Europawahlen: In Spanien wird vor Aufstieg der Rechten gewarnt

Laut einer Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2023 fühlen sich 83 Prozent der spanischen Bürger „sehr europäisch“ und wünschen sich mehr Befugnisse für die EU. Damit liegen sie elf Prozentpunkte über dem europäischen Durchschnitt [Shutterstock/rarrarorro]

Dieser Artikel ist Teil des special reports Die Europawahlen aus Sicht der EU-Hauptstädte

Der Europawahlkampf in Spanien wird von heiklen nationalen Themen bestimmt: Die regierenden Sozialisten warnen vor dem gefährlichen Aufstieg der Rechten. Die oppositionelle Partido Popular (EVP) prangert hingegen eine „Kapitulation“ vor den katalanischen Separatisten an.

Laut einer Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2023 fühlen sich 83 Prozent der spanischen Bürger „sehr europäisch“ und wünschen sich mehr Befugnisse für die EU. Damit liegen sie elf Prozentpunkte über dem europäischen Durchschnitt. Doch in den Debatten vor den Europawahlen im Juni werden wichtige europäische Themen wie Migration, Landwirtschaft oder Sicherheit und Frieden kaum angesprochen.

Stattdessen wurden sie von nationalen Themen dominiert.

Spanien hat eine extreme politische Polarisierung zwischen den beiden großen politischen Lagern erlebt: Das linke Lager mit der PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez und ihrem Juniorpartner, der progressiven Plattform Sumar, und das Lager rechts der Mitte mit der konservativen Partido Popular und der rechten VOX, die in mehreren Regionen und Stadträten gemeinsam regieren, wenn auch nicht immer in perfekter Harmonie.

Die EU als Sprungbrett für die Partido Popular

Eine der wichtigsten Wahlkampfbotschaften der Partido Popular und ihres Spitzenkandidaten Dolors Montserrat zielt darauf ab, die Europawahlen als Sprungbrett für die Partei im Vorfeld der nächsten Parlamentswahlen zu nutzen.

Die konservative Partei hofft, dass Sánchez seine Amtszeit (, die 2027 endet,) nicht zu Ende führen kann und dass es zu vorgezogenen Neuwahlen kommt, wenn die katalanischen Separatisten ihre notwendige Unterstützung im Parlament zurückziehen.

Die Partido Popular und VOX konzentrieren einen großen Teil ihrer europäischen Wahlkampagne darauf, das umstrittene Amnestiegesetz anzugreifen. Dieses wurde am Donnerstag (30. Mai) vom spanischen Parlament verabschiedet und ist ihrer Meinung nach verfassungswidrig.

In diesem Zusammenhang hat die Partido Popular in Brüssel eine politische Offensive gegen das Gesetz gestartet. Manfred Weber, der Vorsitzende ihrer europäischen politischen Familie, der Europäischen Volkspartei, unterstützt sie dabei voll und ganz.

Neue Umfragedaten zufolge, scheint diese Strategie aufzugehen.

Die meisten Studien – mit einer Ausnahme – prognostizieren einen Sieg der Partido Popular mit 22 bis 23 Sitzen (33,5 Prozent der Stimmen), gefolgt von der PSOE mit 20 bis 21 Sitzen (31 Prozent). Dahinter folgen VOX mit fünf bis sechs Sitzen (8,9 Prozent), Sumar mit bis zu vier Sitzen (sechs Prozent) und die linke Podemos mit einem oder zwei Sitzen (3,9 Prozent).

Spanien wird im nächsten Europäischen Parlament 61 Sitze haben, zwei mehr als momentan.

Die Partido Popular, die die vorgezogenen Parlamentswahlen vom 23. Juli 2023 gewonnen hatte, aber keine Regierungsmehrheit bilden konnte, sieht die Europawahlen als einen Schritt auf dem Weg zu einer nationalen Regierung. Sánchez und die PSOE weisen dagegen auf die Gefahr hin, dass die in den meisten Umfragen vorhergesagten „Ultra“-Kräfte an Stärke gewinnen.

Internationale rechte Allianz

VOX, die drittstärkste Partei im spanischen Parlament, ist Teil der aufstrebenden Rechten in der EU, zusammen mit allen Kräften der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), der sie angehören, und der Rechtsaußen positionierten Fraktion Identität und Demokratie (ID). Letztere stelle eine „ernste Gefahr“ für die EU dar, warnte die Spitzenkandidatin der Sozialisten, Teresa Ribera, kürzlich.

Um die Botschaft von der Bedrohung durch die Rechten zu verstärken, rief Ministerpräsident Sánchez die Spanier am Samstag (1. Juni) auf, die PSOE zu wählen und das Europa von „Aznar, Feijóo, Ayuso, Netanyahu, Milei und Meloni“ zu vermeiden.

Damit meinte er den ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten José Maria Aznar (Partido Popular), den derzeitigen Vorsitzenden der Partido Popular, Alberto Núñez Feijóo, die Präsidentin der Region Madrid, Isabel Díaz Ayuso (Partido Popular), den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den neoliberal-populistischen argentinischen Präsidenten Javier Milei und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die gleichzeitig die EKR anführt.

Sumar will die „Partido Popular und VOX in die Hölle schicken“

Sánchez bezeichnete sie als „die rechte Internationale“, die dringend an den Wahlurnen gestoppt werden müsse. Er warnte auch vor möglichen Bündnissen zwischen der EVP und der EKR. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die an diesem Wochenende in Spanien war, um die Partido Popular zu unterstützen, hatte dies vor kurzem angedeutet.

Die Sumar-Partei, die von der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Arbeitsministerin Yolanda Díaz angeführt wird, macht ebenfalls Wahlkampf mit der Angst vor den „Ultra“-Kräften bei den Europawahlen. Sie wirbt mit direkten Botschaften um Wähler.

Am vergangenen Wochenende brachte die Partei ein großes Plakat in einer zentralen Straße von Madrid an:

„Schickt sie zur Hölle. Wählt Sumar am 9. Juni. Genießen Sie Ihren Urlaub“, stand darauf.

[Bearbeitet von Charles Szumski/Zoran Radosavljevic/Kjeld Neubert]

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