Persönlichkeiten in der Einkaufsorganisation

II) der Optimierer

Persönlichkeiten in der Einkaufsorganisation II) der Optimierer

Dieser Einkäufertypus bewegt sich hauptsächlich in Märkten, die den meisten transaktionalen Aufwand innerhalb der Einkaufsorganisation erzeugen. Üblicherweise ist das Angebot und die Lieferantenanzahl innerhalb einer Warengruppe groß. Lieferanten versuchen allerdings wegen des großen Wettbewerbs ihre Preise bzw. die Kosten der Transaktion zu verschleiern. Es gilt Methoden zu entwickeln, die den Aufwand für Bestelltransaktionen reduzieren und dabei eine größtmögliche Kostentransparenz zu erzeugen.

Üblicherweise steht die Abwicklung von Transaktionen zwischen Lieferant und der eigenen Organisation innerhalb der Verantwortung des Einkaufs. Viele Einkaufsabteilungen leiden heute darunter, dass sie in vielen Fällen sogar nur auf diese Tätigkeiten reduziert werden. Das organisatorische Problem ist, dass die zur Abwicklung von Lieferungen notwendige Ressourcenbindung mit dem Ziel einer Optimierung konkurrieren. In diesem ungleichen Verhältnis wird das Ziel der Optimierung während der Zeiten in denen die Ressourcen limitiert sind, an Umsetzungskraft verlieren.

Mit den Mitteln, die heute mit der Digitalisierung zur Verfügung stehen, kann man auch im Einkauf enorm Punkten. Das funktioniert aber nur dann, wenn man es schafft aus dem Alltagsgeschäft auszubrechen und sich mit der ständigen Verbesserung zu beschäftigen.

Seit Jahrzehnten wird die Philosophie des „Kaizen“ oder auch das Lean Management in unserer Industrie trainiert und angewendet. Ein philosophischer Ansatz, bei dem mir besonders gefällt, dass sich ein System bis ins unendliche verbessern lässt. Scheinbar ist das paradox – genau betrachtet aber durchaus denkbar. Eine Verbesserung die implementiert ist, ermöglicht eine weitere Verbesserung, die erst durch die Umsetzung der ersten erschlossen wurde. Die Mittel, die unser Umfeld anbietet, wie beispielsweise Computer, Roboter oder Algorithmen verändern sich ständig und offerieren uns damit immer neue Möglichkeiten, neue Lösungen in die eigenen Prozesse einzubeziehen. Die Prozesse bieten damit unendliches Verbesserungspotenzial. Damit halte ich es für eine gute und notwendige Investition, wenn kompetente Einkäufer sich um dieses Potenzial kümmern.

In diesem Abschnitt möchte ich auf Persönlichkeit des Optimierer-Einkäufers eingehen.

In den meisten Firmen, die ich kennenlernen durfte, ist die vorhandene Datenmenge im Einkauf viel größer als im Vertrieb. Die Anwendung von Analysen oder auch die Nutzung gut entwickelter Beziehungsmanagementsysteme hat die Potenziale auf der Verkaufsseite deutlich verbessert oder auch vereinfacht. In den meisten Industrien ist der Fokus auf den Verkauf eingestellt. Die Potenziale der Datenanalyse der Einkaufstransaktionen werden meist viel weniger genutzt, obwohl sie ähnliche Potenziale bergen. Die Daten im System sind komplexer und oft auch weniger systematisch organisiert. Im Einkaufssystem werden von der Beschaffung des sprichwörtlichen Bleistifts bis hin zur komplexen Maschine alles abgebildet. Der Abstraktionsgrad, der durch die Standardisierung erzwungen wird, reduziert den Informationsgehalt der gespeicherten Vorgänge erheblich.

Um eine Störung von definierten Transaktionen zu vermeiden, werden weitere Kompromisse eingegangen. Klassifizierungssysteme, die den aktuellen Ansprüchen nicht mehr standhalten, werden umgangen oder übergangen, Warengruppen-zuordnungen werden nicht korrekt abgeglichen.

Dies ist nun das Arbeitsfeld des Optimierers. Er hat in jedem Falle eine Ausbildung und genügend Anwenderwissen im Bereich der „Lean Transformation“. Der Focus seiner Kompetenzen richtet sich dabei auf das Thema „Lean Administration“. Im Gegensatz zu Lean Anwendungen, wie man sie aus dem Produktionsbetrieb kennt (z.B. Optimierung von Fahrwegen bei der Bewegung von Material) sind die Abläufe innerhalb von Verwaltungen entweder papiergesteuert oder immateriell und unsichtbar im IT-System verborgen. Um diese Prozesse transparent darzustellen, ist deutlich mehr Vorarbeit als bei Shopflooroptimierungen notwendig.

Eine weitere notwendige Kompetenz unseres Einkäufers ist die Analytik. Durch die hohe Komplexität der Daten, die nur in Teilmengen sinnvoll analysiert werden können, ist viel Spezialwissen in diesem Bereich gefragt um die in den Daten verborgenen Einsparpotenziale zu ermitteln. Viele Werkzeuge der statistischen Analyseverfahren und deren Einsatzmöglichkeiten wie beispielsweise die Regressionsanalyse oder die Optimierung nichtlinearer Systeme sollten bekannt sein. Dem Einkäufer stehen heute idealerweise auch algorithmengestützte Analyseverfahren zur Verfügung, die sich im Rahmen der Entwicklungen von Business-Intelligence-Systemen einsetzen lassen.

Er konzertiert alle diese Mittel möglichst effizient. Sein Vorteil ist es, dass er in den meisten Unternehmen eine große Auswahl von Analysezielen zur Verfügung hat. Natürlich wird er nicht überall Potenzial ermitteln, mit dem entsprechenden Gespür und natürlich auch geschulter Beobachtungsgabe, wird er sicher fündig.

Er ist ein Teamplayer, der es schafft neue Abläufe in der Einkaufsabteilung und natürlich in den angrenzenden Abteilungen einzuführen und wenn nötig auch durchzusetzen. Er kennt die Anforderungen an den Schnittstellen des Einkaufs und er konstruiert die Prozesse so, dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet ist. Er automatisiert die notwendigen Transaktionen, so dass die wertvollen Ressourcen der Einkaufsmitarbeiter zukünftig immer nur für wertschöpfende Arbeit eingesetzt werden.

Da er als einzelner Mitarbeiter nicht alle Projekte selbst ausführen kann, pflegt er eine Sammlung von qualifizierten Projektideen die bei Freiwerden von Ressourcen in der Abteilung ohne große Vorbereitung ausgeführt werden können.

Neben regelmäßiger Durchführung von Kaizenaktionen mit Beteiligung des Einkaufs, von Fachabteilungen oder Lieferanten, organisiert er aufbauend auf seinen Potenzialanalysen Ausschreibungen, Auktionen, Lieferantenwettbewerbe, Supply-Chain-Finanzierungskampagnen und weitere Aktivitäten, mit der man seine Lieferbasis im indirekten Bereich herausfordern kann.

Die KPI für den Optimierer – Einkäufer können die folgenden sein:

-         Average cost of onboarding a supplier

-         Average personnel resource consumption per transaction

-         Savings

-         Cost avoidance

-         E-sourcing rate

-         Qualified savings potential

-         Number of training events realized


Bernhard Rau, Altenlotheim 27.1.2017

To view or add a comment, sign in

More articles by Bernhard Rau

Others also viewed

Explore topics