LASK zieht nicht vor das Schiedsgericht, sondern akzeptiert Punkteabzug und Geldstrafe.
Moderation: Nassim Ghobrial (FSM Rechtsanwälte)
Der Linzer Athletik-Sport-Klub (kurz LASK) soll in der Corona-Zeit reguläre Mannschaftstrainings abgehalten und dadurch einen Verstoß gegen die Fair-Play-Regeln des Österreichischen Fußball-Bundes gesetzt haben.
Wir haben Sportrechtsexpertin Dr. Anna Maria Stelzer (FSM Rechtsanwälte) zum Thema "Streitigkeiten im Spitzensport" befragt.
Nassim Ghobrial: Man liest die letzten Wochen über keinen Fußballclub soviel, wie über den LASK. Was ist da eigentlich wirklich passiert?
Anna Maria Stelzer: Aufgrund der Corona Beschränkungen erlaubt waren nach anfänglich gänzlichem Trainingsverbot später lediglich Trainings in Kleingruppen von maximal 6 Kaderspielern und dies auch nur mit einem Abstand von mindesten zwei Metern. Dagegen habe der LASK verstoßen. Der Senat 1 der Fußball-Bundesliga verurteilte den LASK aufgrund der Abhaltung von Mannschaftstrainings zu einem Punkteabzug von 6 Punkten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 75.000,--.
Der LASK akzeptierte das Urteil nicht und wandte sich daher an das Protestkomitee der Fußball-Bundesliga, mit einem Teilerfolg. Das Protestkomitee reduzierte den Punkteabzug von 6 auf 4 Punkten, die Geldstrafe blieb aber weiterhin aufrecht. Doch auch damit wollte man sich anfangs nicht zufriedengeben. Der Instanzenzug innerhalb der Fußball-Bundesliga ist allerdings ausgeschöpft. Lediglich die Anrufung des Schiedsgerichts wäre weiterhin offen.
Nassim Ghobrial: Wie werden Streitigkeiten im Spitzensport überhaupt ausgetragen?
Anna Maria Stelzer: Im Sport ist man bemüht Streitigkeiten von staatlichen Gerichten fernzuhalten. Grund dafür ist, dass Kosten und vor allem Zeit gespart und Entscheidungen von Fachleuten getroffen werden sollen. Um diese Ziele zu erreichen werden einzelvertragliche oder satzungsmäßige Vereinbarungen abgeschlossen, in denen man sich verpflichtet, Streitigkeiten vor einer Schlichtungseinrichtung oder einem Schiedsgericht auszutragen.
Bereits das Vereinsgesetz sieht vor, dass die Art der Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis in den Statuten geregelt werden muss. Die Art der Streitschlichtung zählt somit bereits zum Mindestinhalt der Statuten und muss daher bei Vereinsgründung geregelt werden. Wie die Schlichtungseinrichtung oder das Schlichtungsverfahren dann näher ausgestaltet wird obliegt grundsätzlich der Autonomie der Vereinsfreiheit. Lediglich Eckpfeiler eines fairen Verfahrens sind einzuhalten: dazu zählen insbesondere die Unbefangenheit der zur Schlichtung berufenen Personen und die Gewährung beiderseitigen Gehörs.
Nassim Ghobrial: Gibt es mehrere Arten für Streitschlichtungen in Sportvereinen?
Anna Maria Stelzer: Ja. Man unterscheidet zwischen einer bloßen Schlichtungseinrichtung und einem echten Schiedsgericht. Bei einer bloßen Schlichtungseinrichtung unterscheidet man wiederum danach, ob es sich bei der Streitigkeit um einen reinen Interessenkonflikt oder um eine zivilrechtliche Streitigkeit handelt. Lediglich bei zivilrechtlichen Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis ist die Anrufung der ordentlichen Gerichte – allerdings auch erst nach Anrufung der Schlichtungseinrichtung – möglich.
Wird ein echtes Schiedsgericht eingerichtet so ist auch eine Verfahrensordnung zu erstellen. Diese Möglichkeit wird vor allem von den Verbänden wahrgenommen. Auch die ÖFBL hat ein Ständig Neutrales Schiedsgericht eingerichtet und eine Verfahrensordnung geschaffen.
Die Einrichtung eines Schiedsgerichts schließt grundsätzlich die Anrufung des ordentlichen Gerichts aus und zwar unabhängig von der Beschaffenheit der Streitigkeit. Das Verfahren endet dann mit einem Schiedsspruch, der die Wirkung eines Urteils entfaltet.
Nassim Ghobrial: Hätte der LASK noch die Möglichkeit seine Meinung zu ändern und doch noch vor das Schiedsgericht zu ziehen?
Anna Maria Stelzer: Hier ist die Verfahrensordnung der ÖFBL zu beachten. Die Verfahrensordnung regelt unter anderem für welche Streitigkeiten das Schiedsgericht zuständig ist, wann dieses angerufen werden kann und welche Fristen hierbei zu beachten sind. Auch finden sich Regelungen über die Besetzung des Schiedsgerichts und welche Kosten für das Verfahren anfallen.
So regelt die Verfahrensordnung des Ständig Neutralen Schiedsgerichts der ÖFBL, dass dieses nur nach Ausschöpfung eines internen Instanzenzugs der Österreichischen Fußball-Bundesliga angerufen werden kann. Der verbandsinterne Instanzenzug wurde beim LASK bereits ausgeschöpft weshalb dieser - binnen 4 Wochen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der verbandsinternen Erledigung - das Schiedsgericht mittels Klage anrufen kann. Die Frist wäre somit noch offen.
Nassim Ghobrial: Wie beurteilst du im konkreten Fall LASK, die Höhe der Strafen und jetzt den Verzicht auf Anrufung des Schiedsgerichts?
Anna Maria Stelzer: Die Strafe ist natürlich empfindlich hoch. Bei der verhängten Geldstrafe handelt es sich um die zweithöchste Strafe, die jemals in der Fußball-Bundesliga verhängt wurde. Auch der Punkteabzug schmerzte, rutschte der LASK doch in der Tabelle weiter nach unten. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Mannschaftstrainings unter anderem dazu dienen, das fußballerische Niveau der einzelnen Spieler und vor allem der Mannschaft als Ganzes aufrechtzuerhalten bzw zu verbessern und das Zusammenspiel im Wettkampf zu erproben. Durch das unerlaubte Abhalten der Mannschaftstrainings liegt wohl auch aus diesem Gesichtspunkt ein Verstoß gegen die Fair-Play-Regeln des Österreichischen Fußball-Bundes vor.
Der LASK hat sich nun aber dazu entschieden, nicht vor das Schiedsgericht zu ziehen und akzeptiert somit den Abzug von 4 Punkten und die verhängte Geldstrafe. Dies ist wohl eine kluge Entscheidung und auch im Sinne des österreichischen Fußballs. Andernfalls hätte es ernste Probleme mit den Meldefristen für die UEFA-Liegen geben können. Schließlich sind Anfang August seitens der Bundesliga die österreichischen Teilnehmer zu nennen.
Ein gänzlicher Wegfall des Punkteabzugs wäre aus meiner Sicht auch vor dem Ständig Neutralen Schiedsgericht nicht erfolgreich gewesen.