Beitrag von Jochem Kotthaus

Von Strohmännern und Bierkrügen Am Freitag findet eine Konferenz der Innenminister mit Vertretern von DFB und DFL in München statt. Es geht im Wesentlichen um die Sicherheit im professionellen Fußball. Jetzt könnte man denken, dass Minister des Inneren in der Regel eher wenig Wissen von "Fankultur" besitzen und besseres zu tun haben, als im professionellen Fußball Micromanagement zu betreiben. Aber, das Gegenteil scheint der Fall. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann legt schon einmal vor und stellt fest, dass das Abbrennen von Pyrotechnik eine "Lebensgefahr" für das Publikum sei.(1) Dass seit 25plus Jahren noch niemand ernsthaft verletzt wurde, sei eben "Glück". Deshalb fordert Herrmann die Wiedereinführung von Kollektivstrafen, Geisterspiele und "Schnellgerichte zur Bestrafung"(2) delinquinter Fans. Damit meint er im Übrigen wohl keine Zwangsernährung bei Fast-Food-Ketten, sondern das "beschleunigte Verfahren". Warum also diese Runden? Dass hier Symbolpolitik gegen die "aktive Fanszene" betrieben wird, ist offen sichtlich. Dass wirkliche Probleme des Fußballs, bspw. eine zunehmende Hooliganisierung und politische Ideologisierung einiger Fanteile oder Sexismus, Rassismus und Anti-Semitismus bei Teilen des breiten Publikums so angesprochen werden können, darf ebenso bezweifelt werden. Auch mangelt es an einer realitischen Lageeinschätzung. Bei 22.8 Millionen Besuchern sind 1.176 verletzte Personen praktisch nicht mehr messbar. Vielleicht hilft ein Vergleich: Auf dem Oktoberfest 2024 gab es 5.346 Verletzte, 701 Straftaten, davon 56 Sexualdelikte und 212 Körperverletzungen, bei im Vergleich zu einer Bundesligasaison bescheidenen 6,7 Millionen Besuchern. Es handelte sich also um ein "sicheres und friedliches Oktoberfest"(3) und nicht um ein massives Sicherheitsproblem. Wer sich ein wenig mit der Geschichte des professionellen Fußballs auskennt, kann sich politische Runden wie am kommenden Freitag in München natürlich erklären. Aber verändern werden sie nichts. Der Fußball hat kein homogenes Publikum. Der Allerweltsfan und die "aktive Fanszene" unterscheiden sich komparativ und sind selbst keine homogenen Gebilde. Mehr Fanarbeit kann bestimmt nicht schaden. Und darüber hinaus wäre ein Blick in die soziologische Grundlageliteratur gut: Risiko ist Teil der Moderne. Es ist nur abzuschaffen, wenn zwei der Grundfesten der Moderne (persönliche und soziale Freiheit) durch vollständige Kontrolle ausgesetzt werden würden. Ansonsten ist es konstitutiv auszuhalten und in Kauf zu nehmen. Aber es ist im Fußball eben auch verschwindend gering. (1) https://lnkd.in/ePR-et97 (2) https://lnkd.in/eZ7ZESGi (3) https://lnkd.in/eVaNG64h

Sicherheit im Stadion: Innenpolitik und Verbände - Positionierung vor dem Gipfeltreffen

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