Über die Zukunft der Belegarztwesen
Diskussionspapier zur Zukunft des Belegarztsystems und neure Versorgungsstrukturen[DF1] in Anlehnung an die Power Point Präsentation „Belegarzt neu Denken“
Derzeitige Problematik
Unbestritten ist das Belegarztwesen in einer schweren Krise. Die Zahl der Belegärzte ist stark rückgängig. Waren es 2007 noch 5982 Belegärzte so waren es 2016 nur noch 4906 Belegärzte bundesweit. Damit ein Rückgang von 18%.
Anzahl Ärzte, Belegärzte insgesamt, alle Ärzte/Psychotherapeuten, 2016
Anzahl Ärzte, Belegärzte insgesamt, Chirurgen, 2016
Die Zahl der belegärztlichen Chirurgen ist von 615 im Jahr 2007 auf 504 im Jahr 2016 gefallen. Auch hier ein Rückgang von 18%.
Rund drei Viertel aller Belegärzte haben weniger als 10 Belegbetten, nur rund 7 Prozent der Belegärzte verfügen über mehr als 20 belegbare Betten.
Tabelle 48: Anzahl Behandlungsfälle in Tsd. aus EBM-Abschnitten 36.2, 36.3 und 36.5 (Belegärztliche Operationen und Begleitleistungen) 2009-2014
Kassenärztliche Vereinigung 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Bund 526,7 494,9 469,3 442,6 407,2 384,5 *)
weniger als fünf abrechnende Ärzte in dieser KV Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik
Diese Tabelle zeigt den dramatischen Rückgang der Behandlungsfälle von 2009 bis 2014 um 142.2 Tsd. Fälle oder 27% im Bundesdurchschnitt.
Tabelle 49: Honorarumsatz in Mio. Euro aus EBM-Abschnitten 36.2, 36.3 und bis 36.5 (Belegärztliche Operationen und Begleitleistungen)
2009-2014 Kassenärztliche Vereinigung 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Bund 121,7 118,6 112,0 106,4 99,2 95,3 *)
weniger als fünf abrechnende Ärzte in dieser KV Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik
Auch hier dokumentiert sich die zunehmende Krise des Belegarztwesens. Der Honorarumsatz ist im Zeitraum 2009 bis 2014 um 21,7% oder in Millionen € um 26,5 zurückgegangen
Tabelle 50: Kennzahlen EBM-Abschnitt 36.2 (Belegärztliche Operationen) 2014 Bund
Honorarumsatz in Summe 79,6 Mio. €
Anzahl abrechnende Ärzte 3.239
Anzahl Behandlungsfälle je Arzt 90
Honorarumsatz je Arzt 24.606€
Honorarumsatz je Behandlungsfall 274,67€
Bei diesen Kennzahlen darf der kaufmännische Nutzen für den einzelnen Arzt als Belegarzt tätig zu sein in Frage gestellt werden, zumal Zahlen zum tatsächlichen Reingewinn gar nicht vorliegen, aber nach Abzug von Steuerern, Betriebsausgaben etc. deutlich unter 50% des Honorarumsatzes im Jahr liegen dürften.
Nicht berücksichtigt ist hier der deutliche Mehraufwand für die stationäre Aufnahme und Vorbereitung der Patienten, der zeitliche Mehraufwand (Fahrten in die Klinik, Präsenz in der Klinik, auch in der Nacht und an Wochenenden und Feiertagen). Zudem darf unterstellt werden, dass die Behandlung dieser Patienten aufwendiger ist, da die Maßnahmen größer sind und/oder die Patienten kränker sind um die stationäre Aufnahme auch gegenüber dem MDK begründen zu können.
Im Vergleich hierzu sind die Vollstationären Krankenhausfälle 2007 von 17.568.576 auf 20.063.689 im Jahr um 14,2% gestiegen.
Ursachen sind somit
1. Geringer Erlös
2. Erlaubnisvorbehalt, nicht alles ist im EBM abgebildet
3. Oft Abgaben „Miete“ „Nutzungskosten“ an das Haus
4. Hoher Aufwand
5. Geringe Attraktivität
6. Eingeschränkte Kooperationsmöglichkeiten (KV-Zulassungen, etc.)
7. Neue Hygiene- und Qualitätsrichtlinien (IQKit, Endocert, QM…)
Also, warum soll sich ein Arzt/in das antuen? Aus Idealismus und Spaß an der Arbeit!
