Vor kurzem durften wir Martin Spitzer in unserer Kanzlei zu einem spannenden und äußerst aufschlussreichen Vortrag zum Thema "Sammelklage 2.0 - Abhilfe, wem Abhilfe gebührt" mit besonderem Fokus auf die kürzlich in Österreich umgesetzte Verbandsklagenrichtlinie begrüßen. Nach einer Einführung von Nikolaus Pitkowitz und einem kurzen Abriss zum status quo von Peter Machherndl hat Martin Spitzer Grundfragen zu den neuen gesetzlichen Regelungen kritisch thematisiert und dabei sowohl Vorteile als auch potenzielle Schwachstellen für Verbraucher und Unternehmen pointiert herausgegriffen. Der kurzweilige Vortrag mit anschließender lebendiger Diskussion zeigt einmal mehr, dass die Praxis nicht umhin kommt, sich für das neue Modell zu wappnen – gleichermaßen für Verbraucher- und Unternehmerseite. Vielen Dank an alle Teilnehmenden für die vielseitige Diskussion! #Sammelklage #Verbandsklage #ClassAction #Verbraucherrechte #Unternehmensrecht
Beitrag von Pitkowitz & Partners
Relevantere Beiträge
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📢Im neuen Saar Brief geht Miriam Schmitt der Frage nach, inwieweit das Verbot der Compact-Magazin GmbH mit der EMRK vereinbar ist. Diese Analyse ist insbesondere vor dem Hintergrund lesenswert, dass das Bundesverwaltungsgericht im August den Sofortvollzug des Verbots des Magazins vorerst aussetzte.🔍📚 👉 Hier geht es zum Saar Brief: https://lnkd.in/eJB7FJVN #CompactMagazin #EMRK #Menschenrechte #Rechtsstaat #SaarBrief
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#FAFerklärt die Aussetzung des Compact-Verbots Gestern der Paukenschlag. Das vom Bundesinnenministerium verfügte Verbot des Magazins Compact wurde vom Bundesverwaltungsgericht ausgesetzt. Die Reaktionen darauf sind so gemischt wie undifferenziert. Jürgen Elsässer und Freunde saufen Champagner im Livestream auf X, etliche auch eher gemäßigte Stimmen solidarisieren sich mit dem Magazin, das kein differenziert denkender Mensch vorher auch nur mit der Kneifzange angefasst hätte. Einige fordern Nancy Faesers sofortigen Rücktritt. Und wieder andere sehen ein Versagen des Rechtsstaats, der uns nicht mal vor einem offen antisemitischen und rechtsextremistischen Magazin schützen kann. Naja, das ist alles so leicht bis schwer daneben. Schauen wir uns doch mal an, was da eigentlich genau entschieden wurde. 1. Zunächst einmal muss es ganz kurz technisch werden. Es handelt es sich um eine Eilentscheidung im vorläufigen Rechtsschutz und nicht um eine endgültige Entscheidung. Die Entscheidung bedeutet, dass das Compact-Verbot ausgesetzt (nicht endgültig aufgehoben!) wird, bis in der Hauptsache-Klage entschieden ist. Das kann ein, zwei Jahre dauern. 2. In einer solchen vorläufigen Entscheidung - es muss ja schnell gehen - prüft das Gericht nicht den gesamten Sachverhalt im Detail, sondern es wägt ab. Grob stellt es sich folgende Frage. Was wäre denn jetzt schlimmer: a) Wir lassen das Verbot jetzt bestehen und später stellt sich heraus, dass es rechtswidrig war? b) Oder wir heben das Verbot jetzt auf und später stellt sich heraus, dass es rechtmäßig war? Da es für Compact u.a. um die Meinungs- und Pressefreiheit und damit um wichtige Grundrechte geht, ist die Gefahr von a) besonders hoch zu gewichten. Man möchte auf keinen Fall, dass sich in ein bis zwei Jahren herausstellt, dass ein Presseerzeugnis über diese lange Zeit rechtswidrigerweise verboten war. Der Pressemitteilung des Gerichts (https://lnkd.in/dkwqwpjW) lassen sich aber darüber hinaus zwei wichtige Tendenzen in der Sache ablesen. 3. Es gibt laut Gericht in den Compact-Publikationen "Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde". Das spricht für die Möglichkeit eines Verbots. 4. Es gibt aber Zweifel an der Verhältnismäßigkeit eines Verbots der gesamten Publikation. Ein Verbot ist immer das schärfste Schwert. Bevor er zum Verbot greift, muss der Staat immer nach milderen Mitteln fragen, in diesem Fall zum Beispiel medienrechtliche Mittel, Äußerungsverbote, Veranstaltungsverbote oder -beschränkungen. Das ist womöglich nicht ausreichend geschehen. Das ist ziemlich komplex, aber so funktioniert der #Rechtsstaat und das ist auch gut und wichtig so. Im Prinzip zeigt diese Entscheidung, dass Deutschland genau so nicht ist, wie Compact, A*D und Konsorten es immer darstellen. Quelle Bild: https://lnkd.in/dCWNfek7
