Beschlussmängelklagen in der Insolvenz
Es kommt immer wieder vor, dass während anhängiger gesellschaftsrechtlicher Beschlussmängelklagen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der beklagten Gesellschaft eröffnet wird. Zivilprozessual ist dann § 240 Abs. 1 ZPO einschlägig. Das Verfahren wird unterbrochen, soweit die Masse betroffen ist. Die Rechtsprechung interpretiert das eng. Eine Verfahrensunterbrechung tritt nur ein, wenn eine erfolgreiche Beschlussanfechtung für die Masse potentiell nachteilig wäre. Hätte die erfolgreiche Beschlussanfechtung gar keine wirtschaftlichen oder nur positive Auswirkungen auf die Masse, wird das Verfahren mit der insolventen Gesellschaft fortgesetzt.
Nicht unterbrochen werden danach (im Regelfall) z.B. Beschlussanfechtungsklagen gegen die Einziehung von GmbH-Anteilen, die Bestellung eines Geschäftsführers, die Erteilung der Entlastung oder die Aufstockung von Geschäftsanteilen (siehe dazu die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 14.2.2024 und meine Anmerkung im aktuellen FDInsR des Verlag C.H.BECK oHG).
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In komplexen Gesellschafterstreitigkeiten mit diversen Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklagen ist die Fortführung einiger Verfahren durch die insolvente GmbH eher Regelfall als Ausnahme.
In der Praxis sind diese Verfahren kaum vernünftig in den Griff zu bekommen. Der Prozess geht zwar weiter, der Geschäftsführer darf aber mit Mitteln der GmbH keine Anwälte oder Gerichtskosten bezahlen. Der Fortbestand eines Anwaltsvertrages ist in der Regel auch fraglich. Einen neuen Anwaltsvertrag kann der Geschäftsführer nicht abschließen, da er Verbindlichkeiten der Masse begründen würde. Dass sich die anderen Gesellschafter für die Kosten stark machen, ist auch nicht selbstverständlich. Und wenn dies geschieht, sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Zudem ist die Unterbrechung oft über mehrere Instanzen streitig, weswegen jede Prozesshandlung mit Ungewissheit behaftet ist.
Nach meiner Erfahrung "mogelt" man sich in der Praxis oft irgendwie durch. Das Regelungskonzept an sich ist aber unbefriedigend und nicht zu Ende gedacht.
#FDInR #Beck #insolvencylitigation
Josef Parzinger Alena Drespe Dr. Philipp Zehlicke Miriam Montag
Rechtsanwalt / Fachanwalt für Arbeitsrecht / Honorarprofessor an der Leibniz Universität Hannover
2 MonateDanke für die schöne und anregende Veranstaltung! Es hat viel Spaß gemacht!