ÖSTERREICH: VERSTAATLICHUNG DER RÜSTUNGSINDUSTRIE WIE IN FRANKREICH?
Wäre es in Österreich (verfassungs-) rechtlich möglich, die Rüstungsindustrie zu verstaatlichen, um deren Produktivität zu steigern? Festlegung von zu produzierenden Rüstungsgütern, Prioritäten sowie Produktionsmengen, ja, "echte Verstaatlichungen", nein, das wäre unverhältnismäßig.
Eines ist klar: Es gibt in Österreich zwar verschiedenste Gesetze, insbesondere zur Wirtschaftslenkung und betreffend die Versorgungssicherheit (Versorgungssicherungsgesetz; Energielenkungsgesetz; Erdölbevorratungsgesetz; Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz). Diese lassen teilweise auch Lenkungsmaßnahmen zugunsten des Österreichischen Bundesheers zu, aber ein mit Frankreich vergleichbares Gesetz, welches die "Verstaatlichung privater Rüstungsfirmen" durch den französischen Staat bei einer "aktuellen oder vorhersehbaren Bedrohungslage" erlaubt, gibt es in Österreich nicht.
Außerdem wäre eine solche Verstaatlichung aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht – so ohne Weiteres – möglich, weil sie in die Erwerbsausübungs- und Eigentumsfreiheit eingreift:
Zweierlei ist anzumerken:
(i) Nach der Staatszielbestimmung des Art 9a Abs 2 B-VG ist die "Wirtschaftliche Landesverteidigung" ein Teil der "Umfassenden Landesverteidigung". Dazu gehört eine leistungsfähige Rüstungsindustrie in Österreich, vor allem aber in Europa.
(ii) Zwar hielt der österreichische Verfassungsgerichtshof die Verstaatlichungsgesetze nach dem 2. Weltkrieg für verfassungskonform. Trotzdem bleibt die Verstaatlichung, die in Frankreich den Zweck haben soll, die Rüstungskapazitäten zu erhöhen, ultima ratio. Dieser Zweck könnte nämlich auch anders erreicht.
Dass es ein öffentliches Interesse an einer funktionierenden Landesverteidigung und damit auch an einer leistungsfähigen Rüstungsindustrie gibt, ist unstrittig. Eine derartige Maßnahme wie in Frankreich dürfte aber – aus österreichischer Sicht – nicht das gelindeste zum Ziel der "Bedarfsbefriedigung" und "Versorgungssicherheit" führende Mittel sein – dafür genügen Bewirtschaftungs-, Lenkungs- und Steuerungsmaßnahmen, wie insbesondere Vorgaben zu Produktionsmengen, für die es derzeit aber – auch – keine gesetzliche Grundlage gibt.
Eine solche (einfach-) gesetzliche Grundlage zu verhältnismäßigen Lenkungsmaßnahmen in der Rüstungsindustrie, die verfassungskonform wäre, bedürfte aber – neben dem Erfordernis der Grundrechtskonformität – einer verfassungsrechtlichen Kompetenzdeckungsklausel, weil die Wirtschaftslenkungskompetenz des Bundes (Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG) nur aus Anlass oder in Gefolge eines Kriegs besteht – und einen solchen gibt es ungeachtet der hohen Bedrohungslage nicht.
Foto: https://lnkd.in/drD2kvpe
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Wir sagen Danke für dabei sein und die tolle Zusammenarbeit 🙏