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Aufgrund völliger Erschöpfung 😉 erst heute mein angekündigter post zur rechtlichen Bewertung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Az. 8 C 3.23) von diesem Mittwoch, 18.09.2024, bei der ich - gemeinsam mit meinem Fachbereichsleiter - die Stadt Mönchengladbach vertreten durfte. Dies ist sicherlich eher etwas für Connaisseure des Kommunalrechts, dürfte aber auch für Gesellschaftsrechtler interessant sein, so bear with me. In der Sache ging es in äußerster Knappheit noch um das Folgende: Haben Ratsleute als benannte Vertreter der Fraktionen nach § 55 Abs. 4 Satz 1 Var. 3 GO NRW auch das Recht auf Einsicht in vertrauliche Unterlagen, die dem Oberbürgermeister als Aufsichtsrat einer #Aktiengesellschaft mit (beherrschender) kommunaler #Beteiligung vorliegen? Gegen einen solchen Anspruch haben wir die (bisher) ganz herrschende Meinung angeführt, wonach die Verschwiegenheitspflichten des Aufsichtsrats nach §§ 93 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 116 Satz 1 AktG sowie § 116 Satz 2 AktG einer solcher Einsicht entgegenstehen. Zwar lockert § 394 Satz 1 AktG diese #Verschwiegenheitspflicht für "Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben". Jedoch sagt die (bisher) ganz herrschende Auffassung, dass die Zusammenschau mit § 395 AktG dazu führt, dass eine Berichterstattung vertraulicher Angaben ggü. einem Gemeinderat nicht möglich sei. Denn dieser bietet nicht die gleiche tatsächliche (nicht rechtliche) Vertraulichkeitsgewähr. Das #BVerwG war not impressed und schloss sich im Ergebnis dem OVG NRW an, welches eine Offenlegungspflicht maßgeblich aus Transparenzgründen unter Rekurs auf das Demokratieprinzipg bejaht hatte. Die Urteilsgründe sind noch nicht veröffentlicht, daher aus der Erinnerung: Der Wortlaut der §§ 394 f. AktG gebe für die bisher h. M. nichts her, auch die Systematik (!) nicht. Überzeugt hat das Gericht eine Diskussion im Rechtsausschuss im Zuge der Einführung dieser Regelungen 1965 (!) noch zur Reichshaushaltsordnung, bei der das Problem bewusst gewesen sei, man sich aber gegen eine explizite Regelung entschieden habe. Das hier ist nicht der Ort für eine detaillierte Auseinandersetzung (ich plane fest, eine solche noch vorzunehmen), aber vielleicht findet sich auch bei dem einen oder der anderen der Gedanke, dass die Systematik von zwei Paragraphen, die gemeinsam mit Blick auf ein und dasselbe Problem eingeführt wurden vielleicht doch ein ganz passables Argument sein könnte - und dass man bei der historischen Auslegung auch ruhig auf (von mir natürlich vorgetragene) Diskussionen im Zuge der Aktienrechtsnovellen 2012 und 2016 hätte eingehen können, die unsere Sichtweise bestätigen. Nunja, wie andernorts gesagt: No hard feelings. Ein mitfühlender Bekannter kolportierte mir im Nachgang folgenden Satz eines Bundesverfassungsrichters a. D.: "Auch Höchstgerichte irren, aber mit Rechtskraft." Bernd J. Hartmann Lothar Becker Pia Lorenz, LL.M. oec. Manuel P. Neubauer Tobias Schröter
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Ein sehr interessantes Theman, dass meiner Erfahrung nach bei der Beratung kommunaler Gesellschaften überhaupt kein Nischenthema sondern alltäglicher Beratungsgegenstand ist. Der von Ihnen geschilderte Tenor überrascht mich, da auch meiner Übersicht nach die ganz überwiegende Meinung im Schrifttum Ihrer Argumentation um die fehlende Möglichkeit der Gewährleistung der Vertraulichkeit bei einer Weitergabe an den größeren Kreis der kommunalen Vertretung folgt. Mein (rein subjektiver) Eindruck ist, dass an dieser Schnittstelle von Kommunalrecht und Gesellschaftsrecht vor allem die Perspektive für oder gegen ein Ergebnis spricht. Das im öffentlichen Recht sozialisierte BVerWG denkt aus der öffentlich-rechtlichen Perspektive, ein zivilrechlich gesellschaftsrechtlich geprägtes ordentliches Gericht vermutlich eher aus der gesellschaftsrechtlichen Perspektive - ob im letzteren Fall der BGH anders entscheiden würde? Für die alltägliche Praxis erwarte ich die Urteilsbegründung mit Spannung.