Welches sind die Motivation als Belegarzt zu arbeiten. Mit sind hierzu keine Studien bekannt. Somit kann ich nur meine persönliche Motivation heranziehen.
1. Aus Spaß an der Freude.
a. Ich wollte immer Arzt und Chirurg sein und kann dies als Belegarzt besser. Mein Handlungsspielraum und das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten ist hierdurch sehr erweitert, im Gegensatz zur reinen ambulanten Praxis.
b. Es stärkt mein Selbstwertgefühl immer noch „Kliniker“ zu sein und schwierige Herausforderungen zu meistern. Zudem habe ich persönlich einen engeren Kontakt zu anderen Kliniken und dortigen Ärzten. Persönlich habe ich auch den Eindruck von den Kollegen/Innen der Kliniken etwas mehr als vollwertiger Chirurg wahrgenommen zu werden.
c. In der täglichen Sprechstunde sagen mir Patienten immer wieder, dass sie die Tätigkeit an einem Krankenhaus, neben der Praxistätigkeit, als eine höhere fachliche Qualifikation, im Vergleich zur reinen Praxisarbeit sehen.
2. Erweiterte Qualifizierung
a. Als Belegarzt muss ich mich mit den Organisationsabläufen des Krankenhauses Beschäftigen. Z.B Begründung und Organisation der Stationären Aufnahme und als Belegarzt schon immer mit dem Entlassungsmanagement, da der Patient im Anschluss weiter in meiner ambulanten Behandlung verbleibt.
b. Erhöhter Aufwand in der Qualitätssicherung. Neben der Praxis, der ambulanten OP-Einrichtung ist diese hier auch für das Belegkrankenhaus zu erbringen. (IQKit, EndoCert)
3. Teamarbeit und Back up
a. Als Belegarzt muss ich mich in das Dienst- und Organisationsschema des Krankenhauses einfügen, dafür muss ich aber nicht mehr ganz alleine arbeiten. Es gibt Kollegen mit denen man sich austauschen kann.
b. Ich kann die gesamte Struktur und Technik des Krankenhauses nutzen.
c. Es gibt Kollegen/Innen die ich um Rat und Hilfe bitten kann.
d. Das Pflegpersonal nimmt mir viele Arbeiten ab, Voraussetzung ist, man hat einen guten „Draht“.
e. Im KV-Dienst ist die Station und damit die/der diensthabende/r Schwester/Pfleger, erste Anlaufstelle und damit Filter für die Patienten. Über diese Struktur ist der KV-Dienst, Chirurgie, 24h/365d erreichbar.
f. Letztendlich kann ich als niedergelassener Praxisarzt viele Vorteile und Annehmlichkeiten eines Krankenhausarztes wahrnehmen.
Dies alles reicht natürlich nicht um eine Wende im Belegarztwesen herbei zu führen. Wir müssen den „Belegarzt neu Denken“.
Wir brauchen Lösungen und v.a. neue Konzepte. Wir müssen den Belegarzt wieder attraktiv machen, ihm mehr Gewicht geben und dem Belegarzt als Chance für den Strukturwandel sehen. So wie dies vom ZI und in der Veröffentlichung von Hr. Dr. Gassen auch gesehenen wird. Als Berufsverband ist es unsere Verantwortung hier praktisch und praktikabel Vorschläge zu machen und ggf. neue Strukturen und Möglichkeiten auszuloten und wenn möglich auszuprobieren. Denn unsere Mitglieder erleben und kennen den Alltag als Belegarzt und wissen wo es klemmt. Dies Ressourcen müssen wir nutzen.
Zum einen brauchen wir schnelle Lösungen um die weitere Arrosion des Belegarztwesens zu stoppen und auch mittel- und langfristige Lösungen um eine Trendwende oder gar eine Renaissance zu erreichen.
Schnelle Lösung
Das Belegarzteinkommen muss schnell verbessert werden
Erlaubnisvorbehalt muss weg fallen -> Mengenausweitung
Alle Belegarztbegleitleistungen außerhalb Kap. 36 müssen bundesweit extrabudgetär werden
Der Abschlag im Kapitel 36 zu 31 muss fallen oder zumindest reduziert werden, auch wenn dieser mit der Nutzung der Krankenhausstrukturen begründet ist.
