Olivér Várhelyis Nominierung als EU-Kommissar steht auf der Kippe, da sozialdemokratische Abgeordnete zögern, ihn zu unterstützen. Ursula von der Leyen übt nun Druck aus, um eine Verzögerung ihres Zeitplanes für die neue Kommission zu verhindern.
Nach seiner Anhörung am Mittwochabend (6. November) hatte der Ungare Várhelyi nicht genügend Abgeordnete überzeugen können, um als Kommissar für Gesundheit und Tierschutz bestätigt zu werden. Die Abgeordneten entschieden, ihm zusätzliche schriftliche Fragen zu stellen, die er innerhalb von 24 Stunden beantworten muss. Am kommenden Montag (11. November) werden diese von den Abgeordneten bewertet und eine endgültige Entscheidung über seine Bestätigung gefällt.
In den letzten Tagen hat von der Leyen versucht, den Prozess durch individuelle Gespräche mit Abgeordneten voranzutreiben.
Unter den Kontaktierten sind auch Abgeordnete der sozialdemokratischen S&D-Fraktion, deren Unterstützung für Várhelyi als besonders schwach, aber mathematisch entscheidend für seine Bestätigung gilt.
Am Montag (4. November) sagte der SPD-Europaabgeordnete Rene Repasi gegenüber Journalisten, dass „die Bereitschaft, [Várhelyi] zu unterstützen, bereits ziemlich gering ist“.
Nach der Anhörung am Mittwoch gehörten die Sozialdemokraten zu denen, die sich dafür entschieden, Várhelyi zusätzliche schriftliche Fragen zu stellen – eine der schwächeren Sanktionen, die den Abgeordneten bei einer unzureichenden Anhörung zur Verfügung stehen. Alternativ hätten sie eine zusätzliche Anhörung fordern oder die Ablehnung des Kandidaten beschließen können.
Nebst von der Leyens Bemühungen, Abgeordnete individuell zu erreichen, war Várhelyis Schicksal auch Thema bei einem Treffen der Spitzenpolitiker von S&D, der liberalen Renew Europe und der konservativen EVP, wie Euractiv berichtet. Von der Leyen war telefonisch bei dem Treffen zugeschaltet.
Bei diesem Treffen einigten sich die Fraktionsspitzen darauf, die designierten Kommissarinnen Hadja Lahbib (Renew) und Jessika Roswall (EVP) zu genehmigen, deren Bestätigungen zuvor am Mittwoch vertagt worden waren.
Während des Treffens wurde auch das Mandat des neuen Ausschusses für Gesundheit des Parlaments festgelegt. Eine Ankündigung wird später in diesem Monat erwartet.
Obwohl von der Leyens Unterstützung für ihre Kommission nicht überraschend ist, bleibt abzuwarten, wie politische Gegner reagieren werden, wenn eine konservative Kommissionspräsidentin politisches Kapital einsetzt, um einzelne Abgeordnete zur Bestätigung eines rechtspopulistischen Kandidaten zu bewegen.
Sollte Várhelyi abgelehnt werden, müsste die ungarische Regierung einen neuen Kandidaten nominieren, was den Starttermin der neuen Kommission verzögern würde.
*Angelo Di Mambro und Nikolaus Kurmayer haben zur Berichterstattung beigetragen.
[Bearbeitet von Owen Morgan]