Gebogen mit Stil
Wer kennt sie nicht, die Jugendstil-Stühle aus rund gebogenem Holz – gern gesehen in Bistros oder Cafés. Das Verfahren, mit der dieses so genannte Bugholz entsteht, nennt sich Dampfbiegen.
Entwickelt hat das Dampfbiegen der deutsch-österreichische Tischlermeister Michael Thonet um 1830. Dabei wird Vollholz, beziehungsweise das darin enthaltene Lignin, mit Wasserdampf erweicht, so dass sich das Holz biegen lässt. Nicht nur Möbel, auch Treppengeländer oder Fenster erhalten so ihren Schwung. Geeignet sind Laubhölzer wie Ahorn, Buche oder Eiche. Nach dem Biegen werden die Formteile eingespannt und damit gegen die Rückverformung gesichert, abgekühlt und getrocknet. Bei dieser Bearbeitungstechnik gibt es – im Gegensatz zum Fräsen – kaum Holzabfall und es lässt sich eine hohe Festigkeit auch bei dünnen Teilen erreichen. So entstehen filigrane geschwungene Holzbauteile, welche die florale Formsprache des Jugendstils aufnehmen. Zu dieser Zeit wurde das Verfahren deshalb häufig eingesetzt.
In der klassischen Moderne verdrängte zunehmend das sogenannte Formsperrholz das Bugholz. Dabei werden dünne Holzlagen im elastisch verformten Zustand zu Sperrholz verleimt. So entstehen zum Beispiel die stabilen freischwingenden Möbel, die vor allem bei skandinavischen Designern wie Alvaro Aalto beliebt waren, der 1932 den "Paimio Chair" kreierte.
Wie im Original
Wie Quadra Ligna dem Dampfbiegen wieder Leben einhaucht, um geschwungene Holzbauteile an Fenstern des Jugendstils originalgetreu zu renovieren, verrät der Inhaber Jochen Ganz: «Wir wollten es genau wissen und haben mit dem Verfahren experimentiert». Wichtig sei, dass das Holz beim Biegen ausschliesslich auf Druck und nicht auf Zug beansprucht werde. Das Holz müsse zudem möglichst astfrei sein und die Jahrringe sollten parallel zur Biegerichtung verlaufen. «Wir erhalten unser Holz bereits trocken. Deshalb müssen wir es zuerst im gesamten Querschnitt wieder befeuchten. Wir legen das Holz dazu in Wasser ein, stecken es danach in die Dampfkammer und biegen es schliesslich zügig in Form», so Ganz. Die Resultate überzeugen, Quadra Ligna wird das Dampfbiegen bei Bedarf nutzen. «Alten Techniken faszinieren uns. Wir möchten sie verstehen und wieder anwenden,» betont Ganz.