Diese Dinge können zu einem gewissen Teil über die KBV und deren Verhandlungspartner direkt gelöst werden.
Mittel- und langfristige Lösungen
Sehen wir uns die sehr schematische und vereinfachte Verteilungspyramide der niedergelassenen Ärzteschaft an, so hat die größte Gruppe keinen Zugang oder eine Beteiligung zum Belegarztwesen, nämlich der Hausarzt. Somit fehlt uns die größte Ressource.
Hausarzt als Belegarzt
In der Schweiz, Österreich, Lichtenstein ist dieser regelhaft vorhanden, in Deutschland gibt es bisher keine Allgemeinmedizinische Belegabteilung. Die Tätigkeitsfelder könnten z.B. Geriatrie, Palliativmedizin und Hospiz sein, Bereiche die jetzt schon hauptsächlich vom Hausarzt ausgefüllt werden. Der Hausarzt als Belegarzt bedeutet zudem die Verzahnung von hausärztlichem und fachärztlichem Bereich.
Der Hausarzt hat meistens den direkten Kontakt zu ambulanten Pflegediensten. Es vereinfacht die ambulante Weiterversorgung (Entlassungsmanagement), da der Hausarzt die häusliche und familiäre Situation kennt. Kontinuierliche Behandlung ist gewährleistet, der Hausarzt kennt seinen Patienten seit Jahren, dies bedeutet auch weniger Informationsverlust.
Belegarzt wird der größten Gruppe von Ärzten zugänglich, die Hausärzte sind die größte Einweiser Gruppe.
All dieses bedeutet auch eine Aufwertung des Hausarztes.
Als Fachärzte müssen wir keine Angst haben, dass uns hierdurch Pateinten verloren gehen. Nur wir haben die spezielle Expertise und damit die Zulassung von der KV spezielle Leistungen zu erbringen. Kapitel 36, Endoskopie, Angiographie, Radiologie etc. Diese Leistungen können vom Hausarzt nicht erbracht werden. Möchte der Hausarzt einen Patienten belegärztlich behandeln, so muss auch er diese begründen und hierzu sind meistens spezielle ärztliche Maßnahmen nötig, die dann nur vom Facharzt erbrach werden können. Somit kann uns eine viel größere Patientengruppe erschlossen werden. Auch hier hat der Patient immer noch das Arztwahlrecht. Er wird aber seinem Hausarzt vertrauen.
Interdisziplinäre und Intersektorale Versorgung
Bisher haben die meisten Fachrichtung Ihre eigene Abteilung und Station. Dies bedeutet räumliche Trennung, Warten auf den Konsilkollegen bei interdisziplinären Fragestellungen und Behandlungen. „Mein Patient“ bedeutet Reibungsverluste, zunächst macht jeder „sein Ding“. Dies reduziert die Effektivität für und als Ärzte/Innen aber auch für den Patienten/In selbst. Kosten- und Zeitdruck fordern auch hier neuen Ansätze.
Interdisziplinäre Abteilung
Ein Schritt zur Lösung sind interdisziplinäre Abteilungen. Zum Teil gibt es dies schon. Zum Beispiel „Kopfabteilungen mit HNO, Augen und Neurologie oder Innere und Geriatrie. Zum Teil bedingt, dass sich hier die Krankheitsbilder derart überschneiden, dass eine fachliche und räumliche Trennung unsinnig ist. Unsere alternde Gesellschaft, aber auch die Möglichkeiten immer komplexere Krankheitsbilder ambulant, Teilstationäre oder belegärztlich zu behandeln, bedeutet aber auch eine engere Verflechtung und Verzahnung von Fachrichtungen, Behandlungspfaden und Therapien. Der zunehmende Zeitdruck, fast alles gleich, „on demand“, zur erledigen wird von unseren Patienten immer mehr eingefordert. Hier ergeht es uns nicht anders als dem Handel oder der Industrie. Es ist müßig über diese Situation zu diskutieren, diese Situation ist nun mal Fakt in unserm Leben und in der Gesellschaft. Also heißt es sich diesem neuen Lebensstil anzupassen. Auch die großen Fachdisziplinen wie Chirurgie und Innere sind hiervon nicht ausgenommen und sollten auch gemeinsame Stationen und Abteilungen betreiben.