Aufgrund völliger Erschöpfung 😉 erst heute mein angekündigter post zur rechtlichen Bewertung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Az. 8 C 3.23) von diesem Mittwoch, 18.09.2024, bei der ich - gemeinsam mit meinem Fachbereichsleiter - die Stadt Mönchengladbach vertreten durfte. Dies ist sicherlich eher etwas für Connaisseure des Kommunalrechts, dürfte aber auch für Gesellschaftsrechtler interessant sein, so bear with me. In der Sache ging es in äußerster Knappheit noch um das Folgende: Haben Ratsleute als benannte Vertreter der Fraktionen nach § 55 Abs. 4 Satz 1 Var. 3 GO NRW auch das Recht auf Einsicht in vertrauliche Unterlagen, die dem Oberbürgermeister als Aufsichtsrat einer #Aktiengesellschaft mit (beherrschender) kommunaler #Beteiligung vorliegen? Gegen einen solchen Anspruch haben wir die (bisher) ganz herrschende Meinung angeführt, wonach die Verschwiegenheitspflichten des Aufsichtsrats nach §§ 93 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 116 Satz 1 AktG sowie § 116 Satz 2 AktG einer solcher Einsicht entgegenstehen. Zwar lockert § 394 Satz 1 AktG diese #Verschwiegenheitspflicht für "Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben". Jedoch sagt die (bisher) ganz herrschende Auffassung, dass die Zusammenschau mit § 395 AktG dazu führt, dass eine Berichterstattung vertraulicher Angaben ggü. einem Gemeinderat nicht möglich sei. Denn dieser bietet nicht die gleiche tatsächliche (nicht rechtliche) Vertraulichkeitsgewähr. Das #BVerwG war not impressed und schloss sich im Ergebnis dem OVG NRW an, welches eine Offenlegungspflicht maßgeblich aus Transparenzgründen unter Rekurs auf das Demokratieprinzipg bejaht hatte. Die Urteilsgründe sind noch nicht veröffentlicht, daher aus der Erinnerung: Der Wortlaut der §§ 394 f. AktG gebe für die bisher h. M. nichts her, auch die Systematik (!) nicht. Überzeugt hat das Gericht eine Diskussion im Rechtsausschuss im Zuge der Einführung dieser Regelungen 1965 (!) noch zur Reichshaushaltsordnung, bei der das Problem bewusst gewesen sei, man sich aber gegen eine explizite Regelung entschieden habe. Das hier ist nicht der Ort für eine detaillierte Auseinandersetzung (ich plane fest, eine solche noch vorzunehmen), aber vielleicht findet sich auch bei dem einen oder der anderen der Gedanke, dass die Systematik von zwei Paragraphen, die gemeinsam mit Blick auf ein und dasselbe Problem eingeführt wurden vielleicht doch ein ganz passables Argument sein könnte - und dass man bei der historischen Auslegung auch ruhig auf (von mir natürlich vorgetragene) Diskussionen im Zuge der Aktienrechtsnovellen 2012 und 2016 hätte eingehen können, die unsere Sichtweise bestätigen. Nunja, wie andernorts gesagt: No hard feelings. Ein mitfühlender Bekannter kolportierte mir im Nachgang folgenden Satz eines Bundesverfassungsrichters a. D.: "Auch Höchstgerichte irren, aber mit Rechtskraft." Bernd J. Hartmann Lothar Becker Pia Lorenz, LL.M. oec. Manuel P. Neubauer Tobias Schröter
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Ob das Verbot von #Compact rechtmäßig ist, werden die #Gerichte zu klären haben. Die in dem verlinkten Artikel von LTO angebrachten Zweifel sind aber berechtigt. Es stellt sich hier in der Tat die Frage, ob das #Vereinsrecht hier das richtige Mittel ist. Wenn man der Stellungnahme des #BMI glaubt, geht es doch in erster Linie um die journalistischen Inhalte der vertriebenen Publikationen (deren Inhalt kenne ich nicht und kann daher dazu nichts sagen). Wäre dann aber nicht das #Presserecht (=Landesrecht) der richtige Ort, diese Probleme zu adressieren ? Schon hier kann man Zweifel haben. Weiter stellt sich die Frage der #Verhälntismäßigkeit. Unterstellt Publikationen sind rechtlich zu beanstanden, müsste man dann nicht erst einmal gegen einzelne Artikel vorgehen und dann ggf. nach einer Reihe von erfolgreichen #Untersagungen die Organisation an sich verbieten ? Man kann nur hoffen, dass man das beim BMI durchdacht hat und nicht gleich vor Gericht Schiffbruch erleidet. Damit wäre dem Klima in unserer Gesellschaft sicher nicht gedient.
Ist das 'Compact'-Verbot des BMI rechtswidrig?
lto.de
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Mein Kollege Martin Jaschinski ist sicherlich nicht der Einzige, der sich gewünscht hätte, dass der BGH in seiner "Klimaneutral"-Entscheidung (27. Juni 2024; Az.: I ZR 98/23) noch ein paar Hinweise zur Beweislastverteilung gibt. Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Werbende nachweisen muss, dass die ergriffenen Kompensationsmaßnahmen die Verwendung des Begriffs "klimaneutral" rechtfertigen, bleibt auch nach der Lektüre der kürzlich veröffentlichten Urteilsgründe weitgehend offen. Das ist aber nicht der einzige Punkt, den Martin Jaschinski kritisch sieht; die vollständige Analyse gibt es hier: https://lnkd.in/ejYuZEPE
Frankfurter Allgemeine Einspruch: Die FAZ für Juristen
faz.net
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@ BGH, OGH, BGer: Der Durchschnitt als Maßstab? Das schweizerische Bundesgericht erhebt den „durchschnittlich sorgfältigen Menschen“ zur Maßfigur im Haftungsrecht, der Oberste Gerichtshof in Österreich verlangt die „nach der Verkehrsauffassung erforderlichen und zumutbaren Schutzmaßnahmen“ und der deutsche Bundesgerichtshof verneint eine Obliegenheit zum Tragen von Fahrradhelmen, weil ein entsprechendes „allgemeines Verkehrsbewusstsein“ fehle. Es scheint, als hätte der Durchschnittsmensch das Ruder übernommen, als wäre die Trennung von Sein und Sollen aufgehoben, die Ausgestaltung des Sorgfaltsgebots der Sittengemeinschaft übertragen worden. Selbstverständlich steht es dem Bürgerlichen Recht nicht an, vom hohen Ross herab Unmögliches zu fordern, sondern braucht es den Blick ins Leben. Man wird daher vorhandenen Sicherheitserwartungen und Überzeugungen nicht jede Bedeutung absprechen können. Gerade in Zeiten, da uns Grundrechte nicht nur Schutz vor dem Staat versprechen, sondern diesen auch zu unserem Schutz vor Dritten verpflichten, erschiene es jedoch seltsam, die nötige Abwägung nicht besonnen nach den Wertungen des Gesetzes vorzunehmen, sondern dem Gutdünken des Durchschnittsmenschen zu überlassen, der sich im Ernstfall doch meist selbst am nächsten ist und auch viel anderes als Recht in seine Entscheidungen einfließen lässt. Einem Gesetzgeber, der den Grundsätzen demokratischer Entscheidungsfindung und dem Schutz von Rechtsgütern verbunden ist, könnte eine solche Delegation nur schwer zugesonnen werden. Mein Beitrag zum soeben erschienenen Nürnberger GJZ-Jahrbuch 2023 versucht, hier Klarheit zu schaffen: Verkehrsanschauung und Sozialadäquanz im Haftungsrecht – Grundlegendes zur Bestimmung der gebotenen Sorgfalt in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in Bartlitz et al (Hrsg), Rechtstatsachen im Privatrecht (2024) 265–295 https://lnkd.in/daZn4USY Danke an David Bartlitz, Florian Eckert, Franziska Kurz, David Lang, Paulina Meichelbeck, Dominik Meier, Konstantin Neubert, Josephine Odrig, die Gesellschaft Junge Zivilrechtswissenschaft e.V. (GJZ) und die Nomos Verlagsgesellschaft. Bild: Paulus Moreelse, Bildnis einer Dame als Minerva, um 1620, Nationalmuseum Danzig (kein Durchschnittsmensch, dafür mit Helm)
