Wenige Tage nach der Einigung der Regierungskoalition zu Einsparungen im Haushalt 2024 könnte der heftige Widerstand gegen Kürzungen bei Steuererleichterungen für Landwirte den wackeligen Kompromiss zum Kippen bringen.
Nachdem sich die Ampel-Spitzen in der vergangenen Woche auf Schritte zur Schließung des 17 Milliarden schweren Lochs im Haushalt für 2024 geeinigt hatte, könnte das Maßnahmenpaket angesichts des Widerstands gegen Kürzungen im Agrarbereich – auch aus den Reihen der Regierung – wieder aufgeschnürt werden müssen.
Neben groß angelegten Bauernprotesten in Berlin am Montag (18. Dezember) haben sich auch der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sowie die FDP-Fraktion im Bundestag gegen die geplanten Kürzungen gestellt.
Die Einigung vom vergangenen Mittwoch sieht einen Mix aus zusätzlichen Einnahmequellen für den Staat und Ausgabenkürzungen vor, wobei angekündigt wurde, vor allem bei als klimaschädlich angesehene Subventionen zu sparen.
Zu letzteren gehören aus Sicht der Parteispitzen die aktuell geltenden Rabatte bei Kfz- und Kraftstoffsteuern für landwirtschaftliche Maschinen, die dem Kompromiss zufolge deshalb gestrichen werden sollen.
Die Ankündigung stieß jedoch auf heftige Kritik vonseiten der Landwirt*innen, die am Montag in Berlin und mehreren anderen deutschen Städten groß angelegte Traktorproteste organisierten.
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir nahm an der Demonstration teil, nachdem er sich bereits in der vergangenen Woche gegen die geplanten Kürzungen ausgesprochen und sich von den Sparplänen distanziert hatte.
In der ARD warnte Özdemir am Montagmorgen vor unfairen Wettbewerbsbedingungen gegenüber Betrieben in anderen EU-Staaten, die ähnliche Subventionen erhalten würden, und verwies darauf, dass fossile Kraftstoffe im Agrarbereich nicht einfach durch klimafreundlichere Alternativen zu ersetzen seien.
Man könne schwere Maschinen nicht einfach umrüsten, um sie zu elektrifizieren, so Özdemir.
Auch FDP-Finanzminister Christian Lindner, einer der Urheber des ursprünglichen Kompromisses, zeigte sich am Wochenende gegenüber dem RND „offen für Alternativen“, nachdem seine eigene Bundestagsfraktion angekündigt hatte, gegen die Streichungen zu stimmen.
Grünen-Vizekanzler Robert Habeck warnte dagegen davor, das hart erkämpfte Kompromisspaket wieder aufzuschnüren.
„Wenn jetzt einzelne Streben herausgezogen werden, ohne neue einzusetzen, fällt die Gesamtlösung in sich zusammen“, sagte er am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa und widersprach damit nicht nur Lindner, sondern auch seinem Parteikollegen Özdemir.
Von Journalisten auf mögliche Nachverhandlungen angesprochen, erklärte auch ein Regierungssprecher am Montag, die Regierung sei „fest entschlossen“, die Vereinbarung umzusetzen.
Inwieweit dies angesichts des Widerstands aus Bundesregierung und Bundestag jedoch möglich ist, bleibt ungewiss.
Laut dem Anfang Dezember veröffentlichten jährlichen Situationsbericht des Deutschen Bauernverbands (DBV) hatte sich die Einkommenssituation der landwirtschaftlichen Betriebe in diesem Jahr gegenüber den Vorjahren weiter verbessert, die Investitionen in der Landwirtschaft blieben jedoch auf einem niedrigen Niveau.
Der Verband forderte deshalb anlässlich des Berichts unter anderem Verbesserungen bei der deutschen Ausgestaltung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP). Die mögliche Streichung der Steuererleichterungen sieht der Verband nun als schweren Schlag für die künftige wirtschaftliche Situation der Betriebe.
[Bearbeitet von Kjeld Neubert]