Eine Interdisziplinäre Abteilung und Station bedeutet gemeinsame Visite, damit mehr Fachkompetenz am Krankenbett. Probleme und Komplikationen aus der anderen Fachrichtung werden schneller erkannt. Besseres Komplikationsmanagement und schnellere Umsetzung von Maßnahmen und Therapien sind zum Wohle der Patienten die Folge. Den zunehmenden sektoralen aber intersektoralen Qualitätsanforderungen kann auch hier ein Stück mit entsprochen werden. Wir haben einen gemeinsamen Patienten. Dass kommt auch dem Wunsch der ganzheitlichen Betrachtung und Medizin entgegen. Ganz nebenbei lernen wir von der anderen Fachdisziplin automatisch mit. Gemeinsame Visiten und Behandlungen am gemeinsamen Patienten heißt auch den anderen besser verstehen und kennen zu lernen. Auch Zwischenmenschlich kann dies bei der täglichen Arbeit von Vorteil sein.
Intersektorale Zusammenarbeit
Der Belegarzt/In ist das Paradebeispiel für die intersektorale Arbeit zwischen ambulant und stationär und dies aus einer Hand. Der Belegarzt verfügt über eine eigene Praxis alleine oder als Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und betreibt mit anderen Kollegen/Innen gemeinsam eine Belegarztabteilung in einem Krankenhaus. Hier erhält der Patient die gesamte ambulante Vor- und Nachbehandlung sowie die stationäre Behandlung von einen von Ihm gewählten Arzt aus einer Hand. Der Begriff aus einer Hand kann hier nicht oft genug genannt werden. Denn dies ist der Schlüssel zum Erfolg einer intersektoralen Behandlung und damit der unschlagbare Vorteil des Belegarztwesens! Im Belegarztwesen gibt es auch das Problem mit dem Antikorruptionsgesetz nach § 299 a und b und § 300 nicht. Hier gibt es keine Zuweisung gegen Entgelt, das Gesetz sieht dies im Belegarztwesen sogar für den jeweiligen Arzt per Definition vor.
§ 121 SGB V Belegärztliche Leistungen
(1) Die Vertragsparteien nach § 115 Abs. 1 wirken gemeinsam mit Krankenkassen und zugelassenen Krankenhäusern auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche Behandlung der Versicherten hin. Die Krankenhäuser sollen Belegärzten gleicher Fachrichtung die Möglichkeit geben, ihre Patienten gemeinsam zu behandeln (kooperatives Belegarztwesen).
(2) Belegärzte im Sinne dieses Gesetzbuchs sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten.
Eine weitere Möglichkeit der intersektoralen Zusammenarbeit könnten das parallele Führen vom Haupt- und Belegabteilungen gleicher Fachrichtung in ein und derselben Klinik und Station sein.
Vorteile der intersektoralen Zusammenarbeit
1. Gemeinsame Nutzung vorhandener Strukturen.
a. Nutzung von Geräten durch mehrere Ärzte und Fachrichtungen, wie Röntgen, Sonographie, Labor, Sterilisation, OP usw. und damit bessere Auslastung, auch Bettenauslastung.
2. Enge Verzahnung Klinik und Niederlassung.
a. Gemeinsamer Bereitschaftsdienst, z.B. in der Klinik aber auch in der Bereitschaftsdienstpraxis oder Portalpraxis und damit gemeinsame Notfallversorgung und Triage durch Ärzte mit Facharztstandard.
b. Intersektorale Versorgung durch angestellte und selbstständige Ärzte, somit könnte das Krankenhaus und die Hauptabteilung legalen Zugriff auf die Möglichkeiten des niedergelassenen Arztes, jedoch nur über den Niedergelassen Arzt und nicht direkt als Krankenhaus, bekommen.
c. Gemeinsame Weiterbildung und Gemeinsamer „Wissenspool“. Teilnahme der Niedergelassenen an gemeinsamen Fallkonferenzen der Klinik, wie Tumorboard, Röntgenbesprechung, Morgenbesprechung etc. Gemeinsame Organisation und Teilnahme an Fortbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen. Weiterbildung kann als Verbund organisiert werden und leicht stationär und ambulant erfolgen.
d. Das Entlassungsmanagement würde einfacher. Der niedergelassene Arzt verfügt per se über die ganzen Möglichkeiten und Strukturen der ambulanten Versorgung und der Möglichkeiten der entsprechenden Verordnungen.
e. „Back up“ für Klinik und Praxis. Bei Problemen können sich beide Seiten gegenseitig unterstützen und helfen.
