Über die Erfahrung mit der Moderne und ihrer heiligen Kuh
Wer die Moderne kritisiert oder spiegelt, wird immer wieder dieselben Reaktionen und Antworten erhalten, wenn er Fragen stellt, die ergründen und erforschen sollten und wollten, welchen Glaubenssätzen selbst die Moderne eventuell noch irrig gehorcht und sich daher selbst auszubremsen droht. So eine Glaubensfrage kommt dem Kritiker entgegen, wenn er Gründe anbietet, warum das Leistungsprinzip auf unsicherem argumentativen Boden ruht und warum es sich auf ihm selbstgefällig gemütlich macht.
Die Rückfrage lautet dann: "Glauben Sie nicht, dass es gerecht ist, dass derjenige mehr erhalten soll, der mehr leistet?" Hier hat das Gegenüber nicht verstanden, dass es bei der Wahrheitssuche und der Suche nach Gerechtigkeit nicht um einen Glauben oder Nicht-Glauben geht, nicht um Glaubensbekundungen und Positionierungen. Sondern um die Fragen, die uns in ein tieferes Verständnis der Wirklichkeit führen, was zunächst seinen eigenen Wert besitzt, noch ganz ohne Ambition politisch etwas verändern oder erreichen zu wollen. Denn wer Erkenntnis sucht um der Erkenntnis willen, wird eine freie Bewegung des Geistes und Herzens fördern wollen und nicht danach fragen, welchem Glauben oder Nicht-Glauben zugestimmt werden soll.
Die Glauben betonende Rückfrage des Skeptikers und Modernisten, zeigt aber schon einen Hinweis auf die beliebige, willkürliche und Macht orientierte Haltung der Gleichgültigkeit gegenüber tiefer gehende Fragen nach echter Erkenntnis der Strukturen des Denkens der Moderne. Dieses erstickende Denken, das vorzeitig abbricht und glaubt, schon zu wissen, ist aber der Moderne nicht eigentümlich, sondern auch in der Prä-Moderne der Glaubenskirchen vorzufinden gewesen. Was der Moderne aber fehlt - und das ist gut so - ist, dass sie ihre intellektuelle Nachlässigkeit nicht dem Fragesteller zum lebensbedrohenden Nachteil angedeihen läßt, die Moderne wird also keine Scheiterhaufen errichten oder Konzentrationslager, sondern schlimmsten Falls schlicht passiv und uninteressiert ignorieren, was an weiterem Verständnis ihrer selbst möglich wäre. Sie wird in ihre eigenen Erforschungen der Außenwelt involviert bleiben und bis über beide Ohren in Arbeit versinken, den erfoschenden Kopf nicht hebend und die weiteren Fragen belassend, anstatt inneres Feuer zu entfachen dem eigenen inneren Kern der Wirklichkeit und des Denkens auf den Grund zu gehen.
Die Leistungsunterschiede der Menschen basieren in erster Linie auf dem evolutionär-genetischen Zufall, auf der Intention der Natur und - wenn man will - auf dem Willen und der Gnade Gottes. Jeder Mensch ist, was er ist, in erster Linie dies, nicht aus eigenem Verdienst heraus, sondern weil er so sein sollte, wie Natur, Gott und der Zufall ihn wollten. Ein Mozart ist ein Mozart ist ein Mozart, weil er so sein sollte und ihm erkenntlich wurde, dass er diese Gabe geschenkt bekam. Ein gewöhnlicher Mensch ist ein gewöhnlicher Mensch ist ein gewöhnlicher Mensch, er kann nichts dafür, dass er so gewöhnlich ist und hat es sich nicht ausgesucht. Beide sind nicht verantwortlich für ihr In-der-Welt-sein, sie wurden beide nicht gefragt und müssen nun mit ihren gewordenen Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen leben. Wieso also den einen höher entlohnen als den anderen? Hier beginnt die Ungleichheit Wurzeln zu schlagen und die Beliebigkeit der Argumentation sich im Kreise zu drehen - und angebotene Erkenntnis und Wahrheit wird tendenziell zu ignorieren versucht, zu diskreditieren oder Schlimmeres.
