#100Tage100Bots - I'm looking for a Bot in Finance

#100Tage100Bots - I'm looking for a Bot in Finance

Die Magie hinter KI ist die unfassbare Geschwindigkeit, mit der Daten ausgelesen und interpretiert werden können. Ein geübter Mensch kann ungefähr 200 Wörter pro Minute lesen. Ein Large Language Model wie GPT-4 schafft in derselben Zeit nicht nur in etwa das Zehnfache, sondern muss sich zudem nicht mit zeitraubenden Dingen wie Essen, Schlafen oder dem Schreiben von LinkedIn-Artikeln beschäftigen. Und im Gegensatz zum Menschen gilt: Das LLM vergisst nicht.

Der Staatsrechtler Prof. Thomas Fischer hat einmal im SPIEGEL gesagt, dass das Jurastudium nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Hosenboden entschieden wird. Eine Anspielung darauf, dass man sich eine ganze Menge Gesetze, Zusammenhänge und Fallbeispiele zu merken habe und sich demnach viel mit (auswendig) Lernen befassen müsse, wohingegen die eigene geistige Leistung eher zweitrangig ist.

Nun ist die Diskussion um KI in der Rechtsprechung schon älter als das erste offiziell vorgestellte Chat-GPT-Modell und KI liefert in vielerlei Hinsicht bereits Support für Juristinnen und Juristen auf der ganzen Welt - damit sie sich voll und ganz auf ihre eigene Intelligenz konzentrieren können. Aber kann KI auch mir persönlich helfen?

Wie automatisiere ich meinen Steuerberater?

Im Rahmen meiner #100Tage100Bots-Challenge habe ich versucht ein CustomGPT so zu erstellen, dass es mir bei Steuer-Fragen hilft. Bekomme ich das hin? Kann KI vielleicht sogar meinen Steuerberater automatisieren?

Ich habe zunächst das denkbar sinnvollste gemacht und alle Gesetzestexte, die das Steuerrecht direkt betreffen, finden lassen (natürlich auch per KI, alles andere wäre ja Quatsch).

Um die Recherche etwas unterhaltsamer zu machen, habe ich für die Suche einen anderen meiner Bots genutzt - einen allwissenden Piraten, der Informationen in Seemanns-Slang wiedergibt. Das war der Output:



Ein Bot, der im Grunde genau das macht wie jedes KI-Modell - nur halt als Pirat. Weil, warum nicht?



Seaphen Hawking, vermutlich der einzige durstige Bot der Welt.



Die Gesetze sind alle online verfügbar, weshalb ich sie ohne Probleme downloaden und in den Wissensspeicher meines neuen Steuergesetz-Bots einfügen (lassen) kann.



Trotz Rechtschreibfehler korrekt ausgeführt: Der allwissende Piratenbot "Seaphen Hawking"



Nachdem man einen neuen Bot aufgesetzt hat, sollte man immer erstmal überprüfen, auf welche Daten er Zugriff hat. Hin und wieder passiert es, dass gewisse Dokumente übersprungen werden - Bots zu bauen bedeutet immer schon von Anfang an zu überlegen, was die Maschine falsch verstanden haben könnte. Predictive Debugging, wenn man so will.




Ein Mensch bräuchte ca 37h, um all diese Texte am Stück und ohne Pause zu lesen.

Das passt soweit für einen ersten Versuch. Natürlich könnte ich jetzt weiterfragen, ob der (neue) Bot irgendwelche Lücken sieht und weitere Gesetzestexte oder Zugänge zu Steuerunterlagen benötigt, aber für einen ersten Test sollte es reichen.

Ich bin seit dieser Woche selbstständiger KI-Berater und habe natürlich in dieser Anfangszeit einige Fragen rund um die Steuer. Beispielsweise war ich kürzlich mit potentiellen Kunden essen und auf dem Beleg stehen britische Pfund als Währung. Muss ich die für das Finanzamt umrechnen? Zu welchem Kurs? Kann ich den Beleg so einreichen? Ich habe also ein Bild des Belegs in den Chatbot hochgeladen und meinen Bot gefragt:


Guter Hinweis am Schluss



Zugegeben: Vermutlich keine hohe Steuer-Kunst. Aber besonders Punkt 3 finde ich super: Der Bot hat nicht nur verstanden, welche Informationen relevant sind, sondern mir auch gleich die von mir benötigten Infos anhand des hochgeladenen Belegs ausgelesen. Was mir jedoch aufgefallen ist, ist die fehlende Ausweisung der Umsatzsteuer. Dazu heißt es auf Rückfrage vom Bot:



