Meinhardt, Gieseler & Partner mbB reposted this
Die Anlageberatung ist seit mehreren Jahren Gegenstand einer Vielzahl von Entscheidungen der verschiedenen Senate des BGH (mit unterschiedlichen Ergebnissen für die Haftung einer Bank, eines Anlagevermittlers, eines Gründungsgesellschafters oder Treuhänders). Entscheidungen des BGH zu Finanzierungsberatungsverträgen sind eher rar. Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat beim BGH veröffentliche jetzt die Urteilsgründe zu seiner Leitzsatzentscheidung vom 10.09.2024, Az. XI ZR 165/22. Ein Finanzierungsberatungsvertrag kann – ähnlich wie ein Anlageberatungsvertrag, der nicht eine Finanzierung, sondern die Anlage eines Geldbetrages betrifft – auch stillschweigend durch die Aufnahme von Beratungsgesprächen zwischen Bank und Kunde geschlossen werden. Wendet sich ein Bankkunde an die Bank eigeninitiativ und fragt nicht grundsätzlich nach Finanzierungsmöglichkeiten, sondern bereits konkret nach der Möglichkeit der Aufnahme eines Darlehens in fremder Währung (Schweizer Franken), begründet dies einen umfassenden Beratungsvertrag mit weitgehenden Pflichten nicht. Die Bank schuldet eine umfassende Aufklärung über Risiken und Kosten verschiedener Finanzierungmöglichkeiten nicht, wenn der Kunde sich schon für einen Finanzierungsweg (hier Fremdwährungsdarlehen) entschieden hat und nur nach den Konditionen und der Finanzierungsbereitschaft fragt. Ungefragt hat die kreditgebende Bank in Bezug auf das von ihr gewährte Darlehen nämlich lediglich über dessen Konditionen aufzuklären, nicht hingegen umfassend über die mit dem Fremdwährungskredit verbundenen Risiken. Vereinbaren der Darlehensnehmer und die kreditgewährende Bank eine stop-loss-order, ist eine Aufklärung geboten, dass der vereinbarte Limit-Kurs deutlich unterschritten werden kann, sofern es bei Unterschreiten des Limits zu einem Nachfrageüberhang kommt, und dadurch der Wechselkurs stärker als knapp unter das in der stop-loss-order vereinbarte Limit fallen kann. Weitergehende Erläuterungen zu dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines massiven Kursabsturzes sowie zu den technischen Eigenheiten der Orderausführung sind hingegen nicht erforderlich. Anlass des jetzt letztinstanzlich entschiedenen Prozesses war der massive Kursabsturz des Schweizer Frankens nach der Aufhebung der Kursunterstützung durch die Schweizerische Nationalbank am 15.01.2015. Die Schweizer Nationalbank hatte vorher zur Abschwächung des Schweizer Franken am 06.09.2011 einen Mindestwechselkurs von 1,20 Euro/Schweizer Franken festgelegt. Am 15.01.2015 hob sie diese Festlegung um 10:30 Uhr auf. Daraufhin fiel der Wechselkurs innerhalb von 25 Minuten von ungefähr 1,19 Euro/Schweizer Franken auf nur noch 0,87 Euro/Schweizer Franken. Die Höhe der Rückzahlungsverpflichtungen der Bankkunden im Zusammenhang mit Schweizer Franken Fremdwährungsdarlehen erhöhte sich in Folge dessen entsprechend massiv. #bankrecht Mehr News zum Bankrecht: https://lnkd.in/eRsucWqx