Jeder tut, was er kann. Wo wäre hier ein Glaube, ein Vorurteil oder eine Unterstellung involviert? Wenn jeder tut, was er kann und ein anerkanntes Mitglied der Menschheit sein möchte, dann wird er für deren Gesellschaften arbeiten wollen. Warum sollten die Menschen also gegeneinander ausgespielt werden wollen, indem man sie auf einander neidisch sein ließe, weil sie unterschiedlich entlohnt werden für ihre Arbeit? Worin läge der damit verwobene Sinn der Stiftung von Unfrieden unter den Menschen? Da es vernünftig keinen Sinn gibt, der den Unfrieden begründet, ist damit klar vorauszuschauen, dass mit dem bedingungslos global gleich verteilten Einkommen mehr Friedfertigkeit für die Menschheitsfamilie ermöglicht werden würde, als bei der unsäglichen Aufrechterhaltung der Ungleichverteilung der Einkommen, Löhne und Gehälter, die den Unfrieden, den Neid, den Kampf für die angebliche Verbesserung der Zustände und den Krieg in die Welten führt, indem sich das daraus wahrgenommene Leid mit Gewalt zu lindern sucht, was widersinnig erscheint. Und was vergeblich ist und offenbar anzeigt, dass ein Widerspruch nicht aufgelöst ist.
Nämlich der Widerspruch, der sich ergibt, wenn das Prinzip Gleichheit auf das Prinzip Ungleichheit stößt. Nur im Verständnis aber des Paradox der Gleichheit in Verschiedenheit bringt sich eine neue Erkenntnis ins Leben, die sich nicht am Widerspruch aufreibt und für Unfrieden und Zerrüttung sorgt, sondern das zu zeigen versteht, welchen Unterschied ein Widerspruch zu einem Paradox ausmacht, denn beide sind nicht identisch oder austauschbar. Wo der Widerspruch für Unfrieden sorgt oder sich einem ignoranten Glauben oder Nicht-Glauben anschließt, wird die Erkenntnis des Paradox schöpferisch Wege zeigen können, den Widerspruch aufzulösen und in eine weitere signifikante Stufe der Menschheitsentwicklung voran zu kommen. Doch nicht als Glaube, sondern als Verstehen und Verständnis.
Wer also noch nicht versteht, sollte Fragen stellen, vor allem sich selbst und auf rein rhetorische Glaubensfragen verzichten, die lediglich nach Bestätigung des Gegebenen suchen oder dieses unkritisch einfordern. Die Wahrheit ist nämlich nicht in der Forderung oder im Glauben zu finden, sondern in der Erfahrung von authentischer Erkenntnis, die selbständig bereits grundlegende Fragen erforscht hat.
Fragen sind erwünscht, Kritik ist möglich, und Erkenntnis wird zur Wahrheit finden.
Empfohlen von LinkedIn
Solche und ähnliche Kommentare findet Ihr in meinem neuen Buch "Von den Dingen und dem Sinn. Kommentare zu Leben, Mensch, Natur und Klima", im Mensaion Verlag, 2023. Bei www.epubli.com/shop erhältlich und überall im Buchhandel. Als Hardcover, Softcover und E-Book zu erschwinglichem Preis.
Für das Thema des Verständnisses des Prinzips Leistung verweise ich auf mein ebenso neues Buch "170 Aspekte. Über die Moderne und ihre heilige Kuh", im Mensaion Verlag, 2023. Bei www.epubli.com/shop erhältlich und überall im Buchhandel. Als Hardcover, Softcover und E-Book zu erschwinglichem Preis.
#Leistungsprinzip #Philosophie #WahrheitundDichtung #Freiheit #Gleichheit #Verschiedenheit
GREENSOLUTIONS- save the planet-
1 JahrSinnstiftend Schaffen dann ist vieles gut. Die modernen Konzentrationslager sind mehr oder weniger dort, wo viele Menschen aufeinander treffen und gemeinsam Unsinn schaffen Dem Schaffen und der Leistung zuliebe. Konzentrieren, Reflektieren und die Natur genau betrachten. Diese Reflektionsvorgaenge sind zu schmerzhaft und bedeuten einen Paradigmenwechsel. Dies ist fùr die Massen leider nicht anwendbar.