Beitrag von Werner Seeburger

Orban hat allen gezeigt, wie destruktiv er ist – und wie gefährlich Der Regierungschef aus Budapest hat Europas Bühne für seinen Rechtspopulismus ausgenutzt. Zum Glück ist das jetzt vorbei. Analyse von Jan Diesteldorf aus Brüssel Publiziert heute um 11:40 Uhr Es soll jetzt bitte niemand mehr behaupten, die Absichten dieses Mannes nicht zu kennen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat in den vergangenen sechs Monaten allen gezeigt, wie destruktiv er ist. Er hat Wladimir Putin den Hof gemacht und, so gut er konnte, das Gift des Nationalismus verbreitet. Er hat gezeigt, wie gefährlich er ist. Man wird zum Glück sagen können, dass ihm ein halbes Jahr EU-Ratspräsidentschaft nicht reichte, um viel zu zerstören. Zum 1. Januar übernimmt im Ministerrat Polens konservativ-liberale Regierung, die Verhältnisse werden damit wieder geradegerückt. Aber der Schrecken bleibt. Der Zeitpunkt, zu dem Orban diese Ratspräsidentschaft im vergangenen Sommer übernahm, war schlecht und gut zugleich. Schlecht war er, weil der nationalistische, mutmasslich korrupte Regierungschef aus Budapest kurz nach der Europawahl Anfang Juli erst einmal nach Moskau zum Kriegsherrn Putin reiste und das – versehen mit dem Logo der ungarischen Präsidentschaft – als «Friedensmission» verkaufte, während sich die Institutionen noch sortieren mussten und Ursula von der Leyen noch nicht für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission gewählt war. Diese Übergangsphase nach einer Wahl hat Orban schamlos ausgenutzt. Beeindruckend selbstzufriedenes Auftreten Gleich zu Beginn der ungarischen Präsidentschaft im Rat gelang es ihm auch, die nationalistischen Kräfte im Europäischen Parlament neu zu ordnen. Unter dem Namen «Patrioten für Europa» (PfE) firmiert jetzt die drittgrösste Fraktion im hohen Haus der EU. Nie waren die Nationalisten dort so stark, so sichtbar und so gut organisiert wie heute. Sie haben gemein, dass sie die Errungenschaften der EU zerstören und zurückkehren wollen zugunsten einer losen Gruppierung von Nationalstaaten; sie sind russlandfreundlich, viele der Mitgliedsparteien vertreten völkische Ideen. Sie stehen in der Tradition von Kräften, die sich früher auf europäischem Boden bekriegt haben. Wie hoch die Welle ist, auf der Orban dabei reitet, kann man an seinem beeindruckend selbstzufriedenen Auftreten ablesen. #orban #rechtspopulismus #europa #destruktiv https://lnkd.in/ezbf5RZs

EU-Ratspräsidentschaft: Orban hat allen gezeigt, wie destruktiv er ist – und wie gefährlich

EU-Ratspräsidentschaft: Orban hat allen gezeigt, wie destruktiv er ist – und wie gefährlich

tagesanzeiger.ch

TA Weder viel vorangebracht noch aufgehalten Gut war der Zeitpunkt dieser Ratspräsidentschaft, weil in der institutionellen Übergangsphase nach der Europawahl die Gesetzgebungsmaschine nicht mit voller Kraft läuft. Ungarns Regierung hat weder viel vorangebracht noch aufgehalten. Die zerstörerische Rhetorik stand im Kontrast zu einem Auftreten im Ministerrat, das teils überfordert, zumeist aber vor allem zahm wirkte – bei den wichtigsten Vorhaben auch zur Ukraine hat sich Orban trotz allen Geredes von einem falsch verstandenen «Frieden» am Ende nicht quergestellt. Davon aber darf man sich nicht täuschen lassen. Orbans Selbstbewusstsein ist eine Warnung an alle Europäer: Wenn die Nationalisten ihren Einfluss in den Mitgliedstaaten ausbauen – und damit ist zu rechnen –, dann wird der Ministerrat, in dem sie gemeinsam alles Mögliche blockieren könnten, zur Sollbruchstelle der EU. Dann wird aus dem verschwörungsideologischen Unfug, den Viktor Orban verlässlich verbreitet, bitterer Ernst.

TA Und dann ist da seine Dreistigkeit. Man sah Orban etwa bei einer Pressekonferenz zum informellen EU-Gipfeltreffen in Budapest Anfang November, wo er unwidersprochen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verurteilte und den Vorrang des europäischen Rechts negierte. Die Richter in Luxemburg betrieben «justiziellen Aktivismus», sagte er. So redet Orban ständig. Er zielt darauf ab, die EU-Institutionen zu delegitimieren und die Rechtsstaatlichkeit als europäischen Grundwert zu untergraben. In Ungarn ist er damit weit gekommen.

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