls Militärhilfe in Höhe von 300 Millionen Euro geleistet.
Das bilaterale Abkommen umfasst nicht nur die Lieferung von mehr Material. Es beinhaltet auch die Schaffung von militärischen Arbeitsplätzen in der Ukraine und den Transfer von spanischer Verteidigungstechnologie nach Kyjiw.
Scharfe Kritik von Podemos
In dem Bemühen, die Differenzen mit seinem Koalitionspartner auszugleichen, erklärte Sánchez, dass eine „Absichtserklärung“ nicht vom Parlament gebilligt werden müsse. Ein internationaler Vertrag hingegen müsse zur Abstimmung gestellt werden.
„Es handelt sich um eine Absichtserklärung, die nicht durch das Abgeordnetenhaus gehen muss. Es handelt sich nicht um einen internationalen Vertrag, sondern um eine Absichtserklärung“, wiederholte der spanische Ministerpräsident angesichts der hartnäckigen Fragen der Medien. Diese folgten auf den Zorn von Sumar, die 31 Abgeordnete im 350 Sitze zählenden Parlament hat.
Unterdessen kritisierte die linke Podemos-Partei, ein früherer Verbündeter von Sumar, die fünf Abgeordnete im Parlament hat, am Montag die Lieferung weiterer spanischer Waffen an die Ukraine scharf. Ihr zufolge trage Madrid damit nicht zum Frieden in der Region bei.
Der organisatorische Sekretär der radikalen Linkspartei und Kandidat für die Europawahlen, Pablo Fernández, erklärte, die Lieferung weiterer militärischer Ausrüstung nach Kyjiw sei „äußerst bedenklich“, da sie „eine volle Beteiligung an diesem Kriegsregime“ bedeute.
„Wir von Podemos verteidigen den Frieden als strategische Maßnahme und glauben, dass es wichtig ist, eine wirklich transformative Linke in Europa zu etablieren, die in der Lage ist, Fortschritte zu erzielen und die Rechte der Bürger zu erweitern“, betonte Fernández.
Der Oppositionsführer und Vorsitzende der konservativen Partido Popular (EVP), Alberto Núñez Feijóo, warf Sánchez vor, das Parlament nicht früher informiert zu haben. Allerdings befürwortete er im Gegensatz zur radikalen Linken die Lieferung weiterer Waffen an Kyjiw.
[Bearbeitet von Kjeld Neubert]