Beitrag von Dr. med. Thomas Ammermüller

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Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, selbständiger Business-Coach, Dozent bei campus naturalis Akademie und der Berufsfeuerwehr

Ich überlege seit langer Zeit, ob ich mich dazu äußern soll, oder besser die Klappe halte. Es gibt tausende Hinweise über den „Verfall“ unserer Gesellschaft. Natürlich bin ich mir bewusst, dass Medien jeglicher Art meistens schlimme Nachrichten verbreiten und niemand mehr wissen kann, was an den Berichten wirklich wahr ist. Als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in meiner Funktion als Business Coach und als Dozent in der Erwachsenenbildung, habe ich jedoch ein zunehmend unangenehmes Gefühl. Die Generationen vor mir haben auch immer gesagt, dass die Jugend „schlimm“ sei. Das ist nicht das, was ich in meiner Gedankenwelt erlebe. Ich habe sehr viele Lehrer:innen behandelt und gecoacht. Diese Personen erleben sehr leibhaftig, was in unserer Gesellschaft passiert, und das spiegelt sich in u.a. in weniger Interessenten am Lehramtsstudium oder auch in frühen Kündigungen von Lehrpersonen wider. Respektlosigkeit gegenüber jeglichen Personen, auch gegenüber Vertretern der Staatsmacht, nehmen offensichtlich derart gravierend zu, dass ich mich frage, wann es zum „Aufstand der Dummen“ kommt. Wer auch immer das gesagt hat (Loriot angeblich nicht), der Ausspruch stimmt dennoch: „In Krisenzeiten suchen Dumme nach Schuldigen, Kluge suchen nach Lösungen.“ Ich habe keine Antworten auf die Ursachen dieses Niedergangs, also der zunehmenden Respekt- und Rücksichtslosigkeit. Aber für mich ist klar, dass ohne Änderung ein Zusammenbruch unserer Gesellschaft und möglicherweise Anarchie die Folge sein werden. Freiheit des Menschen? Ja, das ist gut und wichtig. Aber es gibt Menschen, die das missverstehen und damit nicht umgehen können. Hier benötigt es aus meiner Sicht klare Vorgaben, die durch die entsprechenden Organe durchgesetzt werden müssen. „Macht“ heißt „machen können“. Ohne Macht funktioniert keine Führung, weder im Kleinen, noch im Großen. Die Politik müsste sich aus meiner Sicht ohne Angst dazu bekennen. Das Problem beginnt m.E. in der unzureichenden Sozialisation im Elternhaus (primäre Sozialisation). Kitas und Schulen (sekundäre Sozialisation) können dieses Manko nicht mehr auffangen. Ergebnis: In Ausbildung und Studium (tertiäre Sozialisation) spiegelt das Thema „Work-life-balance“ eine dermaßen verquere Diskrepanz hinsichtlich des Themas „Life“, wider, die eine funktionierende, arbeitsfähige und wirtschaftlich beständige Gesellschaft unmöglich machen.  

Denkanstoß!!! Nicht die Klappe halten ist gut!

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