3. Lösung für das Antikorruptionsgesetz.
a. Wie o.g. regelt § 121 SGB V die Belegärztliche Leistung.
Stärkung der gemeinsamen Position auf dem Markt
Lösung für kleine Häuser und „Land“. Es stehen mehr Fachrichtungen und Fachärzte zur Verfügung
Um das Belegarztwesen auch für die Krankenhäuser Interessant zu machen muss die Differenz zwischen A und B-DRG fallen. Sicherlich muss ein Ausgleich für das Belegärztliche Honorar, dass der Belegarzt von der KV erhält, geschaffen werden.
Nach persönlicher Mitteilung von Fr. Dr. Hahn, Geschäftsführerin der OCUNET VerwaltungsGmbH leiden Geschäftsführungen von Krankenhäusern an der Divergenz der Ansprüche, Forderungen und Wünsche der einzelnen Belegärzte. Geschäftsführungen seinen Ihrer Erfahrung nach u.a. eher bereit eine Belegabteilung zu unterhalten, wenn sie es nur mit einem oder zwei „Sprechern zu tun haben. Somit müssen auch wir Belegärzte unsere Organisationsstrukturen in den Krankenhäusern überdenken.
Auf der anderen Seite müssen Krankenhausverwaltungen auf Kostenbeteiligungen jeder Art wie „Bettengeld“, Mieten, Patientenpauschalen etc. verzichten. Sämtliche Kosten sind bereits durch die B-DRG abgedeckt!
Strukturwandel als Chance begreifen
Zurzeit erleben wir ein wahres Trommelfeuer der Krankenhausvertreter und der DKG, welche mehr und mehr in die ambulante Versorgung vordringen möchten, was Ihnen vom Gesetzgeber ermöglicht wird. Der Sicherstellungsauftrag ist schon länger nicht mehr nur bei den KV`en. Aus Sicht der Politik ist der Belegarzt tot und hier gar nicht auf dem Schirm.
Auf der anderen Seite wird das Belegarztwesen zunehmend als Chance gesehen den Demokratischen Wandel der Gesellschaft, die Strukturellen Probleme und das Überleben kleiner Krankenhäuser auf dem Land, die Intersektorale Versorgung auszubauen und die Probleme des Antikorruptionsgesetzes nach § 299 a und b und § 300 zu lösen. Das Spifa-Grundsatzpapier, die Stellungnahme der KBV (KBV-Agenda 2020) und von Hr. Dr. Gassen, der Support im Gutachten des ZI und des Sachverständigenrates, die Workshops 9/16 bis1/17der KBV, die Sicherstellungskonferenz der KBV vom 28.06.2017 und der Hauptstadtkongress vom 21.06.2017 sind sichere Zeichen, das hier ein Umdenken stattfindet. Nicht zu vergessen die vielen Pressemitteilungen auch die des BDC.
Kleine Krankenhäuser in den Städten, v.a. aber auf dem Land in Belegkrankenhäuser umwandeln.
In den USA werden v.a. kleine Krankenhäuser, v.a. auf dem Land schon seit langem so geführt. In der Schweiz wird gerade das Krankenhaus Appenzell in eine Belegklinik umgewandelt.
Das Belegarztwesen scheint international eher ein Erfolgsmodell zu sein.
Die Umwandlung kleiner Krankenhäuser in Belegkrankenhäuser mit Anbindung vom Praxiskliniken und Tagesstationären Abteilungen können die fachärztliche stationäre und ambulante Behandlung v.a. auf dem Land sichern. Eine solche Einrichtung sichert Arbeitsplätze vor Ort und bindet Fachkräfte auf dem Lande. Krankenhäuser sind meist der größte Arbeitgeber einer Kommune. Diese kombinierten stationären und ambulanten Einrichtungen können auf hohem medizinischen und technischen Standard können den größten Teil der medizinischen Versorgung übernehmen. Zentrale Krankenhäuser müssen der besonderen und spezialisierten Versorgung vorbehalten sein. Machen wir uns nicht vor auch die großen Kliniken sind schon jetzt kaum noch in der Lage, auf Grund der angespannten Personalsituation im ärztlichen und pflegerischen Bereich noch mehr Patienten zu versorgen und werden v.a. in den Notaufnahmen mit Bagatellerkrankungen blockiert. Zudem kommen die angespannte finanzielle Situation und der bekannte deutliche Bettenüberhang im Deutschland hinzu.