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Die „Unentgeltlichkeitsanfechtung“ nach § 134 InsO wird durch die höchstrichterliche Rechtsprechung immer mehr als eine durch Freigebigkeit oder Freigiebigkeit gekennzeichnete reine Schenkungsanfechtung verstanden. In den vergangenen Jahren überwiegen Sachverhalte, in denen Schwindelunternehmen durch Täuschung Anleger warben und an sie im Rahmen eines Schneeballsystems tatsächlich nicht erwirtschaftete Gewinne auszahlten. In diesen Gestaltungen greift, wenn den Organen die tatsächlich bestehende ungünstige wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens bewusst war, die Unentgeltlichkeitsanfechtung durch, weil Bereicherungsansprüche durch § 814 BGB gesperrt sind. Die Unentgeltlichkeitsanfechtung wird damit praktisch nur noch für Konstellationen nutzbar gemacht, in denen das materielle Recht keine Ansprüche auf Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen eröffnet. Ob diese rigide Beschneidung der Unentgeltlichkeitsanfechtung angemessen ist, untersucht Prof. Dr. Markus Gehrlein, Richter am Bundesgerichtshof a.D., in seinem WM-Beitrag „Unentgeltlichkeitsanfechtung – ein anderer Ansatz“. In Teil I wird zunächst die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung skizziert. Nach einem Blick auf die Gesetzesmaterialien werden die Begriffe der Schenkung und der Unentgeltlichkeit erläutert. Dann wird geht es über in einen eigenen Lösungsvorschlag, der zu mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit beitragen soll. Im nächsten Heft WM-Heft wird dieser Lösungsvorschlag fortgesetzt. Insbesondere die EuGH-Rechtsprechung zur Rechtsfolgenseite der Klausel-RL mit der einseitigen Betonung ihres Sanktionscharakters führt dazu, dass unter anderem das in § 306 BGB normierte Rechtsfolgensystem bei AGB-rechtsunwirksamen Klauseln jedenfalls im Anwendungsbereich der Klausel-RL erheblich unter Druck steht. Zwar sind sowohl der EuGH als auch die innerstaatlichen Gerichte sind zur Rechtsfortbildung befugt. Gleichzeitig unterliegen sie dabei letztlich den im Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gemäß Art. 2 EUV bzw. dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG wurzelnden Grenzen. Diese besteht im Kern in der Bindung an die vom jeweiligen Gesetzgeber getroffene Entscheidung, welche seitens der Gerichte nicht durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzt werden darf. Rechtsanwalt Dr. Thomas Fademrecht sieht in seinem WM-Beitrag „Zu den Grenzen der Rechtsfortbildung im unionalen Kontext am Beispiel der EuGH-Rechtsprechung zur Rechtsfolgenseite der RL 93/13/EWG“ hier eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung der Klausel-RL durch den EuGH, die von den betroffenen Unternehmen als Verletzung des EU-Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit gerügt werden kann. Nachlesen kann man das bei Otto Schmidt online hier: https://lnkd.in/ebk5Fdcz Arne Wittig Thorsten Höche Rafael Harnos Sven Kalisz Carsten Herresthal Dr. Birgitta Peters Mischa Peters Ellen Morawe Verlag Dr. Otto Schmidt
