#CareShare13togo #CathedralThinking Beim diesjährigen BMC-Kongress gab es dankenswerter Weise einen Vortrag über Cathedral Thinking, das Denken einer Zukunft, die die eigene Lebenszeit übertrifft. Solche Vorträge sind selten. In einem auf Quartalszahlen geeichten Gesundheitssystem, in dem Reformen vor allem aktuelle Handlungserfordernisse statt große Linien „bearbeiten“, ist wenig Platz und Verständnis dafür. Der #IPAGe.V. macht genau das mit #CareShare13, ausgehend von den täglichen Versorgungserfahrungen. Nur wer eine langfristige Perspektive entwirft, kennt die notwendigen kurz- und mittelfristigen Schritte. Meine Leitfigur bei #CareShare13 ist der katalanische Architekt Antonio Gaudí. An der Fertigstellung seiner berühmten Kathedrale, der Sagrada Familia in Barcelona, arbeiten die Architekten noch immer und bald wird sie den höchsten Kirchturm der Welt haben (und damit das Ulmer Münster ablösen). Gaudí entwickelte mit seiner Formensprache des Modernisme, der katalanischen Spielart des Jugendstils, eine neue Architektur in Erscheinung, Statik, Material und der Sinnhaftigkeit für die Menschen. Was hätte Gaudí wohl mit den Möglichkeiten der Digitalisierung erschaffen? Für das Gesundheitswesen heißt Cathedral Thinking vor allem die Neubesinnung auf das Gemeinwohl und dies nicht nur in Sonntagsreden über Solidarität, sondern auch im „operativen Geschäft“. Passt zu einem Solidarsystem wirklich eine „solidarische Wettbewerbsordnung“? Was soll das sein? Gilt das „Solidarsystem“ auch in 30 Jahren nur für 90% der Bevölkerung? Was bleibt von der PKV mit ihrer Gesundheitsprüfung vor der Aufnahme eines Mitglieds in Zeiten genetischer Risikoerkennung? Die beste Chemotherapie, Facharzttermine, Qualitätszuschläge, usw. können und sollten nicht Gegenstand von Wettbewerb sein. Wir brauchen eine Neuzeichnung dessen, was für alle gilt und dessen, was überhaupt Eigenvorsorge sein kann. Cathedral Thinking hilft uns ein modernes Versorgungssystem zu imaginieren, am Modell zu simulieren und zu diskutieren, unter neuen Vorzeichen an- und auszusprechen, wo seit langem Denkstillstand ist. Gott mag keine Eile haben (so soll Gaudí gesagt haben), aber wir haben sie. Lit.: Gaudí in Manhattan von Carlos Ruiz Zafón Foto © privat (Phoenix des Lumières Dortmund – „Gaudi“)
Liebe Sonja, an der Parallele zur Sagrada Familia gefällt mir, dass die Reichen sich verpflichtet sahen, den epochalen Weiterbau des Doms durch Spenden zu finanzieren. Ebenso finanzierten die reichen Wuppertaler die jeweiligen Kirchenfenster ihrer Gotteshäuser, sehr schön z. B. an der Kirche am Platz der Republik zu sehen, wo jedes Fenster noch den Namen der einflussreichen Familien trägt. Regionales Engagement kann im regionalisierten Gesundheitswesen auch so aussehen, wenn wir den Begriff der Gesellschaft durch den Begriff der Gemeinschaft ersetzen.
Can't wait!
Inhaber StuppardtPartner und Herausgeber/Editor sowie Chefredakteur bei WELT DER GESUNDHEITSVERSORGUNG
4 MonateInteressantes Analogie-Denken mit Blick auf das Gesundheitswesen. So was wie „Cathedral Thinking“ wäre sicherlich hilfreich. Ich habe den Eindruck - nicht nur auf das Gesundheitsweden bezogen - dass wir derzeit alle Hände voll zu tun haben, einen Switch in so etwas wir „Former-Times-Thinking“ zu verhindern. So lange wir um die politisch-ökonomischen Status-Quo-Interessen herum eine reagierende und „flickende“ Reformarchitektur verfolgen, bleiben wir in der Dauerschleife der Finanzierung, Strukturierung, Prozessierung und Bürokratisierung eines partikulären Versorgungs- und Behandlungssystem, dem es gar nicht um Gesundheit als lebenslange Energie-, Produktivitäts- und Rentabilitätsressource geht, sondern um profitable Behandlung. Zum Glück erkennen das immer mehr und zum Glück sind die auch im System an der einen oder anderen Stelle Verantwortlichen in diesem Sinne fortschrittlich unterwegs. Über den „Tellerrand“ hinweg auch längerfristig orientiert zu denken und Transformationshandeln zu kultivieren, war immer schon Fortschritt bewegend. Danke für Ihre Überlegungen.