Zur Finanzierung kann unter anderem der Strukturfond zur Umwandlung von Krankenhäuser in andere Strukturen genutzt werden.
Die wissenschaftliche Gesellschaft Leopoldina, die KBV und der Sachverständigenrat fordern die Schließung von überflüssigen KH-Betten und Krankenhäusern.
Laut einer Studie des ZI (Dr. Th. Czihal) sollten Belegärzte mehr in die ärztliche Weiterbildung integriert werden, dass sich Fachärzte mehrheitlich in der Nähe der Weiterbildungsstätte niederlassen.
Die höchste Belegarztquote hat Bayern. 80 von 1000 Vertragsärzten. Damit besteht für das Belegarztwesen in Bayern ein erheblicher Versorgungsbedarf (Auskunft Dr. Czihal). 2017 wurden nur 99 Millionen € für das Belegarztwesen ausgegeben. Währe die Belegarztquote in ganz Deutschland, wie in Bayern würden 400 Millionen € ausgegeben, währe die Quote so wie in den stärksten bayerischen Landkreisen, würde der Betrag bei 670 Millionen € liegen.
Gemäß dieser Studie des ZI verbessert die belegärztliche Behandlung die Kontinuität der ärztlichen Versorgung.
Die Studie zeigte auch, dass das Belegarztwesen nicht zu vermehrten stationären Einweisungen zu Lasten der GKV führt im Vergleich zu anderen niedergelassenen Ärzten.
Zusammenfassung
Das Belegarztwesen ist kein Auslaufmodell, sondern kann richtig ausgebaut sogar das Modell der Zukunft sein, insbesondere für den ländlichen Raum. Die Aktivitäten der KBV, des ZI und des Sachverständigenrates zeigen dies. Als Fachgesellschaften und Berufsverbände sollten wir fachlich diesen Weg unterstützen.
Dirk Farghal
Leiter der Arbeitsgemeinschaft Beleg- und Kooperationsärzte im BDC
ärztlicher Leiter MVZ Chirurg und Unfallchirurg
5 JahreSehr geehrter Herr Nölling, Vielen Dank für Ihren Kommentar. Die Möglichkeit nach Paragraf 121 Abs. 5 SGB V ist auch uns bekannt. Richtig erklären warum die B-DRG nur 80% der A-DRG beträgt, kann uns bis heute niemand richtig erklären. Verhandeln müssen DKG und die Kassen. Wir als BDC haben bereits auf diesen Missstand hingewiesen. Mit freundlichen Grüßen Dirk Farghal
Fachanwalt für Medizinrecht bei Nölling - Medizinrecht
5 JahreSehr geehrter Herr Farghal, Ihr Beitrag ist aus meiner Sicht so wichtig wie richtig. Einen Gedanken zur Unterstützung des Belegarztwesens möchte ich noch beisteuern: Neben dem "klassischen" Belegarzt, der seine Leistung unmittelbar gegenüber der KV abrechnet, existiert seit Jahren der Honorarbelegarzt nach § 121 Abs. 5 SGB V, der vom Krankenhaus vergütet wird. Auch diese Variante ist durch die explizite gesetzliche Regelung unverdächtig in Bezug auf das Korruptionsstrafrecht. Leider wird sie (fast) nicht genutzt, da der Krankenhausträger die Vergütung des Belegarztes aus der DRG finanzieren muss und nach § 18 Abs. 3 KHEntgG nur 80% der Hauptabteilungs-DRG zur Verfügung hat. Aus meiner Sicht ist es ein berufspolitisches Desiderat, eine Erhöhung der Belegabteilungs-DRG zu erreichen, sodass für die Vergütung des Belegarztes auch in dieser Kooperationsform ausreichende Mittel zur Verfügung stehen Mit besten Grüßen Torsten Nölling