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Im aktuellen Heft der #NZG beschäftige ich mich mit dem gesellschaftsrechtlichen Dauerbrenner der Geschäftsleiterabberufung aus wichtigem Grund. Ob Verein, GmbH oder Aktiengesellschaft: Gerechtfertigt soll die Abberufung sein, wenn der weitere Verbleib des Geschäftsleiters im Amt für die Körperschaft unzumutbar ist. Das offenkundige Rekurrieren auf § 626 I BGB setzt sich insofern fort, als nach klassischem Verständnis alle betroffenen Interessen in die Zumutbarkeitsabwägung einzustellen sind, sprich auch die des Geschäftsleiters etwa an Reputationserhalt. Auf den ersten Blick stützen dieses Verständnis die neuen Regelungen zur #Mandatspause in § 38 III GmbHG, § 84 IV AktG, mit denen der Gesetzgeber das bloße Amtserhaltungsinteresse – hochgradig ungewöhnlich – auf Ebene des Korporationsrechts unter Schutz stellte und damit eine Wertentscheidung traf, der eine Ausstrahlungswirkung über ihren Anwendungsbereich hinaus zuzusprechen naheliegen mag. Einen subtilen Hinweis darauf, zu welchem Ergebnis meine Überlegungen führen, finden zwischen den Zeilen Lesende im Titel: ➡ Wider den Individualschutzcharakter von Abberufungsbeschränkungen trotz individualschützender Mandatspausenregelungen, NZG 2024, 1061-1067; abrufbar unter: https://lnkd.in/evVZ_m3a
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Lesen Sie in der Juni-Ausgabe von #juris - Die Monatszeitschrift: ➡️ #KI – zu den Auswirkungen und Chancen der „fünften industriellen Revolution“ für die #Justiz – RiLG Björn Beck Kann es zu einer echten KI-Wende in der deutschen Justiz kommen – die Entlastung der Mitarbeitenden erzielt, Qualität steigert und Zufriedenheit für die Prozessbeteiligten erhöht? Oder ist etwas dran an den Befürchtungen, dass die Richter durch einen KI-Einsatz den Sachvortrag der Parteien weniger selbst zur Kenntnis nehmen und die Entscheidung in der Sache einem #Algorithmus überlassen würden? Der Richter und Informatiker Björn Beck meint: Wir müssen uns mittelfristig von der analogen „Papierdenkweise“ lösen und uns wagen, Prozesse komplett neu zu denken. Er zeigt auf, wo die Anwendungsfelder von KI im Justizbetrieb liegen und woran die bisherigen Digitalisierungs-Bemühungen kranken. ➡️ Ohne Kinder kein Geld - Vertragsstrafe zur Durchsetzung von Umgang? – Ri’inOLG Beate Jokisch Im Fall, den der BGH zu entscheiden hatte (BGH, Beschl. v. 31.01.2024 - XII ZB 385/23) ging es um die Zulässigkeit einer Stundungsregelung in einem Vergleich aus dem Güterrechtsverfahren. Die geschuldeten Raten sollten nur dann fällig werden, wenn der Vater Umgang mit den Kindern erhalten habe. Der BGH hielt die Klausel, die nicht am #Kindeswohl orientiert sei und einer Vertragsstrafe gleichkäme, für sittenwidrig. Gem. § 156 Abs. 2 #FamFG bedürfe eine #Elternregelung zudem der gerichtlichen Billigung, was hier unterlaufen werde. ➡️ An Erfüllungs statt abtretbare Kostenerstattungsansprüche – (k)ein Schaden? – Dr. Florian Skupin, M.A. Ein im Juni 2023 ergangenes Urteil des OLG Hamburg (OLG Hamburg, Urt. v. 15.06.2023 - 3 MK 1/21) rüttelt an den Grundfesten der Erstattungsfähigkeit von an Erfüllungs statt abgetretener Kostenerstattungsansprüche. Der Beitrag diskutiert das Urteil unter Berücksichtigung ergangener BGH-#Rechtsprechung und sieht die Entscheidung in seiner Pauschalität kritisch: Das OLG berücksichtige die zuvor ergangene Wertung in der BGH-Entscheidung „VINQO“ (BGH, Urt. v. 07.03.2023 - VI ZR 180/22) nicht und stütze seine Begründung auf Wertungen, die nur begrenzt überzeugten. Es bleibe daher zu hoffen, dass sich der 8. Zivilsenat des BGH zeitnah mit der inzwischen eingelegten #Revision befassen werde. Mehr zur #jM: https://ow.ly/nW7U50Qo3e0 Daniel Schumacher
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