Seit Mai letzten Jahres arbeiten wir für die Stadt Oberhausen im Innenstadtprojekt Creative City. Dort haben wir das Teilprojekt "Die Stadt als kreative Bühne" übernommen. Kernfrage von Creative City ist, wie die Innenstadt Alt-Oberhausens zukunftsfähig gestaltet werden kann.
IUC beschäftigt sich in seinem Teil mit kreativen Nutzungskonzepten für die zentralen Plätze der Innenstadt. Wie und durch wen können sie, in Ergänzung zu den dort temporär stattfindenden Veranstaltungen, regelmäßig genutzt werden, um nachhaltig kulturelle und soziale Aufwertung zu erfahren?
Unser Konzept dafür trägt den Arbeitstitel "Church of Experience" - in Anlehnung an den Sohn der Stadt Oberhausen Christoph Schlingensief, der 2003 sein mehrteiliges Projekt „Church of Fear“ ins Leben gerufen hatte. Sein zentraler Ansatz war die Formulierung eines Verdachts der Instrumentalisierung von Schwäche und Schmerz, von Frustration und Hysterie als Hebel für eine „Verwertbarmachung von Angst“. Grundlegend sollten Mechanismen entlarvt werden, die eine positive, pluralistische und souveräne Gesellschaftsentwicklung beeinträchtigen. 20 Jahre später stehen wir vor ähnlichen Problemen. Was bei Schlingensief gestärkt werden sollte, sind im Kern die gleichen gesellschaftlichen Eigenschaften wie Souveränität, Kritikfähigkeit, Vitalität, Akzeptanz, Handlungsorientierung, die auch Voraussetzungen für eine "kreative City“ sind.
Warum entwickeln sich unsere Innenstädte nicht von alleine in die gewünschte Richtung? Sicherlich eine komplexe Frage. Eine Grundthese: Öffentlicher Raum ist in der deutschen Mentalität ein Raum zweiter Klasse. Wer sich privaten Raum leisten kann, zieht sich dorthin zurück. Alltägliche Wege der Grundversorgung werden als Belastung gesehen. Diese kann der Online-Handel heutzutage entlasten, was den Innenstädten ihrer eigentlichen Funktion entzieht. Erschwerend kommt für die oft funktionalistisch geplanten westdeutschen Innenstädte der Nachkriegszeit hinzu, dass sie in ihren Strukturen kaum Aufenthaltsqualitäten bieten. Ihre Stigmatisierung nimmt so weiter zu. Dies zeigt u.a. auch die Vorstellung, dass unterschiedlichste Städte in europäischen Nachbarländern als „lebenswerter“ gelten. Dort gehen wir als Touristen mit einer offeneren Grundhaltung hin und genießen den Anblick anderer Menschen bei alltäglichen Routinen, was wir zu Hause so nicht tun.
In Oberhausen wollen wir den Test wagen, diese Verhaltensmuster aufzubrechen und die Innenstadt nicht als Ort des Konsums zu denken. Nach Analysen gehen wir jetzt über in die Einbindung unterschiedlichster lokaler Akteure, die um die jeweiligen Plätze herum ansässig sind. Ab Frühjahr folgen dann erste Impulsveranstaltungen.
Bei Creative City arbeiten wir u.a eng mit dem Oberhausener Labor für ausgefallene Interventionen kitev und dem Fraunhofer UMSICHT Institut zusammen. Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Mehr Infos: https://lnkd.in/e4RP2vJ3