Guter Hinweis, den ich gerne sofort gehabt hätte. Ich werde dem Bot also mehr Kontext geben müssen, um zukünftig sofort genaue Anweisungen zu bekommen. Demnach werde ich ihn so verfeinern, dass er in der Anwendung proaktiv seine User nach dem Kontext von Belegen und Abrechnungen fragt. Dieser erste Test soll hier aber enden, ich lasse mir nur noch schnell die Ausgaben umrechnen.




Kann KI meinen Steuerberater ersetzen?

In diesem Beispiel ging es jetzt zwar nicht um höheres steuerrechtliches Fachwissen - ich bezweifle sogar, dass der Bot überhaupt auf die hochgeladenen Dateien zugreifen musste - aber für eine Ersteinschätzung zu Belegen und allgemeinen Fragen kann man den Bot vermutlich bemühen. Besonders das Auslesen von Belegen klappt sehr gut und kann unter Umständen beim späteren (automatisierten) Ausfüllen von Formularen helfen. Aber auch hier zeigt sich: Eine Maschine ist nur so gut, wie deren Benutzer. Wenn man nicht die richtigen Fragen stellt, kann man keine richtigen Antworten bekommen.

Ich werde wohl weiterhin meinen Steuerberater bemühen, würde mich aber sehr über Feedback von Steuer-Expertinnen und -Experten zu dem Bot freuen. Stellt ihm gerne Fachfragen zum Steuerrecht oder lasst ihn unklare Gesetzeslagen analysieren. Er ist unten verlinkt und kostenlos nutzbar.

Danke für das Interesse an meinen Bots und meinem Projekt - ich freue mich immer über Gespräche rund um KI, gerne auch persönlich bei einem Essen 😎


Dieser Artikel erscheint im Rahmen meiner #100Tage100Bots-Challenge, in der ich jeden Tag einen neuen Chatbot baue. Manche sind nützlich, manche witzig, manche einfach nur Quatsch. Bei Ideen zu neuen Bots oder Fragen zur Methode schreibt mich einfach an!


Im Artikel verwendete Bots:

Seaphen Hawking - allwissender Piratenbot

John Mainard Kaines - Finanz- und Steuerexperte

Alle im Rahmen der Challenge veröffentlichten Bots gibt's kostenlos in meinem LinkTree

Zur Nutzung von CustomGPTs benötigt ihr die ChatGPT App, bzw. einen kostenlosen OpenAI-Account. Es gelten die Datenschutzbestimmungen von OpenAI.


Christoph Kappes

Digitales Management "tutto completto": Strategie und Operations in Change- und Interimssituationen. Ich übernehme Verantwortung.

8 Monate

Verstörendes Vorgehen. So ein Bot ist Information Retrieval, nicht Beratung. Letztere wendet auf Sachverhalte an, ersteres nicht. Schon gar nicht kann so ein Bot "unklare gesetzeslagen analysieren", das könnte nur der Ministerialdigient des Justizministeriums zur zeit meines praktikums im Bundestag unter grösster Anstrengung ;-)

Klaus Eck

Corporate Influencer Berater | Content-Strategie | PR-Blogger seit 2004

8 Monate

Mir gefallen die fantasievollen Namen Deiner Bots, die bis zur Kenntlichkeit entstellt sind, Max. Und Dein ganzes Projekt als solches.

Sehr spannend. Auf Anhieb hätte ich mir noch Quellenangaben für die Hinweise gewünscht. Also auf welches Gesetz sich sozusagen diese Aussage bezieht. So könnte man zumindest Stichproben durchführen um die Qualität zu bewerten.

Michael Feiten

KI. Digitale Ethik. Unternehmensethik. Ethische Kraft. Für Menschen. Für Unternehmen.

8 Monate

"Predictive Debugging" - das klingt zu schön, um wahr zu sein. Natürlich die richtige Strategie, aber weit weg vom einer Garantie. Indes: zeigt sich nicht auch hier, dass diese Bots mit zunehmender Spezialisierung der Frage (überproportional) unbrauchbar werden? Also konkret: komplexe Spezialfragen, da verlasse ich mich eher nicht auf den Output, korrekt?

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